I. Die Klage gegen die Bescheide vom 19. Juli 2005 und 4. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2007 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist eine Beitragszahlung nur nach dem Mindesteinkommen für hauptberuflich selbständig Tätige bzw. dem tatsächlichen Einkommen aus Gewerbebetrieb, ohne Berücksichtigung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung (VuV), weil die an die Mutter des Klägers gezahlte Leibrente dort als Abzugsposten anzusetzen sei.
Der am 1953 geborene Kläger ist hauptberuflich selbständig erwerbstätig und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Einer Erklärung zum Einkommen vom 24.01.2004 legte er seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 bei. Danach ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 18.242 EUR sowie Negativeinkünfte aus VuV. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 27.01.2004 für die Zeit ab 01.02.2004 den Beitrag in Höhe von 249,96 EUR fest und ging dabei vom beitragspflichtigen Mindesteinkommen aus.
Am 15.03.2005 übersandte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 28.01.2005. Er führte an, dass die Einkünfte aus VuV, die er zusammen mit seinen Schwestern habe, noch nicht in die Einkommensteuererklärung eingearbeitet seien, weshalb das Finanzamt zunächst 20.000 EUR als Einnahmen geschätzt habe. Tatsächlich habe er durch Mietleerstände und Zahlung von Leibrente an seine Mutter jedoch ein Minus von 9.153 EUR gemacht. Laut Steuerbescheid für das Jahr 2003 erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 8.139 EUR sowie Einkünfte aus VuV in Höhe von 20.000 EUR. In einem weiteren Steuerbescheid vom 10.06.2005 für das Jahr 2003 wurden dann die Einkünfte aus VuV in einer Höhe von 21.523 EUR festgesetzt. Der Steuerbescheid weist des Weiteren einen Abzug für "Renten und dauernde Lasten" in Höhe von 30.677 EUR aus, sodass sich insgesamt kein zu versteuerndes Einkommen ergab. Ausgehend von den im Steuerbescheid vom 28.01.2005 ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb und den geschätzten Einkünften aus VuV errechnete die Beklagte ein monatliches beitragspflichtiges Einkommen von 2.344,92 EUR und legte mit Bescheid vom 19.07.2005 den Beitrag ab 01.02.2005 auf monatlich 323,60 EUR fest. Mit Bescheid gleichen Datums errechnete sie aus dem Einkommensteuerbescheid vom 10.06.2005 ein beitragspflichtiges Einkommen von 2.471,83 EUR, das sie der Beitragsberechnung ab 01.07.2005 mit einem monatlichen Beitrag von 341,12 EUR zugrunde legte.
Der Kläger legte dagegen am 09.08.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass die Rentenbelastung von 30.677 EUR, die er für die Einkünfte aus VuV für die Leibrente seiner Mutter aufbringen müsse, nicht berücksichtigt sei. Die Beklagte berief sich dagegen mit Schreiben vom 10.08.2005 darauf, dass eine Saldierung von negativen mit positiven Einkünften und damit ein sog. horizontaler Verlustausgleich nicht möglich sei.
Der Kläger hat dann am 20.09.2006 den Steuerbescheid vom 22.05.2006 für das Jahr 2004 übersandt. Darin ausgewiesen sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 35.910 EUR sowie Einkünfte aus VuV in Höhe von 29.956 EUR. Ebenso findet sich der Posten "Renten und dauernde Lasten" mit 30.677 EUR. Die Beklagte errechnete ein monatliches Einkommen von 5.488,83 EUR und setzte daher mit Bescheid vom 04.10.2006 für die Zeit ab 01.06.2006 den Beitrag mit monatlich 491,62 EUR fest, errechnet aus dem monatlichen Höchsteinkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze.
Auch hiergegen legte der Kläger am 03.11.2006 Widerspruch ein. Seine Einnahmen aus VuV bekomme er gar nicht zu Gesicht, vielmehr würden diese zugleich mit der von ihm zu zahlenden Rente verrechnet. Der Betrag stehe ihm daher nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung. Die Beklagte wies dann die Widersprüche mit Bescheid vom 10.01.2007 zurück.
Dagegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 08.02.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge allein von den vom Kläger erzielten Einkünften aus Gewerbebetrieb auszugehen sei, da die aus VuV erzielten Einkünfte geringer seien als die Zahlungsverpflichtung aufgrund der Leibrente. Die Höhe der Leibrente sei nicht von den erzielten Einnahmen abhängig, sondern müsse immer in gleicher Höhe erfüllt werden. Daher stünden die Mieteinnahmen dem Kläger tatsächlich nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung. Nicht akzeptabel sei auch die Aussage der Beklagten, wonach Sonderausgaben nicht beitragsmindernd berücksichtigt werden dürften. Die Gewinne aus VuV seien zwangsläufig mit der Zahlung der Leibrente verknüpft und um eben diese Zahlungen gemindert. Außerdem wurde der notarielle Übergabevertrag vom 19.06.1995 über die Übergabe eines Mietshauses an den Kläger und seine Schwestern übersandt, wo als dauernde Last eine monatliche Zahlung in Höhe von 15.000 DM an die Mutter vereinbart ist. Die Beklagte hat sich demgegenüber berufen, dass nach den Steuerbescheiden durch die Sonderausgaben nicht die Einkünfte aus VuV sondern die Gesamteinkünfte vermindert würden.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 19.07.2005 und 04.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2007 zu verurteilen, bei der Beitragsberechnung ab 01.02.2005 bis 31.05.2007 das aus Vermietung erzielte Einkommen unberücksichtigt zu lassen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens zur Krankenversicherung sein Einkommen aus VuV unberücksichtigt bleibt, weil ihm Sonderausgaben durch Zahlung einer Leibrente an seine Mutter gegenüberstehen. Die Bescheide der Beklagten vom 19.07.2005 und 04.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2007 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat dem beitragspflichtiges Einkommen in zutreffender Weise auch das Einkommen des Klägers aus VuV in voller Höhe zugrunde gelegt.
Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der Beklagten (§ 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V -). Die Beitragszahlung für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V. Dessen Abs. 1 bestimmt, dass die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt wird. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt.
Die Beitragsberechnung an sich (Höhe des Beitragssatzes, Ermittlung des Beitrages aus den zugrunde gelegten Einkommen unter Anwendung des Beitragssatzes) ist nicht streitig. Es geht ausschließlich um die Frage, ob das Einkommen des Klägers aus VuV wegen der Sonderausgabe für die Leibrente der Mutter in voller Höhe als beitragspflichtiges Einkommen zu berücksichtigen ist. Wenn ja, dann wäre für die Zeit ab 01.02.2005 ein Beitrag in Höhe des Mindestbeitrages für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V; 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße) zugrunde zu legen und für die Zeit ab 01.06.2006 wäre der Beitrag nur nach dem Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 35.910 EUR laut Steuerbescheid für das Jahr 2004 zu berechnen. Die Klägerbevollmächtigten haben hierzu argumentiert, dass das Einkommen aus VuV tatsächlich nicht zum Lebensunterhalt des Klägers zur Verfügung stehe, weil hieraus die Leibrente zu entrichten sei. Auch ergebe sich gerade aus der Formulierung in § 15 Abs. 4 der Satzung, wonach die Einnahmen "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung" beitragspflichtig seien, dass die Beklagte gerade nicht an die Beurteilung durch das Finanzamt, die die Leibrente als Sonderausgabe und damit nicht abzugsfähig beim Einkommen aus VuV eingestuft hat, gebunden sei. Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist das Einkommen aus VuV jedoch als beitragspflichtiges Einkommen zu berücksichtigen.
§ 15 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der Satzung der Beklagten zu 1 lauten: "Als beitragspflichtige Einnahmen sind die monatlichen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung." Die Beklagte hat von der ihr in § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V gegebenen Satzungsautonomie in rechtskonformer Weise Gebrauch gemacht und insbesondere auch zur Überzeugung des Gerichts nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes, der insoweit unverändert Gesetz geworden ist, ist bei der Beitragsgestaltung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, d.h. alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (BT-Drucks. 