Der Bescheid vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die beantragte Abdominoplastik und Dermolipektomie als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für einer Abdominoplastik und Dermolipektomie der Oberschenkel.
Die gesetzlich bei der Beklagten versicherte Klägerin beantragte am 12.09.2014 bei der Beklagten unter Übersendung entsprechender Atteste ihrer behandelnden Ärzte die Kostenübernahme einer Abdominoplastik und einer Dermolipektomie der Oberschenkel. Sie habe ihr Gewicht von ursprünglich 145 kg Körpergewicht auf (bei Antragstellung) 90 kg reduziert. Sie werde allerdings nun durch eine unschöne Fettschürze am Bauch sowie überschüssige Haut an den Oberschenkeln in ihrem Beruf als Altenpflegerin wie auch im privaten Alltag beeinträchtigt. Außerdem leide sie aufgrund der körperlichen Entstellung unter einer schweren Depression.
Die Beklagte holte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und lehnte den Antrag dann mit Bescheid vom 29.10.2014 ab. Voraussetzung für eine Kostenübernahme der beantragten Operation durch die gesetzlichen Krankenkassen sei das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Erkrankung. Zur Beurteilung seien die Unterlagen der Klägerin an den beratenden Arzt des MDK weitergeleitet worden. Dieser komme zu dem Ergebnis, dass sowohl am Bauch als auch an den Oberschenkeln diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Durch die Ernährungsumstellung sei es zwar zu einer Gewichtsreduktion gekommen, wodurch sich ein Hautüberschuss am Bauch und an den Oberschenkeln gebildet habe. Dieser sei aber nur gering ausgeprägt. Weder seien funktionelle Einschränkungen noch therapieresistente Hauterkrankungen belegt. Damit ergebe sich keine medizinische Indikation zur Kostenübernahme der geplanten Operationen. Vielmehr seien eine weitere Gewichtsreduktion bis in den Normbereich, eine intensive Hautpflege mit fachdermatologischer Unterstützung sowie eine fachärztliche Behandlung der Depression angezeigt.
Die Klägerin erhob Widerspruch gegen diesen Bescheid.
Am 20.12.2014 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte die fünfwöchige Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht eingehalten habe. Auch habe sie es versäumt, die Klägerin darüber zu informieren, dass sie diese Frist nicht einhalten wird können. Als Rechtsfolge trete daher die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die beantragte Abdominoplastik und der Dermolipektomie der Oberschenkel als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sich die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ausschließlich auf die in § 11 Abs. 1 SGB V abschließend aufgezählten Leistungsarten beziehe. Von der Fiktionswirkung seien daher nur Leistungen erfasst, die von den Gesetzlichen Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen seien. Bei der Klägerin liege eine Krankheit im Sinne des SGB V nicht vor, so dass die Beklagte auch keine Sach- oder Dienstleistung zu erbringen habe. § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V diene ausschließlich der Beschleunigung der Leistungserbringung. Habe die Krankenkasse die Entscheidungsfristen nicht eingehalten, habe sie die vollen Kosten solcher Leistungen zu erstatten, die sie bei rechtzeitiger Leistungserbringung in Natur als Sach- oder Dienstleistung kostengünstiger erbracht hätte. Weitere Sanktionsmöglichkeiten habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Die Beklagte hat im laufenden Klageverfahren den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2015 zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft. Mit der echten Leistungsklage kann die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Diese Prozesssituation ist vorliegend gegeben, da die Klägerin ihren Anspruch auf die Regelung des § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V stützt. Danach gilt eine Leistung nach Ablauf der in Satz 1 und 4 genannten Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Dies ist dahingehend auszulegen, dass mit Eintritt der Fiktion der Rechtsanspruch auf die beantragte Leistung besteht, ohne dass hierüber noch ein Bescheid der Beklagten zu erteilen wäre. Die Fiktion ersetzt somit den Genehmigungsbescheid (so auch SG Augsburg, Urteil vom 03.06.2014 – S 6 KR 339/13; SG Nürnberg, Urteil vom 27.03.2014 – S 7 KR 520/13; SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 – S 21 KR 282/13; jeweils juris). Die prozessuale Situation entspricht daher dem Fall, dass die Klägerin bereits einen Bewilligungsbescheid erhalten hat, dieser aber von der Verwaltungsbehörde nicht vollzogen wird. Auch hier ist die echte Leistungsklage zulässig, da auch hier nicht nochmals ein Bescheid zu ergehen hat. Die allgemeine Leistungsklage konnte hier auch mit einer Anfechtungsklage verbunden werden, da der Klägerin gerichtlicher Rechtsschutz dafür zustehen muss, einen formellen Verwaltungsakt, zu dessen Erlass die Beklagte nicht befugt war, zu beseitigen, um sich nicht mit dem Risiko zu belasten, dass dieser später in anderen Zusammenhängen unzutreffend als bestandskräftiger Verwaltungsakt qualifiziert wird (BSG, Urteil vom 03.04.2003 – B 13 RJ 39/02 R; SG Augsburg, Urteil vom 03.06.2014 – S 6 KR 339/13, jeweils juris; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, Anhang § 54 Rn. 4). Die Klage ist auch begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erbringung der beantragten Abdominoplastik und der Dermolipektomie der Oberschenkel als Sachleistung aufgrund einer gemäß § 13 Abs. 3 a Satz 6 SGB V eingetretenen Genehmigungsfiktion. Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung (Satz 4). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7). Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden (Satz 8). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen (Satz 9). § 13 Abs. 3a SGB V beruht auf dem am 26.02.2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (Patientenrechtegesetz, BGBl. I 2013, 277). Die Norm verfolgt das Ziel, die Entscheidungsprozesse der Krankenkassen im Interesse der Patienten zu beschleunigen. Deshalb werden der Krankenkasse durch diese Vorschrift im Verwaltungsverfahren bestimmte Fristen auferlegt, die verhindern sollen, dass Versicherte unzumutbar lange auf eine Entscheidung warten müssen (Joussen, in: Beck`scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.03.2015, § 13 SGB V Rn. 21a). Der spezifische Schutzzweck dieser Norm liegt also darin, Versicherte in dem grundrechtsrelevanten Bereich des Gesundheitsschutzes vor den Folgen eines unangemessen langen Verwaltungsverfahrens zu schützen (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: EL I/2014, § 13 Rn. 58l). Insoweit kommt der Vorschrift gegenüber der zu langsam arbeitenden Krankenkasse auch eine gewisse Sanktionswirkung zu (SG Mannheim, Urteil vom 03.06.2014 – S 9 KR 3174/13, SG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2015 – S16 KR 96/14, jeweils juris; Wenner, Sgb 2013,162 ff.).
Die Beklagte hat die hier einschlägige 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten und der Klägerin die Gründe hierfür nicht vor Ablauf der Frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. §§187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch am auf den Antragseingang folgenden Tag und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht. Die Klägerin beantragte die streitgegenständliche Leistung am 12.09.2014. Die fünfwöchige Frist wäre damit am 17.10.2014 abgelaufen. Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Klägerin erfolgte aber erst am 29.10.2014 und damit außerhalb der fünfwöchigen Frist. Eine den Eintritt der Genehmigungsfiktion verhindernde schriftliche Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V erfolgte nicht. Durch die Genehmigungsfiktion gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen. Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: EL I/2014, § 13 Rn. 58l). Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen ausgeschlossen.
Die von der Beklagten und teilweise in der Rechtsprechung vertretene Ansicht, wonach die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nur bei einer Leistung greifen kann, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen habe (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 26.05.2014 – L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KR155/14 B; SG Dortmund, Beschlüsse vom 16.07.2014 – S 40 KR 742/14 ER – und 31.01.2014 – S 28 KR 1/14 ER; SG Würzburg, Urteil vom 15.01.2015 – S 11 KR 100/14, jeweils juris), wird von der Kammer in Anlehnung an die Entscheidung des LSG NRW vom 23.05.2014 (Az.: L 5 KR 222/14 B ER) und anderer Sozialgerichte (vgl. SG Nürnberg, Urteil vom 30.04.2015 – S 7 KR 496/14; SG Mannheim, Urteile vom 27.03.2015 – S 9 KR 3123/14 – und 03.06.2014 – S 9 KR 3174/13; SG Koblenz, Urteil vom 23.03.2015 – S 13 KR 977/14; SG Heilbronn, Urteil vom 10.03.2015 – S 11 KR 2425/14; SG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2015 S 9 KR 903/14; SG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2015 – S 16 KR 96/14; SG Gelsenkirchen, Urteile vom 05.02.2015 – S 17 KR 524/14 -, vom 29.01.2015 – S 17 KR 479/14- und 02.10.2014 – S 11 KR 180/14; SG Marburg, Urteil vom 15.01.2015 – S 6 KR 160/13; SG Karlsruhe, Urteil vom 15.12.2014 – S 5 KR 2284/14; SG Augsburg, Urteile vom 27.11.2014 – S 12 KR 183/14 – und 12.11.2014 – S 12 KR 3/14; SG Osnabrück, Urteile vom 06.11.2014 – S 13 KR 164/14 und S 13 KR 189/14; SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013 – S 21 KR 282/13, SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015 –S 24 KR 254/14; jeweils juris) nicht geteilt. Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den er hineingestellt ist (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. Urteil vom 21.05.1952 – 2 BvH 2/52; Beschluss vom 17.05.1960 – 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60; Urteil vom 20.03.2002 – 2 BvR 794/95; Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11-, jeweils juris). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BverfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, "2 BvR 2155/11-, juris). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich das Gericht nicht entgegenstellen darf (vgl. BverfG, Beschluss vom 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07, juris). Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. BverfG, Beschluss vom 12.11.1997 – 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94, juris). In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl. BverfG, Beschluss vom 09.02.1988 – 1 BvL 23/86, juris).
