I. Auf die Klage des Klägers zu 1 werden die Bescheide vom 20. Dezember 2011 und vom 21. Dezember 2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. Februar 2012 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger zu 1 2/5 der ihm entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Absenkung der ihnen jeweils gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund von Meldeversäumnissen.
Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft, die Klägerin zu 2 ist die Ehefrau des Klägers zu 1. Mit Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 21.07.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.09.2011 und vom 12.12.2011 wurden den Klägern Leistungen für den Zeitraum 01.09.2011 bis 28.02.2012 bewilligt, mit Bescheid vom 07.02.2012 erfolgte die Weitergewährung für den Zeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012 – vorläufig trotz der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch den Kläger zu 1 weiterhin ohne Anrechnung von Einkommen. Zuletzt war mehrfach die Absenkung insbesondere der an die Klägerin zu 2 gewährten Leistungen wegen der Nichtwahrnehmung von Meldeterminen ohne wichtigen Grund festgestellt worden. Dagegen hatte die Klägerin jeweils eingewandt, dass sie ihrer Ansicht nach nicht verpflichtet sei, Meldetermine beim Beklagten wahrzunehmen, da sie erwerbsunfähig sei. Im Übrigen sei der Kläger zu 1 Vertreter der Bedarfsgemeinschaft, zu einer Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu 2 sei der Beklagte daher nicht berechtigt. Außerdem sei wegen der nunmehrigen selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1 ausschließlich der für die Prüfung der Förderung der selbständigen Tätigkeit zuständige Mitarbeiter des Beklagten für die Belange der Bedarfsgemeinschaft zuständig und die Einladung durch andere Mitarbeiter des Beklagten rechtswidrig.
Hierzu waren bereits mehrfach Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg wegen der Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und Klageverfahren rechtshängig, zuletzt zum Aktenzeichen S 11 AS 1294/11 die Klage gegen die Sanktionsbescheide vom 17.11.2011, vom 29.11.2011, vom 09.12.2011 und vom 15.12.2011, jeweils wegen der Feststellung von Meldeversäumnissen der Klägerin zu 2. Das Gericht hatte mit Urteil vom 13.02.2011 die Bescheide vom 29.11.2011, vom 09.12.2011 und vom 15.12.2011 aufgehoben. Dabei war klargestellt worden, dass das Gericht die Meldeaufforderungen grundsätzlich für rechtmäßig hält. Das Gericht vertritt jedoch die Ansicht, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die Absenkung der Regelleistung wegen eines weiteren Meldeversäumnisses innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums voraussetzt, dass die vorausgegangene Sanktion bereits durch Bescheid festgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2011, Az.: B 4 AS 27/10), auch nach der zum 01.04.2011 erfolgten Neuregelung der Leistungsabsenkung bei Meldeversäumnissen weiter Anwendung finden müsse. Die Aufhebung einzelner der Sanktionsbescheide war allein aus diesem Grund erfolgt.
Mit Schreiben vom 25.11.2011 forderte der Beklagte die Klägerin zu 2 erneut auf, am 07.12.2011 einen Termin beim Beklagten zur Besprechung ihrer beruflichen Situation wahrzunehmen. Die Einladung enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere den Hinweis, dass, soweit die Klägerin den Termin ohne wichtigen Grund nicht wahrnehme, für die Dauer von drei Monaten eine Absenkung ihrer Leistungen um 10 % der Regelleistung erfolge und dass sich im Falle mehrfacher Pflichtverletzungen Überschneidungen und damit im Ergebnis eine höhere Leistungsminderung ergeben könne. Nachdem die Klägerin den Termin erneut unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte, hörte der Beklagte sie mit Schreiben vom 12.12.2011 zur weiteren Absenkung der Leistungen an wegen der Meldepflichtverletzung an und stellte sodann mit Bescheid vom 02.01.2012 die Minderung der der Klägerin zu 2 gewährten Leistungen für die Zeit vom 01.02.2012 bis 30.04.2012 um 10% der Regelleistung fest. Mit Schreiben vom 03.01.2012 erhoben die Kläger Widerspruch "gegen Kürzungsbescheide vom 03.01.2012". Mit Schreiben vom 12.02.2012 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass, soweit keine gegenteilige Mitteilung der Kläger erfolge, davon ausgegangen werde, dass der Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 02.01.2012 gerichtet sei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2012 als unbegründet zurück. Dagegen haben die Kläger – neben der weiteren Anfechtung von an den Kläger zu 1 gerichteten Sanktionsbescheiden, s.u. – mit Schriftsatz vom 09.02.2012, eingegangen am 13.02.2012, Klage zum Sozialgericht Augsburg zum Aktenzeichen S 11 AS 114/12 erhoben.
