Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.01.2001 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II anstelle der Pflegestufe I in der Zeit vom 01. September 1995 bis 11. Oktober 1997.
Zwischen den Beteiligten besteht ein Vertrag über eine private Pflegeversicherung mit Tarifleistung in Höhe von 100 % (Tarifstufe PVN), dem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung – Bedingungsteil MB/PPV 1995 – zugrundeliegen. Danach hat der Kläger u.a. auch Anspruch auf Leistungen für seinen am …1986 geborenen Sohn L … und insbesondere Anspruch auf Pflegegeld, das nach Ziffer 2 des Tarifs PPV für Pflegebedürftige der Pflegestufe I 400,- DM und für Pflegebedürftige der Pflegestufe II 800,- DM betrug. L … leidet an einer chronischen Niereninsuffizienz. Er war deswegen bis zur Transplantation einer Spenderniere am 13.09.1997 dialysepflichtig. Die Dialyse erfolgte mit Hilfe seiner Eltern, die sich hierfür einer mehrtägigen klinischen Schulung unterzogen hatten, in Form der Peritonealdialyse. In der Zeit vom 31.08.1995 bis 15.01.1996 wurde die Peritonealdialyse manuell durchgeführt. Im Anschluss daran bis zur Transplantation der Spenderniere erfolgte die Dialyse maschinell in Form der automatenassisstierten Peritonealdialyse (kontinuierliche cyklische Peritonealdialyse). Während bei der manuellen Peritonealdialyse viermal täglich ein Zeitaufwand von 30 Minuten zur Erneuerung der Waschflüssigkeit erforderlich war, wurde bei der maschinellen Peritonealdialyse die Peritonealflüssigkeit nachts mittels eines in die Bauchhöhle implantierten Katheters durch einen angeschlossenen computergesteuerten Cycler gewechselt. Der Cycler tauschte die Peritonealflüssigkeit fünf- bis sechsmal automatisch während des Schlafs gegen frische Flüssigkeit. Zusätzlich war abends bei Anschluss an den Automaten sowie morgens zusammen mit der Trennung der Schlauchverbindungen von Hand ein Flüssigkeitsaustausch durchzuführen. Ferner war mittags die Dialyseflüssigkeit im Handbetrieb zu wechseln.
Auf einen Antrag des Klägers im September 1995 erklärte sich der Beklagte bereit, dem Kläger für L … Leistungen nach der Pflegestufe I ab 01.09.1995 zu zahlen. Die begehrte höhere Einstufung in die Pflegestufe II lehnte er mit Schreiben vom 03.01.1997 endgültig ab.
Mit der am 06.02.1997 erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Hilfe bei der Peritonealdialyse sei der Grundpflege zuzurechnen. Die Bauchhöhle sei einer künstlichen Blase vergleichbar. Deswegen sei die Hilfeleistung der Hilfe bei der Blasenentleerung im Rahmen der Grundpflege gleichzusetzen. Demgegenüber war der Beklagte der Auffassung, es handele sich nicht um eine Blasenentleerung, sondern um eine Sonderform der Nierenersatztherapie.
Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers (§ 109 SGG) ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr. B …, Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums E … eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 23.06.2000 die Auffassung vertreten, der Austausch der Waschflüssigkeit bei der Peritonealdialyse entspreche dem Ablassen von Urin aus einer künstlichen Blase. Diese Tätigkeiten hätten mit Behandlungspflege nichts zu tun. Vielmehr sei der Einsatz eines Helfers der Grundpflege zuzurechnen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.01.2001 abgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe II seien nicht erfüllt. Die im Rahmen der Peritonealdialyse erforderlichen Hilfeleistungen seien nicht der Grundpflege zuzurechnen. Selbst wenn man die Hilfe beim abendlichen Anschließen an den Cycler und das morgendliche Trennen der verrichtungsbezogenen Behandlungspflege und damit der Grundpflege zurechnen könne, erreiche der für L … erforderliche Hilfebedarf nicht den zeitlichen Umfang der Pflegestufe II. Letztlich könne Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für den Schulbesuch im Bereich der Mobilität nicht berücksichtigt werden, da es insofern an dem erforderlichen Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Existenz in der häuslichen Umgebung fehle.
