I. Die Klage gegen den Bescheid vom 25. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Ablehnung von Leistungen nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und die daraus resultierende fehlende Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Hintergrund ist die Kostenzuständigkeit für Herzoperationen ab Januar 2006.
Der Kläger, geboren 1954, hatte 2005 Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II gestellt, dem entsprochen wurde (mit Bescheid vom 11.05.2005 für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.11.2005).
Am 19.07.2005 erhielt die Beklagte von der JVA K. die Mitteilung, dass sich der Kläger für die Zeit vom 15.07.2005 bis 14.01.2006 in Haft befinde.
Daraufhin wurde mit Bescheid vom 28.07.2005 die Leistungsbewilligung aus dem Bescheid vom 11.05.2005 für die Zeit ab 15.07.2005 aufgehoben.
Am 06.12.2005 und nochmals am 20.01.2006 ging bei der Beklagten ein neuer Leistungsantrag des Klägers ein. Auslöser waren stationäre Aufenthalte des Klägers im Klinikum K. vom 06.01. bis 31.01.2006, vom 10.02. bis 16.02.2006 und vom 08.03. bis 15.03.2006 sowie ein Aufenthalt vom 01.02.2006 bis 09.02.2006 im Klinikum A …
Mit Bescheid vom 25.01.2006 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab, weil nach § 7 Abs. 4 SGB II Leistungen ausgeschlossen seien.
Dagegen legte der Kläger am 20.02.2006 Widerspruch ein mit der Begründung, dass er wegen stationärer Behandlung seit 06.01.2006 aus der Haft entlassen sei.
Der Widerspruch wurde im Weiteren mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2006 zurückgewiesen.
Dagegen legte der Kläger am 18.05.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Von der Staatsanwaltschaft Memmingen wurde Auskunft zum Ablauf der Strafvollstreckung gegen den Kläger 2005/2006 eingeholt (28.07.2006).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.09.2006 beantragte der Kläger,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2006 zu verurteilen, ab 06.01.2006 bis 23.05.2006 Arbeitslosen- geld II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Leistungen nach dem SGB II erhält nicht, wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist (§ 7 Abs. 4 SGB II).
Zur Interpretation des Begriffs der stationären Einrichtung gab es anfangs abweichende Meinungen. Zwischenzeitlich ist eine Klarstellung durch den Gesetzgeber erfolgt, die auch als Klarstellung für den zurückliegenden Zeitraum zu werten ist und die überwiegende Rechtsprechung bestätigt, die unter dem Begriff der stationären Einrichtung von Anfang an auch den Aufenthalt im Strafvollzug verstanden hat.
Der Begriff der stationären Einrichtung im Sinn des § 7 Abs. 4 SGB II ist nach Sinn und Zweck in einem umfassenderen Sinn als von § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst zu verstehen; damit ist auch ein durch Haft bedingter Aufenthalt gemeint. Aus der Verwendung der Worte "für länger als sechs Monate" in § 7 Abs. 4 SGB II ist zu schließen, dass der Leistungsträger eine Prognoseentscheidung zu treffen hat (Beschluss LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2005 – L 19 B 48/05 AS ER). Die Klarstellung im Gesetzestext zum 01.08.2006 ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende erfolgt. Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II in der Neufassung ist dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt.
Wer sich länger als sechs Monate in der Strafvollstreckung befindet, steht längerfristig für die aktive Teilnahme an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit nicht zur Verfügung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und soll deswegen von Leistungen nach SGB II ausgeschlossen sein.
Ausweislich der Auskunft der Staatsanwaltschaft Memmingen vom 28.07.2006 war aus mehreren Strafurteilen ein Strafvollzug vom 15.07.2005 bis 16.12.2006 geplant. Bei der gebotenen Prognoseentscheidung konnte somit zutreffend von einer "Unterbringung" von länger als sechs Monaten ausgegangen werden. Die Strafvollstreckung hat dann auch tatsächlich mehr als ein halbes Jahr umfasst. Durch einen krankheitsbedingten vorübergehenden Aufschub der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nach § 455 StPO tritt kein neuer Sachverhalt ein.
Damit war die Klage mit der sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Damit bestand für die Zeiten der stationären Aufenthalte auch keine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V, weil diese Mitgliedschaft vom Bezug von Arbeitslosengeld II abhängt. Ein etwaiger Leistungsanspruch nach § 48 SGB XII gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe konnte nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens sein.
Erstellt am: 05.12.2006
Zuletzt verändert am: 05.12.2006