§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V kann nach den voranstehend genannten Kriterien aus Sicht der Kammer nur dahingehend ausgelegt werden, dass das Wirksamwerden der Genehmigungsfiktion nur von der Nichteinhaltung der Frist bzw. der unzureichenden oder fehlenden schriftlichen Mitteilung der Nichteinhaltung der Frist abhängt, nicht hingegen auch von der Einhaltung des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebotes nach § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V.
Dies ergibt sich zunächst aus einer grammatikalischen Auslegung der Norm. Nach dem klaren Wortlaut gewährt § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V mittels einer Genehmigungsfiktion einen Sachleistungsanspruch, wohingegen § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V einen Kostenerstattungsanspruch für eine erforderliche Leistung zum Gegenstand hat. Der Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V knüpft die Genehmigungsfiktion ausschließlich daran, dass innerhalb der Frist keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Eine Einschränkung dahingehend, dass sich diese Genehmigungsfiktion nur auf solche Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sind, enthält die Vorschrift semantisch und grammatikalisch eindeutig nicht. Dass dies kein "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers gewesen sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass dieser vielfach mit Genehmigungsfiktionen arbeitet. Diese sind weder dem Sozialrecht im Allgemeinen (vgl. § 88 Abs. 5 Satz 2 SGB XI, § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX, § 6 Abs. 3 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 17 Abs. 2 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 18 b Abs. 3 Satz 2 SGB XI) noch dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung im Speziellen (vgl. § 32 Abs. 1a Satz 3 Halbsatz 2 SGB V, § 110 Abs. 2 Satz 5 SGB V, § 116 Abs. 2 Satz 4 SGB V) fremd. Für diese Auslegung spricht auch die Legaldefinition, die der Gesetzgeber in § 42 a Verwaltungsverfahrensgesetz getroffen hat. Danach gilt eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Auch hier unterstellt das Gesetz, dass von der Behörde ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen worden wäre ("fiktiver Verwaltungsakt"). Der Versicherte kann den Eintritt der Genehmigungsfiktion dann zum Anlass nehmen, entweder von der Krankenkasse die Leistung zu verlangen oder sich gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. SG Nürnberg, Urteil vom 30.04.2015 – S 7 KR 496/14-, juris). Diese grammatikalische Auslegung wird durch eine systematische, historische und teleologische Auslegung bestätigt: Zwar hatte der Gesetzgeber zunächst lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für erforderliche Leistungen vorgesehen, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtegesetz ergibt (BT-Drucks. 312/12, S. 46, siehe auch BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710, S. 30), um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 – ohne weitere den klaren Wortlaut einschränkende Erläuterungen – in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme der Norm kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung mittellose Versicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3a SGB V aus (LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER m.w.N.). Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER; SG Heilbronn, Urteil vom 10.03.2015 – S 11 KR 2425/14; SG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.01.2015 – S 17 KR 479/14; SG Augsburg, Urteil vom 27.11.2014 – S 12 KR 183/14; a.A. LSG NRW, Beschluss vom 26.05.2014 – L 16 KR 154/14 B ER, jeweils juris). Zudem hätte bei einer solchen Auslegung ein Versicherter ungeachtet eines Verstoßes der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V normierte Hinweispflicht keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies kann nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die Rechte des Patienten zu stärken. Im Übrigen hatte und hat es die Beklagte selbst in der Hand, die in § 13 Abs. 3a SGB V festgelegten Fristen einzuhalten, und, wenn sie dies nicht schafft, den Versicherten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich hierüber zu informieren. Die sprachliche Gestaltung von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V steht der oben dargestellten Auslegung nicht entgegen. Soweit das Gesetz darin den Begriff des "Leistungsberechtigten" und der "erforderlichen" Leistung verwendet, erlaubt es nach Auffassung der Kammer nicht, den Kostenerstattungsanspruch (und die Wirkungen der vorgeschalteten Genehmigungsfiktion) an die materielle Leistungsberechtigung der Klägerin zu knüpfen bzw. nur auf solche Leistungen zu beschränken, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen (LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER, juris). Denn ein solches Vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 Abs. 3 a SGB V entgegen der besonderen Zielsetzung des Patientenrechtegesetzes weitgehend "leerlaufen" würde. Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung einer Abdominoplastik und der Dermolipektomie der Oberschenkel als Sachleistung, ohne dass es auf die Voraussetzungen insbesondere der §§ 27, 12 und 2 SGB V ankäme.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Erstellt am: 23.03.2016
Zuletzt verändert am: 23.03.2016