Gegen das am 11.04.2001 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 09.05.2001. Zur Begründung legt er dar: Das Sozialgericht gehe zwar zutreffend davon aus, dass jedenfalls die Hilfe beim abendlichen Anschließen an den Cycler und das morgendliche Trennen hiervon der sog. verrichtungsbezogenen Behandlungspflege und damit der Grundpflege zuzurechnen sei. Das Sozialgericht irre jedoch insofern, als es die Hilfeleistungen in Zusammenhang mit der Peritonealdialyse nicht der Grundpflege zurechne. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 07.05.1986 – Az.: 9a RVs 54/85 – die Dialyse zu den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens eines Dialyse-Patienten gezählt. Ferner habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 19.02.1998 – Az.: B 3 P 11/97 R – anerkannt, dass auch solche Hilfeleistungen in vollem Umfang berücksichtigt werden könnten, die "daneben oder sogar überwiegend der Behandlung einer Krankheit dienen", etwa um deren Folgen zu lindern oder einer Verschlimmerung vorzubeugen. Es könne deshalb keinen Unterschied machen, ob die im Körper gesammelte Flüssigkeit zunächst in die Blase und von dort über einen Katheter zum Körper abgeführt werde, oder wie hier die Ausscheidung der Flüssigkeit über das Bauchfell erfolge. Demgemäß seien auch die vor- und nachbereiten den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der mittäglichen manuellen Peritonealdialyse zu berücksichtigen, die – unstreitig – mit 30 Minuten anzusetzen seien. Unter Berücksichtigung dieses Zeitaufwandes sei die Pflegestufe II begründet.
Hinsichtlich der Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sei darauf hinzuweisen, dass eine solche Hilfe dennoch berücksichtigungsfähig sei, da L … der Unterstützung einer betreuenden Person bei der Hin- und Rückfahrt zu und von der Schule auf Grund seines angegriffenen Gesundheitszustandes bedurft habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2001 abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 10.093,37 DM = 5.133,05 Euro Pflegegeld nach Pflegestufe II für die Zeit vom 01.09.1995 bis 11.10.1997 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stimmt dem erstinstanzlichen Urteil zu und legt im Übrigen dar, es komme nicht darauf an, ob die Dialyse eine wiederkehrende Verrichtung im täglichen Leben eines Dialyse-Patienten sei. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Peritonealdialyse seien zu weit entfernt vom natürlichen Vorgang der Harnausscheidung. Sie stünden nicht in einem unmittelbaren sachlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Blasenentleerung. Es handele sich vielmehr um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bei dialysepflichtigem Nierenversagen und damit um sog. Behandlungspflege.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Prozessakten sowie der von dem Beklagten vorgelegten Vorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II für seinen Sohn L … im Zeitraum vom 01.09.1995 bis 11.10.1997.
Nach dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über eine private Pflegeversicherung und den diesem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bedingungsteil MB/PPV 1995) sowie dem Tarif PV in der Tarifstufe PVN hat der Kläger Anspruch auf Pflegegeld. Der nach § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen erforderliche Pflegefall ist eingetreten, da L … in dem genannten Zeitraum unstreitig pflegebedürftig war, da er wegen einer körperlichen Krankheit für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtung im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer der Hilfe bedurfte. Der Kläger hat die Klage vom 06.02.1997 auch fristgemäß innerhalb der sechsmonatigen Klagefrist nach § 17 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen erhoben, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 03.01.1997 Leistungen der Pflegestufe II endgültig abgelehnt hatte. Der Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass die Voraussetzungen für Pflegegeld nach der Pflegestufe II nicht erfüllt sind.
Nach § 1 Abs. 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind versicherte Personen für die Gewährung von Leistungen drei Pflegestufen zuzuordnen. Nach § 1 Abs. 6 b) sind Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschieden Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Nach § 1 Abs. 9 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die somit erforderlichen 120 Minuten täglich für die Grundpflege werden durch die berücksichtigungsfähigen Pflegeleistungen, die L … von seinen Eltern erfährt, nicht erreicht.
Unabhängig davon, welcher Pflegeaufwand für L … im Bereich der Körperpflege, im Bereich der Ernährung sowie im Bereich der Mobilität (§ 1 Abs. 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen) konkret für einzelne Verrichtungen erforderlich ist, sind sich die Beteiligten darin einig, dass der erforderliche Mindestpflegeaufwand von 120 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt nur dann erreicht wird, wenn die mittags anlässlich der zusätzlichen Handdialyse zusätzlich zur automatischen nächtlichen Peritonealdialyse erforderlichen Hilfestellungen im Umgang von 30 Minuten bei den Verrichtungen der Grundpflege berücksichtigungsfähig sind. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat weder Veranlassung noch Grundlage, den für die übrigen Verrichtungen zwischen den Beteiligten nicht streitigen Zeitaufwand in Frage zu stellen. Damit konzentriert sich das Problem letztlich allein darauf, ob die erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Peritonealdialyse den Verrichtungen der Grundpflege zuzuordnen sind. Dies ist nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei der Peritonealdialyse um eine krankheitsspezifische Hilfeleistung (sog. Behandlungspflege).
Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage der Abgrenzung von Grund- und Behandlungspflege, der der Senat folgt, ist zunächst die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Schwerbehindertenrecht (Urteil vom 07.05.1986, Az.: 9a RVs 54/85) unbeachtlich. Das Bundessozialgericht hat in mehreren Urteilen (so z.B. Urteil vom 06.11.1985, Az.: 9a RVs 10/84, und vom 07.05.1986, Az.: 9a RVs 54/85) zwar im Rahmen eines Streites um das Vergünstigungsmerkmal "H" festgestellt, dass die Heimdialyse zu den gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens eines Dialyse-Patienten gehört. Dies sagt aber für sich genommen noch nichts über den notwendigen Hilfebedarf aus und ist vor allem deswegen unbeachtlich, weil es auf die pauschale Grunddefinition nicht ankommt. Nach dem Versicherungsvertrag wird zwar ebenso wie nach der gesetzlichen Definition in § 14 Abs. 1 SGB XI für die Bestimmung der Pflegebedürftigkeit einer Person auf die Hilfestellung bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens Bezug genommen. Darüber hinaus werden aber diese Verrichtungen in § 1 Abs. 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Übereinstimmung mit § 15 Abs. 1 SGB XI in einem abschließend formulierten und auch abschließenden verstandenen Katalog der für die Einstufung maßgebenden Kriterien konkretisiert (ausdrücklich BSG, Urteil vom 19.02.1998, Az.: B 3 P 3/97 R = SozR 3-3300 § 14 Nr. 2; ebenso Urteil vom 06.08.1998, Az.: B 3 P 9/97 R).
Im Urteil vom 05.08.1999 (Az.: B 3 KR 5/98 R) hat es das BSG noch vor dem Hintergrund des früheren § 53 Abs. 1 SGB V offengelassen, ob die Peritonealdialyse zu Maßnahmen der Grundpflege oder krankheitsspezifischen Maßnahmen zu rechnen sei, weil die seinerzeit nach der Rechtsprechung geforderte Hilfeleistung bei 7 von 14 Verrichtungen des Grundbedarfs schon nicht erreicht wurde. Damit ist entscheidend unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22.08.2001, Az.: B 3 P 23/00 R, m.w.N.), welcher Umfang von Pflegebedarf bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen anfällt, die in § 14 Abs. 4 SGB XI (entsprechend § 1 Abs. 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen) ausdrücklich aufgeführt sind, und die abschließend in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Grundpflege) sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgeteilt werden. Die für L … erforderlichen Maßnahmen und insbesondere die zusätzliche mittägliche, von Hand auszuführende Peritonealdialyse fällt nicht in den abschließenden Katalog der für die Einstufung maßgebenden Kriterien. Das verdeutlicht zunächst schon die Darstellung des Vorgangs im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B … Danach wird bei der kontinuierlichen ambulanten Peritonealdialyse die in das Bauchfell mittels Katheter eingeleitete Waschflüssigkeit (Dialysat) vom Körper in eine urinähnliche Flüssigkeit verwandelt. Die Abgabe der körperlichen Giftstoffe geschieht durch einen Diffusionsprozess aus den Blutgefäßen durch das Bauchfell als biologische Membran hindurch in die mit Waschflüssigkeit gefüllte freie Bauchhöhle. Der Patient oder sein Helfer müsse von Zeit zu Zeit die gesättigte, d.h. die verbrauchte urinähnliche Flüssigkeit gegen eine neue Waschflüssigkeit austauschen. Der Arzt lasse das Bauchfell als künstliche Niere arbeiten. Die erforderlichen Handgriffe des Patienten oder der Hilfsperson, die notwendig seien, um Flüssigkeit ein- und auslaufen zu lassen, seien einfach und müssten lediglich korrekt und hygienisch einwandfrei durchgeführt werden. Der Senat folgt der Darstellung des Sachverständigen, die anschaulich und im Übrigen auch in völliger Übereinstimmung mit den von der Beklagten gehörten Ärzten den Dialyseprozess beschreibt. Das vom Sachverständigen gewonnene Ergebnis, es handele sich um Verrichtungen der Grundpflege, ist jedoch nach Auffassung des Senats unzutreffend und schon deswegen nicht entscheidungserheblich, weil es sich bei der Abgrenzung von Maßnahmen der Grund- oder Behandlungspflege um eine Rechtsfrage handelt, die nicht von Sachverständigen, sondern vom Gericht zu beantworten ist.
