Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zum einen um die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsfeststellungsbescheides (kurz: Sanktion / Sanktionsbescheid) des Beklagten nach §§ 31 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II), mit dem wegen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung der vollständige Wegfall des Leistungsanspruchs (100 % Minderung) festgestellt worden ist, und in diesem Zusammenhang um den Umfang der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II sowie zum anderen um die Rechtmäßigkeit des dieser Sanktion zugrunde liegenden, den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes (Eingliederungsverwaltungsakt) nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a. F. (heute: § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n. F.).
Der Kläger befand sich bei dem Beklagten – prinzipiell, jedoch durch diverse Sanktionen "eingeschränkt" bzw. "unterbrochen" (s. u.) – im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Der Beklagte stellte (nach verschiedenen vorangegangenen, bestandskräftig gewordenen Sanktionen, auf dies es hier nicht ankommt) mit Sanktionsbescheid vom 01.12.2015 (Bl. 284 VV) für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 (erneut) einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich um 679 EUR monatlich. Im Einzelnen seien von der Minderung betroffen der Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die vorangegangenen Bewilligungsbescheide werden insoweit für diesen Zeitraum ganz aufgehoben. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger ein Angebot über ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Wegen mehrerer vorangegangener Pflichtverletzungen liege eine weitere wiederholte Pflichtverletzung vor und falle das Arbeitslosengeld II ganz weg. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2016 (Bl. 300 VV) wegen Fristversäumnisses als unzulässig verworfen. Klage wurde nicht erhoben.
Sodann stellte der Beklagte mit Sanktionsbescheid vom 22.02.2016 (Bl. 316 VV) für die Zeit vom 01.03.2016 bis 31.05.2016 (erneut) einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich um 684 EUR monatlich. Im Einzelnen seien von der Minderung betroffen der Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die vorangegangenen Bewilligungsbescheide werden insoweit für diesen Zeitraum ganz aufgehoben. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger entgegen dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 11.11.2015 (Bl. 311 VV) bis zum 30.01.2016 keinerlei Eigenbemühungen (5 Bewerbungen pro Monat) nachgewiesen habe. Wegen mehrerer vorangegangener Pflichtverletzungen liege eine weitere wiederholte Pflichtverletzung vor und falle das Arbeitslosengeld II ganz weg. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2016 (Bl. 344 VV) als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde nicht erhoben.
Am 08.07.2016 erließ der Beklagte (Bekanntgabe durch persönliche Übergabe) einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 08.07.2016 bis zum 07.01.2017 (Bl. 361 VV), nachdem zuvor eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen war (vgl. den Vermerk Bl. 363c VV). In diesem Bescheid wurde im Wesentlichen geregelt, dass der Kläger durch den Beklagten in dem genannten Zeitraum u. a. insofern Unterstützung erfährt, als er Vermittlungsvorschläge erhält, sein Bewerberprofil veröffentlicht wird, Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen und Bewerbungskosten übernommen werden sowie unter bestimmten Voraussetzungen Einstiegsgeld oder ein Eingliederungszuschuss gewährt werden können oder die Teilnahme an einer Maßnahme bei einem Arbeitgeber (Probearbeiten, Praktika) ermöglicht werden kann. Als eigene Eingliederungsbemühungen sah der Bescheid u. a. vor, dass der Kläger sich in dem genannten Zeitraum zeitnah auf Vermittlungsvorschläge bewirbt und dies nachweist, sich mindestens fünfmal pro Monat um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bewirbt und dies nach bestimmten Maßgaben bis zum zehnten Kalendertag des jeweiligen Monats nachweist und bei den Bewerbungen den Eingliederungszuschuss bzw. ein betriebliches Praktikum zur Eignungsfeststellung bzw. Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten anbietet. Der Bescheid enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, aus der sich ergab, dass das Arbeitslosengeld II zuletzt wegen eines ersten wiederholten Pflichtverstoßes um einen Betrag i. H. v. 60 % des maßgebenden Regelbedarfs gemindert worden sei, und dass deshalb jeder weitere wiederholte Pflichtverstoß gegen die festgelegten Eingliederungsbemühungen den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II zur Folge haben werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids (Bl. 361 VV) Bezug genommen. Der Eingliederungsverwaltungsakt wurde bestandskräftig.
Der Kläger wies in der Folgezeit keinerlei Eigenbemühungen nach.
Mit Schreiben vom 15.08.2016 (Bl. 359 VV) hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Sanktion wegen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung an. Der Kläger habe entgegen seiner Pflicht aus dem Bescheid vom 08.07.2016 für den Zeitraum vom 08.07.2016 bis zum 10.08.2016 keine Nachweise über Bewerbungsbemühungen bis zum 10.08.2016 eingereicht. Der Kläger nahm hierzu nicht Stellung.
