Der Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 11. Januar 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld.
Die Klägerin ist Justizbeschäftigte des Landes NRW. Sie war beim Amtsgericht T eingesetzt. Ab März 2015 war sie arbeitsunfähig. Bis zum 02. November 2015 wurde sie stufenweise in das Erwerbsleben wiedereingegliedert durch Arbeitseinsätze beim Amtsgericht M und T. Ab 03. November 2015 schrieb sie der behandelnde Arzt arbeitsfähig, gab aber an, die Klägerin könne weiterhin nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Unter dem 02. November 2015 schrieb der Präsident des OLG I an die Klägerin, er habe den Direktor des Amtsgerichts T gebeten, sie aufzufordern, ihre Tätigkeit beim Amtsgericht T wieder aufzunehmen, weil sie ab 03. November 2015 wieder arbeitsfähig sei. Sie sei als Beschäftigte des Amtsgerichts T mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit an das Landgericht I abgeordnet. Wenn sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehe, ihren Dienst beim Amtsgericht T zu verrichten, sei sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlung könne nicht wieder aufgenommen werden.
Daraufhin meldete sich die Klägerin am 03. November 2015 arbeitslos. Ihrem Arbeitsvermittler erklärte sie am 18. November 2015, sie könne nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Daraufhin sei sie vom Arbeitgeber unter Einstellung der Gehaltszahlung freigestellt worden. Krankengeld beziehe sie nicht, weil sie nicht arbeitsunfähig sei. Der Arbeitsvermittler erläuterte der Klägerin die Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin stellte sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung und erklärte, sie wolle den Arbeitgeber nicht wechseln. Am 24. November 2015 erklärte die Klägerin bei einer weiteren Vorsprache dem Arbeitsvermittler, daß sie sich dem Arbeitsmarkt in Vollzeit zur Verfügung stelle. Sie werde zum heutigen Zeitpunkt ihr aktuelles Arbeitsverhältnis beim Land NRW jedoch nicht kündigen. Bei einer möglichen Arbeitsaufnahme müsse die Situation geprüft werden.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Ihr Arbeitgeber habe darüber hinaus nicht auf sein Direktionsrecht verzichtet. Deswegen sei die Klägerin nicht arbeitslos.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, der Arbeitgeber habe auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dazu legte sie ein Schreiben des Direktors des Amtsgerichts T vom 14. Dezember 2015 vor. Darin heißt es im Wesentlichen, die Klägerin habe ihre Arbeit nicht angetreten, obwohl sie keine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen habe. Die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit für das Amtsgericht T könne nur als Arbeitsunfähigkeit verstanden werden mit der Folge, daß eine Beschäftigung beim Amtsgericht T nicht möglich sei. Insoweit werde für die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit auf das Direktionsrecht verzichtet.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, der Arbeitgeber habe nicht vollständig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis und sei damit nicht arbeitslos.
Daraufhin hat die Klägerin am 10. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, zwar bestehe noch ein Arbeitsverhältnis mit dem Land NRW, allerdings kein Beschäftigungsverhältnis mehr im Sinne von § 138 SGB III. Ihre Arbeitskraft werde vom Land NRW nicht angenommen. Das Land beschäftigte sie nicht mehr und sei auch nicht bereit, ihr Arbeitsverhältnis örtlich so abzuändern, daß eine Beschäftigung für sie möglich sei. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB III sei auch beendet, wenn der Arbeitnehmer das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkenne. Überdies habe der Direktor des Amtsgerichts T mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 ausdrücklich auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin hat ein Schreiben des Präsidenten des OLG I vom 24. Mai 2016 vorgelegt. In diesem heißt es im Wesentlichen, er übe derzeit die Verfügungsgewalt hinsichtlich der Arbeitsleistung der Klägerin nicht aus.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 03. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß die Klägerin zumindest bis zum Schreiben des Präsidenten des OLG I in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Ferner zweifle sie an der Verfügbarkeit der Klägerin.
Die Klägerin klagt gegen das Land NRW beim Arbeitsgericht E auf Versetzung weg vom Amtsgericht T. Kammertermin beim Arbeitsgericht ist am 15. November 2016.
Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört. Die Klägerin hat im Wesentlichen angegeben, sie könne beim Amtsgericht T wegen Mobbing nicht arbeiten. Ansonsten sei sie voll einsatzfähig. Sie würde am liebsten bei der Justiz weiterarbeiten. Sie würde aber eine andere Arbeit aufnehmen, wenn sie ein tolles Angebot bekomme, das ihr gut gefalle. Dann würde sie auch beim Land kündigen. Sie hätte jede Arbeitsstelle angenommen, auch als Putzfrau oder Schreibkraft. Dann hätte sie entschieden, ob sie beim Land kündige. Sie habe dem Arbeitsvermittler gesagt, daß sie auf jeden Fall arbeiten wolle. Sie habe nur nicht schon vorab beim Land kündigen wollen. Sie habe sich in eigener Initiative im Januar 2016 vergeblich auf eine Stelle als Renogehilfin beworben und sich auch um Putzstellen bemüht. Von der Beklagten habe sie keine Stellenangebote erhalten.
