Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Bauleiter im Architekturbüro des Beigeladenen in der Zeit vom 01.03.2018 bis 31.12.2019 abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.
Am 20.03.2018 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er legte einen Rahmenvertrag zur freien Mitarbeit mit dem Beigeladenen vom 01.03.2018 vor. Demnach war Vertragsziel die Begründung einer selbständigen Tätigkeit. Es solle Weisungsfreiheit bestehen, jedoch könne der Auftraggeber Terminvorgaben und Details der Leistungserbringung festlegen. Kontaktaufnahmen zu Kunden des Beigeladenen bedurften demnach der Zustimmung des Beigeladenen. Vereinbart wurde eine Vergütung nach einem Stundensatz von 45,00 EUR netto. Der Kläger wies mit seinem Feststellungsantrag darauf hin, dass er von der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss erhalten habe. Er habe keine Hilfskräfte eingesetzt. Die Tätigkeit habe in der Überwachung von Baustellen als Bauleiter bestanden. Es sei zwar kein Zeitnachweis geführt worden, aber auf den Baustellen seien Fotos und Tagesberichte zur Dokumentation des Baufortschrittes erstellt worden. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Die Haftung habe der Beigeladene übernommen. Dieser habe auch die Preisgestaltung mit den Kunden vereinbart. Er sei Mitglied im Versorgungswerk der Architektenkammer.
Mit Bescheiden vom 15.08.2018 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 04.01.2019 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Bauleiter im Architekturbüro des Beigeladenen seit 01.03.2018 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübe und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche die höchstpersönliche Ausübung der Tätigkeit, die Überwachung der Ausführung des Objektes und des Zeitplans als Bauleiter des Auftraggebers mit Weisungsbefugnis gegenüber den beteiligten Gewerken, die Einschränkung der freien Einteilung der Arbeitszeit durch Terminvorgaben zur Fertigstellung, die Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungen, die Vergütung mit einem festen Stundensatz, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse und das Fehlen des eigenen Kapitaleinsatzes. Für eine selbständige Tätigkeit spreche lediglich, dass auch Tätigkeiten für weitere Auftraggeber ausgeführt würden. Der Gesamtwürdigung überwögen deshalb die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger sei in die Arbeitsorganisation des Betriebes des Beigeladenen eingebunden gewesen. Der Beigeladene habe dem Kläger einseitig im Wege des Direktionsrechts Weisungen erteilt, die Zeit, Dauer, Ort der beurteilenden Tätigkeit sowie Art und Weise von deren Durchführung betroffen hätten. Der Kläger habe daher in persönlicher Abhängigkeit zu dem Beigeladenen gestanden.
Zur Begründung der am 18.01.2019 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, er sei als freier Mitarbeiter im Architekturbüro des Beigeladenen tätig gewesen. Er habe Sozialabgaben an das Versorgungswerk der Architektenkammer und an die Krankenkasse abgeführt. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe er durchgängig für den Beigeladenen gearbeitet. In dieser Zeit habe er auch zwei bis drei andere Tätigkeiten ausgeübt. Die Arbeit für den Beigeladenen habe ca. 2/3 seiner gesamten Arbeitsleistung ausgemacht. Seine Frau mache halbtags Büroarbeiten für ihn. Weitere Mitarbeiter beschäftige er nicht.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 15.08.2018 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 04.01.2019 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit als Bauleiter bei dem Beigeladenen vom 01.03.2018 bis 31.12.2019 nicht abhängig beschäftigt war und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung weiterhin für rechtmäßig.
Der Beigeladene stellt keinen Klageantrag. Er trägt vor, der Kläger habe nur für einzelne Leistungsphasen in unterschiedlichen Projekten eigenverantwortlich Leistungen erbringen können und sei auch berechtigt gewesen, einzelne Aufträge abzulehnen. Termine seien bauherrenseitig vorgegeben worden. Die Baustellenpräsenz des Klägers ergebe sich aus der Natur der Sache. Eine freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft habe kein Architekt bei guter Auftragslage. Auch die Weisungsbefugnis gegenüber den beteiligten Gewerken gehöre zum Berufsbild eines jeden Architekten.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Der Kläger war in seiner Tätigkeit als Bauleiter für den Beigeladenen abhängig beschäftigt und unterlag der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Nach § 7 a Abs. 2 SGB IV entscheidet die Beklagte im Rahmen eines Anfrageverfahrens aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Hierbei ergeht keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, sondern zugleich eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung (BSG, Urteil vom 11.03.2009, SozR 4-2400 § 7 a Nr. 2).
Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte sind versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert wird und einem – ggfls. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten – umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG SozR3-2400 § 7 Nr. 13 m. w. Nw.).
Nach diesen Maßstäben lag bei dem Kläger in seiner Tätigkeit als Bauleiter für den Beigeladenen eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor.
Die Kammer wertet es als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Klägers, dass er in seiner Tätigkeit als Bauleiter in die Arbeitsorganisation des Architekturbüros des Beigeladenen eingegliedert war und seine Arbeitsleistung dabei in eigener Person zu erbringen hatte. Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, stellt ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar (BSG, Urteil vom 17.12.2014, SozR4-2400 § 28 p Nr. 4).
Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen ergibt sich daraus, dass der Kläger bei seiner Aufgabenerledigung an Vorgaben des Beigeladenen gebunden war, die dieser mit dem jeweiligen Kunden vereinbart hatte. Gegenüber den Kunden trat der Kläger nicht als selbständiger Vertragspartner, sondern im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen Kunden und dem Beigeladenen als dessen Mitarbeiter auf. Dementsprechend hatte der Kläger die Abläufe auf den Baustellen des Beigeladenen zu koordinieren und entsprechende Weisungen zu erteilen. Fehlende Einzelweisungen in der betrieblichen Praxis sind – gerade bei höherqualifizierten Tätigkeiten – kein Indiz für eine grundsätzliche Weisungsfreiheit des Beschäftigten. Es ist auch weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass und inwieweit sich die Aufgabenerledigung des Klägers von derjenigen eines abhängig beschäftigten Bauleiters unterschieden hätte. Der Kläger war hinsichtlich seiner Arbeitszeiten auch nicht frei, sondern hatte sie an den sich ergebenden Notwendigkeiten der betrieblichen Aufgabenstellungen des Beigeladenen auszurichten.
Der Umstand, dass der Kläger für den Beigeladenen lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat, ist für die Beurteilung der vorliegenden Tätigkeit ohne Belang. Zu würdigen sind vorliegend nur die Umstände der Tätigkeit für den Beigeladenen.
Der Kläger hat für seine Tätigkeit bei dem Beigeladenen kein eigenes Kapital eingesetzt und hat damit kein erhebliches Unternehmerrisiko getragen. Die Zahlung einer festen Stundenvergütung lässt die Annahme eines Unternehmerrisikos bei dem Kläger nicht zu.
In der Gesamtwürdigung der Umstände der Tätigkeit des Klägers bei dem Beigeladenen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit des Klägers in den Betrieb des Beigeladenen und seine "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess des Beigeladenen in den Vordergrund treten.
Die Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit Bescheid der BfA vom 09.11.2000 steht der ergangenen Entscheidung nicht entgegen, da eine auf die Beschäftigung des Klägers bei dem Beigeladenen bezogene Befreiung bislang nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 31.03.2020
Zuletzt verändert am: 31.03.2020