Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Antragsteller wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab dem 21.10.2016 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T aus E beigeordnet.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II) dem Grunde nach.
Streitig ist, ob der Antragsteller, der die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt, und ob ihm bejahendenfalls stattdessen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – (nachfolgend: SGB XII) zustehen.
Sowohl der am 20.09.2016 bei Gericht anhängig gemachte (nachfolgend teilweise sinngemäß, teilweise wörtlich wiedergegebene) Antrag,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Eilantrages (20.09.2016) bis zu einer bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache "Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe, zumindest vorläufig, zu gewähren",
den die Kammer hinsichtlich der Formulierung "zumindest vorläufig" als hilfsweise auf die vorläufige Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil – (nachfolgend: SGB I) bezogen auslegt, als auch der (sinngemäß) konkludent gestellte Hilfsantrag,
hilfsweise die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Eilantrages (20.09.2016) bis zu einer bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe,
haben keinen Erfolg.
Haupt- und Hilfsantrag sind jeweils als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Jedoch hat der Hauptantrag gegenüber dem Antragsgegner (1.) keinen Erfolg, da er zwar zulässig (1.1.) aber in der Sache unbegründet ist (1.2.). Der Hilfsantrag gegenüber der Beigeladenen ist bereits unzulässig (2.). Folglich war der Eilantrag insgesamt abzulehnen.
1. Zum Hauptantrag (Verpflichtung des Antragsgegners durch Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff. SGB II dem Grunde nach, hilfsweise zur vorläufigen Gewährung von vorläufigen Leistungen nach § 43 SGB I dem Grunde nach):
1.1. Die Kammer hat – auch – in Bezug auf das mit dem Hauptantrag gegenüber dem Antragsgegner verfolgte Eilrechtsschutzbegehren erwogen, dieses bereits als unzulässig anzusehen und zwar aufgrund des Prozesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG).
Dieses Prozesshindernis, das das Gericht von Amts wegen zu beachten hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 8), hätte sich aus der Rechtshängigkeit des am 02.09.2016 anhängig gemachten und damit älteren, gegen die Beigeladene des vorliegenden Eilverfahrens gerichteten Eilverfahrens des Antragstellers (Az.: S 43 SO 524/16 ER) ergeben können, die auch bei Beschlussfassung im vorliegenden Verfahren und damit im insoweit (jedenfalls für das erstinstanzliche Verfahren) maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 7b) noch vorlag. Dieses Prozesshindernis hätte dem vorliegenden Verfahren als jüngerem Verfahren entgegengestanden (Grundsatz der Priorität; vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 8).
Die Kammer ist zu dem Schluss gelangt, dass dieses Prozesshindernis auch unter Berücksichtigung der Vorschriften in § 75 Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 SGG grundsätzlich im Verhältnis zwischen zwei "parallel" geführten Klage- oder Eilverfahren gegen Beklagte/Antragsgegner, die prinzipiell alternativ als leistungspflichtige Sozialleistungsträger in Betracht kommen können, eingreifen kann (1.1.1.), dass es aber im konkret vorliegenden Fall nicht gegenüber dem Hauptantrag eingreift (1.1.2.) sondern nur gegenüber dem mit dem Hilfsantrag gegenüber der Beigeladenen verfolgten Eilrechtsschutzbegehren (auch dazu unter 1.1.1. sowie unter 2.).
Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
1.1.1. Wenn – wie hier – "parallel" zwei separate Klage- oder Eilverfahren gegen Beklagte/Antragsgegner geführt werden, die prinzipiell alternativ als leistungspflichtige Sozialleistungsträger in Betracht kommen können, wie dies bei den Leistungsträgern nach dem SGB II und nach dem SGB XII in Anbetracht der Abgrenzungsnormen in §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 Satz 1 SGB XII der Fall ist (vgl. zu dem erforderlichen Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen dem Anspruch gegen den Beklagten/Antragsgegner und dem Anspruch gegen den Beigeladenen Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 75 Rn. 12 und Rn. 18 m. w. N.), so stellt sich jeweils oder zumindest in einem der beiden Verfahren die Frage, ob eine Beiladung des anderen Sozialleistungsträgers nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG erforderlich ist und ggf. anschließend dessen Verurteilung bzw. Verpflichtung nach § 75 Abs. 5 SGG vorgenommen wird.
Die notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG und die anschließende Verurteilung/Verpflichtung des Beigeladenen sind dabei prinzipiell auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 75 Abs. 5 SGG analog möglich (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 75 Rn. 5 und Rn. 18b; Lowe in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK SozR, 39. Edition, Stand: 01.09.2015, § 75 Rn. 10).
Nach der Auffassung der Kammer, die insofern von der in dem Beiladungsbeschluss vom 06.10.2016 (dort S. 5) und dem Hinweis vom 02.11.2016 (in der korrigierten Fassung vom 07.11.2016) geäußerten vorläufigen Auffassung abweicht, gilt für das Verhältnis zwischen solchen Parallelverfahren folgendes:
Das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit steht der Zulässigkeit des jüngeren Verfahrens schon in Bezug auf die mit dem Hauptantrag betriebene Rechtsverfolgung gegenüber dem Beklagten/Antragsgegner dieses Verfahrens entgegen, wenn im Hinblick auf den Streitgegenstand des jüngeren Verfahrens im Verhältnis zwischen Kläger/Antragsteller und Beklagtem/Antragsgegner in dem anderen, älteren Verfahren in Anwekndung von § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG die "unechte" notwendige Beiladung dieses Beklagten/Antragsgegners als alternativ leistungspflichtig in Betracht kommender Sozialleistungsträger erforderlich ist, und wenn dort anschließend in Anwendung von § 75 Abs. 5 SGG dessen Verurteilung/Verpflichtung möglich ist (vgl. zum Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung darüber, ob eine Verurteilung/Verpflichtung nach § 75 Abs. 5 SGG erfolgt, die Ausführungen a. E. von 2.).
Nach Meinung der Kammer ist für dieses Ergebnis nicht von Belang, ob in dem älteren Verfahren eine Beiladung des Beklagten/Antragsgegners des jüngeren Verfahrens schon vorgenommen worden ist und – falls dies der Fall ist – ob dies vor oder nach Anhängigkeit des jüngeren Verfahrens oder vor und nach einer etwaigen Beiladung des dortigen Beklagten/Antragsgegners in dem jüngeren Verfahren geschehen ist geschehen ist. Auch ist unerheblich, ob diese Beiladung in dem älteren Verfahren auch nur vom Antragsteller angeregt worden ist. Ausreichend ist, dass der Antragsteller dort nicht ausdrücklich abgelehnt hat, dass ihm hilfsweise nach § 75 Abs. 5 SGG Leistungen des Beklagten/Antragsgegners des jüngeren Verfahrens zugesprochen werden (vgl. zu der Vermutung einer hilfsweisen Rechtsverfolgung gegenüber dem Beigeladenen BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 13) m. w. N.).
In solchen Fällen ist das jüngere Verfahren schon in Bezug auf die mit dem Hauptantrag betriebene Rechtsverfolgung gegenüber dem Beklagten/Antragsgegner unzulässig und eine "unechte" notwendige Beiladung des Beklagten/Antragsgegners des jüngeren Verfahrens nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG in dem älteren Verfahren erforderlich und dort ggf. anschließend nach § 75 Abs. 5 SGG zu verfahren.
