1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016.
Der Kläger ist bei der Beklagten über sein weiterhin bestehendes Beschäftigungsver-hältnis im St. N Hospital P gesetzlich mit Anspruch auf Krankengeld krankenversichert. Am 10.08.2015 erkrankte er arbeitsunfähig und erhielt bis zum 03.09.2015 Entgeltfortzah-lung. Ab dem 04.09.2015 gewährte ihm die Beklagte fortlaufend Krankengeld aufgrund lückenloser Arbeitsunfähigkeit. Durch Übersendung eines Scans seiner letzten Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung vor dem streitgegenständlichen Zeitraum, ausgestellt am 22.02.2016 von der Gemeinschaftspraxis B I & Partner bis zum 06.03.2016, meldete der Kläger der Beklagten per E-Mail am 29.02.2016 seine weiterhin bestehende Arbeitsunfä-higkeit. Die am 07.03.2016 bis zum 20.03.2016 ausgestellte Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis ging bei der Beklagten am 16.03.2016 ein.
Mit Bescheid vom 21.03.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 01.03.2016 bis zum 06.03.2016. Für den Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 ordnete sie das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld wegen verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit außerhalb der Wochenfrist nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozi-algesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V) an. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.04.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung legte er eine Bescheinigung der Gemein-schaftspraxis B I & Partner vom 05.04.2016 vor, wonach ihm nur das Formular für den Arbeitgeber übergeben worden sei, während die postalische Übersendung des Durch-schlags für die Krankenkasse durch die Praxis erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch als un-begründet zurück. Das Ruhen des Krankengeldanspruchs sei zu Recht angeordnet worden, weil ein Verstoß gegen die Meldeobliegenheit als verschuldensunabhängige Pflicht des Versicherten vorliege.
Mit seiner am 11.08.2016 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Be-gehren auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 weiter.
Unter Berufung auf eine Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis B I & Partner vom 25.08.2016 liege die Ursache für den verspäteten Zugang in einer Absprache zwischen der Praxis und der B begründet. Demnach sei vereinbart worden, dass zunächst alle Ar-beitsunfähigkeitsbescheinigungen von der Praxis an die B übersandt werden und so-dann von dieser an die weiteren Krankenkassen weitergeleitet werden. Wegen dieser Vereinbarung bzw. der Duldung dieser Übereinkunft durch die Beklagte liege der Grund für den Fristverstoß in ihrem Verantwortungsbereich. Schließlich sei in entsprechender Anwendung des § 16 Sozialgesetzbuch – Erstes Buch – (SGB I) zur Fristwahrung für den fristgerechten Zugang auf den Eingang der Bescheinigung bei der B abzustellen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2016 zu verurteilen, an ihn im Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Im Übrigen beantragt er,
für den Fall der Klageabweisung die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids. Ferner sei die vorgetragene Weiterleitungspraxis der Ar-beitsunfähigkeitsbescheinigungen über die B weder mit ihr vereinbart worden noch be-kannt gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten. Diese haben dem Gericht vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
1. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchbescheids im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht beschwert, weil die Beklagte zu Recht das Ruhen des Krankengeldanspruchs für den Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 angeordnet hat.
Versicherte haben gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB V u.a. dann Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dabei bestimmt das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, in welchem Umfang ein Versicherter Anspruch auf Krankengeld hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.11.2007, Az.: B 1 KR 38/06 R, Rn. 12 m.w.N., zit. nach juris). Bei abhängig beschäftig-ten Versicherungspflichtigen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Der Krankengeldanspruch aus § 44 SGB V entsteht jedoch nicht schon über den Ersteintritt der Arbeitsunfähigkeit (so auch BSG, Urteil vom 26.06.2007, Az.: B 1 KR 8/07 R, Rn. 13 m.w.N., zit. nach juris). Vielmehr müssen die Voraussetzun-gen des Krankengeldanspruchs bei zeitlich befristeter Feststellung der Arbeitsunfähig-keit und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden (BSG, Urteil vom 26.06.2007, Az.: B 1 KR 8/07 R, Rn. 16 m.w.N., zit. nach juris).
Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen für den streitgegenständlichen Zeitraum un-streitig vor. Über sein weiterhin bestehendes Beschäftigungsverhältnis war der Kläger mit einem Anspruch auf Krankengeld nach § 44 SGB V versichert. Er war auch für den von der Beklagten festgesetzten Ruhenszeitraum arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit ist lückenlos ärztlich festgestellt und bescheinigt worden.
Vorliegend steht dem geltend gemachten Anspruch jedoch § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ent-gegen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist eine reine Tatsachenmitteilung. Maßgebend ist, dass der Arzt (weiterhin) feststellt, dass der Versicherte arbeitsunfähig ist (Brinkhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand 23.02.2016, § 49 Rn. 45). Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit hat nicht nur bei der erstmaligen, sondern auch bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld zu erfolgen (BSG, Urteil vom 08.02.2000, Az.: B 1 KR 11/99 R, Rn. 17, zit. nach juris). § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist daher auch dann anzu-wenden, wenn der Versicherte wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig wird und er diese erneute Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig meldet. Bei der Meldung der Ar-beitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Deshalb ist die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unter-bliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (BSG, Urteil vom 10.05.2012, Az.: B 1 KR 20/11 R, Rn. 18 m.w.N., zit. nach juris).
Die Wochenfrist ist hier im Hinblick auf den Zeitraum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 nicht eingehalten, weil die bestehende Arbeitsunfähigkeit ausgehend von der ärztlichen Feststellung vom 07.03.2016 erst am 16.03.2016 und damit nicht binnen einer Woche nach § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X) i.V.m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemeldet wurde.
Zur Überzeugung der Kammer liegt auch kein Ausnahmefall vor, indem der Kläger auf eine rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit etwa durch seinen Vertragsarzt bzw. die von diesem mit der B vereinbarte Weiterleitungspraxis vertrauen durfte.
Trotz der grundsätzlich strikten Anwendung der Vorschrift hat die Rechtsprechung in en-gen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen fallen (BSG, Urteile vom 08.02.2000, Az.: B 1 KR 11/99 R, Rn. 19 und vom 08.11.2005, Az.: B 1 KR 30/04 R, Rn. 22 ff., jeweils zit. nach juris). Hat der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkas-se unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und ggf. rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung beru-fen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Ver-sicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.1985, Az.: 3 RK 35/84, SozR 2200 § 216 Nr. 8).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Beklagte hat den Vertragsarzt nicht zur Übersendung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angehalten. Vielmehr hat sie den Kläger unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Zeitraum, um Übersen-dung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gebeten.
Zur Überzeugung der Kammer folgt weder aus der Vereinbarung der Gemeinschaftspra-xis mit der B noch durch einen Verweis auf eine allgemeine Verwaltungspraxis in ent-sprechender Anwendung von § 16 Abs. 2 S. 2 SGB I, dass die Meldung bereits durch den Eingang der Bescheinigung bei der B fristgerecht erfolgte. Aus dem Schreiben der Gemeinschaftspraxis geht vielmehr hervor, dass die Vereinbarung allein mit der B getrof-fen wurde. Die Beklagte war in diese nicht einbezogen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten diese Weiterleitungspraxis bekannt war sind nicht ersichtlich. Eine Zurech-nung dieser Weiterleitungspraxis in den Verantwortungsbereich der Beklagten scheidet daher aus. Einer fristgerechten Meldung in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2. S. 2 SGB I durch den Zugang bei der B als unzuständige Behörde, die sich aber zur Wei-terleitung verpflichtet hat, steht entgegen, dass der Gesetzgeber die Frist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V als Ausschlussfrist konzipiert hat. Sinn und Zweck der rechtzeitigen Mel-dung bei der zuständigen Krankenversicherung ist es gerade, dass diese unverzüglich eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einleiten kann. Dieses Ziel wird unterlaufen, wenn auch die Meldung bei einer unzuständigen Behörde genügen würde. Aus diesem Grund ist selbst eine Wiedereinsetzung nach § 27 Abs. 5 SGB X nicht möglich (Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, Stand 23.02.2016, § 49 SG V, Rn. 47).