Mit Bescheid vom 26.08.2016 (Bl. 356 VV) bewilligte der Beklagte dem Kläger auf dessen Weiterbewilligungsantrag vom selben Tag (Bl. 354 VV) für den Bewilligungszeitraum vom 01.09.2016 bis zum 31.08.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Arbeitsentgelt II) in Höhe von monatlich 684 EUR, davon 404 EUR Regelbedarf und 280 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Mit Sanktionsbescheid vom 13.09.2016 (Bl. 364 VV) stellte der Beklagte für die Zeit vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 (Minderungszeitraum) einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich insofern um 684 EUR monatlich. Im Einzelnen seien von der Minderung betroffen der Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Der Bewilligungsbescheid vom 26.08.2016 werde insoweit für die Zeit vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 ganz aufgehoben. Zur Begründung verwies der Beklagte auf den in dem Anhörungsschreiben genannten Sachverhalt und führte ferner aus, dass auch kein wichtiger Grund für das Verhalten angegeben worden sei. Da der Kläger bereits mehrfach seinen Pflichten nicht nachgekommen sei (vorangegangene Pflichtverletzungen) falle das Arbeitslosengeld II für den Minderungszeitraum vollständig weg. Der Kläger habe sich bisher auch nicht bereit erklärt, zukünftig seinen Pflichten nachzukommen. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, den Wegfall des Arbeitslosengeldes II in eine Minderung um 60 % des maßgebenden Regelbedarfs umzuwandeln. Mit dem Anhörungsschreiben sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass auf seinen Antrag Gutscheine oder geldwerte Leistungen gewährt werden können. Da er bisher keine Gutscheine oder geldwerte Leistungen beantragt habe, werden ihm zunächst keine gewährt. Er könne aber auf Antrag während des Minderungszeitraums entsprechende Leistungen erhalten.
Am 14.10.2016 erhob der Kläger mit Schreiben vom 13.10.2016 Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 13.09.2016 und beantragte zugleich nach § 44 SGB X die Überprüfung des Eingliederungsverwaltungsakts vom 08.07.2016 (Bl. 366 VV). Er führte aus, dass bei von Januar bis einschließlich März Regelsatz und Miete und Nebenkosten vollständig gekürzt worden sein, im Mai der Vermieter die Wohnung gekündigt habe, er sich in dieser Zeit bei Familie und Bekannten verschuldet habe und den Zeitraum Juni bis September aus den laufenden Bezügen Schulden habe begleichen müssen. Fehlende Zukunftsperspektive sowie finanzielle Mittel seien Ursachen und Gründe dafür, dass er die geforderten Bewerbungsbemühungen nicht habe vorweisen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2016 (Bl. 374 VV) wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass sich der Kläger geweigert habe, die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegte Pflicht, Bewerbungsbemühungen zu entfalten und nachzuweisen, zu erfüllen. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Soweit der Kläger vortrage, eine fehlende Zukunftsperspektive sei Grund für die Nichtbewerbung, sei das widersprüchlich, denn es sei gerade die Pflicht des Leistungsberechtigten, seine Zukunft dadurch zu beeinflussen, dass er eine Beschäftigung aufnimmt oder sich darum bemüht, damit der Leistungsbezug beendet wird. Auch der Grund der fehlenden finanziellen Mittel könne nicht anerkannt werden, da in dem Eingliederungsverwaltungsakt als Unterstützung ein Pauschalbetrag von 5 EUR pro nachgewiesener schriftlicher Bewerbung zugesagt worden sei und abgesehen davon eine Bewerbung auch per E-Mail erfolgen könne. Auch die Voraussetzungen für den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II seien erfüllt. Mit Bescheid vom 22.02.2016 sei bereits wegen fehlender Eigenbemühungen (5 Bewerbungen pro Monat) ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengeldes II festgestellt worden. Der neue Pflichtverstoß sei eine weitere wiederholte Pflichtverletzung, der Beginn des zuvor festgestellt Minderungszeitraums liege nicht länger als ein Jahr zurück. Der Kläger habe auch nicht erklärt, dass er nachträglich seine Pflichten erfüllen werde; daher sei eine Umwandlung in eine Minderung um 60 % nicht angezeigt. Ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen würden nicht erbracht, da solche bislang weiterhin nicht beantragt worden seien.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 26.10.2016 (Bl. 370 VV) lehnte der Beklagte auch den Überprüfungsantrag gegen den Eingliederungsverwaltungsakt ab.
Am 21.11.2016 hat der Kläger mit Klage- und Antragsschrift vom 19.11.2016 einerseits um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht – das entsprechende Eilverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 32 AS 5576/16 ER geführt und durch den ablehnenden Beschluss vom 04.01.2017 rechtskräftig abgeschlossen – und andererseits Klage gegen die Sanktion vom 13.09.2016 und gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 erhoben.
Der Kläger hat im Eilverfahren vorgetragen und trägt auch im Klageverfahren vor, dass Sanktionen verfassungswidrig seien, und verweist insofern auf die Auffassung, die von der 15. Kammer des SG Gotha in ihrem Vorlagebeschluss vom "27.05.2015" (gemeint ist erkennbar: 26.05.2015) – S 15 AS 5157/14 – vertreten worden ist.