Auf das vorliegende Verfahren bezogen bedeutet das, dass das Prozesshindernis bereits der Rechtsverfolgung gegenüber dem vorliegenden Antragsgegner und damit der Zulässigkeit des Eilantrags insgesamt entgegenstünde, wenn der Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren hinsichtlich des Hauptantrags gegenüber dem hiesigen Antragsgegner derselbe wäre wie der Streitgegenstand in dem Verfahren S 43 SO 524/16 ER bezüglich einer dortigen hilfsweisen Rechtsverfolgung gegenüber dem hiesigen Antragsgegner, der dort nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG entweder schon beigeladen oder zumindest zukünftig noch beizuladen wäre. Das Prozesshindernis würde der Zulässigkeit des Verfahrens daher insbesondere dann insgesamt entgegenstehen, wenn die Streitgegenstände der beiden Verfahren bezüglich der jeweiligen Haupt- und Hilfsrechtsschutzbegehren – mit Ausnahme eines umgedrehten Rangverhältnisses der Anträge bzw. Rechtsschutzbegehren – vollständig identisch wären.
Diese Konstellation hat die Kammer hier erwogen aber letztlich nicht annehmen können (dazu sogleich näher unter 1.1.2.).
Das Prozesshindernis steht in der beschriebenen prozessualen Lage zweier "paralleler" Verfahren hingegen der Zulässigkeit des jüngeren Verfahrens nur teilweise, nämlich nur im Hinblick auf eine hilfsweise Rechtsverfolgung gem. § 75 Abs. 5 SGG gegenüber einem nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG "unecht" notwendig beigeladenen oder beizuladenden anderen Leistungsträger, entgegen, wenn es sich insoweit um denselben Streitgegenstand handelt wie bei dem des älteren Verfahrens im Verhältnis zwischen dem dortigen Kläger/Antragsteller und dem dortigen Beklagten/Antragsgegner. In solchen Fällen ist das jüngere Verfahren (nur) im Hinblick auf das Hilfsrechtsschutzbegehren unzulässig und das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und -grundes gegenüber dem im jüngeren Verfahren nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG Beizuladenden/Beigeladenen allein in dem älteren Verfahren, in dem dieser Antragsgegner ist, sachlich zu prüfen und darüber zu entscheiden; nach § 75 Abs. 5 SGG darf dann in dem jüngeren Verfahren nicht verfahren werden.
Dies ist die hier vorliegende Konstellation (auch dazu sogleich, außerdem unter 2.).
Dabei ist das jüngere Verfahren im Sinne aller vorstehenden Ausführungen dasjenige, das später gegenüber dem jeweiligen Antragsgegner anhängig gemacht wurde; nicht maßgeblich sind das "Ob" und das "Wann" (der Zeitpunkt) einer Einbeziehung des jeweils alternativ in Betracht kommenden anderen Leistungsträgers durch Beiladung.
Nach Meinung der Kammer lässt sich aus folgenden Gründen den Zielsetzungen von § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG und von § 75 Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 SGG nur mit dem vorstehend beschriebenen Ansatz praktikabel und (zumindest weitgehend) widerspruchsfrei Rechnung tragen:
§ 75 Abs. 5 SGG bestimmt, dass einer der dort aufgeführten – auch in § 75 Abs. 2 SGG genannten – Leistungsträger verurteilt werden kann. Diese Norm erlaubt damit nicht jede Rechtsverfolgung gegen einen Beigeladenen ungeachtet der sonst erforderlichen Rechtsbehelfe. Ihrem Sinn und Zweck nach gibt die Vorschrift den Gerichten aus prozessökonomischen Gründen (nur) die Befugnis, anstelle des nicht passiv legitimierten (nicht zuständigen) verklagten den in Wahrheit leistungspflichtigen Träger nach Beiladung zu verurteilen, um einen neuen Rechtsstreit und die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden (vgl. z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2016 – L 7 SO 1741/12 – juris (Rn. 31) m. w. N.; BSG, Urteil vom 15.11.1979 – 11 RA 9/79 – BSGE 49, 143 = juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 13.07.2010 – B 8 SO 14/09 R – BSGE 106, 268 = juris (Rn. 12); vgl. zum Sinn und Zweck auch Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 6. Auflage 2012, Rn. 135).
Notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG und anschließende Verpflichtung des Beigeladenen sind dabei – wie bereits ausgeführt worden ist – auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 75 Abs. 5 SGG analog möglich. Dem liegt derselbe Zweck zugrunde.
Die Vermeidung mehrerer Verfahren und der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist zugleich Sinn und Zweck des Prozesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 7).
Das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit richtet sich wiederum nach dem Streitgegenstand und den Beteiligten. Maßgebend ist die Bindung nach § 141 Abs. 1 SGG (materielle Rechtskraft), die sich auch auf die Beigeladenen erstreckt. Maßgebendes Abgrenzungskriterium für die Sperrwirkung der anderweitigen Rechtshängigkeit ist, ob Entscheidung des ersten Prozesses die des zweiten überflüssig macht oder nicht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 7c; BSG, Urteil vom 19.08.2010 – B 14 AS 13/10 R – juris (Rn. 12)).
Auch Beschlüsse über Anträge gem. § 86b Abs. 1 SGG oder – wie hier – § 86b Abs. 2 SGG erwachsen, wenn kein Rechtsmittel mehr möglich ist, in formelle und materielle Rechtskraft, auch soweit es sich um ablehnende Entscheidungen handelt (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 19a und Rn. 44a; § 141 Rn. 5; § 142 Rn. 3b; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Rn. 40 m. w. N.).
Der u. a. in § 141 Satz 1 SGG in Bezug genommene Streitgegenstand ist dabei nach der herrschenden prozessualen Theorie der prozessuale Anspruch, nämlich das vom Kläger auf Grund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren der im Klageantrag bezeichneten Entscheidung (vgl. Keller a. a. O., § 95 Rn. 5) bzw. Klageantrag und Klagegrund im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.2013 – B 4 AS 12/12 R – juris). Der Streitgegenstand wird durch das im Klageantrag zum Ausdruck gekommene Rechtsfolgebegehren des Klägers bestimmt, das bei der – hier in der Hauptsache statthaften – kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG darauf gerichtet ist, den Verwaltungsakt, der den Kläger wegen objektiver Rechtswidrigkeit in seinen rechtlich geschützten Interessen nach seiner Behauptung verletzt, aufzuheben und eine bestimmte Leistung zuerkannt zu bekommen. Der Anfechtungsklage kommt in der Kombination der einheitlichen Klageart nach § 54 Abs. 4 SGG keine selbständige Bedeutung zu, da der Kläger in erster Linie die Zuerkennung der Leistung begehrt (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.1976 – 12 RKg 1/76 – juris (Rn. 13)). Bei einem Antrag nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist der Streitgegenstand die vorläufige Erweiterung einer Rechtsposition und das Gericht trifft eine endgültige Entscheidung über eine vorläufige Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Rn. 40, 44 m. w. N.).
Eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG steht sodann nicht im Ermessen des Gerichts sondern ist von Amts wegen vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen dafür – das "In-Betracht-kommen" eines Anspruchs gegen den anderen Leistungsträger bei Ablehnung des gegenüber dem Beklagten / Antragsgegner streitgegenständlichen Anspruchs – vorliegen (vgl. zum "Anspruch auf Beiladung" in allen Fällen der notwendigen Beiladung gem. § 75 Abs. 2 SGG und den Folgen ihrer Unterlassung Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 75 Rn. 13 ff., 14 und 15).
