I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 12. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2011 verurteilt, den Antrag auf Weitergewährung von Kinderzuschlag ab April 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung zu erstatten.
Tatbestand:
Gegenstand ist der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Kinderzuschlag ab April 2011.
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter der Kinder P. , geboren am 1995, und L., geboren am 1998. Der Sohn P. der Klägerin ist im Rahmen einer Maßnahme der Jugendhilfe in einem Internat untergebracht, an den Wochenenden und in den Ferien lebt er im Haushalt der Klägerin. Für den Sohn L. der Klägerin wird Pflegegeld gewährt. Die Familie wohnt zur Miete, die Netto-Miete beläuft sich auf monatlich 250 EUR, als Vorauszahlung auf die Nebenkosten wurden zunächst 200 EUR monatlich berücksichtigt.
Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15.12.2010 für den Zeitraum Oktober 2010 bis einschließlich März 2011 Kinderzuschlag für den Sohn L. der Klägerin in Höhe von 80 EUR monatlich. Der Berechnung hatte die Beklagte das anhand der Einkommensnachweise der Klägerin für die letzten sechs Monate vor Antragstellung ermittelte voraussichtliche Einkommen der Klägerin im Bedarfszeitraum zugrunde gelegt. Als Abzugsbeträge waren neben dem Erwerbstätigenfreibetrag die Versicherungspauschale und pauschale Werbungskosten, daneben die vorgetragenen Fahrtkosten der Klägerin und die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung berücksichtigt worden. Außerdem hatte die Beklagte einen Mehrbedarf der alleinerziehenden Klägerin berücksichtigt, und zwar ausgehend von der Betreuung von zwei Kindern unter 16 Jahren einen Mehrbedarf in Höhe von 36 % der Regelleistung. Den Sohn P. der Klägerin hatte die Beklagte wegen seiner Internatsunterbringung nicht als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft angesehen, mit der Folge, dass sein Bedarf bei der Leistungsberechnung nicht berücksichtigt wurde. Die Beklagte war jedoch davon ausgegangen, dass P. , da er an den Wochenenden und in den Ferien nach Hause komme, weiterhin zur Haushaltsgemeinschaft der Klägerin gehöre und daher 1/3 der Unterkunftskosten auf ihn entfallen. Als Wohnkosten der Bedarfsgemeinschaft, die die Beklagte zwischen der Klägerin und ihrem weiteren Sohn L. angenommen hatte, waren deshalb nur 2/3 der Kosten berücksichtigt worden, wobei die Beklagte hier von den tatsächlichen Wohnkosten ausgegangen war. Das für den Sohn P. der Klägerin gewährte Kindergeld war, soweit es nicht anteilig an den Träger der Jugendhilfemaßnahme abgezweigt wurde, als Einkommen der Klägerin berücksichtigt worden. Die Bewilligung war unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt, soweit das tatsächliche Einkommen der Klägerin im Bewilligungszeitraum noch nicht bekannt war.
Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums forderte die Beklagte zur Überprüfung der Leistungsbewilligung und des Weitergewährungsanspruchs Nachweise zum tatsächlichen Einkommen der Klägerin im Bewilligungszeitraum an und nahm auf dieser Basis eine Neuberechnung vor. Die übrigen Berechnungsgrundlagen blieben zunächst unverändert, mit Ausnahme des Mehrbedarfs für Alleinerziehende: Hier ging die Beklagte nunmehr davon aus, dass wegen der Internatsunterbringung des Sohnes P. dieser auch bei der Berechnung des Mehrbedarfs der Klägerin nicht zu berücksichtigen sei, so dass sich nur ein geringerer Mehrbedarf in Höhe von 12 % der Regelleistung ergebe. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag errechnete sich auf dieser Basis nicht mehr, die Beklagte sah jedoch von einer Rückforderung des bereits gewährten Kinderzuschlags für den Zeitraum Oktober 2010 bis März 2011 ab, da sich bei Berücksichtigung des niedrigeren Mehrbedarfs der Klägerin von Anfang an kein Kinderzuschlag errechnet hätte, der Fehler bei der Leistungsbewilligung jedoch ausschließlich der Beklagten zuzurechnen sei.
