I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.738,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2022 zu zahlen.
\n\n
II. Die Klägerin/Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin die für die Behandlung der Patientin D. vom 12.05.2021 bis 17.05.2021 zu viel gezahlte Vergütung i.H.v. 16.738,94 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 08.09.2022 bis zum 23.11.2022 zu zahlen.
\n\n
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
\n
\nIII. Von den Kosten des Verfahren tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte.
\n\n
IV. Der Streitwert wird endgültig auf 33.477,88 EUR festgesetzt.
\n\n
T a t b e s t a n d :
\nDie Beteiligten streiten sich über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
\n\n
Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin D. (Fall-Nr —) wurde im Zeitraum vom 12.05. bis 17.05.2021 vollstationär im Klinikverbund B1, dessen Trägerin die Klägerin ist, behandelt.
\n\n
Unter Zugrundelegung insbesondere der DRG F15Z (= Perkutane Koronarangioplastie mit komplizierender Konstellation mit komplexer Diagn. u. hochkompl. Intervention od. m. best. Rekanalisationsverf., Alt. < 16 J. od. inv. kardiolog. Diagnostik, mit kompliz. Konst. od. Endokarditis, mehr als zwei Belegungstage) sowie der Zusatzentgelte 2020-13
\n(= Immunadsorption) liquidierte die Klägerin gegenüber der Beklagten mit Abschlussrechnung vom 11.06.2021 einen Gesamtbetrag in Höhe von 23.260,05 EUR, den die Beklagte zunächst vollständig beglich.
\n\n
Da die Beklagte Zweifel an der ordnungsgemäßen Rechnungslegung hegte, beauftragte sie den MDK mit der Überprüfung des Behandlungsfalls, welcher mit Gutachten nach Aktenlage vom 01.09.2022 Stellung nahm. Dieser strich die OPS-Codes 8-821.10 und 8-821.11 sowie die diesbezüglichen Zusatzentgelte 2020/2021-13 (= Immunadsorption), da die Leistung der CRP-Apherese bei Hauptdiagnose Herzinfarkt keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Die Leistungsentscheidung hierzu datiert auf den 07.09.2022.
\n\n
Die Beklagte nahm in der Folge mit unstreitigen Forderungen des Jahres 2022 mit Datum vom 28.11.2022 eine Aufrechnung in Höhe der streitgegenständlichen Forderung von 16.738,94 EUR vor.
\n\n
Am 29.12.2022 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Es liege entgegen der Behauptung des MD eine nach dem Leistungskatalog abrechenbare Leistung vor. Es gebe mehrere Wege, aus denen eine Leistungspflicht erwachse. Es liege in der CRP-Apherese bei Herzinfarkt das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V ebenso vor, wie das Eingreifen des § 2 Abs. 1a SGB V bzgl. einer Notstandslage sowie des § 137c Abs.2 S.2 Hs.2 SGB V iVm. § 8 Abs. 1 S. 2 KHEntgG hinsichtlich einer Studienteilnahme. Alle drei Wege führten zur Leistungspflicht der GKV.
\n\n
Für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis des § 137c Abs.3 SGB V habe das Bundessozialgericht drei Voraussetzungen aufgestellt, welche allesamt erfüllt seien. Der Myokardinfarkt sei eine lebensbedrohliche Erkrankung und es gebe keine Standardbehandlung bei Patienten mit erhöhtem CRP-Wert, welche erst zwei Stunden nach Auftreten des Infarkts behandelt würden. Die CRP-Apherese sei für Patienten mit zu spät eröffneten Herzkranzgefäßen die einzig mögliche Behandlungsmethode, die das Überleben des bereits hypoxisch geschädigten Herzgewebes sichern könne. Das Potential für eine mögliche Behandlungsalternative sei gegeben, was bereits durch zahlreiche Literatur bestätigt werde. Das Krankenhaus der Klägerin sei auf die Behandlung spezialisiert und die Leistung werde nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht. Dasselbe gelte für die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V.
\n\n
Der Versicherte sei weiter im Rahmen der CAMI-Register-Studie behandelt worden, sodass auch über diesen Weg die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung einschlägig sei. Das Bundessozialgericht habe letztmals mit Urteil vom 22.06.2022 (B 1 KR 25/21 R, juris) die Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch der hiesigen Beklagten für grundsätzlich eröffnet angesehen, wenn die Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie erfolge. Der Versicherte sei insbesondere akut stationär und nicht lediglich zur Durchführung der Studie aufgenommen worden.
\n\n
Die Immunadsorption sei als Zusatzentgelt ausgestaltet. Zugrunde lägen die vom MDK gestrichenen OPS-Kodes 8-821.10 und 8-821.11.
\n\n
Der Zinsanspruch resultiere aus der geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung der Beteiligten.
\n\n
Die Klägerin beantragt,
\n\n
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.738,94 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2022 zu zahlen.
\n\n
Die Beklagte beantragt,
\n\n
die Klage abzuweisen.
