Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Behinderungsgrad des Klägers.
Mit Bescheid vom 07.10.2008 hatte der Beklagte bei dem XXXX geborenen Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt und dabei nach der gutachtlichen Stellungnahme vom 22.09.2008 eine Schwerhörigkeit, Ohrerkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 und ein Wirbelsäulenleiden, Beckenschiefstand mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt.
Die im Hinblick auf die Unfallfolgen des rechten Knies mit Änderungsantrag vom 02.01.2012 begehrte Feststellung eines höheren Behinderungsgrades und die Zuerkennung von Merkzeichen G (erhebliche Gehbehinderung) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 01.02.2012 ab, da eine wesentliche Verschlimmerung, die einen höheren Behinderungsgrad rechtfertigen würde, nicht festzustellen sei und für das Merkzeichen schon die festgestellte Schwerbehinderung fehle.
Den Widerspruch vom 29.02.2012, mit dem der Kläger auf das teils steife Kniegelenk, ständige Schmerzen und eine ausgeprägte Gehbehinderung hinwies, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2012 gestützt auf die Gründe des Ausgangsbescheides zurück. Den Verwaltungsentscheidungen lagen neben den Befund- und Behandlungsberichten der Radiologen T und des Orthopäden Q die gutachtlichen Stellungnahmen vom 24.01.2012 und vom 21.03.2012 zugrunde, in denen zusätzlich der Unfallfolgezustand des rechten Knies mit einem Einzel-GdB von 10 ausgewiesen wurde.
Mit der am 05.07.2012 erhobenen Klage beansprucht der Kläger die Feststellung eines höheren Behinderungsgrades und macht geltend, die ausgeprägten Funktionseinschränkungen und Schmerzen des rechten Knies seien nicht angemessen ermittelt und bewertet worden. Des Weiteren hat der Kläger die Behandlungsberichte der Orthopädischen Klinik W von Dezember 2014 und der Sportklinik I von Oktober 2015 eingebracht.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2012 zu verurteilen, einen GdB von 50 ab der Änderungsantragstellung vom 02.01.2012 zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat ein orthopädisches Gutachten von Prof. Dr. M/Dr. B vom 28.02.2017 eingeholt, auf das für den Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird. Die gutachtlichen Ausführungen bestätigen die von dem Beklagten zugrunde gelegten Einzelbehinderungsgrade von 30 für das Ohrenleiden, von 20 für das Achsenorgan mit Beckenschiefstand und von 10 für das rechte Knie sowie den Gesamtbehinderungsgrad von 40.
Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass die Behinderung des Knies in Relation zu den erheblichen Funktionseinschränkungen unterbewertet sei, und hebt hervor, er könne nicht mehr Sport treiben, tanzen oder wandern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da er die Feststellung eines höheren Behinderungsgrades nicht beanspruchen kann. Das Gesamtbehinderungsausmaß ist mit einem GdB von 40 über den Zeitpunkt der Änderungsantragstellung im Januar 2012 hinausgehend angemessen bewertet.
Der Anspruch auf Feststellung eines höheren Behinderungsgrades basiert auf § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) in Verbindung mit § 69 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wie die Feststellung des bisherigen Behinderungsgrades ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (§ 48 Abs. 1 SGB X). Wesentlich ist eine Änderung der Verhältnisse, wenn der aktuell festzustellende Gesamt-GdB von dem ursprünglich festgestellten Gesamt-GdB um mindestens 10 abweicht. Auf Antrag des behinderten Menschen stellt die zuständige Behörde die Behinderung und den GdB fest. Tritt durch Verschlechterung der Gesundheit eine wesentliche Änderung ein, hebt die Behörde im Rahmen des Verschlimmerungsantragsverfahrens die ursprüngliche Feststellung des GdB mit Wirkung für die Zukunft auf und stellt den geänderten GdB fest. Die Bewertungen des Einzel- und Gesamtbehinderungsausmaßes richten sich dabei nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VmG).
