Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die nachträgliche Korrektur des von der Beklagten für das Kalenderjahr 1994 erlassenen Beitragsbescheides zu ihren Lasten.
Die Klägerin ist gewerblich im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig. In dem Lohn- und Gehaltsnachweis für das Jahr 1994 vom 15.07.1995 gab die Klägerin folgende Jahresbruttoentgelte an: – für die Gefahrklasse 5.0 000.000,00 DM – für die Gefahrklasse 12.8 0.000,00 DM.
Mit Bescheid vom 25.04.1995 machte die Beklagte für das Jahr 1994 Beiträge in Höhe von 0.000,00 DM geltend. Dabei wurde jedoch nur die Gefahrklasse 5.0 mit der entsprechenden Lohnsumme erfasst. Die Gefahrklasse 12.8 wurde mit 0 ausgewiesen.
Am 19.01.1999 wurde bei einer Lohnbuchprüfung festgestellt, dass für die Gefahrklasse 12.8 ein Jahresbruttoentgelt von 0.000.00,00 DM hätte zugrunde gelegt werden müssen.
Mit Bescheid vom 11.02.1999 nahm die Beklagte eine Änderung des Bescheides vor, so dass nunmehr Beiträge in Höhe von 000.000,00 DM erhoben wurden.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass die Berichtigung unzulässig sei. Gemäß § 749 Reichsversicherungsordnung (RVO) sei eine Berichtigung eines Beitragsbescheides zu Ungunsten der Klägerin nur unter sehr starken Einschränkungen möglich. Die Voraussetzung, dass der eingereichte Lohnnachweis unrichtig ist, sei nur dann erfüllt, wenn zu wenig Arbeitsentgelt an die Berufsgenossenschaft gemeldet worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Auch läge keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 38 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) vor. Die Beklagte habe das was sie ausdrücken wollen, nämlich "0" bei der Gefahrklasse 12.8, auch ausgedrückt. Dieses Ergebnis, das tatsächlich falsch sei, beruhe auf einem Irrtum über eine Tatsache, somit auf einem Fehler bei der Willensbildung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass § 749 RVO nicht greife. Mit dem Änderungsbescheid für das Forderungsjahr 1994 vom 11.02.1999 sei der Beitrag gemäß § 38 SGB X berichtigt worden. Die Unrichtigkeit des Beitragsbescheides 1994 vom 25.04.1995 sei einer verständigen Person bei Kenntnis der Unterlagen offenbar gewesen, da die Klägerin den Lohnnachweis 1994 selbst mit allen Daten eingereicht habe. Bei diesem ursprünglich berechneten Beitragsbescheid handele es sich nicht um einen Fehler in der Willensbildung der Beklagten, es liege vielmehr nur ein Fehler im Ausdruck des Willens der Verwaltung vor.
Wegen dieser Entscheidung hat die Klägerin am 23.02.2000 Klage erhoben.
Sie beantragt,
den Bescheid vom 11.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt nunmehr aus, der Beitragsbescheid vom 11.02.1999 sei nach § 43Abs. 1 SGB X in einen Beitragsbescheid nach § 749 Nr. 3 RVO umzudeuten. Der Beitragsbescheid vom 11.02.1999 basiere auf den vom Rechnungsprüfdienst am 19.01.1999 festgestellten Entgelten für Unternehmen zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung Gefahrklasse 12.8 in Höhe von 0.000.000,00 DM und nicht auf den von der Klägerin im Lohnnachweis 1994 nachgewiesenen Entgelten in Höhe von 0.000.000,00 DM. Gemäß § 749 Nr. 3 RVO dürfe die Beklagte nach Zustellung des Bescheides den Betrag zu Ungunsten des Beitragsschuldners nur noch dann anders feststellen, wenn der Lohnnachweis sich als unrichtig ergäbe. Dieses sei hier zweifelsfrei der Fall. Der Heranziehung des § 749 Nr. 3 RVO stehe auch nichts entgegen, dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid sich ausdrücklich nicht auf diese Norm, sondern auf § 38 SGB X berufen habe. Vielmehr sei insoweit eine Umdeutung nach § 43 Abs. 1 SGB X vorzunehmen. Danach könne ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet sei, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Verfahrensweise- und form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Vorraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei allenfalls berechtigt gewesen, eine Nachforderung über einen Differenzbetrag geltend zu machen, wenn die Klägerin seinerzeit zu niedrige Werte angegeben hätte. Hier liege der Fall jedoch so, dass die Klägerin ursprünglich zu ihren Lasten ein zu hohen Betrag angegeben hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 11.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2000 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Zu Recht hat die Beklagte von der Klägerin Beiträge für das Jahr 1994 nachverlangt.
Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, dass § 38 SGB X nicht die erforderliche Grundlage für die geltend gemachte Beitragsnachforderung bilden kann. Unabhängig davon, ob eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 38 Satz 1 SGB X vorliegt, hätte die Beklagte über die Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne dieser Vorschrift im Wege einer Ermessensentscheidung befinden müssen (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.07.1997 – L 3 U 223/97 -). Die angefochtenen Bescheide lassen jedoch keine ausreichende Ermessensausübung erkennen; auch im Klageverfahren ist diese nicht nachgeholt worden.
Der angefochtene Nachforderungsbescheid ist jedoch in eine Beitragsänderung im Sinne des § 749 Nr. 3 RVO umzudeuten (vgl. zur fortgeltenden Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Beitragserhebung für das Kalenderjahr 1994 auch nach In-Kraft-Treten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VII – zum 01.01.1997 § 219 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Gestützt auf diese Vorschrift erweist sich die vorgenommene Nachforderung von Beiträgen auch als rechtmäßig. Nach § 749 Nr. 3 RVO darf und muss die Berufsgenossenschaft auch nach Zustellung eines Beitragsbescheides den Beitrag zu Ungunsten des Beitragsschuldners dann noch anders feststellen, wenn sich der Lohnnachweis als unrichtig ergibt. Im vorliegenden Fall war der dem Beitragsbescheid für das Jahr 1994 zugrundeliegende Lohn- und Gehaltsnachweis der Klägerin unrichtig. Für die Gefahrklasse 12.8 war ein Jahresbruttoentgelt von 0.000.000,00 DM angegeben. Tatsächlich hätte jedoch für diese Gefahrklasse ein Jahresbruttoentgelt von 0.000.00,00 DM zugrunde gelegt werden müssen. Diese "tatsächliche" Unrichtigkeit reicht aus, auch eine unverschuldete. Ob der Unfallversicherungsträger die Unrichtigkeit rechtmäßig hätte erkennen können, ist ebenso unbeachtlich (vgl. Kasseler-Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 749 RVO Rz. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 03.05.2004
Zuletzt verändert am: 03.05.2004