Die Darlegungen des Sachverständigen verdeutlichen allerdings anschaulich, dass es sich nicht um Maßnahmen handelt, die innerhalb der Katalogverrichtung "Körperpflege" der Blasenentleerung und damit dem entscheidenden Abgrenzungskriterium entsprechen. Selbst wenn hier die Bauchhöhle als künstliche Blase genutzt werden sollte, wie dies der Sachverständige beschreibt, so besteht der wesentliche und entscheidende Unterschied darin, dass hier mittels des in der Bauchhöhle stattfindenden Prozesses nicht die Blase entleert wird, sondern eine Blutreinigung erfolgt. Bei der Peritonealdialyse wird mit Hilfe der Bauchhöhle die ausgefallene Nierenleistung kompensiert. Dies ist das wesentliche Ziel der Maßnahme. Zu diesem Zweck wird die Bauchhöhle gefüllt und anschließend wieder entleert. Die Katalogverrichtung "Blasenentleerung" oder aber auch nur die Entleerung einer künstlichen Blase wird nicht berührt. Eine auch im weitesten Sinne zu verstehende Blasenentleerung findet nicht statt, weil sich in der Blase auf Grund der ausgefallenen Nierenfunktion überhaupt keine Flüssigkeit befindet. Die Nutzung der Bauchhöhle ist lediglich ein anatomischer Zufall, wie insbesondere die Darstellung des Sachverständigen verdeutlicht, dass die Peritonealdialyse von Forschern zufällig entdeckt worden sei. Entscheidend ist, dass dieser Vorgang zu Zwecken der Entgiftung ausgenutzt wird und damit letztlich der Behandlung der Krankheit, nämlich der ausgefallenen Nierenfunktion dient. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die im Zusammenhang mit der Peritonealdialyse erforderlichen Hilfeleistungen krankheitsspezifische Hilfeleistungen und Behandlungspflege sind.
Behandlungspflege zählt jedoch nur dann zu dem nach § 14 SGB XI zu berücksichtigenden Pflegebedarf, wenn und soweit sie Bestandteil für die Hilfe bei der sog. Katalogverrichtung ist oder im unmittelbaren zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dieser Hilfe erforderlich wird (BSG, Urteil vom 29.04.1999, Az.: B 3 P 12/98 R – Abklopfen bei Mukoviszidose -; Urteil vom 16.12.1999, Az.: B 3 P 5/98 R – Blutzuckertest, Urinkontrollen und Spritzen von Insulin bei Diabetes mellitus -; Urteil vom 28.06.2001, Az.: B 3 P 12/00 R – Diät bei Stoffwechselstörung -; Urteil vom 22.08.2001, Az.: B 3 P 23/00 R – Katheterisierung bei Harnblasenlähmung -; zuletzt wohl Urteil vom 30.10.2001, Az.: B 3 KR 2/01 R – Stützstrümpfe -). Insofern ist die hier entscheidungserhebliche mittägliche von Hand auszuführende Peritonealdialyse weder Bestandteil für die Hilfe bei einer Katalogverrichtung noch ist sie in unmittelbarem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit einer derartigen Hilfe erforderlich.
Der Senat verkennt bei seiner Entscheidung nicht, dass die volle Einbeziehung krankheitsspezifischer Pflegemaßnahmen in die Bemessung des Pflegebedarfs gerade vor dem Hintergrund des hier zu entscheidenden Falles und vor allem auch in Anbetracht der erheblichen Beanspruchung des Klägers und insbesondere seiner Ehefrau durch einen von allen beteiligten Ärzten angenommenen Hilfeaufwand für L … von mehr als fünf Stunden täglich vor der Nierentransplantation in jeder Beziehung wünschenswert wäre. Dem steht jedoch entgegen, dass mit dem momentanen Leistungsinhalt erst ein Grundstein für die Deckung des Risikos der Pflegebedürftigkeit gelegt worden ist, und die Begrenzung des durch die Pflegeversicherung abgedeckten Risikos in untrennbarem Zusammenhang mit der Beschränkung der Beitragshöhe bzw. der für diese Versicherung zu zahlenden Prämie gesehen werden muss. Leistungsvoraussetzungen und Leistungsbewilligung haben sich an die finanziellen Vorgaben zu halten. Diesen vorgegebenen Rahmen zu ändern und insbesondere zu erweitern, ist ausschließlich Aufgabe des Gesetzgebers.
Letztlich hat das Sozialgericht auch zutreffend den Zeitaufwand für die Hilfestellungen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch von L … als nicht berücksichtigungsfähig gewertet. Der Senat folgt auch insofern dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.08.1999 (Az.: B 3 P 1/99 R), in dem mit überzeugender Begründung die notwendige Begleitung zur Schule nicht zum berücksichtigungsfähigen Pflegebedarf gerechnet wird. Auf diese Entscheidung nimmt der Senat voll inhaltlich Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 08.08.2003
Zuletzt verändert am: 08.08.2003