Hiernach kann der Kläger die Neufeststellung eines höheren Behinderungsgrades nicht verlangen, da das für einen GdB von 50 oder mehr geforderte Gesamtbehinderungsausmaß nicht nachgewiesen ist. Nach Auswertung des Gerichtsgutachtens steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Gesamtbehinderungsgrad des Klägers im Wesentlichen durch die ebenso vorbewerteten Beeinträchtigungen des Gehörs mit einem GdB von 30 und der Wirbelsäule bei Beckenschiefstand mit einem GdB von 20 geprägt wird, wohingegen die hinzugekommene Beeinträchtigung des rechten Knies mit einem GdB von 10 aufgrund der mäßiggradigen Ausprägung nicht zur Höhe des Gesamtbehinderungsausmaßes beiträgt. Die Kammer legt für die Einzelbewertungen folgende Erkenntnisse zugrunde:
Die Bewertung der Schwerhörigkeit und Ohrenerkrankung, für die eine Verschlimmerung weder geltend gemacht wurde noch ersichtlich ist, folgt Nr. 5.2 des Teil B der VmG entsprechend einem Hörschaden mit mittel- bis grenzwertig hochgradiger Ausprägung beidseits respektive einseitig höchstgradiger und im Übrigen geringgradiger Ausprägung.
Der rechtsseitige Beckenschiefstand bei einer Beinlängendifferenz von ca. 2,5 Zentimeter und die Wirbelsäulenverbiegung sind nach Nrn. 18.9 und 18.14 des Teil B der VmG mit einem GdB von 20 ausreichend hoch bewertet. Eine Beinverkürzung bis 2,5 Zentimeter begründet nach Nr. 18.14 des Teil B der VmG für sich betrachtet keinen Einzel-GdB. Eine solche bis 4 Zentimeter begründet einen GdB von 10, erst darüber hinaus ist ein GdB von 20 vorgesehen. Unter weiterer Berücksichtigung der wiederkehrenden Beschwerdezustände im Bereich der Wirbelsäule lässt sich das Bewertungsniveau für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionalen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bereits rechtfertigen.
Die Beeinträchtigung des rechten Knies ist nach Nr. 18.14 des Teil B der VmG als Kniebinnenschaden ohne wesentliche Beweglichkeitseinbuße mit einem GdB von 10 zu bewerten. Nach dieser Ziffer ist für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig und ohne Bewegungseinschränkung ein GdB von 10 bis 30, mit Bewegungseinschränkung ein GdB von 20 bis 40 vorgesehen. Bei den Folgen des Sturzes von März 2011 mit Verdrehung des rechten Knies handelt es sich um eine leichtergradige Strukturveränderung im rechten Kniebinnenraum, die nach den bisherigen Feststellungen weder anhaltende Reizerscheinungen noch eine wesentliche Beweglichkeitseinbuße bedingt. Nach den gutachtlichen Ausführungen waren die Beweglichkeitswerte beidseitig im Normbereich. Es konnten weder eine Rötung noch eine anhaltende Schwellung oder ein raumfordernder Erguss als Zeichen anhaltender Reizerscheinungen festgestellt werden. Auch eine höherwertige muskuläre Verschmächtigung als Zeichen einer dauerhaften schmerzbedingten Schonhaltung war nicht festzustellen. Die ausgewiesene Umfangsminderung auf der rechten Seite fiel gering aus. In der Gesamtschau ist danach unter besonderer Berücksichtigung der Belastungsschmerzen der untere Bewertungsbereich für ausgeprägte Knorpelschäden eines Knies ohne Bewegungseinschränkung zu wählen.
Der Gesamtbehinderungsgrad ergibt sich unter Berücksichtigung der Nr. 3. des Teil A der VmG ausgehend von dem Gehörschaden mit einem GdB von 30 durch einmalige Erhöhung um einen Zehnerschritt wegen des Wirbelsäulen- und Beckenleidens mit einem GdB von 20 hin zu dem Gesamt-GdB von 40. Das Knieleiden ist wegen der geringgradigen Ausprägung und Bewertung nicht geeignet, auf den Gesamtbehinderungsgrad Einfluss zu nehmen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG trägt dem Misserfolg der Klage Rechnung.
Erstellt am: 15.03.2019
Zuletzt verändert am: 15.03.2019