\n\n
Diese legt ihre Akte vor. Der zuständige MD habe ausgeführt, dass es sich bei der CRP-Apherese um ein neuartiges Verfahren handele. Dabei werde aus Patientenblut das C-reaktive Protein im Rahmen akuter oder chronischer entzündlicher Erkrankungen entfernt. Weder auf § 8 I 2 KHEntgG, noch auf § 137 c II 2 Hs. 2 SGB V könne ein Vergütungsanspruch gestützt werden. § 8 I 2 KHEntgG bestimme als preisrechtliche Regelung nur die Höhe der Vergütung. Die Vorschrift begründe weder Leistungsansprüche der Versicherten noch einen unter Umständen davon unabhängigen, eigenständigen Vergütungsanspruch des Krankenhauses. Die Klägerin könne einen Vergütungsanspruch auch nicht auf § 137 c II 2 Hs. 2 SGB V stützen. Dem stehe § 39 SGB V entgegen. Es fehle außerdem an einer Äußerung zur Finanzierung der Behandlung über die CAMI-Studie.
\n\n
Die Klägerin hat eingewandt, dass die vorliegend geltend gemachten Kosten allesamt allgemeine Krankhausleistungen nach § 7 KHEntgG darstellten, sodass es bereits nicht der Beantwortung jener von der Beklagten aufgeworfenen Frage der Studienfinanzierung bedürfe, da diese zur Entscheidung des Rechtsstreits rechtlich irrelevant seien.
\n\n
Die Beklagte hat eingewandt, dass die Voraussetzungen des § 137 c Abs.3 SGB V nicht erfüllt seien. Der akute Myokardinfarkt sei durch die Stentimplantation versorgt worden. Eine weitere Intervention im Bereich der Koronararterien wurde als aktuell nicht notwendig dokumentiert. Der gesteigerte CRP-Wert könne auf eine Entzündung hindeuten. Dieser könne mit konservativen Mitteln behandelt werden. Nach Traumen und Operationen steige der CRP-Wert physiologisch an, um am zweiten bis dritten Tag den höchsten Wert zu erreichen und anschließend bei komplikationsfreiem Verlauf zu sinken. Normalwerte würden dann nach zwei bis drei Wochen erreicht. Die hier streitige CPR-Apheresebehandlung habe nicht dem allgemeinen Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprochen, sondern stelle lediglich ein experimentelles Verfahren dar. § 8 Abs. 1 S. 2 KHEntgG stelle klar, dass die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen auch bei Patienten zu berechnen sind, die an klinischen Studien teilnehmen; Hieraus folge zum einen, dass die Behandlung von Studienpatienten nicht geringer vergütet werde als die Behandlung anderer Patienten. Zum anderen führe der Zusatzaufwand für die Studien umgekehrt auch nicht zu einem höheren Entgelt. Insbesondere würden etwaige Zusatzkosten für Forschung und Lehre nicht über die Entgelte nach dem KHEntgG finanziert (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 KHG). Die Mehrkosten müssten vielmehr über Finanzmittel für Forschung und Lehre oder Drittmittel finanziert werden (BT-Drs. 14/6893, 44). Einfacher Inhalt des Satzes 2 sei damit allein, dass die aus dem KHEntgG sich ergebenden Pflegesätze auch dann (ungekürzt) maßgebend seien, wenn der Patient im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werde. Es gebe hierfür keine Abschläge, Zuschläge oder andere Besonderheiten (PdK Bu H-10c, KHEntgG § 8 2., beck-online).
\n\n
Die Klägerin wiederholt ihre Einschätzung, dass hinsichtlich der Studienteilnahme keine weiteren Unterlagen vorzulegen seien. Die Versicherte sei nicht lediglich zur Teilnahme an der Studie stationär aufgenommen worden, was unstreitig sei.
\n\n
Das Gericht hat in der Folge eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingeholt, wie nach deren Einschätzung die durchgeführte CRP-Apherese über den OPS abzubilden sei. Das BfArM äußerte sich mit Stellungnahme vom 18.10.2023 dahingehend, dass grds. die OPS eng auszulegen seien. Aus klassifikatorischer Sicht könnten die Kodes 8-821.10 und 8-821.11 nur dann angegeben werden, wenn eine Immunadsorption mit regenerierbarer/nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen durchgeführt wurde. Die konkrete Thematik sei bereits im Vorschlagsverfahren für den OPS 2024 an das Institut herangetragen worden. In der fachlichen Abstimmung seien verschiedene Einschätzungen vorgelegt worden. Die Arbeitsgemeinschaft OPS sprach sich in der Folge gegen eine Integration in den OPS 8-821.1f aus, und für die Einführung eines neuen eigenständigen OPS Codes. Begründet werde dies damit, dass es sich beim CRP um ein Akute-Phase-Protein handele und nicht um ein Immunglobulin oder einen Immunkomplex. Ebenso bestünden deutliche Kostenunterschiede zwischen CRP-Apherese und Immunadsorption, was die Neureglung rechtfertige. Aus den im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Vorschlagsverfahrens vorgelegten Informationen und mit Blick auf die geplante Umsetzung für den OPS 2024 ergebe sich, dass die CRP-Apherese aus klassifikatorischer Sicht derzeit mit der Resteklasse „8-821.x Immunadsorption und verwandte Verfahren: Sonstige“ zu verschlüsseln sei, die auch „verwandte Verfahren“ der Immunadsorption abbilde und keine Anforderung an die entfernte Substanz stelle. Es werde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beantwortung von Fragen zu KIassifikationen/Kodierungen nicht zu den Amtsaufgaben des BfArM gehöre, sondern eine zusätzliche Serviceleistung sei.