Die Kammer geht nicht zuletzt wegen dieser sich aus dem Prozessrecht in entsprechenden Fällen ergebenden Beiladungspflicht davon aus, dass eine "hilfsweise" Rechtsverfolgung gegenüber einem gem. § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG notwendig beizuladenden Leistungsträger im Hinblick auf § 75 Abs. 5 SGG auch ohne bzw. schon vor dem Zeitpunkt der Vornahme dieser Beiladung immer "automatisch" hilfsweise Streitgegenstand eines entsprechenden Verfahrens ist, weshalb sich z. B. hinreichende Erfolgsaussichten nicht ohne Berücksichtigung der erforderlichen Beiladung und der Verurteilungs- bzw. Verpflichtungsmöglichkeit des § 75 Abs. 5 SGG verneinen lassen (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2010 – L 1 B 34/09 AS – juris).
Eine Lage, in der nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG eine Pflicht zur Beiladung besteht, wird daher auch als "gesetzliche Klageerweiterung" bezeichnet (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.09.2011 – L 1 AL 70/11 B – juris (Rn. 5) m. w. N.; BSG, Urteil vom 02.11.2000 – B 11 AL 25/00 R – juris (Rn. 25) m. w. N.).
In den Fällen einer notwendigen "unechten" Beiladung ist damit nach Meinung der Kammer Streitgegenstand eines Klageverfahrens (Hauptsacheverfahrens) nicht nur im Verhältnis zu dem von dem Kläger im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten dessen angefochtener Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids, sondern "automatisch" auch die für das Verhältnis zu dem Beigeladenen/Beizuladenden maßgebende, den Kläger ebenfalls belastende Verwaltungsentscheidung.
Über die Verwaltungsentscheidung des Beigeladenen ist zu befinden, weil seine unmittelbare Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen dem Kläger und ihm keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2013 – B 3 KR 5/12 R – BSGE 113, 40 (Rn. 12; vgl. auch Rn. 55 ff.)).
Es ist wohl auch allgemein anerkannt, dass der Bescheid eines Beigeladenen, wenn er noch nicht bindend geworden ist, nach § 75 Abs. 5 SGG im Rahmen der Verurteilung des Beigeladenen aufgehoben werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.1982 – 11 RA 37/81 – juris (Rn. 38)). Die Kammer geht davon aus, dass insoweit nicht nur eine Kassationsbefugnis des Gerichts besteht, sondern eine Pflicht, wenn das Gericht nach § 75 Abs. 5 SGG eine Verurteilung vornimmt (so wohl auch BSG, Urteil vom 24.01.2013 – B 3 KR 5/12 R – a. a. O.).
Eine Entscheidung eines Sozialgerichts, mit der ein notwendig "unecht" beigeladener Leistungsträger zur Gewährung von Leistungen verurteilt wurde, ist daher auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich tenoriert worden ist, im Zweifel so zu verstehen, dass eine entgegenstehende Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen inzident mit aufgehoben wurde (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18.04.2011 – L 20 SO 78/10 – juris (Rn. 54)).
Die Kammer geht nach alledem davon aus, dass ein ablehnender Bescheid des notwendig Beigeladenen oder Beizuladenden "automatisch" in dem Moment Teil des Streitgegenstands der hilfsweisen Rechtsverfolgung gegenüber dem Beigeladenen/Beizuladenden in einem bereits anhängigen Klageverfahren gegen den vom Kläger vorrangig in Anspruch genommenen, verklagten Leistungsträger wird, in dem das Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist und daher "normalerweise" – wenn die Konstellation der Beiladungspflicht in einem bereits rechtshängigen Verfahren nicht bestünde – eine separate Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid des Beigeladenen/Beizuladenden in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu erheben wäre. Der bis dahin zunächst als isoliertes Leistungsbegehren anhängige hilfsweise Streitgegenstand der Rechtsverfolgung gegenüber dem Beigeladenen/Beizuladenden wandelt sich in diesem Moment in ein kombiniertes Anfechtungs- und Leistungsbegehren. Zur Klarstellung kann es sich für den Kläger anbieten, den Ausgangsbescheid des Beigeladenen/Beizuladenden in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ausdrücklich durch entsprechende Neufassung seines Hilfsantrags in das anhängige Verfahren einzubeziehen und nun für den Fall, dass eine Beiladung noch nicht erfolgt sein sollte, verstärkt auf deren Vornahme hinzuwirken. Auf diese und ihren Zeitpunkt kommt es aber nach Auffassung der hier erkennenden Kammer letztlich nicht an.
Die Kammer geht nach alledem auch davon aus, dass im Falle eines bereits anhängigen Klageverfahrens gegen einen Leistungsträger ein anschließend ergehender und/oder im Widerspruchsverfahren aufrecht erhaltener Bescheid des notwendig nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG beigeladenen/beizuladenden anderen Leistungsträgers wegen der beschriebenen "gesetzlichen Klageerweiterung" und der beschriebenen automatischen Einbeziehung in ein solches Verfahren nicht bestandskräftig und nach § 77 SGG bindend werden kann.
Ferner geht sie davon aus, dass eine separate Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den beigeladenen/beizuladenden anderen Leistungsträger in einem solchen Fall "unnötig" und wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstands in dem früher anhängig gemachten Verfahren, in dem die Beiladung erfolgt ist oder noch erfolgen muss, unzulässig ist (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.09.2011 – L 1 AL 70/11 B – juris (Rn. 6) m. w. N.; so wohl tendenziell auch (bzw. dies zumindest in Betracht ziehend) LSG NRW, Beschluss vom 18.09.2013 – L 9 SO 192/13 – juris (insbes. Rn. 4) m. w. N. (auch zu anderen Lösungsansätzen; vgl. dort auch Rn. 7) und BSG, Urteil vom 29.03.2001 – B 7 AL 14/00 R – juris (Rn. 14) sowie BSG, Urteil vom 19.08.2010 – B 14 AS 13/10 R – juris (Rn. 12); so wohl auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 7c).
Die spätere Rücknahme einer gleichwohl erhobenen, nach diesem Ansatz unnötigen und unzulässigen separaten Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Beigeladenen/Beizuladenden führt demnach ebenfalls nicht dazu, dass dessen Bescheid nun bestandskräftig würde, denn er bleibt ja Gegenstand des Verfahrens gegen den anderen Leistungsträger im Rahmen des dortigen hilfsweisen Rechtsschutzbegehrens.
Für einstweilige Rechtsschutzverfahren gem. § 86b Abs. 1 SGG oder – wie hier – § 86b Abs. 2 SGG gilt nach Auffassung der Kammer sinngemäß dasselbe, wobei sich im Rahmen von § 86b Abs. 2 SGG freilich nicht das Problem stellt, dass Bescheide des Beigeladenen einbezogen werden müssten, um deren Bestandskraft zu verhindern.
Umgekehrt geht die Kammer genauso davon aus, dass dann, wenn – wie es im vorliegenden Fall vom zeitlichen Ablauf her ist – zuerst ein Klageverfahren oder ein Eilverfahren direkt gegen einen Leistungsträger anhängig gemacht worden ist und erst später ein Verfahren anhängig gemacht wird, in dem dieser Träger nach Maßgabe von § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG notwendig beizuladen ist, die Rechtshängigkeit des älteren Verfahrens einer Verurteilung oder – im Eilverfahren – Verpflichtung des Beigeladenen/Beizuladenden nach § 75 Abs. 5 SGG entgegensteht. Nur dies erscheint der Kammer konsequent und praktikabel.
