Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 300,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 Euro. Der Versicherte der Beklagten M wurde vom 24.12.2012 bis 05.01.2013 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung und schaltete sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Überprüfung der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer sowie der Abrechnung (DRG) ein. Im Gutachten vom 05.03.2012 wurde sowohl die Verweildauer, als auch die Abrechnung bestätigt. Darauf hin wurde der Beklagten von der Klägerin eine Rechnung über die Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 Euro übersandt. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Aufwandspauschale mit Schreiben vom 04.04.2013 ab. Es liege eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung vor, so dass eine Aufwandspauschale ausgeschlossen sei. Mit der am 06.05.2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Es sei nicht ersichtlich, warum eine fehlerhafte Schlussrechnung vorgelegen haben solle. Denn es habe ein entgleister Blutdruck vorgelegen, wobei die Kriterien dafür nicht einheitlich definiert seien. Es komme hinzu, dass eine Änderung nach dem Vorschlag der Beklagten zu keiner anderen DRG geführt hätte. Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) komme es darauf an, dass die Prüfung durch eine fehlerhafte Abrechnung veranlasst worden sei. Dies setze letztlich ein Fehlverhalten des Krankenhauses voraus, woran es fehle. Dem habe sich das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz angeschlossen. Auch das LSG Berlin-Brandenburg sei dem dem Grunde nach gefolgt. Der 3. Senat habe dazu ausgeführt, dass nur bei einer nachweislich fehlerhaften Abrechnung eine Ausnahme bestehe und Sinn und Zweck der Regelung einer weiteren Aufklärung im Rechtsstreit über die Aufwandspauschale entgegenstehe. Es bestehe keine Verpflichtung, Gründe anzugeben, warum die obere Grenzverweildauer überschritten worden sei. Es komme hinzu, dass entsprechende Daten auch nicht durch die Beklagte angefordert worden seien. Schließlich habe das Sozialgericht (SG) Mainz mit guten Gründen der Ansicht des BSG widersprochen. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass es sich um eine fehlerhafte Kodierung handele, die nach dem BSG nicht zu einer Aufwandspauschale führe. Denn ein entgleister Blutdruck trete regelmäßig im Rahmen einer hypertensiven Krise auf. Derlei Hinweise habe man aber der Entlassungsanzeige nicht entnehmen können. Es komme hinzu, dass der Patient an einem Samstag entlassen worden sei, was ungewöhnlich sei. Außerdem habe der Patient keines der von der Klägerin angegebenen Kriterien für eine hypertensive Krise erfüllt. Die Verpflichtung zu entsprechenden Angaben sei recht und billig, weil sich die Krankenkasse auf die Schlussrechnung verlassen können müsse und das Krankenhaus entsprechende Angaben machen könne. Mit dem BSG sei die Vorschrift über die Fallpauschale einschränkend auszulegen, so dass schon jede fehlerhafte Kodierung der Zahlung entgegenstehe. Mit dem LSG Berlin-Brandenburg komme es auf eine Kausalität nicht an. Ebenso habe das BSG bestätigt, dass die Kasse keinen Prüfgrund angeben müsse. Das Krankenhaus habe entsprechende Angaben unterlassen, was die Prüfung veranlasst habe. Zudem komme § 275 Abs. 1c SGB V bei der Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht zur Anwendung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 300,00 Euro zu. Anspruchsgrundlage ist § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V, deren Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. a. Nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten, falls die Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt. Nach der Vorschrift ist eine Aufwandspauschale zu zahlen, wenn eine gezielte Beauftragung des MDK mit der Prüfung vorliegt, dem Krankenhaus ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist, eine Minderung des Rechnungsbetrages aufgrund der Prüfung nicht erfolgt ist und das Krankenhaus im Übrigen keine Veranlassung für das Prüfverfahren gegeben hat (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Az.: B 1 KR 1/10 R; BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2013, Az.: L 1 KR 295/12). Unstreitig hat eine Prüfung durch den MDK stattgefunden, die zu keiner Minderung des Rechnungsbetrages geführt und einen Aufwand für die Klägerin verursacht hat. Die Prüfung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht durch ein Fehlverhalten der Klägerin verursacht worden. Denn eine solche Konstellation ist nur dann gegeben, wenn die Prüfung auf einer nachweislich fehlerhaften Rechnung des Krankenhauses beruht (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Az.: B 1 KR 1/10 R; BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2013, Az.: L 1 KR 295/12). Die damit allenfalls im Ausnahmefall gegebene Möglichkeit der Einschränkung des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V ist vom Willen des Gesetzgebers getragen, die Abrechnungsstreitigkeiten nicht in die Prüfung der Voraussetzungen der Aufwandspauschale zu verlagern (BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R; dem folgend SG Dortmund, Urteil vom 16.09.2014, Az.: S 40 KR 672/13). Ziel der Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V war es, die Prüfungstätigkeit der Krankenkassen einzuschränken. Daher sollte für den Fall einer Prüfung ohne Rechnungskürzung eine einfache Regelung zur pauschalen Abgeltung des dem Krankenhaus entstandenen Aufwandes getroffen werden, die zugleich eine abschreckende Wirkung auf die Krankenkasse haben sollte (vgl. BT-Drucks. 16/3100, S. 171; Heberlein, in: Beck scher Online-Kommentar, SGB V, § 275 Rn. 59). Eine Einzelfallgerechtigkeit wurde nicht angestrebt (BT-Drucks. 