Bezüglich des Weitergewährungsantrags für die Zeit ab April 2011 erließ die Beklagte Bescheid vom 12.04.2011. Gemäß dem Tenor dieses Bescheids wurde die Bewilligung von Kinderzuschlag ab April 2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben, da der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft durch das berücksichtigungsfähige Einkommen gedeckt sei. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 19.04.2011 Widerspruch, der mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.05.2011 dahingehend begründet wurde, dass auch der Sohn P. der Klägerin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen sei. Außerdem wurde die Nebenkostenabrechnung vom 17.02.2011 zu den Wohnnebenkosten für das Jahr 2010 zur Vorlage gebracht, aus der sich eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 1.204,40 EUR ergab. Insoweit seien die tatsächlichen Wohnkosten zu berücksichtigen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergab sich, dass die Vorauszahlung auf die Nebenkosten zwischenzeitlich entsprechend erhöht worden war und die Klägerin nunmehr insgesamt 550 EUR monatlich auf die Miet- und Nebenkosten bezahlte. Die Beklagte nahm aufgrund des Vorbringens im Widerspruchsverfahren eine Neuberechnung vor, in die sie nunmehr, abweichend zur Ausgangsberechnung, niedrigere berücksichtigungsfähige Wohnkosten einstellte, ausgehend davon, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen hoch und mit Ablauf von sechs Monaten seit erstmaliger Antragsstellung nur bis zur Höhe angemessener Kosten zu berücksichtigen seien. Dabei ging die Beklagte von insgesamt angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 431 EUR aus, wobei die Beklagte unter Berücksichtigung auch des Sohnes P. der Klägerin von einem 3-Personen-Haushalt ausging. Der Bedarf von P. sei jedoch bei der Berechnung des Anspruchs auf Kinderzuschlag nicht zu berücksichtigen, weil P. aufgrund seiner Internatsunterbringung nicht zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin gehöre. Ausgehend von im Übrigen unveränderten Berechnungsgrundlagen sei der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrem weiteren Sohn L., durch das berücksichtigungsfähige Einkommen vollständig gedeckt, ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehe nicht. Mit dieser Begründung wurde der Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2011 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Soweit sie ursprünglich geltend gemacht hat, es seien bei der Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens weitere, bislang nicht berücksichtigte Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung und zur Krankenversicherung abzusetzen, wird dieser Vortrag zuletzt nicht mehr aufrecht erhalten. Die Klägerin ist aber weiterhin der Ansicht, dass ihr Sohn P. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen sei und außerdem der Berechnung die Wohnkosten in tatsächlicher Höhe zugrunde zu legen seien, ergänzend hierzu ist ein Bescheid bezüglich der Bewilligung von Wohngeld für die Zeit ab 01.04.2011 vorgelegt worden. Das zuständige Jugendamt hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass wegen der Kosten der Jugendhilfemaßnahme das für den Sohn P. der Klägerin gewährte Kindergeld anteilig in Höhe von 92 EUR monatlich auf das Jugendamt übergeleitet sei. Ein Anspruch auf (anteilige) Rückerstattung komme bei "längeren Ferienaufenthalten" von zusammenhängend mehr als sieben Tagen in Betracht. Im Jahr 2011 sei eine Rückerstattung an die Klägerin nicht erfolgt, ein entsprechender Antrag sei nicht gestellt worden.
Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung erörtert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 zu verurteilen, Kinderzuschlag unter Berücksichtigung des Sohnes P. der Klägerin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit zum einen der Bedarf des Sohnes P. der Klägerin bei der Bedarfsberechnung vollständig außer Acht gelassen und zum anderen in die Bedarfsberechnung lediglich 2/3 der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten eingestellt wurden.