Zudem trägt er vor, dass der Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig sei, denn die Regelung zur Bewerbungskostenerstattung sei im Hinblick auf das statuierte Antragserfordernis nicht hinreichend bestimmt. Ferner sei die Sanktion rechtswidrig, da sie bezüglich der Höhe der Minderung – "sofortige" Sanktion um 100 % bei erstmaligem Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt – gegen das Übermaßgebot verstoße.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Vortrag des Klägers Bezug genommen.
Der Kläger beantragt – sinngemäß –,
den Bescheid des Beklagten vom 08.07.2016 (Eingliederungsverwaltungsakt) aufzuheben und
den Bescheid des Beklagten vom 13.09.2016 (Sanktionsbescheid) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seinen Vortrag im Eilverfahren.
Dort hat er unter Bezugnahme auf seine angefochtenen Entscheidungen u. a. vorgetragen, dass der Kläger gegen seine Verpflichtung, Eigenbemühungen zu entfalten und nachzuweisen, im Zeitraum 08.07.2016 bis 10.08.2016 verstoßen habe und hierfür keinen wichtigen Grund vorgetragen habe. Er habe auch nachträglich keine Bereitschaft erklärt, seinen Pflichten nachzukommen. Der Überprüfungsbescheid vom 26.10.2016 zu dem Antrag auf Überprüfung des Eingliederungsverwaltungsakts sei bestandskräftig geworden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten Bezug genommen.
Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 22.03.2017 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden. Dabei hat das Gericht auf die Gründe seines Beschlusses vom 04.01.2017 zu dem Eilverfahren S 32 AS 5576/16 ER hingewiesen sowie darauf, dass trotz der Ausführungen auf Seite 8 dieses Beschlusses auch im Klageverfahren keine Bewerbungsbemühungen und Nachweise solcher Bemühungen behauptet und belegt worden seien. Es sei daher nicht ersichtlich, wieso das Gericht zu einem anderen Ergebnis als im Eilverfahren kommen sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (GA) – auch derjenigen zu dem abgeschlossenen Eilverfahren S 32 AS 5576/16 ER – sowie auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge (VV) des Beklagten verwiesen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beteiligten sind diesbezüglich gehört worden (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG).
In diesem Rahmen hat das Gericht festgestellt, dass die Klage als isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG statthaft ist, dass sie aber im Übrigen nur teilweise zulässig ist und dass sie, soweit sie zulässig ist, unbegründet ist.
Die Klage ist nach dem Wortlaut des Antrags unter Ziff. 2 der kombinierten Klage- und Eilantragsschrift und nach Maßgabe von § 123 SGG und dem Rechtsgedanken von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und dem erkennbaren Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG) (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 123 Rn. 3 und Vorbemerkung vor § 60 Rn. 11a; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 92 Rn. 12) als isolierte Anfechtungsklage gegen den Sanktionsfeststellungsbescheid vom 13.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2016 – einschließlich der hier in demselben Bescheid enthaltenen, die Leistungsbewilligung vom 26.08.2016 betreffenden Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X zur "Umsetzung" der Sanktionsfeststellung, die mit ihr eine "Regelungseinheit" (oder "rechtliche Einheit") bildet – auszulegen, und zugleich als isolierte Anfechtungsklage gegen den der Sanktion zugrunde liegenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 (vgl. zur Klage- und Eilantragsauslegung und zum statthaften Hauptsache- und Eilrechtsschutz im Zusammenhang mit Sanktionsbescheiden, den ihrer Umsetzung dienenden Aufhebungsverfügungen inner- und außerhalb des Sanktionsbescheides sowie Eingliederungsverwaltungsakten in verschiedenen Konstellationen insbesondere die Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 02.10.2014 – S 32 AS 1991/14 ER – juris (Rn. 22-74) und vom 13.07.2016 – S 32 AS 317/16 ER – juris (Rn. 45-94), jeweils m. w. N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 23.06.2016 – B 14 AS 30/15 R – juris (Rn. 10) und Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R – juris (insbes. Rn. 17 ff.) m. w. N.; vgl. ferner das Urteil der Kammer vom 31.10.2016 – S 32 AS 435/14 – n. v. (zur Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtungsklage nur gegen den Sanktionsbescheid in der Sonderkonstellation, dass der Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vor Erlass des Änderungsbescheides erhoben worden ist) und das weitere Urteil der Kammer vom 07.03.2016 – S 32 AS 1940/13 – n. v. (zur Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtungsklage nur gegen den Sanktionsbescheid in der Sonderkonstellation, dass der Änderungsbescheid vor dem Sanktionsbescheid erlassen und angefochten worden ist)).
Streitgegenstand dieser Klage sind der Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 und der Sanktionsbescheid vom 13.09.2016 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides). Nach der Formulierung des Klageantrags und dem sonstigen klägerischen Vortrag eindeutig nicht Streitgegenstand ist hingegen der Überprüfungsbescheid vom 26.10.2016 zu dem Eingliederungsverwaltungsakt.
Diese Klage ist bereits unzulässig, soweit es um den Eingliederungsverwaltungsakt geht.
