Der am 06.06.2016 erstellte und abgesandte Bescheid des Beklagten, der das Datum 08.11.2012 trägt, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2016 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 24.03.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 01.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014 weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren in Höhe von 22,56 EUR für Juli 2013 und in Höhe von 196,13 EUR für August 2013. Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Wege des Überprüfungsantrags Anspruch hat auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013. Der XXXX geborene Kläger steht seit 2005 beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin im Leistungsbezug.
Der Kläger bildet eine Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und seinen beiden XXXX und XXXX geborenen Kindern. Die für die Wohnung der Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung setzten sich in den Monaten Juli und August 2013 wie folgt zusammen, wobei eine Anmietung der Wohnung ohne gleichzeitige Anmietung einer Garage nicht möglich ist:
Juli 2013 August 2013 Grundmiete 301,34 EUR 307,82 EUR Betriebskosten 97,77 EUR 103,25 EUR Heizkosten 73,06 EUR 76,74 EUR Garagenmiete 39,19 EUR 39,19 EUR Summe 511,36 EUR 527,00 EUR
Die Warmwasseraufbereitung in der Wohnung der Bedarfsgemeinschaft erfolgt dezentral.
Die Ehefrau des Klägers erzielte in den Monaten Juli bis Dezember 2013 Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich durchschnittlich 773,51 EUR brutto = 629,33 EUR netto. Für die beiden Kinder des Klägers wurde Kindergeld gewährt in Höhe von jeweils 184,00 EUR monatlich.
Im Rahmen zweier Eingliederungsvereinbarungen vom 07.02.2013 und 11.04.2013 verpflichtete sich der Kläger, monatlich mindestens sechs Bewerbungen zu fertigen.
Der Kläger sprach am 24.07.2013 beim Beklagten vor und beantragte die Zustimmung zur Ortsabwesenheit in der Zeit vom 29.07.2013 bis 16.08.2013. Dabei gab er an, im Fall der Ablehnung der Zustimmung trotzdem die Reise antreten zu wollen. Er sei darüber unterrichtet worden, dass dies zur Leistungseinstellung führe.
Der persönliche Ansprechpartner des Klägers erstellte zwei Vermittlungsvorschläge (Helfer Küche sowie Helfer Teppichbodenreinigung) und lehnte es ab, die Zustimmung zur Ortsabwesenheit zu erteilen. Es bestehe Aussicht auf Eingliederung in Arbeit.
Am 19.08.2013 meldete der Kläger sich beim Beklagten aus der Ortsabwesenheit zurück.
In einem Vermerk vom 17.02.2014 erläuterte der persönliche Ansprechpartner die Gründe für die Ablehnung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit näher. Darin führte der persönliche Ansprechpartner unter anderem aus:
"Da ich aber eine Möglichkeit der Vermittlung sah und der Kunde selbst auch seine Eigenbemühungen forcieren sollte, wurde keine Genehmigung für eine dreiwöchige OAW erteilt. Der Kunde setzt sich immer wieder über Grundsatzregelungen hinweg und droht mit Anwalt oder Klage."
Mit Bescheid vom 24.03.2014 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft des Klägers für die Monate Juli bis Dezember 2013 endgültig fest. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass der Kläger in der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 keinen Leistungsanspruch habe. Für die Monate Juli und August 2013 wurden dem Kläger Leistungen wie folgt bewilligt:
Juli 2013 August 2013 Regel- und Mehrbedarf 196,59 EUR 94,06 EUR Kosten der Unterkunft 119,31 EUR 52,68 EUR Summe 315,90 EUR 146,74 EUR
Auf den am 01.04.2014 eingelegten Widerspruch des Klägers hin änderte der Beklagte den Bescheid vom 24.03.2014 mit Änderungsbescheid vom 01.07.2014 dahingehend ab, dass während der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 die Kosten der Unterkunft für die Wohnung der Bedarfsgemeinschaft des Klägers in voller Höhe bei den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt wurden.