\n\n
Die Beklagte hat dargelegt, dass die von ihr vorgenommene Abrechnung dem Ansatz der vom BfArM als zutreffend geäußerten OPS entspreche und daher keine weitere Zahlung zu leisten sei.
\n\n
Die Klägerin hat eingewandt, dass die Stellungnahme des BfArM für die Gerichte nicht verbindlich sei, was dieses selbst dargelegt habe. Diese Einschätzung decke sich mit der Rechtsprechung des BSG, Urteil v. 08.10.2019 – B 1 KR 35/18 R), wonach beim DIMDI (jetzt: BfArM) eingeholte Auskünfte für die Auslegung der OPS unbeachtlich seien. Weiter verdeutliche das Bundessozialgericht in zahlreichen Entscheidungen, dass nicht das BfArM die Rechtsverbindlichkeit von Normen im DRG-Abrechnungssystem festlege, sondern die Selbstverwaltungspartner durch Einbeziehung der ICD- und OPS-Klassifikationen. Relevant bleibe – neben der Frage der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung – lediglich die zutreffende Kodierung. Die gewählte Kodierung sei vorliegend in der Leistungsentscheidung der Beklagten jedoch nicht in Abrede gestellt worden, sondern lediglich die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach Ablauf der Frist des § 8 PrüfvV sei es der Beklagten daher ohnehin nicht gestattet, ihre initial lediglich erhobene Behauptung einer fehlenden Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine angebliche Behauptung der Fehlkodierung zu erweitern. Innerhalb der Frist des § 8 PrüfvV sei dieser Einwand zu keinem Zeitpunkt erhoben worden. Im Übrigen verbleibe es bei den Ausführungen, dass der OPS 8-821.1 zutreffend kodiert worden sei. Dies habe bereits die Deutsche Gesellschaft für Immunologie kleinschrittig bestätigt. Vor diesem Hintergrund bestehe rein medizinisch sehr wohl eine noch aufzuklärende Frage, namentlich, ob die CRP-Apherese eine Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen darstelle, sofern man aus den vorbenannten Erwägungen nicht bereits der Klage stattzugeben vermöge. Es werde angeregt, dann ein Sachverständigengutachten einzuholen. Unverbindliche Aussagen des BfArM werde die Klägerin jedenfalls nicht gegen sich gelten lassen.
\n\n
Mit Schreiben vom 22.12.2023 hat die Beklagte weitere Einwände vorgetragen sowie Hilfswiderklage erhoben. Der Prüfauftrag nach § 8 PrüfvV sei ordnungsgemäß formuliert gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung seien vereinbarte Abrechnungsbestimmungen
\ndurch die Gerichte auszulegen. Wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems sei die Auslegung eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen vorzunehmen. Aus klassifikatorischer Sicht könnten die Kodes 8-821.10 und 8-821.11 nur dann angegeben werden, wenn eine Immunadsorption mit regenerierbarer/nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen durchgeführt wurde. Dies sei unstreitig. Es sei Aufgabe des BfArM die Klassifikation so präzise wie möglich zu formulieren. Die CRP-Adsorption sei im OPS 2021 nicht explizit erwähnt. Da derzeit beim BSG unter dem Aktenzeichen B 1 KR 18/23 R die Frage anhängig sei, ob die in der Übergangsvereinbarung zur „Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V PrüfvV enthaltenen Regelungen zur Aufrechnungsbefugnis der Krankenkassen mit § 109 Absatz 6 Satz 1 SGB V vereinbar sind, sei Hilfswiderklage geboten. Hilfsweise, und zwar für den Fall, dass das Gericht die Aufrechnung für unzulässig erachte, erhebt die Beklagte Widerklage mit dem Antrag,
\n\n
die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin die für die Behandlung der
\n Patientin D. vom 12.05.2021 bis 17.05.2021 zu viel gezahlte
\n Vergütung i.H.v. 16.738,94 Euro zzgl. Zinsen i. H. v. 4 Prozentpunkten über dem
\n Basiszinssatz für die Zeit vom 16.06.2021 bis zum 23.11.2022 zu zahlen.
\n\n
Die Klägerin wendet weiter ein, dass unter Bezugnahme auf verschiedene erstinstanzliche Urteile, die Aufrechnung schon deshalb unzulässig gewesen sei, da diese über die geschlossene Prüfverfahrensvereinbarung hinausgehe. Die Beklagte habe nämlich mit unstreitigen Ansprüchen aus dem Jahr 2022 aufgerechnet. Es werde weiter beantragt,
\n\n
die Hilfswiderklage abzuweisen.
