Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten. Der Erinnerungsführer (Ef) bezog von der Erinnerungsgegnerin (Eg) bis 30.09.2007 bewilligte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seinen Weitergewährungsantrag stellte er im August 2007. Eine Entscheidung der Eg erging zunächst nicht. Daraufhin beantragte der Ef am 01.10.2007 beim Sozialgericht Augsburg, die Eg im Wege der einstweiligen Anordnung zur Leistungserbringung zu verpflichten. Datierend vom 05.10.2007 bewilligte die Eg dem Ef weiter Leistungen nach dem SGB II. Am 23.10.2007 erklärte dieser daraufhin seinen Antrag auf einstweilige Anordnung für erledigt. Die Eg verpflichtete sich zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
Mit Kostennote vom 19.02.2008 bezifferte die Bevollmächtigte des Ef die entstandenen außergerichtlichen Kosten auf insgesamt 559,30 EUR. Sie legte dabei eine Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 EUR und eine solche nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 200,00 EUR – zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer – zugrunde.
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.05.2008 setzte die Urkundsbeamtin die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 190,40 EUR fest. Diese berechnete sie wie folgt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG 140,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 30,40 EUR
insgesamt 190,40 EUR
Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG sei ein Betrag unterhalb der Mittelgebühr in Höhe von 140,00 EUR ausreichend und angemessen, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht angefallen, da kein Anerkenntnis im prozessualen Sinn vorliege.
Hiergegen wendet sich der Ef mit seiner Erinnerung vom 26.05.2008. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für ihn mehr als überdurchschnittlich gewesen. Durch den Bescheid vom 05.10.2007 habe die Eg dem Antrag des Ef auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen und damit konkludent den Anspruch anerkannt. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Das Gericht ist zur Entscheidung befugt (§ 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die rechtzeitig eingelegte Erinnerung ist unbegründet. Die Eg ist nicht verpflichtet, dem Ef außergerichtliche Kosten nach einem höheren Betrag als mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.05.2008 festgesetzt zu erstatten.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) keine gesonderten Gebührentatbestände für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beinhalten. Der Kostenerstattung sind somit die Gebührentatbestände für Hauptsacheverfahren zugrunde zu legen und eventuelle verfahrensrechtliche Besonderheiten bei Anwendung von § 14 RVG im Einzelfall zu würdigen.
Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass auch nach Auffassung des Gerichts im Rahmen des Gebührentatbestandes Nr. 3102 VV RVG ein höherer Betrag als 140,00 EUR nicht beansprucht werden kann. Zweifelsohne war die Bedeutung der Angelegenheit für den Ef von hoher Bedeutung. Es ging um die Absicherung seiner wirtschaftlichen Existenz ab 01.10.2007. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass derartige Gesichtspunkte geradezu typischerweise auf die überwiegende Mehrzahl der sozialgerichtlichen Verfahren zutreffen und der kostenrechtliche Gesichtspunkt der existenzsichernden Wirkung der begehrten Leistung damit in gewisser Weise relativiert wird. Mit in die Beurteilung der angemessenen Rahmengebühr einzustellen sind auch die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Klägers. Nach § 14 RVG kommt es darüber hinaus auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im konkreten Verfahren an. Hierzu ist festzustellen, dass die Bevollmächtigte des Ef neben den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz eine halbseitige Begründung übersandte und das Verfahren bis zur Erledigterklärung am 23.10.2007 nur ca. drei Wochen dauerte. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war somit – gemessen an einem regelmäßig mit der Mittelgebühr bewerteten Rentenstreitverfahren, welches erfahrungsgemäß ein bis zwei Jahre andauert – deutlich unterdurchschnittlich. Entsprechendes gilt für den Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit. Der Antragsteller eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes muss lediglich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft machen. Eine detaillierte Beweisführung, wiederholter Schriftwechsel und Stellungnahmen zu Ausführungen der Gegenseite fallen regelmäßig nicht an.
So war es auch vorliegend. Bei verständiger Würdigung war die Glaubhaftmachung weder des Anordnungsanspruches noch des Anordnungsgrundes mit besonderen rechtlichen bzw. tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden.
Unter Würdigung aller in Betracht zu stellender Gesichtspunkte kommt ein über die Festsetzung im Beschluss vom 14.05.2008 hinausgehender Betrag für den Gebührentatbestand Nr. 3102 VV RVG nicht in Betracht.
Eine Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist nicht angefallen. Voraussetzung dafür wäre, dass das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet hat. Nach § 101 SGG erledigt das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs den Rechtsstreit in der Hauptsache. Begrifflich versteht man unter Anerkenntnis das im Wege einseitiger Erklärung gegebene uneingeschränkte Zugeständnis, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, Kommentar 8. Auflage, Anm. 20). Voraussetzung eines Anerkenntnisses ist folglich der zunächst bestehende Streit der Beteiligten darüber, ob der Anspruch besteht. Ein solcher Streit bestand vorliegend aber nicht. Die Eg hatte zwar über den Weitergewährungsantrag des Klägers nicht rechtzeitig im Sinne einer Nahtlosigkeit entschieden. Bestritten hat sie den Anspruch aber nicht. Dazu hätte sie nämlich einen ablehnenden Bescheid erlassen müssen, was aber nicht der Fall war. Eine "Nichtentscheidung" ist keine ablehnende Entscheidung, die – möglicherweise erst unter dem prozessualen Druckmittel eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz – erfolgte Entscheidung über einen Leistungsantrag kein Anerkenntnis im Sinne des Gesetzes. Eine Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG konnte somit nicht anfallen.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass der Ef keinen Anspruch auf die Erstattung höherer außergerichtlicher Kosten als im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei. Er ist endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 18.07.2008
Zuletzt verändert am: 18.07.2008