Nach Erlass des Änderungsbescheids wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2014 als unbegründet zurück. Nach längerer Erkrankung stehe der Kläger erst seit Januar 2013 wieder uneingeschränkt für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung. Der Kläger habe bei Beantragung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit noch laufende Bewerbungen gehabt. Er habe daher davon ausgehen können, noch unmittelbar Rückmeldungen zu erhalten.
Am 10.07.2014 erhob der Kläger Klage. Das Verfahren wurde beim Sozialgericht Dortmund unter dem Aktenzeichen S 19 AS 2774/14 geführt. Der Kläger erklärte die Klage im Rahmen eines Erörterungstermins am 02.10.2015 für erledigt und beantragte gleichzeitig gegenüber dem Beklagten die Überprüfung des Bewilligungsbescheids vom 24.03.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 01.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014.
Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag ab mit am 06.06.2016 erstellten Bescheid, der das Datum 08.11.2012 trägt. Die angegriffenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Einer Urlaubsreise könne nur in Ausnahmefällen zugestimmt werden, wenn die Vermittlungsaussichten des Kunden dadurch nicht beeinträchtigt würden. Der Kläger habe den Urlaub ohne vorherige Zustimmung geplant und sei erst fünf Tage vor Reisebeginn beim Beklagten zwecks Abklärung vorstellig geworden.
Gegen die Ablehnung seines Überprüfungsantrags legte der Kläger am 08.06.2016 Widerspruch ein. Die Zustimmung zur Urlaubsreise des Klägers sei zu erteilen gewesen. Die Vermittlung in Arbeit sei nicht gefährdet gewesen.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 als unbegründet zurück, wobei zur Begründung im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom 01.07.2014 wiederholt wurden.
Der Kläger hat am 16.08.2016 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
den am 06.06.2016 erstellten und abgesandten Bescheid des Beklagten, der das Datum 08.11.2012 trägt, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 24.03.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 01.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014 weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren für die Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 in gesetzlicher Höhe.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Beklagte die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage i. S. d. § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 3, Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Die Klage ist auch begründet. Durch den angegriffenen Überprüfungsbescheid vom 06.06.2016, der das Datum 08.11.2012 trägt, ist der Kläger beschwert i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 22,56 EUR für Juli 2013 und in Höhe von 196,13 EUR für August 2013 unter teilweiser Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 24.03.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 01.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014. Anspruchsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch (SGB X). Die Voraussetzungen dieser Norm liegen vor.
Die formellen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind gegeben. Insbesondere folgt die Zuständigkeit des Beklagten aus §§ 36 Sätze 1 und 2, 44b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II.
Auch die materiellen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen vor. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist und Sozialleistungen deshalb zu Unrecht nicht erbracht worden sind. So liegt der Fall hier.
Bei dem Bewilligungsbescheid vom 24.03.2014, dem Änderungsbescheid vom 01.07.2014 und dem Widerspruchsbescheid vom 01.07.2014 handelt es sich um Verwaltungsakte i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X. Bei deren Erlass ist das Recht unrichtig angewandt worden. Der Kläger ist – entgegen der Annahme des Beklagten im Rahmen der angegriffenen Bewilligungsentscheidungen – nicht nach § 7 Abs. 4a SGB II in der bis 31.12.2010 geltenden, gemäß § 77 Abs. 1 SGB II fortgeltenden Fassung (im Folgenden: "a. F.") in der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen.
§ 7 Abs. 4a SGB II a. F. hat folgenden Wortlaut:
"Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 1476), definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält; die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung gelten entsprechend."
Der Kläger hat sich im streitgegenständlichen Zeitraum außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufgehalten. Es fehlt jedoch an dem Tatbestandsmerkmal "ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners". Zwar hat der persönliche Ansprechpartner es abgelehnt, die Zustimmung zu erteilen. Das ist vorliegend jedoch unschädlich.