Mit Schreiben vom 07.12.2011 wurde die Klägerin zu 2 zu einem Folgetermin am 12.12.2011 geladen, den die Klägerin wiederum unentschuldigt nicht wahrnahm. Mit Schreiben vom 19.12.2011 hörte der Beklagte die Klägerin zur weiteren Absenkung der Leistungen an, wobei das Schreiben bereits den Hinweis enthielt, dass sich bei Feststellung der Leistungsminderung wegen der Überschneidung mit den vorangegangenen Sanktionen im Überschneidungszeitraum eine Leistungsminderung von mehr als 30% ergeben werde und daher ergänzende Sachleistungen gewährt werden können. Mit Bescheid vom 03.01.2012 stellte der Beklagte die weitere Minderung der Leistungen um weitere 10 % der Regelleistung für den Zeitraum 01.02.2012 bis 30.04.2012 fest. Den hiergegen mit Schreiben der Kläger vom 04.01.2012 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2012 als unbegründet zurück. Dagegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 13.02.2012, eingegangen am 14.02.2012, weitere Klage zum Aktenzeichen S 11 AS 122/12 erhoben.
Soweit die Klägerin zu 2 den Aufforderungen des Beklagten zur Mitwirkung an der Prüfung der Erwerbsfähigkeit bislang weiterhin nicht nachgekommen ist, hat der Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 15.02.2012 die vollständige Entziehung der Leistungen an die Klägerin ab 01.03.2012 verfügt.
Mit Schreiben vom 01.09.2011 forderte der Beklagte den Kläger zu 1 zur Wahrnehmung eines Meldetermins zur Besprechung seiner beruflichen Situation am 29.09.2012 auf mit entsprechender Rechtsfolgenbelehrung für den Fall der Nichtwahrnehmung des Meldetermins ohne wichtigen Grund. Mit Schreiben vom 17.09.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beabsichtige, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, er sehe daher die Einladung durch eine andere Mitarbeiterin der Arbeitsvermittlung als hinfällig an. Der Kläger zu 1 nahm den Meldetermin vom 29.09.2011 nicht wahr. Mit Schreiben vom 10.11.2011 hörte der Beklagte den Kläger zu 1 zur beabsichtigen Sanktion an. Mit Schreiben vom 17.11.2011 äußerte sich der Kläger dahingehend, dass er weiterhin der Ansicht sei, dass die Mitarbeiterin des Beklagten, durch die die Einladung erfolgt ist, wegen seiner zwischenzeitlich aufgenommenen selbständigen Tätigkeit nicht mehr zuständig sei. Hierzu teilte der Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 07.11.2011 mit, dass der Ansprechpartner bezüglich der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1 nur insoweit, im Übrigen weiterhin die bisherige Sachbearbeiterin zuständig sei. Mit Bescheid vom 19.12.2011 stellte der Beklagte die Minderung des an den Kläger zu 1 gewährten Arbeitslosengelds II um 10 % der für ihn maßgebenden Regelleistung monatlich für den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.03.2012 fest wegen der Nichtwahrnehmung des Meldetermins vom 29.09.2011.
Mit Schreiben vom 18.10.2011 lud der Beklagte den Kläger zu 1 erneut zu einem Meldetermin am 10.11.2011, den der Kläger wiederum nicht wahrnahm. Nach entsprechender Anhörung mit Schreiben vom 10.11.2011 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2011 die weitere Absenkung der dem Kläger im Zeitraum 01.01.2012 bis 31.03.2012 gewährten Leistungen um 10 % der maßgebenden Regelleistung fest. Zugleich lud der Beklagte den Kläger zu einem Folgetermin am 25.11.2012.