Zwar scheint in der Rechtsprechung grundsätzlich weitgehend anerkannt zu sein, dass die Rechtshängigkeit einer gegen einen Bescheid des Beigeladenen erhobenen (älteren) "weiteren Klage" kein Hindernis für eine Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG bildet. Nach diesem Ansatz sage das SGG zwar nichts darüber, ob auch in einem solchen Falle ein Beigeladener nach § 75 Abs. 5 SGG verurteilt werden darf. Dies ergebe sich jedoch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die nicht bloß einen neuen Rechtsstreit, sondern vor allem die Gefahr widersprechender Entscheidungen vermeiden soll. Deshalb könne eine schon anderweitige Rechtshängigkeit der Verurteilung des Beigeladenen nicht entgegenstehen; die anderweitige Rechtshängigkeit werde dann mit der Verurteilung gegenstandslos (vgl. grundlegend BSG, Urteil vom 19.05.1982 – 11 RA 37/81 – juris (Rn. 38); vgl. ferner BSG, Urteil vom 24.05.1984 – 7 RAr 15/82 – BSGE 57, 1 = juris (Rn. 20); BSG, Urteil vom 15.11.2012 – B 8 SO 3/11 R – juris (Rn. 13); BSG, Urteil vom 27.08.2011 – B 4 AS 1/10 R – juris (Rn. 15); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2016 – L 7 SO 1741/12 – juris (Rn. 35) m. w. N.; LSG NRW, Beschluss vom 26.02.2013 – L 9 SO 437/12 B – juris (Rn. 5); so wohl auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 75 Rn. 12 und Rn. 18b).
Diesen Ansatz hält die Kammer aber nicht für überzeugend. Das gilt insbesondere für die Annahme eines "Gegenstandslos-Werdens" des (älteren) Klageverfahrens – wobei die Kammer davon ausgeht, dass nicht jede Entscheidung auf der Grundlage von § 75 Abs. 5 SGG ein "Gegenstandslos-Werden" des Klageverfahrens zur Folge haben soll sondern erst eine rechtskräftige Entscheidung.
Wie bereits dargelegt worden ist, sind die Vermeidung mehrerer Gerichtsverfahren und die Vermeidung der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen sowohl Sinn und Zweck des Prozesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit als auch Sinn und Zweck von § 75 Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 SGG. Sowohl zusätzliche Verfahren als auch und insbesondere einander widersprechende Entscheidungen lassen sich aber nur durch die konsequente Annahme der Zulässigkeit eines einzigen Klage- oder Eilverfahrens zuverlässig vermeiden. Der oben dargestellte Ansatz führt demgegenüber zu einem "Nebeneinanderher-Arbeiten" mehrerer Gerichte, u. a. zu doppelter Amtsermittlung. Letztlich würde nach dem "Windhundprinzip" verfahren. Es würde nicht von eindeutigen, für die Beteiligten berechenbaren Kriterien sondern allein vom Zufall abhängen, welcher Spruchkörper nach welchen Kriterien zuerst (rechtskräftig) über den in zwei Verfahren bzw. Instanzenzügen (in dem einem hauptsächlich, in dem anderen hilfsweise) rechtshängigen Streitgegenstand entscheidet. Bis zur Rechtskraft einer Entscheidung würde es ggf. mehrere einander widersprechende Entscheidungen geben.
Insbesondere in einem potentiell drei Instanzen durchlaufenden Hauptsacheverfahren wäre die Phase der Unklarheit sehr lang.
Und in Eilverfahren lassen sich auch andere Lösungsansätze für den Konflikt zwischen zwei parallel rechtshängigen Verfahren wie eine Aussetzung nach § 114 Abs. 1 Satz 2 SGG oder eine Ruhensanordnung gem. § 202 SGG i. V. m. § 251 ZPO (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 18.09.2013 – L 9 SO 192/13 – juris (Rn. 7)) nicht anwenden.
Zudem liegt es generell nicht auf der Hand, dass gerade das ältere Verfahren im Hinblick auf eine neueres Verfahren auszusetzen oder ruhend zu stellen sein sollte.
Dem Interesse der Beteiligten und der Allgemeinheit an Rechtssicherheit würde mit dem Ansatz der herrschenden Meinung weder in Hauptsache- noch in Eilverfahren hinreichend Rechnung getragen.
Dies gilt nicht nur aber insbesondere dann, wenn nicht nur – wie im Ergebnis hier (s. u. bei 1.1.2.) – in einem Verfahren, gewissermaßen in "einer Richtung" eine Beiladung erforderlich ist sondern – anders als hier – wechselseitige Beiladungen in beiden Verfahren erforderlich sind.
Es spricht daher nach Meinung der Kammer nach alledem mehr dafür, dass auch bei dieser zeitlichen Abfolge nur das früher anhängige Verfahren zulässig ist, ohne, dass es auf das "Ob" und das "Wann" einer Beiladung in dem einen oder dem anderen Verfahren ankommt (dies dürfte tendenziell auch aus den o. g. Entscheidungen des LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 30.09.2011 – L 1 AL 70/11 B – juris) und des LSG NRW (Beschluss vom 18.09.2013 – L 9 SO 192/13 – juris) abzuleiten sein).
Der Kläger/Antragsteller kann seinem Interesse, in dem – insgesamt – jüngeren Verfahren gem. § 75 Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 SGG Rechtsschutz zu beiden Streitgegenständen (Haupt- und Hilfsantrag) und Beteiligten "aus einer Hand" zu erhalten, selbst dadurch zur Geltung verhelfen, dass er seine ältere Klage bzw. seinen älteren Eilantrag zurücknimmt.
Negative Konsequenzen sind damit auch bei Klageverfahren nicht verbunden, da – wie weiter oben ausgeführt worden ist – die Rechtshängigkeit in einem Verfahren, in dem eine notwendige Beiladung erforderlich ist, auch die Bescheide des Beigeladenen/Beizuladenden erfasst und diese auch im Falle einer in dem älteren Verfahren erklärten Klagerücknahme nicht bestandskräftig werden können.
Solange der Antragsteller aber den Zustand doppelter Rechtshängigkeit aufrechterhält, ist er insofern nicht schutzbedürftig und ist nur in dem älteren Verfahren und nicht auch in dem jüngeren Verfahren über die gegen den Beigeladenen/Beizuladenden des jüngeren Verfahrens gerichteten Ansprüche zu befinden.
Das gilt insbesondere in Eilverfahren nach 86b Abs. 2 SGG wie dem hier vorliegenden, in denen Bescheide ohnehin nicht unmittelbar Streitgegenstand sind und in denen die Rücknahme eines Eilantrags ohnehin – auch bei anderer Sichtweise als der oben dargestellten der Kammer – nicht zum Eintritt der Bestandskraft führen kann.
1.1.2. Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich aus dem vorstehend beschriebenen und begründeten Ansatz folgendes:
Im Ergebnis liegt in Bezug auf das mit dem Hauptantrag gegenüber dem Antragsgegner verfolgte Eilrechtsschutzbegehren keine anderweitige Rechtshängigkeit in dem älteren Verfahren S 43 SO 524/16 ER vor, so dass hier die eingangs beschriebene erste Konstellation nicht vorliegt. Haupt- und Hilfsanträge sind in den beiden Verfahren nicht insgesamt – mit Ausnahme eines umgedrehten Rangverhältnisses der Anträge bzw. Rechtsschutzbegehren – identisch. Anderweitige Rechtshängigkeit besteht nur bzgl. des hiesigen Hilfsantrags (dazu unter 2.).
Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist allerdings – zum einen – im Verhältnis zu dem von dem Antragsteller mit dem Hauptantrag in Anspruch genommenen Antragsgegner eine vorläufige Regelung in Bezug auf den möglichen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II und – zum anderen, hilfsweise – im Verhältnis zu der Beigeladenen eine vorläufige Regelung in Bezug auf den möglichen Anspruch auf Leistungen nach §§ 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, 27 ff. SGB XII, da hier insoweit ein Fall einer notwendigen Beiladung vorliegt.
In den Gründen des Beiladungsbeschlusses hatte die Kammer insofern folgendes ausgeführt:
"Die Beiladung beruht vor diesem Hintergrund auf § 75 Abs. 2 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht geht davon aus, dass ein Fall einer "unechten" notwendigen Beiladung des örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG vorliegt.
§ 75 Abs. 2 SGG lautet:
"Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.
Hier liegen die Voraussetzungen der 2. Alternative von § 75 Abs. 5 SGG (In-Betracht-kommen eines Anspruchs gegen den Sozialhilfeträger bei Ablehnung des streitgegenständlichen Anspruchs) vor.
Ein solcher Anspruch kommt "in Betracht", weil nach der Rechtsauffassung des 4. und des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), wie sie sich den Urteilen vom 03.12.2015 (Az.: B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R), vom 16.12.2015 (Az.: B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (Az.: B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (Az.: B 4 AS 24/14 R) und vom 17.03.2015 (Az.: B 4 AS 32/15 R) entnehmen lässt, zumindest ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, ggf. aber auch aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null ein (quasi) gebundener Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII i. V. m. §§ 27 ff. SGB XII, gegen die Beigeladene als insoweit örtlich und sachlich zuständigen Leistungsträger bestehen dürfte, wenn der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II hier anwendbar sein sollte – was davon abhängt, ob der Antragsteller sich im vorliegend streitigen Zeitraum ab Rechtshängigkeit des Eilantrages (20.09.2016) entweder nur aus dem Grund der Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) oder "grundlos" (formell rechtmäßig aber ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung) in Deutschland aufhält, sich also nicht auf einen anderen Aufenthaltsgrund nach dem FreizügG/EU berufen kann.
Ein Anspruch kommt dabei nicht erst dann i. S. d. eine notwendige Beiladung gebietenden Norm des § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG "in Betracht", wenn feststeht, dass er besteht, oder wenn eine Prognose einen bestimmten Grad der Wahrscheinlichkeit ergibt; als leistungspflichtig in Betracht kommt vielmehr derjenige, gegen den sich nach der Sach- und Rechtslage die ernsthafte Möglichkeit eines Leistungsanspruchs des Klägers abzeichnet (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 08.12.1988 – 2 RU 15/88 – juris (Rn. 18); Michael Fock in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 5).
Die Kammer geht ferner vorsorglich davon aus, dass es insofern nicht allein auf ihre Auffassung ankommt, sondern dass es ausreicht, dass die beiden für das Rechtsgebiet des SGB II zuständigen Fachsenate des BSG die o. g. Auffassung zu den Folgen der Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vertreten."
An diesen Ausführungen hält die Kammer fest.
Die Kammer geht nach wie vor davon aus, dass hier die Voraussetzungen für eine notwendige "unechte" Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG vorlagen. Die in diesem Verhältnis bestehende anderweitige Rechtshängigkeit (dazu unter 1.1.1. und 2.) steht nicht schon der Beiladung entgegen sondern allein der anschließenden Verurteilung/Verpflichtung nach § 75 Abs. 5 SGG. Dass hier trotz anderweitiger Rechtshängigkeit ein Anspruch gegenüber der Beigeladenen i. S. d. § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG "in Betracht kam", folgt schon daraus, dass es jederzeit möglich war, dass der Antragsteller seinen Eilantrag in dem Parallelverfahren S 43 SO 524/16 ER zurücknimmt, wodurch das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit nachträglich entfallen und der vorliegende Hilfsantrag zulässig geworden wäre (vgl. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 7b).
Dieser danach hier hilfsweise anhängige Streitgegenstand ist zugleich Hauptstreitgegenstand des älteren Verfahrens S 43 SO 524/16 ER, da dieses unmittelbar auf einstweilige Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Gewährung von Leistungen nach den § 23 Abs. 1 Satz 3, 27 ff. SGB XII gerichtet ist (dazu näher unter 2.).
Der Streitgegenstand des älteren Verfahrens S 43 SO 524/16 ER beinhaltet aber seinerseits nicht "spiegelbildlich" hilfsweise den Hauptstreitgegenstand des vorliegenden jüngeren Verfahrens im Verhältnis zwischen dem hiesigen Antragsteller und dem hiesigen Antragsgegner.
Denn nach Meinung der Kammer ist in dem anderen, älteren Verfahren nicht in Anwendung von § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG die "unechte" notwendige Beiladung des hiesigen Antragsgegners als alternativ leistungspflichtig in Betracht kommender Sozialleistungsträger erforderlich. Ein Anspruch gegen den hiesigen Antragsgegner kommt nicht i. S. v. § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG "in Betracht".
Als leistungspflichtig kommt – wie erwähnt – derjenige in Betracht, gegen den sich nach der Sach- und Rechtslage die ernsthafte Möglichkeit eines Leistungsanspruchs des Klägers abzeichnet (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 08.12.1988 – 2 RU 15/88 – juris (Rn. 18); Michael Fock in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 5).
Dies ist hier in Bezug auf den Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens nicht der Fall, da es hier keinen einzigen konkreten Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Antragsteller sich auf einen anderen Aufenthaltsgrund nach dem FreizügG/EU oder ein anderes Aufenthaltsrecht berufen kann als (allenfalls) auf eine Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU), und dass daher § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keine Anwendung finden könnte (dazu im Einzelnen unter 1.2.).
Für einen Leistungsanspruch nach den §§ 19 ff. SGB II besteht daher keine "ernsthafte Möglichkeit".
Die 43. Kammer hat dementsprechend in dem dortigen Verfahren keinen Anlass und keine Pflicht, den hiesigen Antragsgegner nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG beizuladen und ggf. nach § 75 Abs. 5 SGG zu verpflichten. Und mangels Beiladungspflicht ist dort eine hilfsweise Rechtsverfolgung gegenüber dem hiesigen Antragsgegner nicht "automatisch" Streitgegenstand (keine "gesetzliche Klageerweiterung", s. o.).
1.2. Der danach im Ergebnis zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).
Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).
Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 25)). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 26); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 29, 29a).
Der Antragsteller hat nach diesem Maßstab vorliegend keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es kann dahinstehen, ob er die Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-4 SGB II erfüllt, denn er ist jedenfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II werden Ausländerinnen und Ausländer einschließlich ihrer Familienangehörigen aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
Das Aufenthaltsrecht aus dem Grund der Arbeitssuche ist heute in § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in der seit dem 09.12.2014 geltenden Fassung des "Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften" vom 02.12.2014 (BGBl I, 1922) geregelt; "unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind" danach "Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden" (zuvor war es in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU a. F. geregelt: "Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt" waren danach "Unionsbürger, die sich ( ) zur Arbeitssuche ( ) aufhalten wollen").
Die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfordert eine ("fiktive") Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum (weiterhin) bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU, welches die Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern nach dem AEUV i. V. m. der Unionsbürgerrichtlinie vom 29.04.2004 (RL 2004/38/EG) in nationales Recht umsetzt, bzw. eines Aufenthaltsrechts nach den gem. § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU ("Das Aufenthaltsgesetz findet auch dann Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als dieses Gesetz.") – im Wege eines Günstigkeitsvergleichs – anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem Zweck der Arbeitsuche hindert sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. lässt den Leistungsausschluss "von vornherein" entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 27) m. w. N.; vgl. ferner BSG, Vorlage-Beschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R – juris (Rn. 15); BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 22 ff.) ; LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2015 – L 19 AS 1260/15 B ER – juris (Rn. 21); LSG NRW, Beschluss vom 06.07.2015 – L 19 AS 931/15 B ER – juris (Rn. 21); LSG NRW, Urteil vom 01.06.2015 – L 19 AS 1923/14 – juris (Rn. 39) m. w. N.).