Es werden drei unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, wie Rechtsschutz gegen die Nicht-Erteilung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit zu gewähren ist. Zunächst wird vertreten, die Zustimmung sei vor Reiseantritt im Wege der einstweiligen Anordnung zu erstreiten (Müller, in: Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.04.2016, § 138 SGB III Rn. 99). Eine nachträgliche Ersetzung der nicht erteilten Zustimmung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens scheide aus (Hölzer, in: Gagel, SGB II/SGB III, 62. Ergänzungslieferung Juni 2016, § 138 SGB III Rn. 273). Weiter wird vertreten, es sei inzident im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Aufhebungs- oder Bewilligungsentscheidung zu überprüfen, ob die Zustimmung zu erteilen gewesen wäre (Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 10.10.2013, L 6 AS 675/13 B ER, juris, Rn. 5; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.09.2012, L 5 AS 378/10 B ER, juris, Rn. 34; ebenso anhand der vergleichbaren Bestimmung des § 16 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch [SGB V] zum Krankengeld Harich, in: Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.08.2016, § 16 SGB V Rn. 32 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG] zu § 216 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung [RVO]). Schließlich wird vertreten, die nicht erteilte Zustimmung könne im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden (Söhngen, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III n. F., 145. Ergänzungslieferung Mai 2016, § 138 Rn. 150, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27.01.2005, B 7a/7 AL 20/04 R, juris, Rn. 26 [zur Übernahme von Weiterbildungskosten]; so bei unterbliebener Entscheidung über die Zustimmungserteilung auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2004, L 8 AL 2937/03, juris, Rn. 15).
Die Kammer folgt der erstgenannten Ansicht nicht. Sie ist zwar am ehesten geeignet, dem Zweck der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) gerecht zu werden, nämlich effektive Arbeitsvermittlung sicherzustellen und die Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe zu knüpfen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 19.12.2007, L 1 AL 80/06, nicht veröffentlicht). Der wegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) gebotene effektive Rechtsschutz gegen die Nicht-Erteilung der Zustimmung kann allerdings nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geleistet werden. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann keine endgültige, sondern lediglich eine vorläufige Regelung getroffen werden. Eine "vorläufige Zustimmung" kann dem Leistungsberechtigten daher keine Rechtssicherheit hinsichtlich der Leistungs(un)schädlichkeit der beabsichtigten Ortsabwesenheit verschaffen (Sozialgericht [SG] Dortmund, Beschluss vom 25.07.2016, S 27 AS 2993/16 ER, nicht veröffentlicht). Hinzu kommt, dass es sich bei der Zustimmung zur Ortsabwesenheit nicht um einen Verwaltungsakt, sondern lediglich um einen nicht isoliert anfechtbaren Verfahrensschritt handelt (LSG NRW, Beschluss vom 22.09.2010, L 9 B 166/09 AS, juris, Rn. 9; SG Detmold, Beschluss vom 01.08.2011, S 18 AS 1684/11 ER, juris, Rn. 4 ff.).
Die Kammer folgt auch nicht der letztgenannten Ansicht, wonach die Zustimmung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden kann. Diese Ansicht würde zu einer übermäßigen Einschränkung des Rechtsschutzes gegen die Nicht-Erteilung der Zustimmung führen. Denn Voraussetzung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist unter anderem, dass die Behörde eine ihr aufgrund Gesetzes oder aufgrund des Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht verletzt hat, insbesondere zur Auskunft und Beratung (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 29/10 R, juris, Rn. 12; Beschluss vom 16.12.2008, B 4 AS 77/08 B, juris, Rn. 8; Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R, juris, Rn. 13). In einer zu Unrecht nicht erteilten Zustimmung zur Ortsabwesenheit wird regelmäßig keine Verletzung von Auskunfts- oder Beratungspflichten zu sehen sein. Es erscheint zu weitgehend, den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auch bei Verletzung der allgemeinen Pflicht zu rechtmäßigem Verwaltungshandeln zur Anwendung zu bringen.
