I. Die Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2007 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2007 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum 01.10.2007 bis 31.12.2007 streitig (hier: Absenkung der Leistungen um 30 % der Regelleistungen).
Der am 1943 geborene Kläger erhält von der Beklagten seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozial-gesetzbuch (SGB II). Zuvor bezog er Sozialhilfe.
Am 22.01.2007 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung für die Zeit vom 22.01.2007 bis 22.01.2008. Am 13.07.2007 bot die Beklagte dem Kläger die Teilnahme an der Maßnahme "JobMotor" ab 30.07.2007 an. Nachdem die Beteiligten sich über die Teilnahme des Klägers bei dieser Maßnahme nicht einigen konnten, erließ die Beklagte sodann mit Bescheid vom 25.07.2007 einen Verwaltungsakt zur Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II und verpflichtete den Kläger, an der Maßnahme "JobMotor" beim bfz M. in der Zeit vom 30.07.2007 bis 31.12.2007 teilzunehmen. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Nachdem der Kläger zu der Maßnahme nicht erschienen war, hörte die Beklagte ihn zu einer beabsichtigten Absenkung der Leistungen um 30 % der Regelleistung mit Schreiben vom 02.08.2007 an. Hierauf antwortete der Kläger, dass er theoretisch am Programm des "JobMotors" interessiert sei, jedoch bereits die Erfahrung habe machen müssen, dass die Methoden des bfz nicht geeignet seien, Hilfebedürftige individuell und zielgerichtet in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern. Auch habe er bereits verschiedentlich schriftlich mitgeteilt, dass er als fast 64-jähriger wohl praktisch keine Chance mehr auf eine Anstellung im Arbeitsmarkt habe. Hierbei habe er auch von laufenden Entwicklungsprojekten berichtet, bei denen sich ihm höhere Chancen eröffneten, wieder in Arbeit zu kommen.
Mit Bescheid vom 11.09.2007 senkte die Beklagte die Leistungen an den Kläger um 30 % der Regelleistung für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 ab. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger die in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht erfüllt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II).
Dagegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 18.09.2007. Zur Widerspruchsbegründung trug er vor, dass unzutreffend sei, dass er Pflichten der Eingliederungsvereinbarung nicht erfüllt habe. Eine gültige Eingliederungsvereinbarung datiere vom 22.01.2007 und ende am 22.01.2008. Eine weitere Vereinbarung existiere nicht. Am 25.07.2007 habe er auch dargelegt, dass er derzeit bei drei anstehenden Projekten aktiv sei. Insoweit lägen aussichtsreiche Eigenbemühungen vor. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass bereits vor Erstellung des Bescheids die sog. 58-iger Regelung in Anspruch genommen worden sei, so dass der Bescheid vom 11.09.2007 gemäß § 39 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unwirksam geworden sein dürfte. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2007 zurück. Die am 22.01.2007 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung sei durch die Eingliederungsvereinbarung vom 25.07.2007 ersetzt worden. Die Eingliederungsvereinbarung vom 22.01.2007 stelle nämlich einen öffentlichen Vertrag nach §§ 53 ff. SGB X dar. An einen solchen Vertrag seien grundsätzlich beide Seiten gebunden. Jeder Vertragspartei stehe allerdings gemäß § 61 SGB X in Verbindung mit § 314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Kündigungsrecht bei einem wichtigen Grund zu. Mit einer Teilnahme an der Maßnahme "JobMotor" hätten sich die Chancen des Klägers auf eine Integration in den Arbeitsmarkt erheblich erhöht. Anderweitige Bemühungen des Klägers in den letzten 2 ½ Jahren seien ohne Erfolg geblieben. Er sei nach wie vor hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II und damit auf Grundsicherungsleistungen angewiesen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 SGB II sei die Beklagte verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, die die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen erhielten oder verbesserten. Die Beklagte habe daher von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht und die bisherige Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel gekündigt, dass in einer neuen Eingliederungsvereinbarung die Teilnahme am "JobMotor" vereinbart worden sei. Nachdem sich der Kläger telefonisch gegenüber seiner Fallmanagerin vehement gegen den Abschluss der neuen Eingliederungsvereinbarung gewährt habe, habe diese als Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassen werden können. Aufgrund seines Nichterscheinens am 30.07.2007 beim bfz habe er gegen eine festgelegte Pflicht in einer Eingliederungsvereinbarung verstoßen. Damit sei der Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II erfüllt.