Soweit Aufenthaltsrechte nach § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. den Vorschriften des AufenthG zu prüfen sind, ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.01.2013, a. a. O.; siehe auch VG Gießen, Urteil vom 16.04.2013 – 7 K 4111/11.GI – juris mit Wiedergabe des Meinungsstandes zur Bedeutung von § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU im Verhältnis zu den Aufenthaltsrechten nach dem FreizügG/EU) unerheblich, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erteilt worden ist. Entscheidend ist, ob ein solcher Titel zu erteilen wäre (vgl. LSG NRW, Urteil vom 01.06.2015 – L 19 AS 1923/14 – juris (Rn. 39)). Es kommt insoweit auf das Vorliegen der – unionsrechtlich nicht modifizierten – Erteilungsvoraussetzungen an (vgl. VG Gießen a. a. O.; Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 FreizügG/EU Rn. 36). Zudem tendiert die Kammer dazu, dass im Rahmen des "Günstigkeitsvergleichs" kein abstrakter Vergleich vorzunehmen ist (wonach ein Status als Unionsbürger oder Familienangehöriger eines Unionsbürgers wohl grundsätzlich bzw. typischerweise / überwiegend günstiger wäre), sondern ein konkreter Vergleich im Hinblick auf die konkret in Rede stehenden sozialleistungsrechtlichen Auswirkungen (vgl. zu dieser Problematik u. a. VG Gießen a. a. O. (Rn. 17) m. w. N.).
Ein anderes Aufenthaltsrecht i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II kann sich zudem nicht nur aus § 2 FreizügG/EU oder aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. Vorschriften des AufenthG ergeben sondern auch in einem – eigenständigen oder abgeleiteten – Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO (EU) 492/2011; vormals: Art 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (VO 1612/68)) bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 27, 29-35); LSG NRW, Beschluss vom 16.03.2015 – L 19 AS 275/15 B ER – juris m. w. N.; vgl. hierzu auch ausführlich den Beschluss der erkennenden Kammer vom 20.07.2016 – S 32 AS 3037/16 ER – juris).
Über den wörtlich geregelten Fall hinaus umfasst der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II "erst recht" diejenigen Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (EU-Ausländer) und überhaupt nicht über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügen, also nicht einmal über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung aus dem Zweck der Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU (vgl. BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – juris (Rn. 24) m. w. N.; BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 19 ff.) m. w. N.). Die Kammer hat ihre frühere insoweit abweichende Auffassung, nach der ein solcher "Erst-Recht-Schluss" nicht zulässig sei (vgl. hierzu u. a. das Urteil der Kammer vom 14.04.2014 – S 32 AS 4882/12 – juris), aufgegeben, da sie die Ausführungen des BSG zu dieser Frage im Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 19 ff.) für überzeugend hält (vgl. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 18.04.2016 – S 32 AS 380/16 ER – juris (Rn. 41 f.)).
Nach diesem Maßstab ist vorliegend für den streitigen Zeitraum ab Rechtshängigkeit des Eilantrags nur ein Aufenthaltsrecht allein (oder nicht einmal) aus dem Zweck der Arbeitssuche i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU n. F. positiv festzustellen, weil sich kein anderes materielles Aufenthaltsrecht feststellen lässt. Der Antragsteller fällt damit vom Wortlaut her (oder "erst recht") in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses.
Der Antragsteller verfügt – entgegen den offenbar vollkommen "ins Blaue hinein" erfolgten Andeutungen des Bevollmächtigten in der Antragsschrift vom 19.09.2016 darüber, dass "wohl, soweit ersichtlich, eine hinreichend umfangreiche Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden" sei – nicht über einen Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU, auch nicht "fortwirkend" nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU.
Auch die anderen in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU geregelten Aufenthaltsrechtsvarianten liegen nicht vor.
Ein Aufenthalt zur Berufsausbildung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU n. F. bzw. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 FreizügG/EU a. F.) ist nicht gegeben. Auch der Aufenthaltsgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU (ggf. i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 FreizügG/EU) liegt nicht vor. Ferner ist der Antragsteller weder Erbringer (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU) noch Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU).
Auch über ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU als nicht erwerbstätiger Unionsbürger verfügt er nicht. Hierfür fehlt es jedenfalls an ausreichenden Existenzmitteln. Der Antragsteller verfügt – wie das vorliegende Eilverfahren belegt – nicht über Existenzmittel, die sicherstellen würden, dass er die "Sozialhilfe" des Aufnahmemitgliedstaats Deutschland nicht in Anspruch nehmen muss (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 21)). Da hier nicht die Voraussetzungen einer Verlustfeststellung gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU oder § 6 FreizügG/EU in Bezug auf die Freizügigkeitsberechtigung zu prüfen sind, sondern die Voraussetzungen von § 4 FreizügG/EU als einem möglichen anderen materiellen Aufenthaltsrecht als dem zur Arbeitssuche mit der Folge eines Leistungsanspruchs nach dem SGB II, kommt es nach Auffassung der Kammer hier nicht darauf an, ob eine "unangemessene" Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen vorliegt oder ob eine Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts hier rechtmäßig gewesen wäre, insbesondere dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügt hätte (vgl. hierzu – im Kontext einer Verlustfeststellung gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU – BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 21)). Dass der Antragsteller nicht über ausreichende Existenzmittel im hier relevanten Sinn verfügt, zeigt sich vielmehr bereits daran, dass er – jedenfalls nach seinem hier als zutreffend unterstellten Vortrag – über keinerlei Einkommen verfügt und hilfebedürftig i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 9 SGB II ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 31); vgl. ferner Thym, NJW 2015, 130 (132)).
Auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 FreizügG/EU (Familiennachzug) ergibt sich kein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht. Die mit dem Antragsteller in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Frau O, die offenbar über einen Arbeitnehmerstatus verfügt, ist nicht mit dem Antragsteller verheiratet und daher nicht seine Familienangehörige i. S. d. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU.
Ferner liegt schon angesichts des Einreisezeitpunkts (am 09.11.2015 erfolgte die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt mit der Angabe eines Zuzugs am 23.10.2015, vgl. Bl. 64, 112 der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (VV)) im streitigen Zeitraum auch noch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. § 4a FreizügG/EU vor, unabhängig von der Frage, ob der Aufenthalt durchgehend "rechtmäßig" i. S. v. § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU war (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 16 ff.); BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – 10 C 8/12 – juris (Rn. 16); EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C 424/10 u. a. "Ziolkowski u. a." – juris).
Ein Aufenthaltsrecht ergibt sich auch nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. §§ 27, 28 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen) oder aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) (vgl. zu derartigen Fällen LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 – L 12 AS 1858/12 B ER, L 12 AS 1859/12 B – juris; BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 31 ff.)).
Schließlich ergeben sich auch aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union keine originären oder abgeleiteten Aufenthaltsrechte für den Antragsteller.
Die Kammer kann daher kein anderes Aufenthaltsrecht positiv feststellen und der Antragsteller fällt somit entweder vom Wortlaut her oder "erst recht" in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses.
