I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die am 1977 geborene Klägerin begehrt Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für ihre am 2005 geborene Tochter L …
Die Klägerin ist von Beruf Verwaltungsbeamtin, ihr Ehegatte Kfz-Mechaniker. Dieser hat ausweislich des Bescheides des Finanzamtes D. vom 29.04.2005 für 2004 über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag an Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit 30.406,00 EUR brutto erzielt. Abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 920,00 EUR ist der Gesamtbetrag der Einkünfte mit 29.486,00 EUR ausgewiesen worden.
Hiervon ausgehend hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (Region Schwaben) vom 23.08.2005 für die ersten 6 Lebensmonate der Tochter L. Bundeserziehungsgeld (unter Anrechnung von Mutterschaftsgeld) in voller Höhe bewilligt: 300,00 EUR monatlich. – Für den streitgegenständlichen Zeitraum 07.01.2006 bis 06.07.2006 sind jedoch keine Leistungen eingewiesen worden. Auf den Regelbetrag in Höhe von 300,00 EUR sind monatlich 307,00 EUR angerechnet worden. Folglich hat sich kein (positiver) Betrag ergeben.
Die Klägerin hat mit Widerspruch vom 14.09.2005 hervorgehoben, dass sie sich privat kranken- und pflegeversichern müsse. Das Gesamt-Familieneinkommen verringere sich konkret um 183,39 EUR x 12 Monate = 2.200,68 EUR. Die Kosten dieser notwendigen Daseinsvorsorge seien abzusetzen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sei sie als Beamtin versicherungsfrei und nicht familienversichert, da sie während des Erziehungsurlaubs ohne Dienstbezüge beihilfeberechtigt sei.
Der Widerspruch vom 14.09.2005 gegen den Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales – Region Schwaben vom 23.08.2005 ist mit Widerspruchsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 11.10.2005 zurückgewiesen worden. Weitere Absetzungen als die vorgenommenen seien in §§ 5 und 6 BErzGG nicht vorgesehen. Die eigenen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung könnten daher nicht abgesetzt werden.
Die hiergegen gerichtete Klageschrift vom 27.10.2005 ging am 04.11.2005 im Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung hob die Klägerin nochmals hervor, dass sie als Verwaltungsbeamtin im Erziehungsurlaub (ohne Dienstbezüge) monatlich notwendig 183,39 EUR für ihre eigene (beihilfekonforme) Kranken- und Pflegeversicherung aufwenden müsse. § 10 SGB V oder § 6 Abs. 1 BErzGG sei entsprechend abzuändern.
Das Sozialgericht Augsburg zog die Akten des Beklagten bei. Nach Überprüfung machte das Sozialgericht Augsburg mit Nachricht vom 06.12.2005 darauf aufmerksam, dass es nur dann Sinn mache die Klage aufrechtzuerhalten, wenn die Klägerin in ihrer Angelegenheit letztendlich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anrufen wolle.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2006 in Immenstadt legt die Klägerin ergänzend dar, dass sich in ihrem Falle sogar ein Anspruch auf Kinderzuschlag im Sinne von § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) errechnen würde. Das Zusammenwirken von § 10 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 6 Abs. 1 BErzGG verstoße gegen höherrangiges Recht und sei verfassungswidrig.
Die Klägerin stellt die Anträge aus der Klageschrift vom 27.10.2005. Sinngemäß wird beantragt, die Kosten der notwendigen Daseinsvorsorge für die eigene private beihilfekonforme Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 183,39 EUR abzusetzen und dementsprechend Bundeserziehungsgeldleistungen auch im Zeitraum 07.01.2006 bis 06.07.2006 zu bewilligen.
Die Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und den der beigezogenen Erziehungsgeld-Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist gemäß §§ 51 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 13 BErzGG eröffnet.
Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Der Klägerin steht kein Bundeserziehungsgeld für ihre Tochter L., geb. 2005, in dem streitgegenständlichen Zeitraum 07.01.2006 bis 06.07.2006 zu.
Vorab wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die Gründe des Widerspruchsbescheides des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 11.10.2005 Bezug genommen: Der Katalog der Absetzungen in § 6 Abs. 1 BErzGG ist abschließend. Die eigenen Beiträge zur privaten (beihilfekonformen) Kranken- und Pflegeversicherung können nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht berücksichtigt werden.
Das Gericht verkennt nicht, dass das Zusammenwirken von § 10 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 6 Abs. 1 BErzGG im Falle der Klägerin erhebliche finanzielle Nachteile mit sich bringt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2006 in Immenstadt überzeugend dargelegt, dass sich in ihrem Fall bereits ein (geringer) Anspruch auf Kinderzuschlag im Sinne von § 6 a BKGG errechnet.
In Berücksichtigung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dies jedoch (noch) nicht als verfassungswidrig anzusehen. Denn das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 13.10.2005 – B 10 EG 4/05 R ausgesprochen: Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der Fassung vom 09.02.2004 hat der Beklagte bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens des Ehemannes der (dortigen) Klägerin zu Recht lediglich einen Abzug in Höhe von 24 v.H. vorgenommen. Durch diese Regelung wird die (dortige) Klägerin nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt, auch wenn die tatsächliche Abgabenquote der (dortigen) Eheleute (Belastung mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) bei 30 v.H. gelegen hat. Der Gesetzgeber durfte die nach Einsparungen zur Haushaltskonsolidierung noch für das Erziehungsgeld zur Verfügung stehenden Mittel auf Berechtigte mit geringerem Familieneinkommen konzentrieren.
Der hiesige Fall der Klägerin stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung noch gravierender dar als der vom BSG entschiedene. Das Zusammenwirken von § 10 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 6 Abs. 1 BErzGG erscheint daher in Fällen wie dem vorliegenden verfassungsrechtlich bedenklich, im Hinblick auf einen Anspruch nach § 6 a BKGG jedoch noch nicht verfassungswidrig.
Weiterhin ist in der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2006 deutlich geworden, dass die Entscheidung für ein oder mehrere Kinder regelmäßig auch von finanziellen Gegebenheiten abhängig gemacht wird. Angesichts der demographischen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und der hieraus absehbar resultierenden gravierenden gesellschaftlichen Probleme erscheint nunmehr ein dringender Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers gegeben. Die Anrufung der Sozialgerichte als Teil der dritten Staatsgewalt führt auf Grund des Prinzips der Gewaltenteilung nicht zu der gewünschten Hilfestellung.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 31.03.2006
Zuletzt verändert am: 31.03.2006