Da der Kläger auch den Termin vom 25.11.2011 unentschuldigt nicht wahrnahm, stellte der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit weiterem Bescheid vom 21.12.2011 die weitere Minderung des dem Kläger zu 1 im Zeitraum 01.01.2012 bis 31.03.2012 gewährten Arbeitslosengeldes II um 10 % der Regelleistung wegen des Meldeversäumnisses vom 25.11.2011 fest.
Gegen die Sanktionsbescheide vom 19.12.2011, vom 20.12.2011 und vom 21.12.2011 erhoben die Kläger jeweils mit Schreiben vom 22.12.2011 Widerspruch, der jeweils mit Widerspruchsbescheiden vom 07.02.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Mit Schriftsatz vom 08.02.2012, eingegangen bei Gericht am 13.02.2012, haben die Kläger zum Sozialgericht Augsburg zum Aktenzeichen S 11 AS 115/12 Klage gegen den Bescheid vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2012 erhoben.
Gegen die Sanktionsbescheide vom 20.12.2011 und vom 21.12.2011, jeweils in Gestalt der Widersprüche vom 07.02.2012, haben die Kläger zusammen mit der Klage gegen den an die Klägerin zu 1 gerichteten Sanktionsbescheid vom 02.01.2012, s.o., mit Schriftsatz vom 09.02.2012 zum Aktenzeichen S 11 AS 114/12 Klage erhoben.
Mit Schriftsatz vom 18.02.2012 haben die Kläger für alle Verfahren ihr Einverständnis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung erklärt, der Beklagte hat sich jeweils mit Schriftsatz vom 21.02.2012 zu allen Verfahren mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Das Gericht hat mit Beschluss vom heutigen Datum die Verfahren S 11 AS 114/12, S 11 AS 115/12 und S 11 AS 122/12 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben, kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gegenständlich sind jeweils Sanktionsbescheide, mit denen entweder die Absenkung der Leistungen an den Kläger zu 1 oder die Absenkung der Leistungen an die Klägerin zu 2 festgestellt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch im Falle einer Bedarfsgemeinschaft um individuelle Leistungsansprüche, so dass jeweils nur dasjenige Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, dessen Leistungen aufgrund der Sanktion gemindert werden, hiervon beschwert ist. Klagebefugt ist damit jeweils nur derjenige, gegenüber dem der jeweilige Sanktionsbescheid ergangen ist.
Damit ist bezüglich der gegenüber der Klägerin zu 2 ergangenen Sanktionsbescheide vom 02.01.2012 und vom 03.01.2012 die Klage des Klägers zu 1 jeweils unzulässig.
Sanktionsbescheide gegenüber der Klägerin zu 2
Die Klage der Klägerin zu 2 ist bezüglich der an sie ergangenen Sanktionsbescheide zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist auch nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Aufhebung der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung entfallen. Denn zum einen ist die Aufhebung erst zum März 2012 erfolgt, während die Leistungsminderung durch die gegenständlichen Bescheide bereits für die Zeit ab Februar 2012 festgestellt wurde, zum anderen ist der Aufhebungsbescheid noch nicht bestandkräftig und es kommt grundsätzlich auch bei Nachholung der Mitwirkungshandlung eine rückwirkende Leistungsgewährung in Betracht, mit der Folge, dass bei Wiederaufleben des Leistungsanspruchs weiterhin eine Beschwer durch die Sanktionsbescheide gegeben wäre. Die Klage der Klägerin zu 2 ist aber, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