Soweit eine Leistungsbewilligung für die Zeit ab April 2011 noch nicht erfolgt war und daher auch nicht aufgehoben werden kann, ist der Bescheid dahingehend auszulegen, dass der Antrag auf Weitergewährung von Kinderzuschlag für die Zeit ab April 2011 abgelehnt wurde.
Gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) erhalten Personen Kinderzuschlag für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder unter 25 Jahren, wenn 1. sie für diese Kinder Anspruch auf Kindergeld oder auf andere Leistungen im Sinne des § 4 BKGG haben, 2. sie mit Ausnahme des Wohngelds über Einkommen oder Vermögen im Sinne des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) verfügen, das die in den weiteren Regelungen der Vorschrift bestimmte Mindesteinkommensgrenze erreicht, 3. die Höchsteinkommensgrenze nicht überschritten wird und 4. durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird.
Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass hier Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II jedenfalls deshalb auszuschließen sei, weil ein (anteiliger) Bedarf des Sohnes P. der Klägerin wegen seiner Internatsunterbringung nicht zu berücksichtigen und damit der Bedarf der verbleibenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch das zu berücksichtigende Einkommen in jedem Fall gedeckt sei, ist dem nach Überzeugung des Gerichts nicht zu folgen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass das Kind P. trotz der Internatsunterbringung weiterhin zum Haushalt der Klägerin gehört. Insoweit ist der Rechtsauffassung der Beklagten auch zu folgen, soweit P. sich regelmäßig an den Wochenenden, in den Ferien und bei sonstigen Gelegenheiten überwiegend im Haushalt der Klägerin aufhält und dort weiterhin seinen Lebensmittelpunkt hat. Die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II verlangt kein "dauerhaftes Leben" im Haushalt des Hilfebedürftigen, es genügt vielmehr ein dauerhafter Zustand in der Form, dass das Kind mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei dem anspruchsberechtigten Elternteil wohnt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.05.2010, Az: L 7 AS 5263/08). Jedenfalls in der Zeit, in der sich P. im Haushalt der Klägerin aufhält, ist sein Bedarf auch nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt. Zwar erfolgt die Bedarfsdeckung für die Zeiten, in denen P. im Internat untergebracht ist, vollständig durch die Leistungen des Jugendamts. Für die Zeiten, in denen sich P. im Haushalt der Klägerin aufhält, werden aber grundsätzlich keine Leistungen durch das Jugendamt erbracht, eine anteilige Rückerstattung des übergeleiteten Kindergeldes erfolgt erst ab einem Aufenthalt von zusammenhängend mehr als sieben Tagen im elterlichen Haushalt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu für das SGB II – ausgehend von den Fällen getrennt lebender Eltern – für die Zeiten, in denen sich das Kind beim umgangsberechtigten Hilfebedürftigen aufhält, die Rechtsfigur der "temporären Bedarfsgemeinschaft" entwickelt und einen anteiligen Leistungsanspruch des Kindes für jeden Kalendertag angenommen, an dem sich das Kind überwiegend, in der Regel länger als 12 Stunden bezogen auf den Kalendertag, im Haushalt des Hilfebedürftigen aufhält (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, Az: B 14 AS 54/08 R). Diese Grundsätze hat die Rechtsprechung auch auf sonstige Fälle, in denen sich das Kind bei ansonsten auswärtiger Unterbringung lediglich zeitweise im Haushalt der hilfebedürftigen Eltern aufhält, übertragen (z.B. zur Unterbringung in einer Pflegefamilie, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.05.2010, Az: L 7 AS 5263/08; zur Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung, vgl. SG Koblenz, Urteil vom 08.02.2010, Az: S 16 AS 1168/09). Diese Grundsätze sind zur Überzeugung des Gerichts auch bei der Bedarfsermittlung im Rahmen der Berechnung eines möglichen Anspruchs auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG anzuwenden. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nimmt für die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzung, dass durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit vermieden wird, ausdrücklich Bezug auf die Regelung des § 9 SGB II. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann. Der ausdrückliche Verweis in § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG bezüglich der Bedarfsbestimmung auf die Regelungen des SGB II impliziert nach Auffassung des Gerichts auch die Übertragbarkeit der insoweit vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bedarfsbestimmung im SGB II. Gründe für eine abweichende Bedarfsbestimmung im Rahmen des Kinderzuschlags sind unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben nicht ersichtlich. Die Argumentation der Beklagten, die sich lediglich auf innerbehördliche Dienstanweisungen beruft, kann hiergegen nicht durchgreifen. Für eine Heranziehung der vom BSG für das SGB II vorgegebenen Grundsätze zur Bedarfsbestimmung bei zeitweiser Bedarfsgemeinschaft spricht zur Überzeugung des Gerichts auch die Intention der Einführung des Kinderzuschlages. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache 15/1516) sollte durch die Einführung des Kinderzuschlags vermieden werden, dass Familien allein wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Bei dem Kinderzuschlag handelt es sich um eine dem Arbeitslosengeld II vorgelagerte Leistung, die zusammen mit dem Kindergeld und dem auf Kinder entfallenden Wohngeldanteil den durchschnittlichen Bedarf von Kindern an Arbeitslosengeld II bzw. an Sozialgeld abdecken soll. Soweit daher gerade der ansonsten bestehende Bedarf an Sozialgeld nach dem SGB II durch den Kinderzuschlag gedeckt werden soll, ist zur Überzeugung des Gerichts bei der Bestimmung dieses Bedarfs eine mit den Grundsätzen des SGB II gleichlaufende Bedarfsberechnung vorzunehmen.
Die Berechnung ist daher unter Beachtung der vom BSG für das SGB II entwickelten Grundsätze zur temporären Bedarfsgemeinschaft mit der Maßgabe vorzunehmen, dass für jeden Kalendertag, an dem sich P. länger als 12 Stunden im Haushalt der Klägerin aufhält, sein Bedarf mit jeweils 1/30 seines Sozialgeldanspruchs zu berücksichtigen ist. Abschläge für Bedarfe, die in der temporären Bedarfsgemeinschaft regelmäßig nicht zu decken sind, auch beispielsweise im Hinblick auf die vom Jugendamt gewährten Leistungen, kommen nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, Az: B 14 AS 75/08 R). Das für P. gewährte Kindergeld ist in dem Umfang, in dem es an das Jugendamt weitergeleitet wird, nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen. Anderes gilt jedoch, soweit bei Aufenthalten von zusammenhängend mehr als sieben Kalendertagen ein anteiliger Rückerstattungsanspruch gegen das Jugendamt besteht.
Soweit ein Bedarf des Sohnes P. nur an den Tagen einzustellen ist, an denen er sich im Haushalt der Klägerin aufhält, kann dies zur Überzeugung des Gerichts aber nicht dazu führen, dass, wie dies die Beklagte in ihrer Berechnung vorgenommen hat, im Übrigen ein auf ihn entfallender Anteil aus den ansonsten berücksichtigten Unterkunftskosten herauszurechnen sei. Vielmehr ist, da die Bedarfsgemeinschaft auch an den Tagen, an denen sich P. im Internat befindet, seinen Wohnanteil vorhalten und die Kosten dafür leisten muss, nach Ansicht des Gerichts dieser Bedarf bei den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft als Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch Sozialgericht Fulda, Urteil vom 27.01.2010, Az: S 10 AS 53/09).