\n\n
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 02.05.2024 hat der Bevollmächtigte der Klägerin ergänzend eingewandt, dass der von der Beklagten benannte Zinsbeginn der Widerklage nicht schlüssig sei, da die ablehnende Leistungsentscheidung der Beklagte erst auf den 07.09.2022 datiere und vorher schon gar kein Verzug, da kein Rückzahlungsanspruch bestanden haben könne.
\n\n
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die Gerichts- und die Verwaltungsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung.
\n\n
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
\nDie beim zuständigen Sozialgericht erhobene Klage sowie die Hilfswiderklage sind zulässig.
\n\n
Die Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen nach § 54 Abs. 5 SGG unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für Versicherte gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr., vgl. etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R – juris).
\n\n
Streitgegenstand ist die weitergehende Vergütung der unstreitig erfolgten stationären Krankenhausbehandlung der Versicherten, für welche die Beklagte unstreitig einen Betrag in Höhe von 6.565,68 EUR geleistet und einen weiteren Betrag in Höhe der streitigen 16.738,94 EUR der Aufrechnung unterzogen hat.
\n\n
Die diesbezügliche Klage ist begründet, da der durch die Behandlung entstandene Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung der Krankenhausbehandlung für die verrechnete Forderung nicht durch die Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für unstreitige Krankenhausbehandlungen aus dem Jahr 2022 analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch erloschen ist (zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte KH-Vergütung vgl. z.B. BSG, Urteil vom 08.11.2011-B 1 KR 8/11 R -, SozR 4-5560 8 17b Nr. 2 m.w.N.). Der ordnungsgemäßen Aufrechnung steht ein gesetzliches Aufrechnungsverbot entgegen, welches auch nicht durch eine Ausnahme hiervon gerechtfertigt ist.
\n\n
Unter Anwendung der Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann gem. § 387 BGB jeder Schuldner seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, wenn sich zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, sobald die Person die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm
\nobliegende Leistung bewirken kann (BSG, Urteil vom 25, Oktober 2016- B 1 KR 9/16 R-,
\nSozR 4-5562 8 11 Nr. 2, SozR 4-5560 8 18 Nr. 2, SozR 4-7610:8 271 Nr. 1, SozR 4-7610
\n8 387 Nr. 4, Rn. 10).
\n\n
Eine solche Aufrechnung ist entsprechend wirksam, wenn bei bestehender Aufrechnungslage (§ 387 BGB) die Aufrechnung erklärt wird (§ 388 BGB) und keine Aufrechnungsverbote entgegenstehen (vgl. dazu im Einzelnen etwa BSG, Urteil vom 30.07.2019 -B 1 KR 31/18 R Rn. 11 ff.).
\n\n
Der Aufrechnung durch die Beklagte steht nach Ansicht der Kammer ein gesetzliches
\nAufrechnungsverbot entgegen, das auch nicht durch eine vertragliche Ausnahme ausge-
\nnommen worden ist.
\n\n
Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung in 2022 war das gesetzliche Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 SGB V bereits in Kraft getreten. Durch das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl. | S. 2789) hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2020 in § 109 Abs. 6 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein gesetzliches Aufrechnungsverbot normiert. Danach können Krankenkassen gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen.
\n\n
Die Aufrechnung erfolgte vorliegend entgegen der gesetzlichen Regelung mit unstreitigen Forderungen aus dem Jahr 2022.
\n\n
Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist auch nicht von der gesetzlichen Ausnahme des § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V gedeckt. Danach ist die Aufrechnung abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt worden ist. Keiner der beiden Ausnahmefälle ist vorliegend einschlägig.
\n\n
Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine zulässige vertragliche Ausnahme von dem gesetzlichen Aufrechnungsverbot stützen. Gem. § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V können in der Vereinbarung nach § 176 Absatz 2.Satz 1 des KHG abweichende Regelungen vom gesetzlichen Aufrechnungsverbot des Satzes 1 vorgesehen werden. Auf dieser Basis vereinbart der GKV-Spitzenverband mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft eine Prüfverfahrensvereinbarung. In der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) vom 03.02.2016 war in § 10 Satz 1 geregelt, dass die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen kann. Im Hinblick auf das MDK-Reformgesetz haben die Vertragspartner am 10.12.2019 eine Übergangsvereinbarung beschlossen, wonach in Art. 1 PrüfvV geregelt wurde, dass für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, die PrüfvV vom 03.02.2016 mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort gelten sollte. Damit sollten insbesondere auch die Aufrechnungsregeln des § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung finden. Nach Art. 2 Nr. 2 der Übergangsvereinbarung sollte diese bis zum Inkrafttreten einer neuen PrüfvV Geltung behalten.
