Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.1997 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Jahresarbeitsverdienst (JAV), der der Zahlung der Verletztenrente an den Kläger zugrundegelegt wird, nach billigem Ermessen zu erhöhen ist.
Der 1946 geborene Kläger, der seinerzeit die Realschule besuchte, stürzte am 25.07.1961 beim Zeitungsaustragen mit seinem Fahrrad und zog sich einen Armbruch sowie eine Contusio cerebri zu. Wegen der Folgen des Unfalles bezieht der Kläger von der Beklagten eine Verletztenrente, deren Höhe sich seit dem 01.04.1994 (wieder) nach einer MdE von 40 % bemißt (Bescheid vom 09.02.1994; Urteil LSG NRW vom 24.01.1996 – L 17 U 144/93 -). Der Kläger hatte zunächst eine Rente nach einer MdE von 40 % erhalten (Bescheid vom 15.01.1963), dann ab 01.01.1964 nach einer MdE von 30 % (Bescheid vom 11.08.1964). Ab dem 01.01.1977 wurde die Rente wieder nach einer MdE von 40 % gezahlt (Urteil LSG NRW vom 28.06.1988 – L 5 U 163/87). Wegen einer angenommenen Verschlimmerung der Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet gewährte die Beklagte ab 01.08.1990 – vorübergehend – Rente nach einer MdE von 60 % (Bescheid vom 19.12.1990).
Nach Abschluß der Realschule absolvierte der Kläger vom 01.04.1963 bis 15.10.1965 eine Verwaltungslehre bei der I … Er wurde nach erfolgreichem Abschluß der Prüfung ab 16.10.1965 als Verwaltungsangestellter übernommen und wie üblich in die Vergütungsgruppe VIII des Vergütungsvertrages zum BAT/Innungskrankenkassen eingestuft. Mit Wirkung vom 01.12.1967 wurde er in die Vergütungsgruppe VII, ab 01.10.1969 in die Gruppe VIb des genannten Tarifvertrages eingestuft. Ab dem 01.07.1972 war er als DO-Angestellter bei der AOK für den L … tätig, zunächst auf einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 8, bis er nach Ablegung der 2. Verwaltungs(forbildungs-)prüfung am 13.06.1973 mit Wirkung vom 01.09.1973 in die Besoldungsgruppe A 9 befördert wurde. Nach eigener Angabe ist der Kläger weiter in diese Besoldungsgruppe eingruppiert.
Die Beklagte hatte der Rentenbemessung zunächst als JAV das 300- fache des Ortslohnes für Erwachsene zur Zeit des Unfalles am Beschäftigungsort des Klägers festgelegt. Auf den im Dezember 1981 gestellten Antrag des Klägers auf Erhöhung des JAV setzte die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.1982 mit Wirkung ab 01.01.1977 den JAV unter Zugrundelegung des Tariflohnes für einen Angestellten in der Vergütungsgruppe VIII BAT nach Vollendung des 29. Lebensjahres aufgrund des am 16.10.1965 geltenden Tarifes neu fest. Mit weiterem Bescheid vom 13.10.1982 lehnte sie den weitergehenden Antrag des Klägers auf Erhöhung des JAV nach billigem Ermessen ab. Zur Begründung dieses Begehrens hatte der Kläger vorgetragen, ohne die Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet hätte er das Abitur ablegen und ein Studium für das Lehramt absolvieren können. Er hätte dann zumindest das Gehalt eines Realschullehrers (A 13 LBG) erreicht. Im folgenden Verfahren erkannte die Beklagte vor dem LSG NRW einen Anspruch des Klägers auf Erhöhung des JAV bereits ab 01.01.1972 an. Im übrigen blieb der Kläger mit seinem Begehren, den JAV unter Zugrundelegung der Bezüge eines Beamten nach den Besoldungsgruppen A 10 oder A 13 LBG zu erhöhen, erfolglos (Urteil LSG NRW vom 27.08.1985 – L 15 U 15/84 -). Eine Restitutionsklage gegen dieses Urteil nahm der Kläger im Termin am 09.02.1989 zurück. Er hatte bereits zuvor am 07.10.1988 erneut bei der Beklagten unter Wiederholung seiner alten Begründung beantragt, den JAV nach billigem Ermessen festzusetzen, was die Beklagte mit Bescheid vom 22.02.1989 ablehnte. In dem Berufungsverfahren (L 17 U 108/91) nahm der Kläger nach Hinweis des Gerichts die Berufung zurück, wobei er erklärte, er sehe ein, daß die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben könne.
In dem gegen den Bescheid vom 09.02.1994 anhängig gemachten Verfahren verlangte der Kläger neben der Aufhebung des Bescheides zu gleich die Änderung des JAV nach billigem Ermessen. Nachdem er im Berufungsverfahren (L 17 U 144/93) darauf hingewiesen worden war, daß seine Klage insoweit mangels anfechtbarer Verwaltungsentscheidung unzulässig sei, erklärte der Kläger das Verfahren insoweit für erledigt und beantragte zugleich nach § 44 SGB X die Überprüfung des JAV. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.03.1996 und Widerspruchsbescheid vom 06.03.1997 ab, weil bei der Feststellung des JAV nach § 565 RVO (in der bis 01.07.1963 geltenden Fassung – a.F. -) zutreffend die Einkommensverhältnisse nach Beendigung der Verwaltungslehre berücksichtigt worden seien und es kein Anhalt dafür gebe, daß es ohne den Unfall zu einer höherwertigen beruflichen Entwicklung gekommen wäre.