Denn der Eingliederungsverwaltungsakt ist mangels rechtzeitiger Widerspruchserhebung innerhalb der Widerspruchsfrist, über die ordnungsgemäß belehrt worden war, bestandskräftig und damit nach § 77 SGG für die Beteiligten und für das Gericht bindend geworden. Dies ist letztlich auch unstreitig, auch aus Sicht des Klägers war die Widerspruchsfrist schon lange vor Klageerhebung abgelaufen und kein Widerspruch mehr möglich; dies zeigt schon der von ihm anlässlich der Anfechtung der Sanktion, insoweit anstelle eines Widerspruchs, zweifellos nach Ablauf der Widerspruchsfrist gestellte Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X (dazu auch s. u.). Aufgrund der Bestandskraft scheidet nicht nur seine "inhaltliche" Überprüfung durch das Gericht auf Rechtmäßigkeit aus – auch seine inzidente Prüfung im Rahmen der Prüfung einer auf einem Verstoß gegen in ihm geregelte Pflichten beruhenden Sanktion (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.07.2016 – S 32 AS 317/16 ER – juris (Rn. 55 ff., insbes. Rn. 65, 66, 67 ff.)) –, sondern ebenso in einem Eilverfahren seine Außervollzugsetzung nach § 86 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG oder in einem Klageverfahren seine Aufhebung. Mit Bestandskraft der getroffenen Regelung wird ein hiergegen gerichteter Widerspruch bzw. eine hiergegen gerichtete Klage – wie die vorliegende – unzulässig (vgl. Hintz in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht (BeckOK SozR), 44. Edition, Stand: 01.03.2017, SGG § 77 Rn. 1 m. w. N.).
Außerdem ist die vorliegende Klage unzulässig, weil es – und zwar unabänderlich (s. u.) – an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens als Prozessvoraussetzung (Sachurteilsvoraussetzung) des Klageverfahrens fehlt.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes vor Erhebung der Anfechtungs-/Verpflichtungsklage in einem Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) nachzuprüfen (vgl. z. B. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 78 Rn. 2, 2a, 3 m. w. N.; Hintz in: BeckOK SozR, SGG § 78 Rn. 1 ff.). Es handelt sich bei der (vollständigen) Durchführung des Widerspruchsverfahrens um eine zwingende Prozessvoraussetzung. Das Vorverfahren beginnt mit der Einlegung des Widerspruchs und ist erst mit Erlass des Widerspruchsbescheides abgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.1999 – B 6 KA 10/98 R – juris). Es kann grundsätzlich erst geklagt werden, wenn der Widerspruch erhoben und verbeschieden ist (vgl. Leitherer a. a. O.). Das Fehlen des – hier auch nicht ausnahmsweise nach § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG entbehrlichen – vollständig durchgeführten Vorverfahrens ist von Amts wegen zu beachten und führt zur Unzulässigkeit der Klage (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 3; Hintz in: BeckOK SozR, SGG § 78 Rn. 1 ff., 4).
Diese Unzulässigkeit ist hier auch nicht behebbar. Es kommt schon deshalb keine Aussetzung des Klageverfahrens analog § 114 Abs. 2 SGG zur Ermöglichung einer Nachholung des Widerspruchsverfahrens (s. sogleich näher) in Frage, weil dies voraussetzen würde, dass ein Widerspruch überhaupt noch möglich bzw. nachholbar ist (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 3a). Daran fehlt es hier wegen der vor Klageerhebung eingetretenen Bestandskraft der Regelung (s. o.).
Es kommt daher nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen genauen Bedingungen eine Klage als Widerspruch ausgelegt werden kann (vgl. hierzu z. B. einerseits Leitherer a. a. O. Rn. 3b m. w. N.; BSG, Urteil vom 18.02.1964 – 11/1 RA 90/61 – juris; BSG, Urteil vom 22.06.1966 – 3 RK 64/62 – juris; andererseits SG Berlin, Urteil vom 16.05.2012 – S 205 AS 11726/09 – juris (Rn. 45) und vor allem Bayerisches LSG, Urteil vom 18.03.2013 – L 7 AS 142/12 – juris; vgl. ferner LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.09.2015 – L 23 SO 198/15 B – juris (Rn. 17) m. w. N.). Denn auch die Klage hätte die Widerspruchsfrist nicht gewahrt.
Da kein Widerspruch vorliegt, kommt es auch nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen Umständen der teilweise vertretenen Auffassung zu folgen sein könnte, dass eine auf dem fehlenden Abschluss des Widerspruchsverfahrens beruhende Unzulässigkeit einer Klage dadurch behoben ("geheilt") wird, dass der Widerspruchsbescheid während des Rechtsstreits ergeht (vgl. Leitherer a. a. O. Rn. 3; Bayerisches LSG, Urteil vom 12.08.2013 – L 7 AS 455/13 – juris (Rn. 20); gegen diese Möglichkeit: Hintz in: BeckOK SozR, SGG § 78 Rn. 4).
