I. Der Bescheid vom 26. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2009 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte keine Unterkunftskosten erstattet hat.
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 20. Januar 2009 für den laufenden Bewilligungszeitraum Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlich von ihm gezahlten Unterkunftskosten zu zahlen.
III. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger Unterkunftskosten für sein Zimmer im "Hotel K." erstatten muss.
Der am 1957 geborene Kläger beantragte am 05.01.2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 20.01.2009. An diesem Tag ende sein Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Er gab an, ein 17 qm großes Zimmer im Hotel K. zu bewohnen, für das er monatlich 300,00 EUR bezahle.
Mit Bescheid vom 26.01.2009 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 01.02.2009 bis 31.07.2009 Leistungen in Höhe von 511,00 EUR. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR und einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 160,00 EUR. Die Kosten der Unterkunft könnten nicht übernommen werden. Ein Aufenthalt in einer Pension oder in einem Hotel könnte nur vorübergehend übernommen werden, wenn ansonsten Wohnungslosigkeit einträte. Dies sei nicht der Fall, denn der Kläger könne sich über das Ordnungsamt in eine Obdachlosenunterkunft einweisen lassen. Für die Zeit vom 05.01.2009 bis zum 31.01.2009 sei der Antrag abgelehnt worden, da der Kläger wegen der Einkünfte aus Arbeitslosengeld I nicht hilfebedürftig gewesen sei.
Im Widerspruchsverfahren ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten darauf hinweisen, dass das vom Kläger bewohnte Zimmer kein klassisches Hotelzimmer sei. Der Kläger müsse seine Wäsche einschließlich Bettwäsche selbst besorgen, auch für Toilettenpapier und Reinigung sowie für Beschaffung von Nahrungsmitteln sorgen. Es gäbe einen separaten Eingang und einen separaten Briefkasten. Der Kläger sei unter seiner Anschrift polizeilich gemeldet. Andere Wohnmöglichkeiten bestünden derzeit trotz entsprechender Bemühungen durch den Kläger nicht.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 05.02.2009 zurück. Die Übernahme von Hotelkosten sei nur ausnahmsweise vorgesehen, wenn keine anderen Wohnmöglichkeiten bestünden. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Auch habe der Kläger selbstverschuldet nicht schon im Vorjahr umziehen können. Ihm sei damals eine Wohnung angeboten worden.
Im Klageverfahren und im parallel betriebenen Eilverfahren unter dem Az S 9 AS 185/09 ER ließ der Kläger vortragen, dass die im Vorjahr angebotene Wohnung vom Kläger krankheitsbedingt nicht übernommen werden konnte. Da die Unterkunft des Klägers kein typisches Hotelzimmer sei und überdies der von ihm gezahlte Mietpreis angemessen sei, müsse die Beklagte hierfür aufkommen.
In der mündlichen Verhandlung beantragte er deshalb,
den Bescheid vom 26.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 20.01.2009 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der dem Kläger tatsächlich entstandenen und entstehenden Unterkunftskosten zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass es sich um nicht übernahmefähige Hotelkosten handele, weil der qm-Preis für das möblierte Zimmer mit 14,65 EUR ganz erheblich über dem qm-Preis für Wohnungen, der in A-Stadt zwischen 3,83 EUR und 7,06 EUR sei, liege. Im selben Haus würden durch den Wohnungseigentümer selbst Wohnungen zu einem deutlich geringeren Mietzins vermietet. Das Hotel K. sei im Übrigen nicht befugt, unterzuvermieten.