Die Kammer folgt der Ansicht, wonach die Entscheidung über die (Nicht-)Erteilung der Zustimmung inzident zu prüfen ist im Rahmen des Hauptsacheverfahrens gegen die Aufhebungs- bzw. Bewilligungsentscheidung. Nur so kann effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden. Ausgehend von dieser Ansicht ist das Merkmal "ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners" nicht gegeben.
Die Zustimmung zur Ortsabwesenheit wäre zu erteilen gewesen. Nach § 3 Abs. 1 EAO darf die Zustimmung nur für die Dauer von bis zu drei Wochen erteilt werden, wenn durch die Zeit der Abwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Zeitraum vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 übersteigt nicht drei Wochen. Durch die Zeit der Abwesenheit wird die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt. Die Kammer verkennt nicht, dass es sich bei dem Merkmal der Beeinträchtigung der beruflichen Eingliederung um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, bei dessen Auslegung der Behörde ein Beurteilungsspielraum zusteht und der deshalb nur eingeschränkt gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Hölzer, a. a. O., § 138 SGB III Rn. 275; Müller, a. a. O., § 138 SGB III Rn. 99). Zum einen hat der persönliche Ansprechpartner allerdings bei der Zustimmungsentscheidung sachfremde Erwägungen angestellt und damit die Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 31d). Es spielt keinerlei Rolle für die Entscheidung über die Zustimmungserteilung, ob der Leistungsberechtigte sich in der Vergangenheit über "Grundsatzregelungen" hinweggesetzt hat oder ob er klagefreudig ist. Die Regelungen zur Ortsabwesenheit bezwecken weder eine Sanktion für nicht konformes Verhalten noch eine Belohnung für konformes. Zum anderen ist der Beurteilungsspielraum der Behörde auf Null reduziert, weil jede andere Beurteilung, als dass die Ortsabwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt, fehlerhaft wäre (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.1996, 7 RAr 58/95, juris, Rn. 23).
Auch für Arbeitslose ist Urlaub notwendig (BSG, Urteil vom 21.07.1977, 7 RAr 38/76, BSGE 44, 188, 191 f.). Die Möglichkeit der Eingliederung in Arbeit während der Zeit der beabsichtigten Ortsabwesenheit darf also nicht nur eine entfernte sein, weil ansonsten der Urlaubsanspruch ins Leere liefe. Der Beklagte geht deshalb davon aus, dass die Eingliederung des Klägers in Arbeit beeinträchtigt werde, weil einzelne Bewerbungen des Klägers bei Beantragung der Zustimmung noch liefen, der Beklagte dem Kläger anlässlich der Vorsprache des Klägers zwei Vermittlungsvorschläge unterbreitete und der Kläger nach Krankheit erst seit Januar 2013 der Arbeitsvermittlung wieder uneingeschränkt zur Verfügung stand. Diese Umstände sind nicht geeignet, eine mehr als nur entfernte Aussicht auf Vermittlung in Arbeit zu begründen. Im Einzelnen:
&822; Der Kläger war aufgrund der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, sechs Bewerbungsbemühungen im Monat zu unternehmen. Dies lässt es geradezu ausgeschlossen erscheinen, dass es während der Arbeitslosigkeit jemals eine Zeit ohne laufende Bewerbungen geben wird. Wiederum droht der Urlaubsanspruch ins Leere zu laufen, wenn noch laufende Bewerbungen für die Annahme einer mehr als nur entfernten Möglichkeit der Eingliederung in Arbeit genügen. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die ausgeschriebene Stelle in besonderer Weise dem Profil des Leistungsberechtigten entspricht. Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. &822; Die beiden Vermittlungsvorschläge bezogen sich auf Helfertätigkeiten, wobei die Branche scheinbar keine Rolle spielte. Es ist davon auszugehen, dass derartige Stellen in der Umgebung des Wohnorts des Klägers regelmäßig angeboten werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Stellenangebote aufgrund einer besonderen Neigung oder Eignung des Klägers vom persönlichen Ansprechpartner ausgewählt wurden. &822; Erfahrungsgemäß sind die Chancen auf Eingliederung in Arbeit in den ersten Monaten der Arbeitslosigkeit am größten. Einen Erfahrungssatz dahingehend, dass die Chancen trotz längerandauernder Arbeitslosigkeit in den ersten Monaten nach einer Krankheit erneut steigen, gibt es nicht.