Es kommt bei dieser Sachlage schließlich auch nicht darauf an und sei nur der Vollständigkeit halber ausgeführt, dass die Kammer die teilweise in der älteren Rechtsprechung vertretene Auffassung, dem Kläger müsse die Möglichkeit gegeben werden, das Vorverfahren nachzuholen, und hierfür müsse das Klageverfahren analog § 114 Abs. 2 SGG ausgesetzt oder vertagt werden (vgl. hierzu Leitherer a. a. O. Rn. 3a m. w. N.; BSG, Urteil vom 18.02.1964 – 11/1 RA 90/61 – juris; BSG, Urteil vom 22.06.1966 – 3 RK 64/62 – juris; BSG, Urteil vom 03.03.1999 a. a. O.; BSG, Urteil vom 13.12.2000 – B 6 KA 1/00 R – juris; BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 6 KA 13/10 R – juris), ohnehin jedenfalls in solchen Fällen nicht für überzeugend hält, in denen – wie hier – keinerlei Zweifel bzgl. der Erforderlichkeit eines Widerspruchsverfahrens bestehen. § 114 Abs. 2 SGG ist nach richtiger Auffassung nicht analog anwendbar. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke und an einem Schutzbedürfnis des Klägers und auch die Prozessökonomie spricht gegen eine Aussetzung (vgl. hierzu insbes. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.09.2015 – L 23 SO 198/15 B – juris m. w. N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 12.08.2013 – L 7 AS 455/13 – juris (Rn. 14 ff.); ferner SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 09.05.2011 – S 20 SO 1922/11 – juris; SG Mannheim, Gerichtsbescheid vom 04.04.2012 – S 10 AS 627/12 – juris; SG Berlin, Urteil vom 16.05.2012 – S 205 AS 11726/09 – juris; SG Mainz, Gerichtsbescheid vom 12.11.2013 – S 17 SO 133/13 – juris; ablehnend auch Hintz in: BeckOK SozR, SGG § 78 Rn. 4). Besonders wenig vermag die Sichtweise, das Verfahren müsse analog § 114 Abs. 2 SGG bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt werden, zu überzeugen, wenn – wie hier – noch nicht einmal Widerspruch erhoben worden ist und daher nicht einmal feststeht, dass mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheids zu rechnen wäre (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.09.2015 – L 23 SO 198/15 B – juris (Rn. 15)).
Obwohl es – mangels Streitgegenständlichkeit (s. o.) – nicht darauf ankommt, sei auch noch erwähnt, dass auch der ablehnende Bescheid über die Überprüfung des Eingliederungsverwaltungsaktes nach § 44 SGB X vom 26.10.2016 mangels Widerspruchserhebung genauso bestandskräftig und bindend geworden ist wie der Eingliederungsverwaltungsakt, und dass dieser Bescheid wegen dieser Nichtdurchführung des Widerspruchsverfahrens auch nicht zulässigerweise zum Gegenstand einer Klage – etwa der vorliegenden Klage – gemacht werden könnte.
Die im Übrigen, bzgl. des Sanktionsbescheides, unproblematisch zulässige Klage ist insoweit unbegründet.
Die Sanktionsfeststellungsverfügung und die Aufhebungsverfügung bzgl. der vorangegangenen Leistungsbewilligung im Bescheid vom 13.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht i. S. v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Formelle Rechtsfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Insbesondere wurde der Kläger vor Erlass des Sanktionsbescheides nach § 24 SGB X angehört (Schreiben vom 15.08.2016).
Auch materiell-rechtliche Fehler liegen nicht vor.
Als Rechtsgrundlage für die Sanktion konnte der Beklagte §§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 31a Abs. 1 Sätze 1 und 3-5, 31b Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 SGB II heranziehen.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der seit dem 01.08.2016 und damit angesichts des Erlasszeitpunkts der Sanktion hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 26.07.2016 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Nichts anderes kann selbstverständlich für noch auf der bis zum 31.07.2016 geltenden Vorgängervorschrift zu § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a. F.) beruhende Eingliederungsverwaltungsakte wie den hier fraglichen vom 08.07.2016 gelten. § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist.
Nach § 31a SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs (§ 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II). Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 SGB II mindert es sich um 60 % des maßgebenden Regelbedarfs (§ 31a Abs. 1 Satz 2 SGB II). Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 SGB II entfällt es vollständig (§ 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II). Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde (§ 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II). Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt (§ 31a Abs. 1 Satz 5 SGB II). Erklären sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann der zuständige Träger die Minderung der Leistungen nach § 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II ab diesem Zeitpunkt auf 60 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzen (§ 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II). Nach § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II kann bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 % des maßgebenden Regelbedarfs der Träger auf Antrag in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen.
Nach § 31b Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 SGB II in der anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt; der Minderungszeitraum beträgt drei Monate; die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.
Diese Vorschriften sind hier von dem Beklagten zutreffend zur Anwendung gebracht worden.