Gemäß § 32 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mindert sich das Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld jeweils um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs des Leistungsberechtigten, wenn dieser trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommt. Das Gericht hat zuletzt mit Urteil vom 13.02.2012 zum Aktenzeichen S 11 AS 1294/11 ausgeführt, dass es die Meldeaufforderungen des Beklagten an die Klägerin zu 2 grundsätzlich für zulässig hält und insbesondere der bloße Vortrag der Klägerin, sie sei erwerbsunfähig, ohne dass eine entsprechende Feststellung erfolgt ist oder ermöglicht wird, dem nicht entgegensteht. Auf die Ausführungen im Urteil vom 13.02.2012 kann insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Soweit die Klägerin weiterhin an der Feststellung der Erwerbsfähigkeit nicht mitwirkt und Unterlagen, die die Annahme der Erwerbsunfähigkeit begründen könnten, nicht vorliegen, bestehen weiterhin keine Zweifel an der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit von Meldeaufforderungen an die Klägerin zu 2 auch zur Besprechung ihrer beruflichen Situation. Auch hat das Gericht die Kläger in den vorangegangenen Verfahren bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Zuweisung und alleinige Zuständigkeit nur eines konkreten Sachbearbeiters für die Belange der Bedarfsgemeinschaft nicht besteht. Sonstige wichtige Gründe für die Nichtwahrnehmung der an sie gerichteten Meldeaufforderungen hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Soweit das Gericht weiterhin der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.11.2010, Az.: B 4 AS 27/10), wonach die weitere Absenkung der Regelleistung wegen eines wiederholten Meldeversäumnisses innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums voraussetzt, dass die vorausgegangene Sanktion bereits durch Bescheid festgestellt ist, weiterhin Anwendung findet, steht dies den hier gegenständlichen Sanktionen wegen der Meldepflichtverletzungen der Klägerin vom 07.12.2012 und vom 12.12.2012 nicht entgegen. Denn zum Zeitpunkt des Meldeversäumnisses der Klägerin vom 07.12.2011, das dem Sanktionsbescheid vom 02.01.2012 zugrunde liegt, war der vorhergehende Sanktionsbescheid vom 29.11.2011 wegen eines Meldeversäumnisses vom 04.11.2011 bereits ergangen. Auch vor dem weiteren Meldeversäumnis vom 12.12.2011, das dem Sanktionsbescheid vom 03.01.2012 zugrunde liegt, war der weitere Sanktionsbescheid vom 09.12.2011 wegen weiterer Meldepflichtverletzung vom 11.11.2011 bereits ergangen. Unter Berücksichtigung der Fiktion des § 37 Abs 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben gilt, ist auch davon auszugehen, dass die vorhergehenden Sanktionsbescheide zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Meldeversäumnisse der Klägerin auch jeweils bereits bekannt gegeben waren.
Dass die den hier gegenständlichen Meldeversäumnissen jeweils vorhergehenden Sanktionsbescheide vom 29.11.2011 bzw. vom 09.12.2011 jeweils mit Urteil vom 13.02.2012 zum Aktenzeichen S 11 AS 1294/11 unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des BSG aufgehoben wurden, steht dagegen nach Ansicht des Gerichts der Feststellung der hier gegenständlichen nachfolgenden Meldeversäumnisse nicht entgegen. Denn soweit das Erfordernis der vorherigen Feststellung der vorausgehenden Sanktion vor Feststellung eines weiteren Meldeversäumnisses allein daraus begründet wird, dass dem Hilfebedürftigen vor erneuter Leistungsminderung die Konsequenz eines (wiederholten) Meldeversäumnisses durch Sanktionsbescheid vor Augen geführt wird (vgl. Urteil vom 13.02.2012, Az.: S 11 AS 1294/11) ist dieser Zweck durch die Zustellung der Sanktionsbescheide vom 29.11.2011 und vom 09.12.2011 erfüllt, die spätere Aufhebung dieser Bescheide aus formalen Gründen ist nach Ansicht des Gerichts insoweit ohne Belang.
Dauer und Umfang der Leistungsminderung hat der Beklagte gemäß § 32 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II i.V.m. § 31 b Abs. 1 Satz 1 SGB II zutreffend bestimmt. Auf die Möglichkeit eines Antrags auf ergänzende Gewährung von Sachleistungen nach § 32 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 31 a Abs. 1 SGB II im Hinblick auf die durch die Überschneidung mit weiteren Sanktionen eintretende erhöhte Leistungsminderung hat der Beklagte zutreffend hingewiesen.