Auch die von der Beklagten vorgenommene Absenkung der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten ist zur Überzeugung des Gerichts nicht rechtmäßig. Bedenken bestehen hier bereits insoweit, als offensichtlich eine Pauschalierung hinsichtlich aller Kosten, insbesondere auch hinsichtlich der Heizkosten angenommen wurde. Nach der Rechtssprechung des BSG kann eine Pauschalierung von Heizkosten grundsätzlich nicht vorgenommen werden, vielmehr sind Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes Heizverhalten indiziert (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, Az: B 14 AS 36/08 R). Ob die Angemessenheitsgrenzen im Übrigen zutreffend ermittelt wurden, kann hier letztlich dahinstehen. Denn Voraussetzung für eine Absenkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die angemessene Höhe der Aufwendungen ist, dass der Leistungsempfänger von seiner Obliegenheit, die Kosten auf ein angemessenes Niveau zu senken, zurechenbar Kenntnis hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009, Az: B 4 AS 19/09 R), er also in der Regel vom Leistungsträger auf die Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert worden ist. Soweit eine solche Kostensenkungsaufforderung ausweislich der vorliegenden Unterlagen nicht erfolgt ist und auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Klägerin auf sonstige Weise zurechenbar Kenntnis von der nach Ansicht der Beklagten Unangemessenheit ihrer Wohnkosten erlangt haben könnte, kann eine Absenkung der Leistungen hier nicht rechtmäßig erfolgen. Ob im Übrigen allein durch den nur zeitweisen Aufenthalt von P. in der Bedarfsgemeinschaft ein weitergehender Bedarf an Wohnraum, insbesondere weiterhin die Vorhaltung einer für einen 3-Personen-Haushalt angemessenen Wohnung anzunehmen ist oder andernfalls grundsätzlich eine Absenkung auf die angemessenen Unterkunftskosten für einen 2-Personen-Haushalt in Betracht käme, muss hier nicht entschieden werden, da auch insoweit eine Kostensenkungsaufforderung bislang jedenfalls nicht erfolgt ist.
Auf dieser Grundlage wird die Beklagte eine Neuberechnung des Anspruchs der Klägerin vorzunehmen haben. Dabei sind auch die zwischenzeitlichen Änderungen der Regelungen im SGB II zur Bedarfsbestimmung, auf die § 6a BKGG Bezug nimmt, zu beachten, insbesondere die weitere Erhöhung des Regelsatzes. Zutreffend ist die Beklagte aber zuletzt davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende nur auf die alleinige Sorge für den Sohn L. abzustellen ist, ein weitergehender Mehrbedarf für Alleinerziehende auch wegen der Betreuung des Sohnes P. der Klägerin ist nicht anzuerkennen. Denn für die Bestimmung des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung kommt es nicht auf das Personensorgerecht an, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse. Zu beachten ist, dass der Mehrbedarfszuschlag dadurch gerechtfertigt wird, dass Alleinerziehende weniger Zeit haben, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen für Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, Az: B 14 AS 54/08 R). Alleinige Sorge in diesem Sinne liegt daher nur vor, wenn bei der Pflege und Erziehung keine andere Person in erheblichem Umfang mitwirkt, insbesondere, wenn der hilfebedürftige Elternteil auch innerhalb des Zeitraums, den das Kind außerhalb seines Haushalts verbringt, nicht erkennbar entlastet wird (vgl. BSG, a.a.O.). Eine entsprechende Entlastung ist aber durch die Jugendhilfemaßnahme, die gerade als Hilfe zur Erziehung geleistet wird, durchaus anzunehmen. Zurecht hat die Beklagte daher zuletzt nur noch einen Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 12 % der Regelleistung gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG i.V.m. § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II angenommen.
Soweit im Übrigen eine weitere Sachaufklärung zu den tatsächlichen Berechnungsgrundlagen, insbesondere zum Umfang des Aufenthalts des Sohnes P. der Klägerin in deren Haushalt für den gegenständlichen Zeitraum erforderlich ist, waren der Verwaltungsakt und der Widerspruchsbescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Anspruch nach Vornahme der maßgeblichen Ermittlungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, § 131 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 29.06.2015
Zuletzt verändert am: 29.06.2015