Aus dem Akteninhalt und dem wechselseitigen Vortrag der Beteiligten ergeben sich zunächst keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 8 SGB II erwerbsfähig und auch im Übrigen nach dem SGB II leistungsberechtigt war.
Die Rechtsfolgenbelehrung in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 entspricht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt werden muss, wobei es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 20, 24); BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 17)). Der Kläger wurde dort in Bezug auf seine persönliche Situation konkret, verständlich, richtig und vollständig über die Folgen eines Pflichtverstoßes belehrt. Das Bevorstehen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung mit der Folge eines vollständigen Wegfalls des Arbeitslosengeldes II (100 % Minderung), der Beginn und die Dauer des Sanktionszeitraums und alle im Falle des Antragstellers relevanten weiteren Fragen wurden konkret, verständlich, richtig und vollständig dargestellt. Der Bezifferung eines voraussichtlichen Minderungsbetrages bedarf es nach Auffassung der Kammer im Fall des bevorstehenden vollständigen Wegfalls nicht, da dessen finanzielle Auswirkungen auf der Hand liegen. Dass in der Rechtsfolgenbelehrung kein konkreter Sanktionsbescheid zu der vorangegangenen Sanktionsfeststellung benannt wurde, macht sie nach Meinung der Kammer nicht unvollständig, da diese Information für den Kläger unerheblich und damit entbehrlich ist. Dass sie fälschlich auf eine vorangegangene 60 %-Sanktion statt auf eine vorangegangene 100 %-Sanktion verwies, macht sie nach Meinung der Kammer nicht unzutreffend im o. g. Sinne, denn die gesetzlichen Folge eines weiteren Verstoßes ist in beiden Fällen dieselbe: eine 100 %-Sanktion. Ob es sich um eine erste oder eine weitere 100 %-Sanktion handelte, konnte für den Kläger keine Rolle spielen und sich daher auf sein Verhalten nicht auswirken. Die Rechtsfolgenbelehrung erfolgte zudem kurz vor dem Pflichtverstoß, so dass ein hinreichender zeitlicher Zusammenhang vorliegt.
Auch eine objektive Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegt vor. Der Kläger bewarb sich – letztlich unstreitig – nicht im geforderten Umfang bzw. überhaupt nicht bzw. wies nicht fristgerecht bis zum 10.08.2016 Bewerbungsbemühungen nach. Der Kläger hat Gegenteiliges weder in Reaktion auf die entsprechenden Anfragen des Gerichts im Eilverfahren vom 12.12.2016 und 14.12.2016 nebst Erinnerung vom 21.12.2016 noch im Klageverfahren in Reaktion auf das Anhörungsschreiben zum Erlass eines Gerichtsbescheides vorgetragen, so dass das Gericht weiterhin keine Veranlassung hat, von einem anderen als diesem sich aus den Bescheiden und dem sonstigen Inhalt der Akten des Beklagten ergebenden Sachverhalt auszugehen.
Die entsprechende Pflicht wurde auch wirksam begründet, denn der Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 ist wirksam und nicht nichtig. Nur darauf kommt es an; wie bereits ausgeführt wurde findet in einem Verfahren wie dem vorliegenden keine inzidente Überprüfung des Eingliederungsverwaltungsaktes auf seine Rechtmäßigkeit statt (vgl. wiederum den Beschluss der erkennenden Kammer vom 13.07.2016 – S 32 AS 317/16 ER – juris (Rn. 55 ff., insbes. Rn. 65, 66, 67 ff.) m. w. N.). Die fehlende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes könnte nur im krassen Ausnahmefall zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit führen (vgl. dazu Schneider-Danwitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 40 SGB X Rn. 38). Ein solcher Fall liegt jedenfalls nicht schon vor, wenn – wie es laut Kläger hier sein soll – eine Fahrtkostenerstattungsregelung nicht hinreichend präzise ist. Andere Bedenken gegen die Wirksamkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auch die Voraussetzungen für eine 100 %-Sanktion nach § 31a Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II – eine weitere wiederholte Pflichtverletzung und eine bereits erfolgte vorangegangene Minderungsfeststellung wegen zumindest einer ersten wiederholten Pflichtverletzung – liegen vor.
Zum einen liegt eine wiederholte Pflichtverletzung vor.
Dies ist nicht nur der Fall, wenn exakt dieselbe oder eine gleichartige Pflicht oder eine durch denselben oder einen vergleichbaren Eingliederungsverwaltungsakt (oder eine entsprechende einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung) begründete Pflicht verletzt worden ist, sondern schon dann, wenn irgendein Sanktionstatbestand nach § 31 SGB II bereits zuvor verwirklicht worden ist (vgl. Burkiczak in: BeckOK SozR, 44. Edition, Stand: 01.03.2017, SGB II § 31a Rn. 7) und deshalb vor der nächsten Pflichtverletzung durch Verwaltungsakt eine Sanktion / Minderung festgestellt worden ist.