\n\n
Eine derartige vertragliche Regelung ist allerdings zur Überzeugung der erkennenden Kammer – und hier schließt sich diese der Rechtsprechung des SG Nürnberg, Urteil v. 09.11.2022 – S 18 KR 704/21 an – nicht mit § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbar. Es ist für die Beurteilung der vorliegenden Sachlage daher unerheblich, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Übergangs-PrüfvV eine generelle Aufrechnung weiterhin über den 01.01.2020 zulässig sein soll. Zwar unterliegt nach der Rechtsprechung des BSG die Anwendung der normenvertraglichen Bestimmungen der PrüfvV den allgemeinen für Gesetze geltenden Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Es ist mithin nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten, sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung abzustellen (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 34/20 R -, BSGE 132, 152-162, SozR 4-2500 § 301 Nr 10). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der PrüfvV ist trotz gesetzlichem Aufrechnungsverbot weiterhin jede Forderung aufrechenbar mit Gegenforderungen, unabhängig von der Tatsache, ob bei der Gegenforderung auch ein Prüfverfahren eingeleitet worden ist. Diese Regelung ist nach Ansicht der Kammer mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage, das gesetzliche Aufrechnungsverbot vollständig abzubedingen, unwirksam, eine darauf gestützte Aufrechnungserklärung geht ins Leere und verstößt gegen das gesetzliche Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V. § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V ermächtigt nämlich nach Ansicht der Kammer lediglich zur Vereinbarung über die in Satz 2 explizit genannten Ausnahmen zum gesetzlichen Aufrechnungsverbot, Satz 1 steht dagegen nicht zur völligen Disposition. Das gesetzliche Aufrechnungsverbot darf nicht durch eine Vereinbarung nach Satz 3 vollständig ausgehebelt werden, welche vorliegend aber so getroffen wurde (SG Nürnberg, Urteil vom 9. November 2022 – S 18 KR 704/21 -, Rn. 46, juris). Welche Inhalte ein einer PrüfvV geregelt werden können, führt § 17c Abs. 2 KHG abschließend auf. Die zulässigen Regelungsinhalte betreffen gemäß § 17 Abs, 2 Satz 1 KHG das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275c Abs. 1 SGB V und können Bestimmungen ab der Einleitung bis zum Ende des Prüfverfahrens, also auch bis zur Rückabwicklung eines Erstattungsanspruchs der Krankenkasse umfassen. Eine Ausklammerung des Aufrechnungsverbotes des § 109 Abs. 6 SGB V geht über diese Ermächtigung hinaus. Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, dass Ausnahmen zum Aufrechnungsverbot nach dem gesetzgeberischen Willen ausschließlich § 109 Abs, 6 Satz 2 SGB V regeln sollte. Aus der Stellung des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V im Gesetz und dessen Normgefüge (unmittelbar im Anschluss an Ausnahmetatbestand des Satzes 2) kann man schließen, dass Satz 3 zur Vereinbarung weiterer Ausnahmen zu § 109 Abs. 6 Satz 1 SGBV ermächtigen soll, die über die in Satz 2 genannten hinausgehen, nicht jedoch Satz 1 vollständig abbedingen. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Regelungssystematik des § 170 Abs. 2 Satz 1 KHG, wonach die Vertragsparteien abweichende Regelungen von § 275c SGB V treffen, diesen indes nicht vollständig in seinen Wirkungen aufheben können (vgl. SG Nürnberg, Urteil v. 09.11.2022 – S 18 KR 704/21, Rn. 42:ff., juris und SG München, Urteil v. 16.05.2023 . S 61 KR 448/22).
\n\n
Der Klageforderung war aufgrund der unzulässigen Aufrechnung stattzugeben.
\n\n
Die hilfsweise erhobene Widerklage ist gleichermaßen begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die geltend gemachte Forderung hat und der Beklagten damit ein Rückzahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht.
\n\n
Die Hilfswiderklage wurde insbesondere innerhalb der gesetzlichen (Verjährungs-)Fristen zulässigerweise erhoben.
\n\n
Die Klägerin/Widerbeklagte hat gegen die Beklagte/Widerklägerin keinen Anspruch auf weitergehende Vergütung der erfolgten stationären Krankenhausbehandlung der Versicherten über den von der Beklagten errechneten Betrag hinaus, weshalb diese den überzahlten Betrag zu erstatten hat.
\n\n
Rechtsgrundlage des von dem klagenden Krankenhaus geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 KHEntgG und § 17b KHG (vgl BSG vom 8.11.2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, 15 f; BSG vom 19.3.2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 8, RdNr 11 mwN). Die Zahlungsverpflichtung der KK entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags durchgeführt wird, iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist und die Leistungen insgesamt wirtschaftlich (§ 12 Abs 1 SGB V) erbracht werden (vgl nur BSG vom 25.3.2021 – B 1 KR 25/20 R – BSGE 132, 67 = SozR 4-2500 § 137c Nr 15, RdNr 8).
\n\n
Erforderlich war die durchgeführte Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V grundsätzlich nur dann, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V; vgl näher zu den Anforderungen BSG vom 13.12.2005 – B 1 KR 21/04 R – SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22 mwN; BSG vom 18.12.2018 – B 1 KR 11/18 R – BSGE 127, 188 = SozR 4-2500 § 137e Nr 2, RdNr 39 und 41 mwN; BSG vom 16.8.2021 – B 1 KR 18/20 R – BSGE 133, 24 = SozR 4-2500 § 2 Nr 17 RdNr 10 mwN; stRspr).