Ferner hat das Gericht den Arbeitsvermittler der Klägerin als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat im Wesentlichen bekundet, die Klägerin habe ihm am 18. November 2015 erklärt, sie stelle sich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Am 24. November 2015 habe die Klägerin erklärt, daß sie sich doch dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen wolle. Allerdings habe sie auch gesagt, daß, wenn ein Arbeitsangebot für sie da sei, sie dann prüfen und entscheiden müsse, ob sie ihre Arbeit beim Land kündige. Er habe sie mit Einschränkungen für verfügbar gehalten. Denn die Klägerin habe gesagt, daß sie den Arbeitgeber nur dann wechseln würde, wenn ihr der neue Arbeitsplatz gut gefalle und die Rahmenbedingungen passen würden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und Ausdrucke aus der elektronischen Akte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil ihr ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld zusteht.
Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet hat und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit und hat sich am 03. November 2015 arbeitslos gemeldet. Ab 24. November 2015 war die Klägerin dann auch arbeitslos.
Nach § 138 Abs. 1 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht.
Die Klägerin stand bereits ab 03. November 2015 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Sinne von § 138 Abs. 1 SGB III ist nämlich nicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im beitragsrechtlichen Sinne abzustellen, sondern es geht um das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne (vgl. Gagel/Hölzer Kommentar zum SGB III § 138 Nr. 31 ff mit Rechtsprechungsnachweisen). Dabei genügt für eine Beschäftigungslosigkeit bereits faktische Beschäftigungslosigkeit. Die Klägerin hat das Beschäftigungsverhältnis mit dem Land NRW faktisch dadurch beendet, daß sie das Direktionsrecht ihres Arbeitgebers nicht anerkennt und sich nicht beim Amtsgericht T einsetzen läßt (vgl. Gagel/Hölzer § 138 Rdnr. 44f mit Rechtsprechungsnachweisen).
Ferner stehen fehlende Eigenbemühungen dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Zum Einen hat sie glaubhaft bekundet, daß sie sich eigeninitiativ auf Stellen beworben hat. Zum Anderen sind Eigenbemühungen zur Auffassung der Kammer kein echtes Tatbestandsmerkmal, deren Fehlen ohne weiteres zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruchs führt. Eigenbemühungen sind zunächst nach § 37 SGB III zur konkretisieren. Fehlende Eigenbemühungen führen, wie § 159 Abs. 1 Nr. 3 SGB III zeigt, nicht zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruches, sondern allenfalls zu einer Sperrzeit.
Schließlich stand die Klägerin ab 24. November 2015 auch den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Gemäß § 138 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben kann und darf, den Vorschlägen der Agentur zur beruflichen Eingliederung Folge leisten kann, bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne von § 138 Abs. 5 Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
An der objektiven Verfügbarkeit der Klägerin bestehen keine Zweifel. Ab dem zweiten Gespräch mit dem Arbeitsvermittler bestand auch subjektive Verfügbarkeit; so hat auch der Arbeitsvermittler die Erklärung der Klägerin aufgefaßt. Nach der Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, daß die Klägerin ab 24. November 2015 tatsächlich subjektiv verfügbar ist. Es ist unschädlich, daß die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land nicht gekündigt hat und erst dann kündigen will, wenn sie eine anderweitige zumutbare Arbeit gefunden hat. Denn eine Arbeitslose muß nicht jede Stelle annehmen, sondern gemäß § 140 SGB III nur zumutbare. Dabei bestehen insbesondere in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit erhebliche Zumutbarkeitseinschränkungen. Es ist auch unschädlich, daß die Klägerin versucht, die Wiederaufnahme der Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber durch eine Versetzung zu erreichen. Die Kammer sieht dies vielmehr als Verpflichtung im Rahmen von Eigenbemühungen an (vgl. Gagel/Hölzer § 138 SGB III Rdnr. 45). Für die Zeit vor dem 24. November 2015 steht der Klägerin allerdings kein Arbeitslosengeld zu. In dieser Zeit war sie noch nicht verfügbar, weil sie sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung stellen wollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat die Kammer von einer Kostenquotelung abgesehen, weil die Klägerin mit ihrer Klage weitgehend durchgedrungen ist.
Erstellt am: 07.11.2016
Zuletzt verändert am: 07.11.2016