Dies ist hier der Fall. Der entsprechende Sanktionsfeststellungsbescheid vom 22.02.2016 beruhte auf § 31 SGB II und war vor der hier fraglichen Pflichtverletzung erlassen worden und damit wirksam geworden. Für eine Nichtigkeit ist kein Anhaltspunkt erkennbar. Er wurde ferner durch Ablauf der Klagefrist nach Erlass des den hiergegen erhobenen Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 20.05.2016 bestandskräftig. Er konnte damit selbst dann, wenn man diese Bestandskraft insoweit für erforderlich halten wollte, gem. § 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II die Grundlage für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung und den Erlass eines entsprechenden 60%- oder 100 %-Sanktionsbescheides nach § 31a Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 SGB II sein. Tatsächlich kommt es aber allenfalls auf die Vollziehbarkeit an (vgl. Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 31a Rn. 21 m. w. N.; gegen die Erforderlichkeit von Vollziehbarkeit: Burkiczak a. a. O., § 31a Rn. 7). Die Rechtmäßigkeit des früheren Sanktionsfeststellungsbescheides ist nach der Überzeugung der Kammer zudem keine Tatbestandsvoraussetzung für eine verschärfte Sanktionierung (so auch Burkiczak a. a. O., Rn. 9 m. w. N.). Selbst die hiervon abweichende Sichtweise, dass im Falle entsprechenden Vortrags § 44 SGB X Anwendung finden und zu einer inzidenten Überprüfung der Rechtmäßigkeit und je nach Ergebnis zur Unzulässigkeit einer verschärften Sanktionierung führen kann (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O., Rn. 24), führt aber zu keinem anderen Ergebnis, da der Antragsteller im Eil- und im Klageverfahren nichts vorgetragen hat, was die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides vom 22.02.2016 in Zweifel ziehen könnte.
Zum anderen ist diese wiederholte Pflichtverletzung keine "erstmalige" sondern eine "weitere" wiederholte Pflichtverletzung, so dass es nicht "nur" zu einer Minderung um 60 % sondern zum vollständigen Wegfall des Leistungsanspruchs kommen musste.
Nach Auffassung der Kammer folgt dies bereits aus einer Tatbestandswirkung des wirksamen und bestandskräftigen Sanktionsfeststellungsbescheides vom 22.02.2016, der nach Entscheidungsformel und Begründung erkennbar das Wesen einer Sanktion wegen einer (hier sogar weiteren) wiederholten Pflichtverletzung besaß. Nur das Vorliegen eines solchen wirksamen Sanktionsfeststellungsbescheides über eine Minderung um (zumindest) 60 % wird nach Auffassung des Gerichts von § 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II verlangt. Ob der Sanktionsfeststellungsbescheid vom 22.02.2016 seinerseits zu Recht eine verschärfte Sanktionierung vorsah, weil damals eine wiederholte Pflichtverletzung vorlag, ist hingegen nach Meinung der Kammer unerheblich.
Selbst wenn man eine solche Tatbestandswirkung aber nicht annehmen wollte, wäre hier eine "weitere" wiederholte Pflichtverletzung festzustellen. Denn der Sanktionsbescheid vom 22.02.2016 betraf seinerseits auch tatsächlich eine wiederholte Pflichtverletzung, denn vor ihm gab es (u. a.) den Sanktionsbescheid vom 01.12.2015, der darauf gestützt war, dass der Kläger ein Angebot über ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe, mithin auf einen Verstoß gegen § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II und damit zwar nicht auf dieselbe Sanktionsnorm wie der Bescheid vom 22.02.2016 und der hier angefochtene Bescheid vom 13.09.2016 aber auch auf eine Variante von § 31 SGB II, was ausreicht (s. o.). Zudem war der Sanktionsbescheid vom 01.12.2015 vor der im Sanktionsbescheid vom 22.02.2016 sanktionierten Pflichtverletzung (aus Januar 2016) erlassen und damit wirksam geworden – nämlich ausweislich des Datums des Widerspruchsschreibens des Klägers (02.01.2016) jedenfalls noch im Dezember 2015. Für eine Nichtigkeit ist auch hier kein Anhaltspunkt erkennbar. Zudem war der Bescheid – falls man darauf abstellen wollte (s. o.) – im Januar durchgehend vollziehbar, da der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hatte (§ 39 Nr. 1 SGB II). Der Sanktionsbescheid vom 01.12.2015 konnte damit seinerseits die Grundlage für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung im Sanktionsbescheid vom 22.02.2016 sein. Auf seine Rechtmäßigkeit kommt es wiederum nicht an (s. o.).
Sodann liegt eine "Weigerung" vor, die objektive Pflicht aus dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 08.07.2016 zu erfüllen. "Weigern" in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 21)). Eine fahrlässige Pflichtverletzung reicht nicht aus (vgl. Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 31 Rn. 28 ff. sowie Rn. 44 ff., auch zur Irrtumsproblematik; a. A. offenbar der 19. Senat des LSG NRW, Beschlüsse vom 10.05.2012 – L 19 AS 137/12 B – juris (Rn. 26) und vom 14.10.2015 – L 19 AS 1627/15 B ER – juris (Rn. 7 und 9), der unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des BSG zu § 32 SGB II, einer Norm, die allerdings kein "Weigern" voraussetzt, nur auf "subjektive Vorwerfbarkeit" abstellt). Es ist weiterhin nichts vorgetragen oder erkennbar, was gegen eine bewusste Entscheidung des Klägers spricht, die Pflicht bzw. Obliegenheit, Bewerbungsbemühungen zu entfalten und nachzuweisen, nicht zu erfüllen.