Das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) steht dem nicht entgegen. Denn das EFA ist schon nach seinem persönlichen Anwendungsbereich nicht einschlägig, weil der Antragsteller bulgarischer Staatsangehöriger und Bulgarien nicht Signatarstaat dieses Abkommens ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – juris (Rn. 30); vgl. ferner BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 15 ff.), auch zu dem von der Bundesregierung erklärten Vorbehalt).
Auch steht vorrangiges Recht der Europäischen Union (EU) dem nicht entgegen. Ein Leistungsausschluss wie der gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt nach der für die Kammer als nationales Gericht bindenden Auslegung des Europarechts durch den EuGH (a. A. offenbar SG Mainz, Beschluss vom 12.11.2015 – S 12 AS 946/15 ER – juris (Rn. 41 ff.)) nicht gegen EU-Recht (vgl. EuGH, Urteil vom 15.09.2015 – C-67/14 "Alimanovic" – juris; EuGH, Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13 "Dano" – juris; vgl. ferner zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II EuGH, Urteil vom 25.02.2016 – C-299/14 "Garcia-Nieto" – juris). Die Kammer hat ihre frühere hiervon abweichende Rechtsauffassung, dass der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 VO (EG) 883/2004 verstößt und nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG gedeckt ist (vgl. hierzu z. B. das Urteil der Kammer vom 14.04.2014 – S 32 AS 4882/12 – juris), bereits im Beschluss vom 18.04.2016 – S 32 AS 380/16 ER – ausdrücklich aufgegeben.
Dem Antragsteller steht damit kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II dem Grunde nach zu.
Nachdem das BSG und der EuGH über die streitigen Fragen entschieden haben und ein "passendes" Verfahren bei dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) derzeit nicht anhängig ist, kann auch nicht ein mit dem streitigen Anspruch auf endgültige Leistungen nach dem SGB II im Wesentlichen inhaltsgleicher, im Falle einer Ermessensreduzierung "auf Null" möglicher Anspruch auf vorläufige Leistungen aus § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung vom 21.07.2014) i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 SGB III oder der Nachfolgeregelung, § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 oder 2 SGB II in der seit dem 01.08.2016 geltenden Fassung vom 26.07.2016, als Grundlage für eine Verpflichtung des Antragsgegners herangezogen werden.
Der Vorlagebeschluss des SG Mainz vom 18.04.2016 – S 3 AS 149/16 – juris hat zwar dazu geführt, dass derzeit ein Verfahren in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bei dem BVerfG anhängig ist, wie es § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II n. F. / § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III voraussetzen. Jedoch kann sich der Kläger in dem dortigen Fall nicht auf eine materielle oder wenigstens formelle Freizügigkeitsberechtigung als EU-Bürger nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU berufen bzw. er fällt von vornherein nicht unter den durch § 1 FreizügG/EU definierten Anwendungsbereich des FreizügG/EU, da er weder Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union (Unionsbürger) noch ein Familienangehöriger eines/r solchen ist. Vielmehr ist er Angehöriger eines Drittstaats und Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 AufenthG. Dabei handelt es sich zwar wohl wie bei § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU um ein "Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Jedoch ist die aufenthaltsrechtliche Situation insofern eine grundlegend andere, so dass sich jedenfalls zum Teil andere verfassungsrechtliche Fragen stellen (vgl. in diesem Zusammenhang auch – insbesondere zu den Unterschieden zwischen der "privatisierten" Unionsbürgerfreizügigkeit und der klassischen aufenthaltsrechtlichen Zugangssteuerung – Thym, "Sozialhilfe für erwerbsfähige Unionsbürger – Das Bundessozialgericht auf Umwegen", NZS 2016, 441 ff.). Es ist aus Sicht der Kammer nicht zu erwarten, dass die Entscheidung des BVerfG in dem o. g. konkreten Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf Unionsbürger bei gleichzeitigem Fehlen eines anderweitigen Anspruchs auf existenzsichernde Sozialleistungen klären wird (vgl. hierzu bereits den Beschluss der Kammer vom 20.07.2016 – S 32 AS 3037/16 ER – juris (Rn. 62 f.)).
Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, bei vollständig geklärter Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II den Antragsgegner als erstangegangenen Träger zur Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 43 SGB I i. V. m. den §§ 19 ff. SGB II zu verpflichten (vgl. einerseits die § 43 SGB I sehr großzügig anwendende Rechtsprechung des 7. Senats des LSG NRW, u. a. die Beschlüsse vom 16.12.2015 – L 7 AS 1466/15 B ER – juris, vom 17.12.2015 – L 7 AS 1711/15 B ER – juris und vom 02.06.2016 – L 7 AS 955/16 B ER – juris; vgl. andererseits die beachtliche Kritik des 2. Senats des LSG NRW im Beschluss vom 02.11.2016 – L 2 AS 1741/16 B ER – juris).
Hier kommt dabei noch hinzu, dass im vorliegenden Fall nicht der Antragsgegner erstangegangener Träger sein dürfte, sondern die Beigeladene als Sozialhilfeträger. Denn der hier mit dem als erneuter Ablehnungsbescheid auszulegenden Schreiben vom 12.09.2016 abgelehnte erneute SGB II-Leistungsantrag des Antragstellers vom 07.09.2016 (Bl. 176 VV) liegt zeitlich nach der ersten Vorsprache/Antragstellung bei dem Sozialamt, die am 14.04.2016 erfolgte (Bl. 114 VV).
2. Zum Hilfsantrag (Verpflichtung der Beigeladenen durch Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur vorläufigen Gewährung von Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII dem Grunde nach):
Dieser Hilfsantrag ist wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig.
Dieses Prozesshindernis, das das Gericht – wie bereits erwähnt – von Amts wegen zu beachten hat (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 8), ergibt sich aus der Rechtshängigkeit des am 02.09.2016 anhängig gemachten und damit älteren, gegen die Beigeladene des vorliegenden Eilverfahrens gerichteten Eilverfahrens des Antragstellers (Az.: S 43 SO 524/16 ER), die auch bei Beschlussfassung im vorliegenden Verfahren und damit im insoweit (jedenfalls für das erstinstanzliche Verfahren) maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 7b) noch vorlag. Der Antragsteller hat diesen Antrag in Kenntnis der Problematik einer möglicherweise aus seiner Rechtshängigkeit folgenden Unzulässigkeit der hilfsweisen Rechtsverfolgung gegenüber der Beigeladenen nicht zurückgenommen.
Denn die Entscheidung in dem älteren Verfahren S 43 SO 524/16 ER betrifft insoweit denselben Streitgegenstand – eine vorläufige Regelung bzgl. eines möglichen Anspruchs des Antragstellers nach §§ 23 Abs. 1 Satz 3, 27 ff. SGB XII gegenüber dem Sozialhilfeträger – und würde Rechtskraftwirkung gegenüber dem hiesigen Beigeladenen besitzen. Dort ist dies Streitgegenstand im Verhältnis zu der Antragsgegnerin, hier ist dies hilfsweise Streitgegenstand im Verhältnis zu der Beigeladenen.
Die Entscheidung im Verfahren S 43 SO 524/16 ER würde die Entscheidung in dem vorliegenden, bzgl. dieses Streitgegenstands zweiten Eilverfahren überflüssig machen (vgl. zu dieser Überlegung erneut Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 94 Rn. 7c; BSG, Urteil vom 19.08.2010 – B 14 AS 13/10 R – juris (Rn. 12)).