Weitere Umstände, die eine Eingliederung des Klägers in der Zeit der Ortsabwesenheit als mehr als nur entfernt möglich erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Selbst wenn der Beurteilungsspielraum des Beklagten nicht auf Null reduziert sein sollte, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Denn infolge der fehlerhaften Ablehnung und der gleichwohl angetretenen Ortsabwesenheit ist der an sich der Behörde zustehende Beurteilungsspielraum dem Kläger zugewachsen (vgl. anhand der Selbstbeschaffung von Leistungen der Jugendhilfe Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 09.12.2014, 5 C 32/13, juris, Rn. 33; Urteil vom 18.10.2012, 5 C 21/11, juris, Rn. 34). Dessen Beurteilung muss die Behörde gegen sich gelten lassen, es sei denn, sie ist fachlich unvertretbar. Das ist nach dem Vorstehenden nicht der Fall.
Bei der Entscheidung über die Zustimmungserteilung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (Brand, in: ders. [Hrsg.], SGB III, 7. Auflage 2015, § 138 Rn. 87), so dass dem Beklagten kein Ermessen zukommt.
Infolge der unrichtigen Rechtsanwendung durch den Beklagten sind Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Der Kläger hat auch in der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Für Juli 2013 sind weitere 22,56 EUR zu gewähren, für August 2013 weitere 196,13 EUR. Insoweit wird auf die beigefügten Berechnungsbögen Bezug genommen. In den genannten Beträgen sind auch Kosten der Unterkunft und Heizung enthalten. Diese sind nicht etwa deshalb beim Kläger in der Zeit vom 29. bis 31.07.2013 und in der Zeit vom 01. bis 18.08.2013 unberücksichtigt zu lassen, weil den verbleibenden Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft für diese Zeit höhere Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt wurden, damit diese durch den vom Beklagten angenommenen vorübergehenden Leistungsausschluss des Klägers keinen Nachteil erleiden. Denn bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um einen Individualanspruch (BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 32/06 R, juris, Rn. 30; Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, juris, Rn. 12). Der Einzelne muss sich nicht auf die einem anderen Mitglied seiner Bedarfsgemeinschaft gewährten Leistungen verweisen lassen.
Die Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Leistungen rückwirkend höchstens ab Beginn des Jahres vor Stellung des Überprüfungsantrags erbracht werden, steht der rückwirkenden Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen nicht entgegen. Zwar wurde ein ausdrücklicher Überprüfungsantrag erst am 02.10.2015 gestellt. Dieser ist jedoch nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 3/09 R, juris, Rn. 14) dahingehend auszulegen, dass der Kläger bittet, seinen Widerspruch vom 01.04.2014 bzw. seine am 10.07.2014 erhobene Klage als Überprüfungsantrag zu behandeln. Bei Stellung des Überprüfungsantrags im Jahr 2014 kommt die rückwirkende Erbringung von Leistungen ab 01.01.2013 in Betracht. Der Kläger begehrt Leistungen für die Monate Juli und August 2013.
Auf Rechtsfolgenseite sieht § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine gebundene Entscheidung vor. Dem Beklagten kommt kein Ermessen zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Rechtsfrage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine nicht erteilte Zustimmung zur Ortsabwesenheit ersetzt werden kann, hat grundsätzliche Bedeutung.
Erstellt am: 16.01.2017
Zuletzt verändert am: 16.01.2017