\n\n
Ausnahmen können sich aus der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts, bei einem Seltenheitsfall und uU aus der Teilnahme an einer Studie außerhalb einer Erprobungsrichtlinie ergeben (vgl zur grundrechtsorientierten Auslegung vgl BVerfG vom 6.12.2005 – 1 BvR 347/98 – BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BVerfG vom 10.11.2015 – 1 BvR 2056/12 – BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 18 und 20; BSG vom 4.4.2006 – B 1 KR 7/05 R – BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 18 ff; BSG vom 20.3.2018 – B 1 KR 4/17 R – SozR 4-2500 § 2 Nr 12; BSG vom 19.3.2020 – B 1 KR 22/18 R – juris RdNr 20; vgl zum ab dem 23.7.2015 auch geltenden abgesenkten Qualitätsgebot des Potentialmaßstabes BSG vom 25.3.2021 – B 1 KR 25/20 R – BSGE 132, 67 = SozR 4-2500 § 137c Nr 15, RdNr 22 ff; vgl zum Seltenheitsfall vgl BSG vom 19.10.2004 – B 1 KR 27/02 R – BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 21 f = juris RdNr 28 f; näher zur Studie RdNr 20). Soweit das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V Anwendung findet, ist der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Zeit der Behandlung maßgeblich (stRspr; vgl BSG vom 17.12.2013 – B 1 KR 70/12 R – BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 20 mwN).
\n\n
Die Klägerin stützt ihren Vergütungsanspruch vorliegend auf mehrere Säulen, nämlich auf das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V, das Eingreifen des § 2 Abs. 1a SGB V bzgl. einer Notstandslage sowie des § 137c Abs.2 S.2 Hs.2 SGB V iVm. § 8 Abs. 1 S. 2 KHEntgG hinsichtlich einer Studienteilnahme.
\n\n
Allen drei Anspruchsgrundlagen ist gemeinsam, dass die geltend gemachte Abrechnungssumme sich über das anzuwendende Abrechnungssystem, eine OPS, abbilden lassen muss.
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Die Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten bemisst sich nach den vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V und § 17b KHG und wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelten oder vorzunehmende Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf Grundlage des § 9 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG.
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Unabhängig davon, ob die Klägerin hiernach einen grundsätzlichen Vergütungsanspruch aus einem der drei von ihr dargelegten Gründe haben könnte, kann die von ihr geleistete Behandlung der CRP-Apherese zur Überzeugung der erkennenden Kammer nicht unter den OPS 8-821.1 gelistet werden, sondern lediglich unter den Auffang-OPS 8.821.x (hier zweimaliger Ansatz wegen Durchführung von zwei Apheresen) – und ohne Ansatz der geltend gemachten Zusatzentgelte – aus dem sich am Ende die von der Beklagten abgerechnete DRG F24B berechnet.
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Dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin, dass die Beklagte mit einem Einwand aufgrund der Ausschlussfristen des § 8 KHEntgG ausgeschlossen sei, kann nicht gefolgt werden.
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Der Klägerin wurde mit Datum vom 28.06.2021 fristgerecht der Prüfauftrag an den MD angezeigt. Der Prüfumfang belief sich ausweislich des Schreibens auf die Frage der korrekten DRG und auf die Frage, ob die abgerechneten Prozeduren der OPS 8.821.10 und 8.821.11 samt der Zusatzentgelte korrekt waren. Mit seiner Stellungnahme vom 01.09.2022 äußerte der MD schließlich, dass der Ansatz der beiden OPS nicht zutreffend sei, da eine derartige Behandlung nicht aus den Falldaten ableitbar sei. Das Verfahren der CRP-Apherese sei experimentell.
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Nach § 8 Satz 1 PrüfvV hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind die wesentlichen Gründe darzulegen (Satz 2 a.a.O.). Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Absatz 3 zu erfolgen (Satz 3 a.a.O.).
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Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte die aus ihrer Sicht wesentlichen Gründe dargelegt hat, weswegen aus ihrer Sicht aus medizinischen Gründen der Erstattungsanspruch nicht in vollem Umfang begründet ist. Insoweit hat sie auf die Ausführungen in dem eingeholten Gutachten des MDK verwiesen. Nach dem Wortlaut des § 8 Satz 2 PrüfvV müssen lediglich die wesentlichen Gründe der Ablehnungsentscheidung mitgeteilt werden, nicht jedoch alle möglicherweise relevanten Ablehnungsgründe, um eine Präklusion zu verhindern (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. Januar 2023 – L 4 KR 308/21 -, Rn. 41 – 42, juris).