Hiergegen hat der Kläger am 08.10.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung hat er sodann nochmals vorgetragen, dass er bereits am 13.07.2007 deutlich gemacht habe, dass er aufgrund seines Alters von knapp 64 Jahren den Sinn dieser Maßnahme nicht habe erkennen können und dass er gegenwärtig an Projekten arbeite, die nach seiner Überzeugung geeigneter seien, auch über den baldigen Zeitpunkt des Rentenbezugs hinaus ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Die Beklagte habe ihre Entscheidung bezüglich seiner Teilnahme an der bfz-Maßnahme zu keiner Zeit begründet und sei zu keiner Zeit auf die von ihm in diversen Schreiben übermittelten Gründe gegen eine Teilnahme eingegangen. Noch am Freitag, dem 27.07.2007, habe er unverzüglich einen Antrag auf Aussetzung des Vollzuges der Maßnahme gestellt, da es ihm nicht möglich gewesen sei, der Einladung zur Teilnahme am nächsten Werktag (Montag, 30.07.2007) Folge zu leisten. So habe er am Wochenende nach Niederbayern fahren müssen, um dort mit einem Kollegen, den Inhaber und Geschäftsführer einer Bioladenkette, sich zu treffen. Ein möglicher Beratungsauftrag sei vorzubereiten gewesen. Außerdem habe er die Verpflichtung übernommen, seine Schwester, die momentan keinen Führerschein habe, an jedem Werktag vormittags zu ihren Patienten im Umkreis von Obergünzburg zu fahren. Sie sei Altenpflegerin und könne ihre Patienten nicht im Stich lassen. Sein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs sei erst nach sieben Wochen negativ durch Bescheid vom 19.09.2007 beschieden worden. Schließlich habe er im August die sog. 58-iger Regelung, die zum 10.09.2007 bewirkt worden sei, in Anspruch genommen. Dem gemäß bestehe für ihn kein Zwang mehr, an Maßnahmen der öffentlichen Arbeitsverwaltung teilzunehmen. Hierauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.11.2007 geantwortet, dass der Kläger zwar nach wie vor behaupte, dass die Teilnahme am "JobMotor" für ihn keinen Sinn gehabt habe und er sich besser selber um Arbeit bemühen könne. Dagegen aber spräche, dass er es seit dem 01.01.2005 nicht geschafft habe, sich eine Arbeitsstelle zu suchen, die seinen Lebensbedarf abdecke.
In der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2008 beantragt der Kläger,
den Bescheid vom 11.09.2007 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte in dem Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 die Leistungen des Klägers um 30 % der Regelleistung abgesenkt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II. Danach wird das Arbeitslosengeld II (Alg II) in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen. Dieser Sanktionstatbestand wurde durch den Kläger aufgrund seines Nichterscheinens zu der Maßnahme "JobMotor" erfüllt. Nach Auffassung des Gerichts erfasst der genannte Sanktionstatbestand nicht nur den Verstoß gegen Pflichten, die in einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II festgelegt worden sind, sondern auch den Verstoß gegen eine Verpflichtung, die dem Hilfebedürftigen durch einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II auferlegt worden ist. Wie sich nämlich aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergibt, enthält sowohl die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II als auch der diese Vereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt denselben Regelungsinhalt. Es kann daher nach dem Normzweck des § 31 SGB II, der den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sanktioniert, der ihm auferlegte und konkretisierte Verpflichtungen nicht erfüllt, keinen Unterschied machen, ob sich die Pflichtverletzung aus einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergibt (so auch Schumacher in Oestreicher: SGB II, § 31 Rdz. 30 f, a.A. Hessisches LSG, Beschluss vom 09.02.2007 – L 7 AS 288/06 ER). Auch die Voraussetzungen der Ersetzung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sind vorliegend erfüllt. Zwischen den Beteiligten waren nämlich die Verhandlungen über eine neue Eingliederungsvereinbarung zum Zwecke der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme "JobMotor" gescheitert. Hierbei hat es sich um einen zulässigen Regelungsinhalt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gehandelt. Die Verhandlungen waren deshalb gescheitert, weil zwischen dem Kläger und seiner Fallmanagerin keine Einigung darüber erzielt werden konnte, ob die Eingliederungsmaßnahme