Die Sanktionsbescheide gegenüber der Klägern zu 2 vom 02.01.2012 und vom 03.02.2012 stellen sich daher als rechtmäßig dar.
Sanktionsbescheide gegenüber dem Kläger zu 1
Die Klage der Klägerin zu 2 gegen die an den Kläger zu 1 ergangenen Sanktionsbescheide ist mangels Beschwer der Klägerin zu 2 unzulässig, s.o. Die Klage des Klägers zu 1 ist insoweit zulässig, aber nur teilweise begründet.
Auch bezüglich der Meldeaufforderungen an den Kläger zu 1 bestehen grundsätzlich keine Bedenken. Der Kläger zu 1 hatte zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Meldeaufforderungen zwar bereits die beabsichtigte Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit angekündigt, ihm war hierzu seitens des Beklagten auch ein Ansprechpartner benannt worden. Gleichzeitig hatte der Kläger aber weitere Eingliederungsmaßnahmen beantragt, unter anderem auch die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen, woraus sich die Zuständigkeit weiterer Sachbearbeiter ergab. Diese weiteren Anträge hat der Kläger auch erst im Rahmen des Erörterungstermins vom 30.01.2012 zum Verfahren S 11 AS 1294/11, also erst nach den hier gegenständlichen Meldeterminen, für erledigt erklärt, auf das Protokoll zum Termin vom 30.01.2012 zum Verfahren S 11 AS 1294/11 wird insoweit Bezug genommen. Im Übrigen ist auch insoweit bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass sich aus einer internen Aufgabenverteilung des Beklagten kein Anspruch auf die alleinige Zuständigkeit eines Sachbearbeiters ergibt und der Kläger daher grundsätzlich zur Wahrnehmung von Meldeterminen zu den nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 3 Satz 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bestimmten Zwecken auch bei anderen Mitarbeitern des Beklagten verpflichtet ist. Ein wichtiger Grund für die Nichtwahrnehmung der Meldetermine ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
Bezüglich der Feststellung der Leistungsminderung mit Bescheid vom 19.12.2011 wegen des Meldeversäumnisses vom 29.09.2011 hat der Beklagte auch die Frist des § 32 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 31 b Abs. 1 Satz 4 SGB II, wonach die Feststellung der Minderung nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig ist, eingehalten. Der Umfang und die Dauer der Minderung wurden zutreffend bestimmt, § 32 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II i.V.m. § 31 b Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Der Bescheid vom 19.12.2011 stellt sich damit als rechtmäßig dar.
Bezüglich der weiteren Sanktionsbescheide vom 20.12.2011 und vom 21.12.2011 ist zu sehen, dass zum Zeitpunkt der jeweils zugrunde liegenden Meldeversäumnisse vom 10.11.2011 und vom 25.11.2011 der jeweils vorangegangene Pflichtverstoß noch nicht durch Bescheid festgestellt war. Soweit daher nach Ansicht des Gerichts die Rechtsprechung des BSG, wonach eine weitere Absenkung der Regelleistung wegen eines wiederholten Meldeversäumnisses innerhalb eines laufenden Sanktionszeitraums voraussetzt, dass die vorausgegangene Sanktion zum Zeitpunkt der erneuten Pflichtverletzung bereits festgestellt ist (s.o.), auch nach der Neuregelung der Leistungsabsenkung bei Meldeversäumnissen weiter Anwendung findet, sind die Bescheide vom 20.12.2011 und vom 21.12.2011 nach der Rechtsauffassung des Gerichts rechtswidrig und waren daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Soweit die Rechtsfrage, ob die Rechtsprechung zum Vorliegen eines wiederholten Meldeversäumnisses innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums erst nach Feststellung der vorausgegangen Pflichtverletzung auch nach der Neuregelung zur Sanktionierung von Meldeversäumnissen in § 32 SGB II weiter Anwendung findet, noch nicht geklärt ist und die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat, war die Berufung zuzulassen, § 144 Abs. 2 SGG.
Erstellt am: 22.05.2017
Zuletzt verändert am: 22.05.2017