Zur Begründung seiner am 14.03.1997 erhobenen Klage hat der Kläger erneut vorgetragen, ohne die neurologischen Unfallfolgen hätte er das Abitur abgelegt und wäre zumindest Realschullehrer geworden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.10.1997 abgewiesen und dem Kläger Mutwillenskosten in Höhe von 2000 DM auferlegt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil verwiesen.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger ausführlich vor, wie sich aus seiner Sicht die Unfallfolgen auf seine schulischen Leistungen ausgewirkt und einer weitergehenden Ausbildung entgegengestanden hätten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.1997 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.1997 zu verurteilen, den Bescheid vom 13.10.1982 zurückzunehmen und den Jahresarbeitsverdienst nach billigem Ermessen entsprechend der Besoldungsgruppe eines Realschullehrers festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Be klagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Parteien über die zulässige Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 13.10.1982 zurückzunehmen und den JAV nach billigem Ermessen gem. § 566 RVO a.F. höher festzusetzen. Der im Bescheid vom 26.03.1982 berechnete JAV ist nicht unbillig, Fähigkeiten, Ausbildung und Lebensstellung des Klägers zur Zeit des Unfalles sind damit ausreichend berücksichtigt worden. Die Behauptung des Klägers, er habe ohne den Unfall und seine Folgen ein Studium für das Lehramt absolvieren und zumindest das Amt eines Realschullehrers erreichen können, ist bereits mehrfach gerichtlich gewürdigt und zurückgewiesen worden. In dem mit Urteil des LSG NRW vom 22.07.1977 (L 5 U 3/77) abgeschlossenen Verfahren, in dem der Kläger eine höhere MdE auch nach § 581 Abs. 2 RVO angestrebt hatte, weil er ohne die Unfallfolgen nach Abitur und Hochschulstudium einen höherwertigen Beruf ausgeübt hätte, hatte er bereits ausführlich die angeblich nach dem Unfall bestehenden Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf seine schulischen und späteren beruflichen Leistungen geschildert. Dieser Vortrag hat sich in dem Verfahren nicht bestätigen lassen. Selbst der in jenem Verfahren vom Kläger nach § 109 SGG benannte Sachverständige Prof. Dr. M … vermochte in seinem Gutachten vom 23.08.1976 keinen "Knick in der Lebenslinie" zu bestätigen, vielmehr räumte er ein, daß den vom Kläger seinerzeit vorgelegten Zeugnissen zu entnehmen sei, daß nach der Benotung keine wesentliche Änderung der Schulleistungen nach dem Unfall aufgetreten sei. In dem genannten Urteil hat das LSG NRW auch mit überzeugender Begründung darauf hingewiesen, daß nicht erkennbar sei, daß die Unfallfolgen den beruflichen Werdegang des Klägers beeinträchtigt hätten. Gegen den vom Kläger behaupteten "Knick in der Lebenslinie" spricht auch, daß in allen nach dem Unfall erstellten neurologischen Gutachten Beeinträchtigungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit verneint worden sind. Der vom Kläger erreichte berufliche Status entspricht auch dem Niveau seiner Familie. Seinen Vortrag hat der Kläger dann – erfolglos – in den Verfahren L 15 U 15/84 und L 17 U 108/91 wiederholt, wobei der Kläger das letztgenannte Verfahren in der Berufungsverhandlung nach der Hinweisen des Senats mit dem erklärten Eingeständnis beendet hat, er sehe, daß sein Begehren keine Aussicht auf Erfolg habe. In dem Verfahren LSG NRW L 17 U 143/93 ist sein diesbezügliches Vorbringen von dem damals gehörten Sachverständigen Dr. M … (Gutachten vom 22.08.1985) gewürdigt worden. Der Sachverständige hat ebenfalls keinen Knick in der schulischen oder beruflichen Entwicklung des Klägers erkennen können. Der Kläger meint allerdings, er habe jetzt erstmals eingehend zu seinen Schulzeugnissen Stellung genommen. Er hatte aber schon früher immer geltend gemacht, seine schulischen Leistungen hätten sich durch die Unfallfolgen verschlechtert. Nach den Noten trifft dies nicht zu. Wenn der Kläger in der Berufungsschrift vorträgt, die Lehrer hätten bei der Benotung auf seine Behinderungen Rücksicht genommen, ist dies bloße Spekulation. Dies gilt auch für seine durch nichts belegte Annahme, ohne den Unfall hätte er in allen Fächern "mindestens" die Note gut erreicht. Dr. M … hat zu Recht darauf hingewiesen, es ergebe sich nichts dafür, daß der Unfall ein "Genie aus kleinbürgerlichen Verhältnissen" betroffen habe. Von daher läßt sich die Behauptung des Klägers, ohne den Unfall hätte er ein Lehramtsstudium absolviert, nicht belegen. Der Senat vermag unter Würdigung der Gesamtumstände daher nicht zu erkennen, daß der nach § 565 RVO a.F. errechnete JAV unbillig im Sinne des § 566 RVO a.F. ist.
Auch die Auferlegung von Mutwillenskosten nach § 192 SGG durch das Sozialgericht ist nicht zu beanstanden. Die Tatsache, daß das Vorbringen des Klägers mehrfach auch obergerichtlich gewürdigt worden ist und vor allem der Kläger selbst 1992 eingeräumt hat, er sehe, daß sein Begehren keinen Erfolg haben könne, läßt den Schluß zu, daß bei dem Kläger ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit vorliegt und er – bildlich gesprochen – "mit dem Kopf durch die Wand" will und trotz Wissen um die Aussichtslosigkeit seines Begehrens weiter prozessiert. Im übrigen wird auf überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch die Höhe der auferlegten Kosten hat das Sozialgericht plausibel und schlüssig begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 16.08.2003
Zuletzt verändert am: 16.08.2003