I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 2. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 verurteilt für die Zeit vom 5. September 2005 – 31. März 2006 Leistungen ohne Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anrechnung der im März 2005 bzw. März 2006 zugeflossenen Eigenheimzulage als Einkommen im Sinne von § 11 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Der Kläger, geboren 1958, hatte am 05.09.2005 für sich, die Ehefrau und seine 10 Kinder Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II gestellt.
Er hat für seine Großfamilie ein Haus mit 10 Zimmern erworben, wofür die Eigenheimzulage bewilligt ist (jährlicher einmaliger Auszahlbetrag 9.813,00 EUR). Das Haus ist über ein staatliches Darlehen aus dem Bayerischen Wohnungsbauprogramm – Jahresprogramm 2004 finanziert, ein weiteres Darlehen von der Wohnortgemeinde sowie ein Darlehen der Stiftung F …
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 02.11.2005 für die Zeit ab 05.09.2005 bis 31.03.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II, wobei (für September 2005 anteilig) 1/12 der Eigenheimzulage, also monatlich 817,75 EUR, als Einkommen angesetzt war.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 16.11.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach Kommentarliteratur und Rechtsprechung die Eigenheimzulage nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II angesetzt werden dürfe.
Der Widerspruch wurde im Weiteren mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2006 bezüglich der Anrechnung der Eigenheimzulage zurückgewiesen.
Der Widerspruchsbescheid ging dem Bevollmächtigten per Post am 19.06.2006 zu. Der Kläger legte am 18.07.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein nochmals unter Bezug auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.09.2006 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2006 zu verurteilen, Leistungen nach SGB II für die Zeit vom 05.09. 2005 bis 31.03.2006 unter Außerachtlassung der Eigenheimzu- lage als Einkommen zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II setzt Hilfebedürftigkeit voraus (bzw. das Zusammenleben mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft (§§ 19, 28 SGB II)). Hilfebedürftig ist, wer seinen und den Lebensunterhalt der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht ausreichend aus eigenen Mitteln sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Die Hilfebedürftigkeit wird durch zu berücksichtigendes Einkommen reduziert.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II) unter Einschränkung der Ausnahmeregelungen nach § 11 SGB II bzw. der Alg-II-Verordnung.
Für die Zeit vor dem 01.10.2005 war die Eigenheimzulage nach der mehrheitlichen Auffassung der Landessozialgerichte wegen § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Adolph in Linhart/Adolph, Kommentar SGB II, SGB XII, Asylbewerberleistungsgesetz § 11 SGB II Rdnr 42).
Durch die Verordnung vom 22.08.2005 (BGBl. I, S. 2499) wurde mit Wirkung ab 01.10.2005 die Arbeitslosengeld-II-Verordnung dahingehend geändert, dass nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist die Eigenheimzulage, soweit sie nachweislich zur Finanzierung einer angemessenen selbstbewohnten Familienwohnung verwendet wird.
Damit wurde im Ergebnis die Regelung des § 194 Abs. 3 Nr. 4 SGB III (frühere Arbeitslosenhilfe) wieder übernommen (vgl. Krauß, Praxiskommentar SGB III, § 194 Rdnr 71). An den Verwendungsnachweis können keine engen Anforderungen gestellt werden, da die Auszahlung der Eigenheimzulage jährlich als Einmalbetrag erfolgt. Die Nichtanrechnung wäre dann nur auf Fälle beschränkt, bei denen die Eigenheimzulage vorab an einen Kreditgeber abgetreten wäre. Ansonsten müsste gefordert werden, dass die Eigenheimzulage auf ein gesondertes Konto fließt, von dem dann die Abflüsse nur für Zins und Tilgung nachgewiesen werden müssten. Es wäre ein weiterer (unsinniger) Verwaltungsaufwand bei den Leistungsempfängern und der entsprechende Kontrollaufwand beim Leistungsträger erforderlich. Es muss also genügen, wenn nachgewiesen ist, dass das Objekt mit Fremdmitteln finanziert wurde, für die weiter Zinsen und Tilgung anfallen, deren Einzelabwicklung in die nach § 2 SGB II geforderte Eigenverantwortung der Leistungsempfänger gestellt ist.
Im Fall des Klägers ist besonders deutlich, dass die Anrechnung der wegen der Kinder und für die Kinder besonders hohen Eigenheimzulage als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zweck- und sinnwidrig ist. Die Frage, ob die im März 2005 zugeflossene Eigenheimzulage bei einem Leistungsbeginn erst im September 2005 überhaupt angerechnet werden kann, kann somit offen bleiben. Damit war mit der sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergebenden Kostenfolge dem Klageantrag zu entsprechen.
Erstellt am: 27.09.2006
Zuletzt verändert am: 27.09.2006