für den Kläger als geeignet anzusehen ist. Für das Scheitern der Verhandlungen ist nicht notwendig, dass eine vorwerfbare Verweigerung durch den Hilfebedürftigen vorliegt. Vielmehr liegt ein Scheitern dann vor, wenn nach der Verhandlungsphase keine Einigung zwischen dem Hilfebedürftigen und seinem Fallmanager zustande kommt. Wie lange die Verhandlungsphase anzudauern hat, darüber sagt das Gesetz jedoch nichts. Damit ist es schwieriger zu beurteilen, ab wann von einem endgültigen Scheitern einer vertraglich vereinbarten Eingliederungsvereinbarung auszugehen ist. Ein endgültiges Scheitern der Vertragsverhandlungen ist für die Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt deshalb notwendig, da dieser nur als Ultima ratio ergehen darf. Dies bedeutet, dass die vorgebrachten Vorstellungen des Hilfebedürftigen zu prüfen sind, und es muss die Möglichkeit bestehen, die gegenseitigen Argumente auszutauschen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass auch eine alsbaldige Entscheidung erforderlich ist, um Klarheit über die weiteren Schritte zu erhalten und um die Eingliederung in Arbeit nicht zu gefährden (Schumacher in Oestreicher, SGB II, § 15 Rdz. 25). Auf den Fall übertragen bedeutet dies, dass tatsächlich die Verhandlungen zwischen den Beteiligten am 25.07.2007 als endgültig gescheitert angesehen werden mussten. So hatten zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Fallmanagerin selbst und der Kläger untereinander sämtliche Argumente für und gegen die Teilnahme an der Maßnahme ausgetauscht, sondern war auch mittlerweile noch der Geschäftsführer der Beklagten mit in die Diskussion einbezogen worden, der dann dem Kläger zuletzt noch einen Kompromissvorschlag (Absolvierung der Maßnahme in Teilzeit) unterbreitet hatte. Auch dieser ist jedoch vom Kläger abgelehnt worden. Im Hinblick darauf, dass die Maßnahme zum 30.07.2007 beginnen sollte und erkennbar keine weiteren Fortschritte in den grundlegenden Fragen zur Teilnahme am 25.07.2007 erreicht werden konnten, war der Ersetzungstatbestand des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erfüllt.
Eine Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25.07.2007 ergibt sich weiter nicht daraus, dass bis zu dessen Erlasszeitpunkt noch die Eingliederungsvereinbarung vom 22.01.2007 wirksam war. Bei der Eingliederungsvereinbarung handelt es sich nämlich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff SGB X (allgemeine Meinung, siehe z.B. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 15 Rdz. 3 m.w.N.). Zwar sind damit die Vertragsparteien während seiner Laufzeiten an die getroffenen Vereinbarungen gebunden. Gemäß § 59 SGB X besteht aber ein Anspruch auf Anpassung, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist (§ 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X). Entsprechend wie im geltenden Zivilrecht (§ 313 BGB) wird damit gesetzlich geregelt, wie bei einer "Störung der Geschäftsgrundlage" das Vertragsverhältnis weiter abzuwickeln oder aufzulösen ist. Dabei bestimmt § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X, dass bei einer Änderung der grundlegenden Verhältnisse, die den Vertragsschluss der Parteien (mit-)begründet haben, ein Anspruch auf Anpassung an die veräderten Verhältnisse primär vor dem Kündigungsrecht nach § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB X besteht. Dieser Anspruch ist durch formfreie Erklärung gegenüber dem Vertragspartner geltend zu machen. Vorliegend hat die Beklagte nach Auffassung des Gerichts dies am 13.07.2007 gegenüber dem Kläger erklärt, in dem sie ihm die Teilnahme an der Maßnahme "JobMotor" angeboten hatte, die nicht Vertragsbestandteil der Eingliederungsvereinbarung vom 22.01.2007 gewesen war. Für die von der Beklagten gewünschte Vertragsanpassung lagen auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X vor. So hat sich nach Ablauf des Regelzeitraums von einem halben Jahr gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II unübersehbar herausgestellt, dass die vom Kläger unternommenen Eigenaktivitäten zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt keinen Erfolg gebracht haben und auch keinerlei weitere Erfolgsaussichten rechtfertigten. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Kläger trotz seiner angeführten Projekte bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 29.01.2008 keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnte, die seine Hilfebedürftigkeit beendet hat. Da somit die Aussichtslosigkeit des bisherigen Hilfeplans offen lag, war es der Beklagten nicht länger zuzumuten, trotz ihres Auftrages alle erkennbaren Mittel für die Wiedereingliederung des Klägers in den ersten Arbeitsmarkt einzusetzen, an dem gescheiterten Plan festzuhalten. Der im SGB II geltende Grundsatz des Forderns und Förderns, um dem Kläger ein Leben ohne existenzsichernde Leistungen zu ermöglichen, gab der Beklagten vielmehr auf, von ihrem Vertragsanpassungsrecht nach § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X Gebrauch zu machen. Zwar hat die Vertragsanpassung grundsätzlich ebenfalls einvernehmlich zu erfolgen. Allerdings besteht die Möglichkeit, falls von der Vertragspartei die notwendige Zustimmung nicht erteilt wird zur Änderung, diese im Wege einer "echten" Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend zu machen. Da jedoch § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die Möglichkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes bei Scheitern der Vertragsverhandlungen über den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung vorsieht und die Beklagte somit ihre Rechtsinteressen auch ohne Beschreitung des Rechtsweges durchsetzen kann, dürfte es für eine solche Klage an einem Rechtsschutzinteresse der Beklagten fehlen. Vielmehr hat die Beklagte in einem solchen Fall von der Möglichkeit des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II Gebrauch zu machen. Im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den dann ergangenen Bescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II hat anschließend das Gericht inzident die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X zu überprüfen.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass hier die Beklagte unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 1. Halbsatz SGB X die Eingliederungsvereinbarung vom 22.01.2007 durch Erlass des Bescheids vom 25.07.2007 den Vertragsverhältnissen rechtmäßig angepasst hat.
Indem der Kläger sodann an der Maßnahme "JobMotor" nicht teilgenommen hat, hat er den Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II erfüllt. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er einen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt habe (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II). So rechtfertigt seine Nichtteilnahme nicht seine Auffassung, dass er seine Zeit in dieser Maßnahme verschwenden werde, da er sich nicht mehr auf viel aussichtsreichere Projekte kon- zentrieren könne. Zum einen hat sich – wie bereits dargelegt – gezeigt, dass die vom Kläger als aussichtsreich bezeichneten Projekte eben gerade nicht in einer Erwerbstätigkeit gemündet haben. Zum anderen kann auch nicht festgestellt werden, dass die vom Kläger behauptete völlige Nutzlosigkeit der Maßnahme festgestanden habe. Vielmehr konnten nach Vortrag der Beklagten seit Beginn der Maßnahmen bereits 11 langzeitarbeitslose Teilnehmer in Arbeit vermittelt werden. Damit weist die Maßnahme insgesamt eine größere Erfolgsquote auf als die Tätigkeiten des Klägers. Auch dass von ihm angeführt wurde, dass er bereits fast 64 Jahre alt sei und damit kurz vor dem Ausscheiden aus dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehe, greift nicht als Unzumutbarkeitsgrund durch. Vielmehr hat der Kläger nämlich selbst vorgetragen, dass er auch nach seinem 65. Lebensjahr weiter beabsichtige, erwerbstätig zu sein, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies ist ebenfalls im Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler, da nach dem gegenwärtigen Stand davon auszugehen ist, dass der Kläger auch im Alter auf Grundsicherungsleistungen der öffentlichen Hand angewiesen sein wird. Es macht daher durchaus Sinn, den Kläger trotz seines Alters noch Möglichkeiten zu eröffnen, um von staatlichen Leistungen frei zu kommen. Dies ist gerade hier auch deshalb möglich, da der Kläger als Unternehmensberater und Coach selbständig tätig sein will. Er kann seinen Beruf deshalb ohne Weiteres auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausführen. Unter diesem Gesichtspunkt war es dem Kläger zuzumuten, die von der Beklagten angebotene Maßnahme als eine Möglichkeit, seine Hilfebedürftigkeit zu überwinden, zu nutzen. Ein Unzumutbarkeitsgrund ergibt sich weiter nicht daraus, dass der Kläger sich gegenüber seiner Schwester bereit