16/3100, S. 171). Eine danach erforderliche nachweislich fehlerhafte Rechnung ist hier nicht gegeben. Vielmehr ist die Frage, ob eine solche fehlerhafte Rechnung vorliegt, zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits überaus umstritten. Eine abschließende Klärung der Frage ließe sich nur im Rahmen einer umfangreichen Beweiserhebung herbeiführen. Es entspricht nicht Sinn und Zweck der Aufwandspauschale sowie dem Willen des Gesetzgebers, die umstrittene Frage im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits zu klären. Da keine nachweislich fehlerhafte Kodierung vorlag, war der Klage im Übrigen statt zu geben. b. Dem steht die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG, wonach die Aufwandspauschale bei Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht anfalle, nicht entgegen. (1) Soweit das BSG seit 2014 (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014, Az.: B 1 KR 29/13 R; BSG, Urteil vom 14.10.2014, Az.: B 1 KR 25/13 R; BSG, Urteil 10.03.2015, Az.: B 1 KR 4/15 R) die Ansicht vertritt, dass es sich bei der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Rechnung um ein eigenständiges Prüfregime neben § 275 SGB V handele und mithin kein Anspruch auf die Aufwandspauschale bestehe, folgt dem die Kammer nicht (wie hier SG Mainz, Urteil vom 04.05.2015, Az.: S 3 KR 428/14; Knispel, GesR 2015, 200 (205 ff.)). Nach dem Wortlaut des § 275 Abs. 1c SGB V ist auch die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit erfasst und stellt kein eigenständiges Prüfregime dar. Die Angabe des § 39 SGB V in S. 1 des § 275 Abs. 1c SGB V dient nur der Abgrenzung zu den sonstigen Prüfanlässen in § 275 Abs. 1 SGB V. Die Vorschrift selbst nimmt sodann ausdrücklich Bezug auf § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit als Prüfanlass erfasst. Denn danach besteht eine Verpflichtung zur Einschaltung des MDK bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung. Das bedeutet nach Ansicht der Kammer nichts anderes als die Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Dies hat mithin auch für § 275 Abs. 1c SGB V zu gelten (s.a. SG Mainz, Urteil vom 04.05.2015, Az.: S 3 KR 428/14; Knispel, GesR 2015, 200 (206); ebenso noch BSG, Urteil vom 17.12.2013, Az.: B 1 KR 14/13 R). Eine solche Sichtweise wird vom Sinn und Zweck der Regelung des § 275 Abs. 1c getragen. Damit sollte nämlich die Prüfungstätigkeit der Krankenkassen eingeschränkt werden (BT-Drucks. 16/3100, S. 171). Ein erheblicher Teil der Prüfungen der Kassen beziehen sich mittlerweile auf die Prüfung der Abrechnung, insbesondere auf die Überprüfung der Kodierung des Aufenthalts. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diesen erheblichen Teil der Überprüfungstätigkeiten der Kassen aus der Regelung ausnehmen wollte (vgl. BT-Drucks. 16/3100, S. 171, wo ausdrücklich Fehlabrechnungen aufgrund der Komplexität und des Umfangs der Kodierregelungen erwähnt werden). Der Regelung würde ansonsten im erheblichen Maße die Wirksamkeit genommen. Anhaltspunkte in diese Richtung finden sich in der Gesetzesbegründung daher zu Recht nicht. Der danach klar zu Tage tretende Wille des Gesetzgebers ist durch die Kammer zu beachten (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.01.2011, Az.: 1 BvR 918/10; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011, Az.: 2 BvR 2216/06 u.a.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 23 SF 80/12 B AB; Rüthers, NJW 2011, 1856 ff.; Wedel, NJW 2012, 719 f.). Lässt sich der Wille des Gesetzgebers – wie hier – eindeutig feststellen, gebietet es der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, diesem bei der Anwendung der Norm Ausdruck zu verleihen. Jedenfalls darf das Gericht nicht durch seine Auslegung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Einen tragfähigen Grund, warum nunmehr die gesetzliche Vorschrift einschränkend auszulegen sein soll, hat der 1. Senat nicht benannt. Vielmehr wird der Wortlaut der Vorschrift durch das BSG entgegen der gesetzgeberischen Wertung eingeschränkt. Dies lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass man ein neues Prüfregime neben § 275 SGB V konstruiert. (2) Unabhängig davon ist im vorliegenden Fall ein eindeutiger Prüfauftrag zur Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung erteilt worden, dem der MDK auch nachgekommen ist. Denn der MDK sollte die Notwendigkeit der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer überprüfen, was nach Ansicht der Kammer keine Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit darstellt. In einem solchen Fall sind die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V erfüllt, weil gerade nicht ausschließlich eine Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit stattgefunden hat. Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des BSG lässt sich entnehmen, dass die Aufwandspauschale nur zu zahlen wäre, wenn ausschließlich eine sogenannte Auffälligkeitsprüfung vorgenommen wurde. Für die Zahlung der Aufwandspauschale muss es vielmehr genügen, wenn zumindest auch eine Auffälligkeitsprüfung erfolgt ist. Damit aber steht die Rechtsprechung des BSG zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit dem Anspruch der Klägerin im hiesigen Fall nicht entgegen. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. 3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 i.V.m. 52 Abs. 3, 43 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes 4. Gründe, hier gemäß § 144 Abs. 2 SGG die Berufung zuzulassen, haben nicht bestanden, da die Kammer jedenfalls nicht in streitentscheidender Weise von der Rechtsprechung des BSG abgewichen ist.
Erstellt am: 18.12.2015
Zuletzt verändert am: 18.12.2015