Ein wichtiger Grund für die Nichterfüllung der Obliegenheit aus dem Eingliederungsverwaltungsakt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II lag nicht vor (vgl. zum Begriff des wichtigen Grundes BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn 29)). Eine etwaige Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes stellt nach der Überzeugung der Kammer keinen wichtigen Grund dar (vgl. hierzu den Beschluss der erkennenden Kammer vom 13.07.2016 – S 32 AS 317/16 ER – juris (Rn. 78) m. w. N.). Auch anderweitig ist kein wichtiger Grund erkennbar. Die angeblich fehlenden finanziellen Mittel können insoweit nicht angeführt werden, weil der Beklagte sich im Eingliederungsverwaltungsakt wirksam dazu verpflichtet hatte, die Bewerbungskosten zu übernehmen.
Der Sanktionsfeststellungsbescheid entspricht bzgl. des Sanktionszeitraums den gesetzlichen Regelungen in § 31b Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II, wonach sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats mindert, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt, und die Minderung drei Monate dauert. Wirksam geworden ist der Sanktionsfeststellungsbescheid vom 13.09.2016 unter Berücksichtigung von § 37 SGB X mangels abweichender Anhaltspunkte im September. Der Sanktionszeitraum musste daher am 01.10.2016 beginnen und bis zum 31.12.2016 andauern. Die Feststellung der Minderung erfolgte unproblematisch innerhalb der Frist des § 31b Abs. 1 Satz 5 SGB II.
Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Herabsetzung der Sanktion auf einen Betrag von 60 % des maßgebenden Regelbedarfs gem. § 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II lagen nicht vor, da der Kläger im Sanktionszeitraum keine nachträgliche Erklärung abgab, dazu bereit zu sein, seine Pflicht erfüllen.
Die Sanktionsregelungen des SGB II betreffend die Minderung des Leistungsanspruchs für Dauer von drei Monaten sind auch verfassungsgemäß (vgl. LSG NRW, Urteil vom 29.02.2016 – L 19 AS 1536/15 – juris (Rn. 59) m. w. N.; BSG, Urteile vom 29.04.2015 – B 14 AS 20/14 R – und – B 14 AS 19/14 R – juris; a. A. SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 26.05.2015 – S 15 AS 5157/14 – juris (vgl. dazu BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.05.2016 – 1 BvL 7/15 – juris) und weiterer Vorlagebeschluss vom 02.08.2016 – S 15 AS 5157/14 – juris (Az. beim BVerfG: 1 BvL 7/16)).
Das gilt nach Auffassung der Kammer auch für 100 %-Sanktionen wie die hier fragliche, also Sanktionen, die den vollständigen Wegfall des Leistungsanspruchs nach sich ziehen (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.07.2015 – L 16 AS 381/15 B ER – juris; Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22.2 m. w. N.).
Der Kläger wurde auch nach § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II darauf hingewiesen, dass auf Antrag Gutscheine bzw. geldwerte Leistungen gewährt werden können.
Auch die in dem Sanktionsbescheid enthaltene Aufhebungsverfügung für den Sanktionszeitraum vom 01.10.2016 bis zum 31.12.2016 begegnet schließlich keinen Bedenken (zur Erforderlichkeit einer solchen Aufhebungsverfügung vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 20/14 R – juris (Rn. 12 f.); vgl. ferner die Beschlüsse der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 84 ff.) und vom 02.10.2014 – S 32 AS 1991/14 ER – juris (Rn. 69 ff.) m. w. N.). Diese Aufhebung beruht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Es handelt sich um eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft, da der Sanktionsbescheid einschließlich der Aufhebungsverfügung dem Kläger erkennbar im September 2016 bekannt gegeben wurde. Die Bekanntgabe (der Erlass) und damit gem. §§ 37, 39 SGB X das Wirksamwerden des Sanktionsfeststellungsentscheidung nach § 31b Abs. 1 SGB II führte gegenüber dem Stand bei Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 26.08.2016 eine wesentliche Änderung der Rechtslage zu Lasten des Klägers mit Wirkung ab dem 01.10.2016 herbei, da sich hierdurch sein Leistungsanspruch ab diesem Zeitpunkt gem. §§ 31a, 31b SGB II für drei Monate, die zu dem durch den Bewilligungsbescheid geregelten Bewilligungszeitraum gehörten, minderte.
Damit konnte die Klage insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem vollständigen Unterliegen des Klägers Rechnung. Veranlassungsgesichtspunkte, die eine zumindest teilweise Kostenübernahme durch den Beklagten rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
Erstellt am: 23.05.2017
Zuletzt verändert am: 23.05.2017