erklärt hat, für sie Fahrdienste zu übernehmen. Für den Verlust des Führerscheines hat die Schwester des Klägers selbst die Verantwortung zu übernehmen und ihre Vertretung bei den Patienten durch andere Maßnahmen sicher zu stellen als durch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die letztendlich vom Steuerzahler finanziert werden. Auch Erwerbstätigen wäre ein solcher Einsatz für Familienmitglieder nur dadurch möglich, dass der Arbeitgeber ihnen Urlaub genehmigt. Ein Urlaubsantritt im Jahr 2007 wäre jedoch für den Kläger gar nicht mehr in Betracht gekommen, da er seinen diesbezüglichen Anspruch bereits durch seinen Neuseelandaufenthalt aufgebraucht hatte. Auch der am 27.07.2007 per E-Mail gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme begründet für den Kläger keinen Rechtfertigungsgrund für seine Nichtteilnahme. Nach Auffassung des Gerichts kann hier dahingestellt bleiben, ob es sich bei einem Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II um eine Entscheidung über eine Leistung im Sinn von § 39 Nr. 1 SGB II handelt, so dass ein Widerspruch hiergegen keine aufschiebende Wirkung entfalten würde. Nur in einem solchen Fall käme aber ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86 a Abs. 3 Nr. 1 SGG in Betracht. Vorliegend fehlt es jedoch an einem formwirksamen Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.07.2007. Da ein solcher nur schriftlich nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG eingereicht werden kann und nicht per E-Mail, lag keine Anfechtung des Bescheids vom 25.07.2007 vor, so dass über eine Aussetzung dieses Bescheids auch nicht zu entscheiden war (siehe LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.06.2007 – L 8 SO 60/07 ER). Im Übrigen bezog sich der Bescheid vom 19.09.2007, in dem die Aussetzung des Vollzuges abgelehnt wurde, nicht auf den Antrag vom 27.07.2007, sondern auf die Aussetzung des Vollzugs der Sanktion nach § 31 SGB II durch Bescheid vom 11.09.2007. Gegen diesen Bescheid ist eben formwirksam Widerspruch eingelegt worden und mit Schreiben vom 17.09.2007 ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs gestellt worden. Da der Kläger aber wie gesagt, gegen den Bescheid vom 25.07.2007 keinen Widerspruch eingelegt hatte, war dieser durchgehend wirksam und daher in seinen Anordnungen vom Kläger zu befolgen. Des Weiteren kann der Kläger auch sein Verhalten nicht damit rechtfertigen, dass er von der Regelung nach § 65 Abs. 4 SGB II Gebrauch gemacht hat. Hierbei handelt es sich nämlich um eine Vertrauensschutzregelung. Dadurch sollte bis Ende 2007 sichergestellt werden, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die auf die bisherige Rechtslage (vgl. § 428 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -SGB III) vertrauten, ihre Lebensplanung nicht mehr ändern müssen (BT-Dr. 15/1749, 34). Von dieser Vertrauensschutzregelung kann der Kläger jedoch nach Auffassung des Gerichts deshalb keinen Gebrauch machen, da er gerade im Gegenteil zumindest bis zu seiner Erklärung am 10.09.2007 gerade nicht seine Arbeitsbereitschaft beendet hatte, sondern vielmehr ausdrücklich darauf bestanden hat, nicht unter die Regelung des § 65 Abs. 4 SGB II zu fallen. Zuletzt hat er dies noch trotz eines Angebots der Beklagten am 12.03.2007 mit der Begründung abgelehnt, dass er eine weitere Unterstützung der Beklagten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wünsche. Auch die vom Kläger geschilderten zahlreichen Projekte zur Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit widersprechen der Annahme, dass der Kläger sich auf ein Leben ohne Einsatz seiner eigenen Arbeitskraft eingestellt hätte. Er fällt damit nicht unter den von § 65 Abs. 4 SGB II geschützten Personenkreis.
Der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2007 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2007 war daher rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage somit als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da die Frage, ob die Sanktionsfolgen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II auch auf einem Verstoß gegen Pflichten aus einem Verwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II beruhen können, von grundsätzlicher Bedeutung ist, war die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
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Erstellt am: 20.02.2008
Zuletzt verändert am: 20.02.2008