Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert beträgt 94.126,16 EUR.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin für die Beschäftigten Transfer-Kurzarbeitergeld Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nachzuentrichten hat. Die Klägerin ist eine Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft und seit dem 01.12.1997 Mitglied bei der Beklagten. Am 28.01.2005 erfolgte eine Lohn- und Gehaltsbuchprüfung durch die Beklagte. Auf Grund dieser Prüfung nahm die Beklagte die Klägerin mit Bescheiden vom 04.04.2005 jeweils zu Beiträgen für die Jahre 2000 bis 2003 in Anspruch, für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 283.011,07 EUR, wovon 94.126,16 EUR auf die Transfer- Kurzarbeitergeldarbeitnehmer entfielen. Hiergegen legte die Klägerin Widersprüche (02.05.2005) ein. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass nach der gesetzlichen Konstruktion die Beschäftigten Transfer- Kurzarbeitergeld bekämen. Daneben erhielten sie auch eine Vergütung von Urlaub und Feiertagen und ggf. Aufstockungsleistungen auf das Kurzarbeitergeld. Urlaubsgeld hinge von den jeweiligen Auftragsgebern ab. Sie, die Klägerin, zahle auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung, auch an der Urlaubs- und Feiertagsvergütung und den Aufstockungsleistungen. Bei der Höhe der Beiträge sei das Kurzarbeitergeld und sowieso der Anteil an der Sozialversicherung unberücksichtigt zu lassen. Das Arbeitsentgelt werde wirtschaftlich gesehen nicht an die Arbeitnehmer gezahlt. Vielmehr werde es in genau der Höhe, wie die Auftragsgeber diese Zahlungen als sogenannte "Remanenzkosten" bereitgestellt hätten, weitergeleitet. Sie, die Klägerin, erhalte für die Betreuung von ca. 100 Beschäftigten für die Dauer eines Jahres ca. 150.000 bis 180.000 EUR. Von dieser Vergütung könnten nicht derart horrende Bescheide an die Beklagte finanziert werden. Eine Nachforderung an die Auftraggeber sei ausgeschlossen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Sie führte aus, auch die sogenannten Transfer-Kurzarbeitergeld- Arbeitnehmer seien als Beschäftigte des Unternehmens der Klägerin anzusehen und so¬ mit Versicherte im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB VII. Die Personen müssten sich bereithalten, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Sie hätten auch sonstige weitere Pflichten, wie z. B. sich zu melden. Zudem hänge die Zahlung des Kurzarbeitergeldes davon ab, dass es sich bei dem Vertrag um einen Arbeitsvertrag handele, denn dies sei Voraussetzung für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes. Auch die Berechnung sei zutreffend.
Gegen diese Widerspruchsbescheide hat die Klägerin am 22.03.2006 Klagen erhoben. Die Klage bezüglich des Beitragsbescheides für das Jahr 2003 soll dabei entschieden werden. In den anderen Verfahren wurden Unterwerfungsvergleiche geschlossen. Die Klägerin ist der Auffassung, sie unterhalte keinen Betrieb. Für die Kurzarbeitergeld- Arbeitnehmer würden keinerlei Räumlichkeiten oder Arbeitsplätze vorgehalten. Es bestünde keine Präsenzpflicht. Insofern könnten die Kurzarbeitergeld-Arbeitnehmer auch nicht in den Betrieb eingegliedert sein. Sie müssten sich auch nicht für zumutbare Arbeiten bereithalten. Dass Meldepflichten im Rahmen der Beratung und Betreuung bestünden oder Praktikumsarbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht würden, belege nicht eine Eingliederung in einen fremden Betrieb und eine Weisungsgebundenheit. Im Übrigen wiederholt die Klägerin das Vorbringen aus dem Vorverfahren. Die Klägerin hat Musterverträge der Jahre 2000 bis 2004 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 04.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 auf zu heben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verbleibt ebenfalls bei ihrer Auffassung und führt ergänzend aus, dass bei der Berechnung ausschließlich sozialversicherungspflichtige Entgeltarten berücksichtigt worden seien. lm Übrigen verweist die Beklagte auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 13.11.2003, Az. L7 U 777/03. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten sowie die Vorprozessakten S 36 U 73/06, S 36 U 74/06, S 36 U 75/06, S 36 U 77/06 und S 36 U 130/06 lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 04.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn die Beklagte hat zutreffend die Klägerin zu Beiträgen auch für die Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmer in Anspruch genommen und in zutreffender Höhe. Die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur Beitragsberichtigung ergibt sich aus § 168 Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Sieben – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII), denn danach dürfen Beitragsbescheide dann mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Beitragspflichtigen aufgehoben werden, wenn der Lohnnachweis unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erwiesen hat. Die früheren Beitragsbescheide waren rechtswidrig, weil die sogenannten Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmer nicht berücksichtigt worden sind. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben die Unternehmer zur Berechnung der Umlage innerhalb von 6 Wochen nach Ablauf eines Kalenderjahres die Arbeitsentgelte der Versicherten und die geleisteten Arbeitsstunden in der vom Unfallversicherungsträger geforderten Aufteilung zu melden (Lohnnachweis). Versicherte sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Beschäftigte. Das Beschäftigungsverhältnis ist in § 7 Abs. 1 SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – als "nichtselbständige Arbeit, insbe¬sondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert. Dabei sind in der Sozialversicherung allein die tatsächlichen Beziehungen zwischen den Beschäftigten und dem Arbeitgeber maßgebend. Zur Abgrenzung zur selbständigen Arbeit wird von den tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen, wobei für die Abgrenzung eine Gesamtbetrachtung aller Umstände bzw. das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind (vgl. BSGE 38, 35). Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis ist dabei die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Die persönliche Abhängigkeit äußert sich in erster Linie in der Eingliederung des Arbeitenden in eine fremde Arbeitsorganisation, d. h. in einen Betrieb, in eine Verwaltung oder einen Haushalt des Arbeitgebers (vgl. BSGE 68, 24). Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte dem Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Weisungsgebundenheit eines Beschäftigten besteht in der Regel hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Arbeitsleistung. Ein weiteres Merkmal für ein Beschäftigungsverhältnis ist insbesondere auch das Fehlen des Unternehmerrisikos (vgl. BSGE 35, 212, 214). Ein Unternehmensrisiko trägt der Betreffende nur dann, wenn er kein Festgehalt bezieht bzw. wenn der Erfolg des eigenen wirtschaftlichen Einsatzes ungewiss ist (vgl. BSGE 35, 20, 25). Weitere Indizien, die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen, sind Urlaubsansprüche (BSGE 32, 38, 40), die Regelung eines Kündigungsschutzes, die Bezahlung nach Stunden, Wochen oder Monaten. Unter Beachtung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmer Versicherte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind. Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmer nicht direkt in den Betrieb eingegliedert sind. Jedoch ist dies auch bei Personen, die z. B. Heimarbeiter sind, nicht gegeben. Gleichwohl handelt es sich auch bei diesen ggf. um Arbeitnehmer und damit um Versicherte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Für die Arbeitnehmer- und damit Versicherteneigenschaft spricht insbesondere, dass nach den von der Klägerin vorgelegten Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer z. B. eine Krankheit u. ä. anzeigen muss. Der Arbeitnehmer muss Urlaubsanträge stellen. Es wurde eine Kündigungsfrist in den Arbeitsverträgen vereinbart. Des Weiteren ist in den Arbeitsverträgen geregelt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Eingehung "weiterer" vergüteter Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin unverzüglich anzuzeigen. Hinzu kommt, dass Kurzarbeitergeld nur dann gezahlt wird, wenn es sich rechtlich um ein Beschäftigungsverhältnis handelt. Zudem werden die Kurzarbeitergeld-Arbeitnehmer in den von der Klägerin vorgelegten Verträgen auch als Arbeitnehmer bezeichnet. Zudem hat die Klägerin selbst diese Verträge als Arbeitsvertrag deklariert. Auch obliegen den Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmern gewisse Pflichten. So besteht etwa die Verpflichtung, an Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Insofern hat bereits das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Entscheidung vom 13.11.2003, Az. L 7 U 777/03, grundsätzlich einen Versicherungsschutz angenommen. Dem schließt sich die Kammer vollinhaltlich an.
Hinsichtlich der Höhe der Beiträge ist der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ebenfalls nicht rechtswidrig. Die Beklagte ist dabei zutreffend von dem sozialversicherungspflichtigen Entgelt ausgegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen. Der Streitwert beträgt 94.126,16 EUR. Hierbei handelt es sich um die Streitsumme hinsichtlich der Beiträge für die Transferkurzarbeitergeld-Arbeitnehmer.
Erstellt am: 10.03.2020
Zuletzt verändert am: 10.03.2020