Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.06.1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der von ihm während der Zeit einer Arbeitsunfähigkeit vom 03.07. bis 30.09.1996 entrichteten Pflichtbeiträge als Selbständiger zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist selbständig tätiger und in die Handwerksrolle eingetragener Bezirksschornsteinfegermeister und entrichtet als pflichtversicherter Handwerker seit Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit ab 01.07.1995 Pflichtbeiträge zur Beklagten auf der Berechnungsgrundlage der jährlich angepassten Bezugsgröße. Daneben ist er ab 01.07.1995 gemeldetes Mitglied der Versorgunganstalt der Deutschen Bezirksschornsteinfegermeister.
Die Pflichtbeiträge zur Beklagten – rund 793,– DM monatlich im Jahr 1996 – wurden von dieser im Lastschriftverfahren eingezogen. Beitragsbescheide wurden nicht erlassen.
In der Zeit vom 03.07. bis zum 30.09.1996 war der Kläger als Folge eines Arbeitsunfalles arbeitsunfähig und bezog von der Beigeladenen im Auftrag der Bau-Berufsgenossenschaft Verletztengeld in Höhe von 133,33 DM brutto kalendertäglich. Diese beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 11.867,– DM wurden der Beklagten gemeldet; auch aus diesen Einnahmen sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden. Im Versicherungsverlauf des Klägers für das Jahr 1996 sind 12 Pflichtbeiträge nach Jahresbruttoeinnahmen in Höhe von 49.560,– DM mit einem Beitragswert von 9.515,52 DM und für die Zeit vom 03.07. bis 30.09.1996 aus Sozialleistungen abgeführte Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten aufgrund Bruttoeinkünfte von 11.867,– DM gespeichert.
Den Antrag des Klägers auf Erstattung der von ihm während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entrichteten Pflichtbeiträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.1998 mit der Begründung ab, da keine Betriebsunterbrechung vorgelegen habe, habe Versicherungspflicht des Klägers durchgehend bestanden.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger im wesentlichen damit, er habe während der Zeit seiner eigenen Erkrankung einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen müssen, um die ihm durch das Schornsteinfegergesetz auferlegten Aufgaben erfüllen zu können. Dadurch seien ihm zusätzliche Kosten entstanden, die die Beklagte zumindest teilweise dadurch ausgleichen müsse, dass sie die direkt an sie selbst entrichteten Pflichtbeiträge für die Zeit erstatte, in der der Kläger durch die Abführung von Pflichtbeiträgen auf das Verletzten geld abgesichert gewesen sei.
Mit Bescheid vom 12.11.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der Klage zum Sozialgericht hat der Kläger sich auf den bisherigen Vortrag berufen und zudem argumentiert, der Normzweck des von der Beklagten zur Ablehnung des Anspruches herangezogenen § 58 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sei es, eine Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 8 SGB VI dann aufrecht zu erhalten, wenn in Ermangelung einer Betriebsunterbrechung faktisch kein Einkommensverlust auftrete. Er selbst habe jedoch durch die Einstellung eines zusätzlichen Mitarbeiters einen Einkommensverlust in der Zeit seit der Arbeitsunfähigkeit erlitten. Hieraus sei eine Mehrfachbelastung durch die (überflüssigen) eigenen Pflichtbeiträge und das Arbeitsentgelt des zusätzlichen Mitarbeiters entstanden.
Mit Urteil vom 15.06.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Nach § 26 Abs. 2 SGB IV bestehe ein Erstattungsanspruch nur bei zu Unrecht entrichteten Beiträgen. Der Kläger habe jedoch keine Beiträge zu Unrecht entrichtet, er sei vielmehr doppelt versichert gewesen, ohne dass die Pflichtversicherung aufgrund des Bezugs von Verletztengeld die Pflichtversicherung als selbständiger Handwerker verdrängt habe. Diese Verdrängung sei denkbar unter der Voraussetzung von § 58 SGB VI, wenn nämlich wegen Unterbrechung der selbständigen Tätigkeit eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit vorliege. Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 werde eine versicherte selbständige Tätigkeit allerdings nur dann unterbrochen, wenn sie ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht weiter ausgeübt werden könne. Dies wiederum sei nur dann der Fall, wenn der Betrieb wegen der Arbeitsunfähigkeit des Selbständigen ruhe bzw. keine Betriebseinnahmen erzielt würden. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sei sein Betrieb während seiner Arbeitsunfähigkeit von seinem Gesellen und einem zusätzlich eingestellten Mitarbeiter fortgeführt worden, eine Betriebsunterbrechung sei daher nicht eingetreten.
Gegen das am 23.06.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.07.1999 eingelegte Berufung des Klägers.