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Die von der Beklagten vorliegend vorgetragenen Gründe beinhalten konkret eine Nichtabrechenbarkeit der OPS 8.821.10 und 8.821.11, was auch von Seiten der erkennenden Kammer so gesehen wird (siehe Ausführungen dann unten). Auch wenn das Gericht die Begründung für diese Schlussfolgerung auf teils andere Säulen stellt, so verbleibt es im Ergebnis bei der gleichlautenden Bewertung, dass die beiden OPS samt der Zusatzentgelte nicht für die CRP-Apherese gelten. Maßgeblich ist am Ende lediglich die Frage der richtigen Bewertung und nicht die Frage, ob die Begründung in allen Punkten übereinstimmt. Ein Einwendungsausschluss besteht hiernach nicht.
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Zur Überzeugung der erkennenden Kammer ist die vorgenommene Behandlung der CRP-Apherese nicht unter die OPS 8.821.10 und 8.821.11 sowie die dazugehörigen Zusatzentgelte zu subsummieren, sondern lediglich zweimalig unter die OPS 8.821.x.
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Der OPS 8-82 ist dabei wie folgt klassifiziert:
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8-82 Plasmapherese, Immunadsorption und verwandte Verfahren
\n8-821 Immunadsorption und verwandte Verfahren
\n Info: Es ist jede durchgeführte (Immun-)Adsorption zu kodieren
\n8-821.0 Immunadsorption mit nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen
\n8-821.1 Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen
\n8-821.10 Ersteinsatz
\n Info:
\nDieser Kode ist nur einmal pro therapeutisches Protokoll anzugeben. Jede weitere Anwendung der regenerierbaren Säule ist gesondert zu kodieren (8-821.11)
\n8-821.11 Weitere Anwendung
\n8-821.2 Adsorption zur Entfernung hydrophober Substanzen (niedrig- und/oder mittelmolekular)
\nInkl.: Zytokin-Adsorption
\n8-821.x Sonstige
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Ausweislich des konkreten Wortlautes erfasst der OPS 8.821.10 lediglich die Immunadsorption von „Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen“. Unter ein solches ist nach Auffassung der Kammer und entgegen der Auffassung der Klägerin das Akute-Phase-Protein CRP nicht zu fassen.
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Seine Rechtsauffassung stützt das Gericht hierbei auf die enge Auslegung der OPS am Wortlaut sowie der dazu ergangenen Stellungnahme des BfArM, welche zwar keine bindende Wirkung für das Gericht hat, deren Inhalten sich das Gericht aber aus eigener Überzeugung anschließt.
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Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG vom 22.6.2022 – B 1 KR 31/21 R – SozR 4-5560 § 19 Nr 1 RdNr 12 mwN und BSG, Urteil vom 24. Januar 2023 – B 1 KR 6/22 R -, SozR 4-5562 § 9 Nr 22, Rn. 12).
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Bei dieser engen Wortlauauslegung können aus klassifikatorischer Sicht die Kodes 8-821.10 und 8-821.11 nur dann angegeben werden, wenn eine Immunadsorption mit regenerierbarer/nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen durchgeführt wurde.
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Diese Thematik wurde an das BfArM bereits im Rahmen des Vorschlagsverfahrens 2024 herangetragen. Darüber hinaus wird die selektive CRP-Apherese seit einigen Jahren in der Liste der nach § 6 Abs. 2 KHEntgG angefragten Methoden, welche die Kriterien der NUB-Vereinbarung der Vertragsparteien erfüllen, unter Ziff. 760, gelistet. Mit dem nun aufgetretenen Abrechnungsstreit erfolgte erstmals das Vorbringen auch im Vorschlagsverfahren. Im Rahmen der Beratung der AG OPS erfolgte die Einschätzung, dass ein neuer OPS geschaffen werden müsse, da die selektive CRP-Apherese nicht am Wortlaut des OPS 8.821.10 und .11 gemessen werden könne.
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Begründet wurde dies – und dies ist auch für die erkennende Kammer nachvollziehbar, weshalb diese sich dieser Einschätzung ohne weitere Ermittlungen anzuschließen vermag – damit, dass aus klassifikatorischer Sicht eine Verortung bei 8-821.1 ff. nicht folgerichtig sei, da es sich bei CRP um ein Akute-Phase-Protein handelt und nicht um ein Immunglobulin oder einen Immunkomplex. Zudem bestehen offensichtlich deutliche Kostenunterschiede zwischen CRP-Apherese und Immunadsorption, welche ebenso für eine separate Abbildung der Prozedur sprechen. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatz derzeit nur mit der Resteklasse „8-821.Immunadsorption und verwandte Verfahren: Sonstige“ zu verschlüsseln ist, die auch „verwandte Verfahren“ der Immunadsorption abbildet und keine Anforderung an die entfernte Substanz stellt.
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Die Angabe ist auch nach Ansicht der Kammer folgerichtig, da bereits die Begrifflichkeit CRP selbst darauf hinweist, dass es sich um das „C-reaktive Protein“ handelt, welches einen Eiweißstoff darstellt, der in der Leber gebildet wird. Als C-reaktives Protein (CRP) wird nämlich ein Eiweißkörper bezeichnet, der zur Familie der Pentraxine zählt. CRP wird in der Leber gebildet und ins Blut abgegeben. Gemeinsam mit Caeruloplasmin, Fibrinogen, Haptoglobin, Ferritin und anderen gehört das CRP zu den Akute-Phase-Proteinen. Diese sind Eiweiße im Blut, deren Blutkonzentrationen im Rahmen entzündlicher (infektiöser und nichtinfektiöser) Erkrankungen ansteigen. Es werden Immunkomplexe gebildet (vgl. Wikipedia).