Damit ist nach der Auffassung der Kammer eine Entscheidung über eine Verpflichtung nach § 75 Abs. 5 SGG analog in der Sache gegenwärtig nicht zulässig, da sonst dem gesetzgeberischen Ziel, weitere Gerichtsverfahren und die Gefahr einander widersprechender Gerichtsentscheidungen zu vermeiden, nicht ausreichend Rechnung getragen würde.
In Bezug auf all diese Aspekte kann die Kammer an dieser Stelle ergänzend vollumfänglich auf die Ausführungen unter 1.1.1. verweisen.
Hätte die Kammer schließlich entgegen der hier vertretenen Auffassung nicht die Unzulässigkeit der hilfsweisen Rechtsverfolgung gegenüber der Beigeladenen angenommen sondern eine solche für zulässig gehalten und mit der wohl h. M. angenommen, dass durch eine etwaige Rechtskraft ihrer Entscheidung der Rechtsstreit S 43 SO 524/16 ER "gegenstandslos" werden würde, so hätte sie eine Verpflichtung der Beigeladenen analog § 75 Abs. 5 SGG dennoch nicht vorgenommen.
Sie hätte dann ihr Ermessen bei der Entscheidung darüber, ob sie eine Verurteilung/Verpflichtung nach § 75 Abs. 5 SGG vornimmt (vgl. zum Ermessen des Gerichts in dieser Frage u. a. BVerfG, Beschluss vom 07.02.2007 – 1 BvR 2602/03, 1 BvR 2672/03, 1 BvR 3/04 – juris (Rn. 12); LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.08.2008 – L 7 VS 3/07 – juris (Rn. 87); BSG, Urteil vom 08.05.2007 – B 2 U 3/06 R – juris (Rn. 26) zu insoweit anzustellenden Erwägungen der Prozessökonomie; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.12.2007 – L 9 KR 150/03 – juris (Rn. 23) zum Kriterium der Erforderlichkeit weiterer Feststellungen; vgl. auch dazu, dass § 75 Abs. 5 SGG als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen ist, z. B. Mink in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht (BeckOK SozR), 42. Edition, Stand: 01.04.2016, SGG § 75 Rn. 10, Straßfeld, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 75 Rn. 287 a. E. und Hommel, in: Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Bd. 2, 4. Auflage, 99. Ergänzungslieferung Februar 2016, § 75 Rn. 79), wegen des bereits anhängigen Parallelverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie und zur Vermeidung einander widersprechender Sachentscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit in zwei Instanzenzügen (AS- und SO-Fachkammern bzw. -senate) dahingehend ausgeübt, dass sie nicht in der Sache über eine Verpflichtung der Beigeladenen entscheidet sondern dies der für das Sozialhilferecht zuständigen und damit sachnäheren 43. Kammer überlässt.
Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass der Antragsteller in Kenntnis der Problematik, die sich aus der Anhängigkeit zweier Parallelverfahren ergibt, den anderen Eilantrag aufrecht erhalten hat und so zumindest konkludent zu verstehen gegeben hat, dass ihm an einer Sachentscheidung der 43. Kammer gelegen ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem vollständigen Unterliegen des Antragstellers Rechnung.
Veranlassungsgesichtspunkte, die eine andere Kostenverteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
4. Die Entscheidung über den mit Einreichung der Eilantragsschrift gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der ab dem 01.01.2014 geltenden Fassung.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Antragsteller kann die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen.
Die Rechtsverfolgung erscheint auch nicht mutwillig und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes war unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot schließlich auch trotz der vorstehenden Erwägungen zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht:
Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73a Rn. 7 ff.; LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2013 – L 6 AS 1177/13 B – juris (Rn. 13)). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden. Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss Prozesskostenhilfe ebenfalls bewilligt werden. Klärungsbedürftig in diesem Sinn ist nicht bereits jede Rechtsfrage, die noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Vielmehr ist maßgeblich, ob die entscheidungserhebliche Rechtsfrage im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen schwierig erscheint. Ist dies der Fall, muss die bedürftige Person die Möglichkeit haben, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren zu vertreten und ggf. Rechtsmittel einlegen zu können (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2013 – L 6 AS 1177/13 B – juris (Rn. 13) m. w. N.). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dabei anhand konkret zu bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzuzeigen. Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt. Es ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen und wenigstens im Kern deutlich zu machen, auf welche Beanstandung die Klage gestützt wird (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 16.10.2013 – L 19 AS 1057/13 B – juris (Rn. 15) m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 – 1 BvR 2869/11 – NZS 2012, 739 = juris; BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 – 1 BvR 362/10 – juris; BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 1 BvR 1686/93 – juris; vgl. auch Burkiczak, NZS 2011, 326 (328)).
Die Kammer geht zudem davon aus, dass es ausreicht, dass für eine "hilfsweise" Rechtsverfolgung gegenüber einer gem. § 75 Abs. 2 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig Beigeladenen/Beizuladenden im Hinblick auf § 75 Abs. 5 SGG eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2010 – L 1 B 34/09 AS – juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.09.2011 – L 1 AL 70/11 B – juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.09.2013 – L 8 SO 10/13 B – juris).
Das Eilrechtsschutzbegehren hatte nach diesem Maßstab eine hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. v. § 114 ZPO.
Denn es dürften auch andere Auffassungen als die von der Kammer vertretene Auffassung zum Verhältnis zwischen zwei parallel anhängigen Eil- oder Klageverfahren, in denen notwendige Beiladungen in Betracht kommen, und zum Eingreifen des Prozesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit vertretbar sein und die sich insofern stellenden Rechtsfragen scheinen bislang weitgehend ungeklärt. Daher hätte bei einer anderen diesbezüglichen Sichtweise möglicherweise eine einstweilige Anordnung gegenüber der Beigeladenen ergehen können, wenn man mit der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 03.12.2015 (Az.: B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R), vom 16.12.2015 (Az.: B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (Az.: B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (Az.: B 4 AS 24/14 R) und vom 17.03.2015 (Az.: B 4 AS 32/15 R)) davon ausgeht, dass vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasste Personen auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII Leistungen von dem SGB XII-Leistungsträger beziehen können.
Dass die Kammer die Rechtsauffassung des BSG nicht teilt sondern die Gegenauffassung vertritt, nach der sowohl § 21 SGB XII als auch § 23 Abs. 3 SGB XII der Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 XII an erwerbsfähige Hilfebedürftige, die EU-Staatsangehörige sind, entgegenstehen und die Gewährung von existenzsichernden Leistungen an EU-Ausländer auch nicht verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. hierzu ausführlich die Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 18.04.2016 – S 32 AS 380/16 ER – juris und vom 20.07.2016 – S 32 AS 3037/16 ER – juris, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. ferner die Nachweise im Beiladungsbeschluss zum vorliegenden Verfahren; wenn es um erwerbsunfähige Personen geht, greift zwar § 21 SGB XII nicht ein, steht aber gleichwohl § 23 Abs. 3 SGB XII einer Leistungsgewährung entgegen, so dass es auf die Erwerbsfähigkeit nach der Auffassung der Kammer letztlich nicht ankommt), ändert nichts daran, dass ein Rechtsstandpunkt, der sich auf die Auffassung des BSG stützt, nur als vertretbar im Sinne des für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten i. S. v. § 114 ZPO anzulegenden Maßstabs gewertet werden kann. Und der Antragsteller hat hier "hilfsweise" diesen (i. S. v. § 114 ZPO) vertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen, wobei dies nicht zwingend erforderlich gewesen wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 13)).
Erstellt am: 05.01.2017
Zuletzt verändert am: 05.01.2017