Etwas anderes folgt nach Auffassung der Kammer auch nicht aus § 5 Abs. 1 S. 5 Entgelt-fortzahlungsgesetz (EntgFG) und dem Umstand, dass der Kläger bis zum 03.09.2015 Entgeltfortzahlung erhalten hat sowie dass er durch das Fortbestehen seines Beschäfti-gungsverhältnisses weiterhin dem Personenkreis angehört, welchem im Krankheitsfall zunächst ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zusteht.
Die Kammer schließt sich insoweit der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg vom 21.10.2015, Az.: L 5 KR 5457/13; entgegen LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2004, Az.: L 16 KR 324/03, jeweils zit. nach juris) an.
Das Entgeltfortzahlungsgesetz ist nach §§ 1, 3 EntgFG auf den Anspruch eines Arbeit-nehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegen den Arbeitgeber beschränkt. Vor diesem Hintergrund erschließt es sich nicht, warum ein Versicherter nach § 5 Abs. 1 S. 5 EntgFG auf eine rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch den Vertragsarzt ver-trauen darf und er damit im Ergebnis von der Meldeobliegenheit freigestellt wird, wenn zwischen dem Ende der Entgeltfortzahlung und dem Verstoß gegen die Meldeobliegen-heit ein Zeitraum von mehreren Monaten ununterbrochenen Krankengeldbezugs be-steht. Ein Nebeneinander der Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes und der §§ 44 ff. SGB V sieht das Gesetz gerade nicht vor, denn § 5 EntgFG gilt nur für den Fortzah-lungsfall, was aber den gleichzeitigen Bezug von Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ausschließt. Würden Versicherte, die bereits lange Krankengeld beziehen, vom Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgenommen werden, nur weil sie zuvor einmal Entgeltfortzahlung erhalten haben, wäre der Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auf wenige Ausnahmefälle beschränkt. Dies steht dem Sinn und Zweck der Regelung entgegen, dass Krankenkassen durch eine zeitnahe Meldung der Arbeitsunfähigkeit im Interesse der Solidargemeinschaft die Möglichkeit zugestanden wird, eine Überprüfung durch ihre medizinischen Dienste einleiten zu können, um Leis-tungsmissbräuchen entgegenzutreten. Zudem wäre auch zu Lasten der Versicherten nicht mehr gewährleistet, dass frühzeitig Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeits-fähigkeit eingeleitet werden können. Ferner wäre es vor dem Hintergrund des Gleich-heitsgrundsatzes auch nur schwer zu rechtfertigen, warum andere Versicherte nicht auf eine Übermittlung von Vertragsärzten vertrauen dürfen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2015, Az.: L 5 KR 5457/13, Rn. 35, zit. nach juris; Schifferdecker in: Kas-seler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 95. EL Juli 2017, § 49 SGB V, Rn. 52).
Demnach hat die Beklagte zu Recht das Ruhen des Krankengeldanspruchs für den Zeit-raum vom 07.03.2016 bis zum 15.03.2016 angeordnet.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1, 193 Abs. 1 SGG.
3. Die Berufung wird nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeu-tung der Rechtssache im Hinblick auf das Verhältnis von § 5 Abs. 1 S. 5 EntgFG zu § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, welches von der höchstrichterlichen Rechtsprechung trotz divergie-render Entscheidungen der Landessozialgerichte nicht geklärt worden ist sowie wegen des Abweichens von der Rechtsprechung des LSG NRW (LSG NRW, Urteil vom 26.08.2004, Az.: L 16 KR 324/03) nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zugelassen.
Erstellt am: 13.11.2018
Zuletzt verändert am: 13.11.2018