11/2237, S. 225 zu Art. 1 § 249 Abs. 1). Nach dieser von der Beklagten beinahe wörtlich als Satzungsregelung übernommenen Begründung bestimmt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied erzielt und die ihm zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Mit der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist dabei die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen, nicht dagegen an der Differenz zwischen Einnahmen und (notwendigen) Ausgaben gemeint. Dies folgt aus dem Wortsinn des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Leistungsfähigkeit = Fähigkeit zu leisten, d.h. Ausgaben zu machen) und wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt (BSG vom 23.02.1995 – 12 RK 66/93 in SozR 3-2500 § 240 Nr. 19). Damit unterscheidet sich das auf die einzelnen tatsächlich vorhandenen Einnahmen abhebende Beitragsrecht der Krankenversicherung grundsätzlich von der Betrachtung der Einkünfte, wie sie im Einkommensteuerrecht erfolgt. Im Einkommensteuerrecht ist wesentliche Grundlage für die Besteuerung der Gesamtbetrag der Einkünfte, welche durch die Zusammenrechnung positiver und negativer Einkünfte zunächst derselben Einkunftsart und sodann unterschiedlicher Einkunftsarten bestimmt wird, wobei zur Ermittlung negativer Einkünfte auch Werbungskosten oder Sonderausgaben herangezogen werden. Wenn der Gesetzgeber eine Berücksichtigung sämtlicher Abschreibungsmöglichkeiten im Sinne des Steuerrechtes, d.h. auch von Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG hätte zulassen wollen, dann hätte er die Beitragslast vom Gesamtbetrag der Einkünfte und damit vom Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG (Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen) abhängig machen können. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Die Beklagte hat entsprechend ihrer Satzungsregelung zu Recht neben den Einnahmen des Klägers aus Gewerbebetrieb (§ 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV -) die Einnahmen aus VuV zugrunde gelegt, denn auch hierbei handelt es sich um Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden können (BSG vom 23.09.1999 – B 12 KR 12/98 R in SozR 3-2500 § 240 Nr. 31). Diese Einnahmen sind auch nicht rein fiktiver Natur, denn sie fließen dem Kläger tatsächlich zu, und zwar unabhängig von der Höhe der an seine Mutter zu leistenden dauernden Last, für die in § 3 Buchstabe d des notariellen Vertrages vom 19.06.1995 ein Fixbetrag in Höhe von monatlich 15.000 DM (gesamtschuldnerisch zu tragen vom Kläger und seinen Schwestern) festgelegt ist. Diese dauernde Last des Klägers stellt auch keine Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG dar. Dies ergibt sich aus den Einkommensteuerbescheiden, wo die Leibrente ausdrücklich als Sonderausgabe (Renten und dauernde Lasten) im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG erfasst ist, da sie nicht mit den Mieteinkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Werbungskosten sind nämlich nur solche Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aufgewendet werden müssen. Dagegen sind Ausgaben nur dann als Sonderausgaben zu erfassen, wenn die Aufwendungen weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Die dauernde Last des Klägers ist von der Einkommenshöhe der Miete völlig unabhängig. Der Kläger müsste die Leibrente auch dann zahlen, wenn die Wohnungen nicht vermietet sind oder er aufgrund eines sinkenden Mietspiegels nur geringere Mieteinkünfte erzielen kann. Im umgekehrten Fall muss die dauernde Last nicht erhöht werden, wenn die tatsächlichen Mieteinkünfte über der an die Mutter des Klägers zu zahlenden dauernden Last liegen. Jedoch hat die Mutter das Recht, eine Anhebung der Leibrente zu verlangen, für den Fall einer Erhöhung der Bruttomieteinnahmen um mindestens 10 v.H. Es handelt sich mithin um eine Vertragsgestaltung, die typischerweise im familiären Umfeld wurzelt. In einem solchen Fall ist es der Beklagten nicht verwehrt, kraft der ihr zustehenden Satzungsautonomie nur solche steuerlichen Abzugsposten bei den Bruttoeinkünften des freiwillig Versicherten zu berücksichtigen, die auch steuerlich insoweit anerkannt werden. Dies ist bei der vom Kläger gezahlten Leibrente nicht der Fall, da das Finanzamt sie nicht als Werbungskosten sondern als Sonderausgaben behandelt hat. Das BSG hat auch in seiner Entscheidung vom 23.09.1999 (a.a.O.) ausgeführt, dass eine Satzung sich dort, wo das Steuerrecht verschiedene Möglichkeiten zur Wahl stellt, für eine entscheiden oder auch eine hiervon abweichende pauschalierende und typisierende Regelung vorsehen könne. Bei Fehlen einer Satzungsregelung sei eine Anlehnung an das Steuerrecht geboten. Hieran hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall gehalten. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die Beklagte – bei Sonderausgaben im Gegensatz zu der steuerlichen Berücksichtigung von Werbungskosten – nicht vor einer unbilligen Verkürzung der Einnahmen dadurch geschützt wäre, dass ein Ausgleich der Verluste bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung mit anderen Einnahmen (kein vertikaler Verlustausgleich bei den verschiedenen Einkommensarten) nicht zugelassen ist (vgl. LSG Baden-Württem-berg vom 14.09.2004 – L 11 KR 2218/03).
Die Argumentation der Klägerbevollmächtigten führt daher nicht zum gewünschten Ergebnis. Soweit der Satzungstext auf die "steuerliche Behandlung" Bezug nimmt, handelt es sich um eine Übernahme der Gesetzesbegründung, aus der nicht zu schließen ist, dass Sonderausgaben abzugsfähig wären.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 03.06.2008
Zuletzt verändert am: 03.06.2008