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Auf deren Inhalt und auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie das in der mündlichen Verhandlung geführte Protokoll wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat dem Kläger im maßgeblichen Bewilligungszeitraum auch Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden dem Hilfebedürftigen Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Unter einer Unterkunft sind dabei alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon zu verstehen, die geeignet sind, vor den Unbilden der Witterung zu schützen und einen Raum für Privatheit zu gewährleisten (vgl. Schlegel/Voelzke, Praxiskommentar zum SGB II, § 22 Rdz. 22). Nach dieser Definition handelt es sich auch bei Pensions- oder Hotelzimmern um eine Unterkunft. Soweit die Beklagte möglicherweise aus einem Fürsorgegedanken für den Kläger heraus verlangt, dass eine Unterkunft auch Gelegenheit zur Nahrungszubereitung bieten soll, so ist dies zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum dadurch gewährleistet, dass der Kläger in seinem Zimmer eine eingeschränkte Kochmöglichkeit hat. Auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Mietpreis monatlich entrichtet und er keinerlei hoteltypische Serviceleistungen wie Frühstück, Reinigung, Stellen von Bad- und Bettwäsche sowie Portierdienste erhält, spricht dafür, das vom Kläger derzeit bewohnte Zimmer nicht als typisches Hotelzimmer zu qualifizieren. Der Umstand, dass es keinen schriftlichen Mietvertrag gibt, sondern die Mietzahlung auf einem Restaurantbeleg bestätigt wird, beweist nicht, dass es sich auch um ein Hotelzimmer handelt. Für einen Mietvertrag ist gesetzlich keine Schriftform vorgeschrieben. Der Beklagten ist dahingehend Recht zu geben, dass der Mietpreis unüblich hoch ist, insbesondere im Vergleich zu dem Preis, der für andere im Gebäude liegende Mietwohnungen zu entrichten ist. Dies mag seinen Grund darin haben, dass der Kläger nur vorübergehend in seinem Zimmer wohnen will, er im Hinblick auf eine angestrebte andere Wohnung eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit haben möchte und zudem keine Kaution entrichtet hat.
Da die Miete selbst innerhalb der von der Beklagten selbst festgelegten Angemessenheitsgrenze liegt, kann deren Übernahme jedoch nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass die Unterkunftskosten unangemessen hoch sind. Die Beurteilung, ob Kosten im Rahmen des § 22 SGB II angemessen sind, beurteilt sich nicht danach, ob die Kosten für das jeweilige Mietobjekt angemessen sind, sondern ausschließlich danach, ob die Unterkunft ihrer Größe, dem Wohnungsstandard nach und schließlich nach einem Vergleich mit anderen Unterkünften am Wohnort unter Zugrundelegung eines bescheidenen Standards aus Mitteln der Allgemeinheit finanziert werden kann. Sollte die Beklagte den Eindruck haben, dass sich der Kläger für den relativ hohen Mietzins auch andere Leistungen erkauft, so wäre dies selbstverständlich neben den ohnehin abzuziehenden Pauschalen für Haushaltsenergie zu berücksichtigen.
Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26.01.1999 (12 ZE 99.186) besteht zwar kein Anspruch auf Übernahme von Pensions- oder Hotelkosten, wenn eine Obdachlosenunterkunft zur Verfügung steht. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf einen Fall, in dem die vom Antragsteller verlangten Pensions- oder Hotelkosten deutlich über der in § 3 der Regelsatzverordnung bestimmten Angemessenheitsgrenze lagen. In einem solchen Fall bestehen keine Zweifel daran, dass sich der Antragsteller auf die günstigere Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft verweisen lassen muss, selbst wenn dies nicht seinem bisherigen Lebensstil entspricht. Auch nach der Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsge-richts vom 23.12.1996 (Bs IV 399/96) wird die Kostenübernahme für ein Hotelzimmer allein deswegen abgelehnt, weil diese unangemessen hohe Kosten verursacht. Im entschiedenen Fall wurde die Behörde verpflichtet, Unterkunftskosten in einem Hotel zu übernehmen, allerdings nur für ein Zweibettzimmer.
Nachdem der Kläger versichert hat, nunmehr intensiv nach einer anderen Unterkunft zu suchen, sah das Gericht keinen Grund, warum dem Kläger die Kostenübernahme für das möblierte Zimmer im Hotel K. für den maßgeblichen Leistungszeitraum versagt werden sollte. Soweit sich unter Berücksichtigung der Unterkunftskosten auch für den Monat Januar ein höherer Bedarf errechnet, ist die Beklagte auch verpflichtet, unmittelbar nach Auslaufen der Alg-I-Leistungen, also ab dem 20.01.2009 Leistungen zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Erstellt am: 14.09.2009
Zuletzt verändert am: 14.09.2009