Die mit Beschluss des Senats vom 09.02.2000 Beigeladene hat auf Anfrage mitgeteilt, es bestehe ein Erstattungsanspruch des Klägers in dem Umfang, in dem seine Gesamtbeiträge im Erstattungszeitraum über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen hätten. Die zugrunde gelegten Beiträge seien nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV nach dem Verhältnis ihrer Höhe zueinander so zu verringern, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichten. Die Beitragsbemessungsgrenze sei im Erstattungszeitraum um insgesamt 37,62 DM überschritten worden, so dass dem Kläger – entsprechend dem Verhältnis der Beiträge zueinander – ein Erstattungsanspruch von 25,34 DM gegen die Beklagte und von 12,28 DM gegen die Beigeladene zustehe.
In diesem Umfang ist der Rechtsstreit durch Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2001 erledigt worden.
Darüber hinaus beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.06.1999 abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beklagte und Beigeladene halten das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung des Teilvergleichs im übrigen für richtig.
Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Über die vergleichsweise erfüllten Erstattungsansprüche hinausgehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
Nach § 26 Abs. 2 SGB IV, der hier ausschließlich als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind abgesehen von dem im Teilvergleich geregelten Umfang nicht erfüllt, weil keine Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind.
Bei den von der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anerkannten Ansprüchen handelte es sich um Erstattungsansprüche hinsichtlich zu Unrecht entrichteter Beiträge insoweit, als die Summe der Beiträge der Beigeladenen für den Kläger an die Beklagte einer seits und des Klägers selbst an die Beklagte andererseits die Höhe der bei einem Beitragssatz von 19,2 v.H. und einer Bezugsgröße von 49.560,– DM jährlich bzw. 4.130,– DM monatlich die für das Jahr 1996 geltende Beitragsbemessungsgrenze überstieg. In der Summe über der Beitragsbemessungsgrenze liegende Beiträge können Anwartschaften nicht steigern und vermindern sich daher nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Die unter Überschreitung dieser Grenze entrichteten Beiträge sind daher zu Unrecht im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB VI entrichtet.
Für die weiteren vom Kläger für den Erstattungszeitraum entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gilt dies hingegen nicht, da sie rechtmäßig gezahlt worden sind, und auch in der Summe mit den von der Beigeladenen auf das Verletztengeld entrichteten Beiträgen innerhalb der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze lagen, sich also zu Gunsten des Klägers anwartschaftverbessernd auswirkten.
Die vom Kläger selbst zur Handwerkerversicherung geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung wurden von ihm zu Recht aufgrund der nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI durchgehend bestehen den Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Versicherungspflichtig sind nach diese Vorschrift selbständig tätige Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind. Damit beginnt diese Versicherungspflicht mit Aufnahme des Handwerks und Eintragung in die Handwerksrolle und endet erst mit dessen Aufgabe und der endgültigen Löschung aus der Handwerksrolle (Kasseler Kommentar/Gürtner, Sozialversicherungsrecht Band I, § 2 SGB VI, Rdr. 6, 27 ff.).
Die durchgehende Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle steht außer Frage. Auch hat der Kläger trotz seiner Arbeitsunfähigkeit weiterhin eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Zwar kann die Versicherungspflicht als Handwerker unterbrochen werden, wenn trotz bestehender Eintragung in die Handwerksrolle die selbständige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird. Insbesondere eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit kann zur Unterbrechung der Versicherungspflicht aus § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI führen. Wird die selbständige Tätigkeit dage gen auch ohne die Mitarbeit des Handwerkers ausgeübt, besteht weiterhin Versicherungspflicht (statt anderer VDR – Hrsg.- Kommentar zur gesetzlichen Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 2 Anm. 10.6). So liegt der Fall auch hier: Der Kläger hat seinen Betrieb fortgeführt, zum Ausgleich bzw. Ausfall seiner Arbeitskraft einen weiteren Mitarbeiter eingestellt und ist somit ununterbrochen selbständig tätiger Handwerker geblieben. Ein etwaiger Einkommensverlust ist insoweit unbeachtlich.
Die vom Kläger im Hinblick auf die Besonderheiten des Schornsteinfegerhandwerks gesehene Ungerechtigkeit oder Verfassungswidrigkeit besteht daher bereits im Ansatz nicht, weil das SGB VI zwischen Schornsteinfegern und anderen selbständigen Handwerkern hinsichtlich der Beitragspflicht keinen Unterschied macht.
Der Kläger ist in beitragsrechtlicher Hinsicht auch durch § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht in im Verhältnis zu anderen Handwerkern unterschiedlicher Weise betroffen. Nach dieser Vorschrift liegen Anrechnungszeiten nur dann vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehr- oder Zivildienst unterbrochen ist.
Die Vorschrift hat jedoch keine beitragsrechtliche Bedeutung, sie stellt insbesondere keine Kollisionsnorm dar. Der Normzweck der Regelung besteht vielmehr darin, nur diejenigen Versicherten (Ergänzung: im Rahmen der Leistungsgewährung) durch Anrechnung beitragsfreier Zeiten zu begünstigen, die der Solidargemeinschaft der Versicherten durch Zahlung von einkommensbezogenen Pflichtbeiträgen solidarisch verbunden waren (Kasseler Kommentar/Niesel zu § 58 SGB VI, Rdnr.93).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 SGG besteht nicht.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003