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Immunglobuline (Antikörper) sind dagegen lebenswichtige Eiweiße, die (ständig) im Blut zirkulieren und vielfältige Aufgaben erfüllen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems (https://www.biotest.com/de/de/patienten/einfuehrung-in-die-immunglobul.cfm).
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Die Funktion des CRP ist damit zwar vergleichbar mit derjenigen der Immunglobuline, da
\nCRP sich an Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Parasiten) oder Trümmer
\nkörpereigener Zellen bindet, die dann durch die Abräumsysteme der Immunabwehr
\naus der Zirkulation geklärt werden können (LaborInfo 97.3, Stand: 04/2019). Damit stellt es aber eben kein Immunglobulin, sondern ein Akute-Phase-Protein dar.
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Bei der CRP-Apherese wird im Ergebnis nicht ein von diesem gebildeter Immunkomplex aus dem Blut entfernt, sondern das CRP selbst aus dem But entreichert. Für die Apherese wird zunächst das Blutplasma abgetrennt und durch den PentraSorb(r) CRP gepumpt. Das CRP-abgereicherte Plasma wird dann wieder in den Patienten zurückgeleitet (https://www.pentracor.de/crp-apheresis/).
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Unter ergänzender Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat die AG OPS nachvollziehbar die Einführung eines neuen eigenständigen Kodes für die CRP-Apherese unter 8-821 empfohlen, um Fehlkodierungen künftig zu vermeiden, und diesen neuen Kode aus der Resteklasse 8-821.x überzuleiten. Auch dies wurde damit begründet, dass aus klassifikatorischer Sicht eine Verortung bei 8-821.1 ff. nicht folgerichtig sei, da es sich bei CRP um ein Akute-Phase-Protein handele und nicht um ein Immunglobulin oder einen Immunkomplex. Zudem bestehen deutliche Kostenunterschiede zwischen CRP-Apherese und Immunadsorption, welche ebenso für eine separate Abbildung der Prozedur sprechen.
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Entsprechend wurde auch dem seitens der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie einge-brachten Änderungsvorschlag, die CRP-Apherese als Inklusivum beim OPS-Kode 8-821.1 zu etablieren beziehungsweise die Anwendung der Kodes 8-821.1** klarzustellen, nicht gefolgt, sondern nunmehr im OPS 2024 unter 8-821.5 „C-reaktives-Protein-Apherese (CRP-Apherese) ein eigenständiger Kode geschaffen. Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Behandlungsfalls war mangels eigenständiger Regelung die CRP-Apherese unter 8-821.x zu erfassen.
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Zusammenfassend war die von der Beklagten vorgenommene geänderte Kodierung der erfolgten Prozeduren aufgrund der vorzunehmenden engen Auslegung der OPS am Wortlaut nicht zu beanstanden, der Hilfswiderklage war hiernach stattzugeben.
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Hinsichtlich der Zinsentscheidung konnte die Widerklägerin keine tragfähige Begründung darlegen, woraus sich ein Zinsbeginn am 16.06.2021 hätte rechtfertigen können. Grundsätzliche Voraussetzung für einen Zinsanspruch ist allerdings ein Zahlungsverzug, der wiederum voraussetzt, dass eine Geldleistung zur Zahlung mindestens fällig sein muss. Die Fälligkeit der Rückzahlung konnte vorliegend frühestens am Tag nach der Leistungsentscheidung der Beklagten vom 07.09.2022 eintreten, da die Klägerin frühestens an diesem Tag Kenntnis von einer möglichen Rückzahlungspflicht hatte. Einen früheren Zinsanspruch konnte die Beklagte nicht nachweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrer Klage obsiegt sowie die Beklagte mit der Hilfswiderklage. Es liegt hiernach ein jeweils hälftiges Obsiegen vor, was die Kostentragung je zur Hälfte rechtfertigt.
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Der Streitwert war nach der mit der Klage sowie der zu entscheidenden Hilfswiderklage geltend gemachten Klageforderung festzusetzen, denn gemäß § 197a SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) ist bei einer Klage auf eine bezifferte Geldleistung deren Höhe maßgebend.
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Der Streitwert für das Verfahren bestimmt sich folglich vorliegend nach dem zusammengerechneten Wert von Klage und Hilfswiderklage, da der Rechtsstreit unter Einbeziehung der Hilfswiderklage entschieden wurde. Diese Rechtsauffassung entspricht dem Wortlaut von § 45 Abs. 1 GKG. § 45 Abs. 1 GKG bestimmt hierzu: „In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht.“
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Die geltend gemachten Zinsen waren gemäß § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen.
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Erstellt am: 03.05.2024
Zuletzt verändert am: 10.10.2024