I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 verurteilt, an den Kläger zu 2. 21,- Euro monatlich für die Zeit vom 1. August 2006 – 30. Juni 2008 zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. zu erstatten.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind Leistungen wegen Ausübung des Umgangsrechtes des Klägers zu 2. (Vater) mit der Klägerin zu 1. (Tochter) für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 30.06.2008.
Der Kläger zu 2., geboren 26.01.1957, bezog und bezieht im streitigen Zeitraum in Bedarfsgemeinschaft mit M. G. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Ehe des Klägers zu 2. wurde am 26.08.2004 geschieden. Die Klägerin zu 1. lebt bei der Mutter in G., die selbstständig tätig ist und die Klägerin zu 1. unterhält. Wegen der fehlenden Unterhaltsfähigkeit des Klägers zu 2. werden Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVG) gewährt. Zivilrechtlich ist ein Umgangsrecht des Klägers zu 2. mit der Klägerin zu 1. dahingehend geregelt, dass sich die Tochter am ersten und dritten Wochenende von Freitag 14.00 Uhr bis Sonntag 17.00 Uhr beim Vater aufhält, darüberhinaus zwei Wochen in den großen Ferien und an den zweiten Feiertagen der großen Feiertage Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Dieses Umgangsrecht wird auch ausweislich der Bestätigung der Mutter der Klägerin zu 1. so durchgeführt.
Bezüglich des Zeitraumes vor dem 01.08.2006 hatte sich die Beklagte aus einem Vergleich vor dem Sozialgericht Augsburg vom 31.08.2006 verpflichtet, Leistungsansprüche des Klägers zu 2. nach der damals gültigen Rechtsauffassung (§ 23 SGB II) zu prüfen. Mit Bescheid vom 17.11.2006 wurde dementsprechend dem Kläger zu 2. ein Anspruch von 3,50 EUR für jeden vollen Aufenthaltstag der Tochter zuerkannt, ein Anspruch von 1,25 EUR für jeden Teiltag.
Aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2006 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2006 für die Zeit ab 01.08.2006 einen Leistungsanspruch abgelehnt.
Der diesbezügliche Widerspruch vom 21.11.2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 zurückgewiesen.
Dagegen legte der Kläger zu 2. durch seinen Bevollmächtigten am 16.07.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein.
Die Beklagte hatte den Antrag des Klägers zu 2. am 11.07.2007 an die Abteilung Arbeit und Soziales der Stadt Kaufbeuren weitergeleitet, die in einem Antwortschreiben an die Beklagte vom 17.07.2007 die Anerkennung eines Anspruches ablehnte. Mit Beschluss vom 17.03.2008 wurde die Stadt Augsburg, Abteilung Arbeit und Soziales, zum Verfahren beigeladen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.04.2008 wurde der Sachverhalt mit dem Kläger zu 2. besprochen. Insoweit wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen.
Der Bevollmächtigte der Kläger beantragte im Termin, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene unter Aufhebung des Bescheides vom 17.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 zu ver- Urteilen, an den Kläger zu 2. monatlich 21,00 EUR für die die Kosten des Umgangs- Rechts in der Zeit vom 01.08.2006 bis 30.06.2008 zu gewähren.
Die Terminsvertreterin der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Vertreter der Beigeladenen beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Bezüglich der Klägerin 1. kann gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von der Prozessvertretung durch den leiblichen Vater ausgegangen werden.
Die Klage ist bezüglich des Klägers zu 2. begründet. Ausweislich der Kostenübersicht des Klägers zu 2. vom 13.10.2006 geht es um die aus dem Umgang mit der Tochter entstandenen Kosten. Zur Entlastung der beruflich stark eingespannten leiblichen Mutter werde die Tochter zusätzlich jeden Dienstagnachmittag betreut (Abholung von der Schule und Verbringen zu einem Judounterricht).
Bei der Ausübung des Umgangsrechts fallen Aufwendungen an, die Personen ohne Kinder und zusammenlebende Elternteile nicht treffen. Hierzu können z.B. die Transportkosten gehören, das Zur-Verfügung-Stellen von Spiel-, Sportgerät, zusätzlicher Verpflegungsaufwand, Kosten die bei der Betreuung von Kindern durch nur eine Person zusätzlich entstehen und für den Gesetzgeber Anlass für die Regelungen zum Mehrbedarf bei Alleinerziehung waren. Nicht als Umgangskosten gelten dabei die regulären Kosten, die stets für das Kind aufgewandt werden müssen, also Bestandteil des eigenen Natural- und Barunterhaltsanspruches sind (Urteil LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.06.2007, L 8 AS 491/05).
Anspruchsinhaber kann immer nur der jeweils Bedürftige für seine Kosten sein (Urteil BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R). Leistungen betreffend die Ausübung des Umgangsrechts müssen sich außerdem immer auf das absolut Notwendige beschränken. Es ist keine unbeschränkte Sozialisierung von Scheidungsfolgekosten möglich (vgl. BSG a.a.O.).
Die Berücksichtigung von Umgangskosten in diesem notwendigen Umfang ist unstreitig verfassungsrechtlich geboten. Nach Beurteilung der Kammer ist es dann zutreffend, eine Lösung allein auf der Grundlage des SGB II zu finden. Im Anschluss an die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.06.2007 (a.a.O.) ist es eine systemgerechte und abwicklungstechnisch einfache Lösung, an § 21 Abs. 3 SGB II anzuknüpfen. Die Vorschrift des § 73 SGB XII ist keine generelle Auffangnorm für sämtliche Hilfearten. Vielmehr folgt aus ihrer systematischen Stellung im Teil der "Hilfe in besonderen Lebenslagen", dass sich die Vorschrift nur auf Hilfesituationen beziehen kann, die in ihrer Typizität nicht zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehören. Dies kann bei den Kosten des. Umgangsrechts nicht festgestellt werden, weil diese der Hilfe zum Lebensunterhalt zuzuordnen sind (Urteil Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen a.a.O.).
Es sind jedoch systemimmanente Lösungen innerhalb des Normengefüges des SGB II möglich. Das SGB II sieht bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung einen Mehrbedarfszuschlag aus der Sonderbelastung der Alleinerziehung vor. Der Gesetzgeber hat übersehen, dass bestimmten verfassungsrechtlichen Vorgaben (z.B. Kosten der Ausübung des Umgangsrechts) im System des SGB II nur ungenügend Rechnung getragen ist (LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.). In Anschluss an die ausführlichen Begründungen des LSG Niedersachsen-Bremen sah es auch die Kammer für zutreffend an, für die Begründung des Anspruchs an § 21 Abs. 3 SGB II anzuknüpfen. Der volle Mehrbedarfszuschlag würde bezüglich eines Kindes im Alter der Klägerin zu 1. 40,00/41,00 EUR betragen. Nach Beurteilung der Kammer war ein Ansatz in Höhe des hälftigen Zuschlages zutreffend. Damit war bezüglich des Klägers zu 2. in der entschiedenen Höhe zuzusprechen.
Bezüglich der Klägerin zu 1. war die Klage abzuweisen. Die Klägerin zu 1. lebt bei der Mutter und wird von dieser unterhalten. Es fielen auch Leistungen nach dem UhVG an. Für eine Bedürftigkeit der Klägerin zu 1. liegen keine Anhaltspunkte vor, so dass auch keine existenzielle Notwendigkeit für eine staatliche Unterstützung besteht (Urteil BSG vom 07.11.2006 a.a.O.) Die Frage, ob (nach Beurteilung der Kammer in unlösbarer Weise) eigene Ansprüche nach §§ 20 bis 22 SGB II zu prüfen wären, kann daher im vorliegenden Fall offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Es war der jeweilige Erfolg zu berücksichtigen.
Erstellt am: 05.05.2008
Zuletzt verändert am: 05.05.2008