Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Vergütung für eine stationäre Behandlung eines Versicherten der Beklagten.
Die klagende GmbH ist Trägerin des …-Krankenhauses in R …- …, das ein Plankrankenhaus ist. Nach dem Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 24.08.1980 idF des Änderungsbescheides vom 03.11.1997 sind für das Krankenhaus u.a. die Fachabteilungen "Allgemeine Chirurgie" und "Orthopädie (Belegabteilung)" festgesetzt. Die einschlägige Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1998 enthält unter dem Abschnitt I "Voraussichtliche Leistungsstrukturen" Ziffer 2 folgende Regelung:
"Die auf der Grundlage des Antrages des Krankenhauses vereinbarten Abteilungspflegesätze sowie der Basispflegesätze (§ 13 BPflV) und Fallpauschalen und Sonderentgelte (§ 11 BPflV) sind in den Anlagen V2, V3, K5, K6 und K7 zu dieser Vereinbarung dargestellt. Im übrigen gilt der Grundsatz, dass nicht vereinbarte Fallpauschalen und Sonderentgelte im Notfall sowie dann abrechnungsfähig sind, wenn sie dem Versorgungsauftrag entsprechen."
In der Anlage V 3 "Fallpauschale für die Fachabteilung" ist für die Fachabteilung 23 "Orthopädie" eine Fallpauschale 17.13 aufgeführt, nicht aber für die Fachabteilung 15 "Allgemeine Chirurgie".
In der chirurgischen Abteilung des …-Krankenhauses wurde das Mitglied der Beklagten …- … vom 20.04. bis 06.05.1998 wegen eines Kreuzbandrisses stationär behandelt (Einsetzen einer Kreuzbandplastik). Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür die Fallpauschale 17.13 in Höhe von DM 10154,23 in Rechnung (Rechnungsdatum 22.07.1998). In einem Begleitschreiben ist u.a. ausgeführt, es sei gemäss § 14 Abs. 2 Satz 2 der Bundespflege satzverordnung (BPflV) der Pflegesatz der zuletzt aufnehmenden Fachabteilung zu berechnen. Demnach sei unerheblich, welche Abteilung die Leistung erbracht habe. Die Beklagte überwies lediglich DM 7700,49. Die Fallpauschale 17.13 sei ausdrücklich für die Belegabteilung "Orthopädie" vereinbart. Eine Abrechnung dieser Fallpauschale über die Hauptabteilung Chirurgie sei nicht möglich.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.02.1999 Klage erhoben. Das …-Krankenhaus sei als Plankrankenhaus gemäss § 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen. Mit der Behandlung des Versicherten der Beklagten in der Chirurgischen Abteilung habe sich die Klägerin im Rahmen des Versorgungsvertrages bewegt, wie er im Disziplinen-Spiegel des Feststellungsbescheides der Bezirksregierung festgelegt sei. Der darin fixierte Versorgungsauftrag sei einer einschränkenden Regelung durch die Pflegesatzvereinbarung entzogen. Bereits nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 BPflV müßten Fallpauschalen bzw. Sonderentgelte unabhängig von dem jeweiligen krankenhausindividuellen Pflegesatzverfahren zwingend erhoben werden, d.h. sie müßten berechnet werden, sofern ein subsummierbarer Abrechnungsfall vorliege. Die Funktion der Pflegesatzvereinbarung bestehe im Wesentlichen darin, den Leistungsrahmen und die Kostenentwicklung festzuschreiben, welche für die Bemessung des jeweiligen Pflegesatzes maßgeblich seien. Der Sanktionsmechanismus der §§ 11, 12 BPflV trete ein, sofern die in der Pflegesatzvereinbarung vor auskalkulierten Leistungsvolumina überschritten würden. Die Bundespflegesatzverordnung enthalte keine Norm, die ein Abrechnungsverbot statuiere.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 2444,74 DM nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab 09.08.1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer bislang vertretenen Auffassung festgehalten. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BPflV dürften Fallpauschalen und Sonderentgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrages abgerechnet werden. Dieser werde durch die Pflegesatzvereinbarung konkretisiert. Die streitige Fallpauschale 17.13 sei im bundesweiten Entgeltkatalog der Gruppe 17 "Operationen an den Bewegungsorganen" zugeordnet. In der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe würden " … Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane …" dem Fachgebiet Orthopädie zugerechnet. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Abteilungen und der medizinischen Zuordnung innerhalb der Weiterbildungsordnung sei die Fallpauschale 17.13 folglich für die Fachabteilung "Orthopädie" des Elisabeth-Krankenhauses vereinbart worden. Eine entsprechende Vereinbarung für die Fachabteilung "Chirurgie" sei nicht getroffen worden. Die Formulierung des Satzes 2 des Abschnitts I 2 der Pflegesatzvereinbarung 1998 stelle klar, dass zunächst die Vereinbarung Grundlage der Abrechnung sei. Erst wenn dort keine Regelung zu finden wäre, gelte der zweite Satz. Da für die Fallpauschale 17.13 aber vorliegend eine Vereinbarung getroffen worden sei, könne die Vorschrift nicht greifen. Somit sei die Abrechnung der Fallpauschale 17.13 nur über die Fachabteilung "Orthopädie" möglich. Grundsätzlich käme vorliegend nur eine Abrechnung über den Abteilungspflegesatz "Chirurgie" einschließlich Basispflegesatz in Betracht. Die Beklagte habe jedoch der Klägerin zur Vermeidung eines Rechtsstreits bereits die günstigere Abrechnungsvariante (Fallpauschale 17.13 für die Fachabteilung "Orthopädie") zugestanden.
Mit Urteil vom 19.02.2001 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäss verurteilt. Die Klägerin müsse sich nicht so behandeln lassen, als sei der Versicherte wie ein Belegpatient versorgt worden. Die Beklagte könne sich insbesondere nicht darauf berufen, die Fallpauschale Nr. 17.13 sei in der Anlage V3 zu Pflegesatzvereinbarung 1998 nur bei der Belegabteilung "Orthopädie" aufgeführt. Voraussetzung für die Berechnung der Fallpauschalen gegenüber der Krankenkassen sei gemäss §§ 14 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BPflV , dass ein abrechnungsfähiger Behandlungsfall vorliege. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass der Behandlungsfall hier die Voraussetzungen der Fallpauschale 17.13 erfülle. § 14 Abs. 1 Satz 2 BPflV begrenze den Bereich für die Abrechnung von Fallpauschalen insoweit, als sie nur im Rahmen des Versorgungsauftrages berechnet werden dürfen. Der Versorgungsauftrag werde gemäss § 4 Nr. 1 BPflV bei Plankrankenhäusern in erster Linie durch die Festlegungen des Krankenhausplanes und den Feststellungsbescheid der zuständigen Bezirksregierung bestimmt. Dieser habe für das …-Krankenhaus sowohl eine Fachabteilung "Allgemeine Chirurgie" als auch eine Fachabteilung "Orthopädie" zum Inhalt. Die Behandlung des Versicherten wegen der Kreuzbandruptur habe hinsichtlich ihrer medizinischen Zuordnung, wie dies die Weiterbildungsordnungen deutlich machten, sowohl in der Fachabteilung "Chirurgie" als auch in der Fachabteilung "Orthopädie" durchgeführt werden können. Entgegen der Ansicht der Beklagten stellte die Pflegesatzvereinbarung keine vertragliche Konkretisierung des Versorgungsauftrages dar. Gegenstand der Pflegevereinbarung sei nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) ausschließlich der Pflegesatz. Wenn gemäss Abschnitt 1 der Pflegesatzvereinbarung 1998 der Grundsatz gelte, dass nicht vereinbarte Fallpauschalen dann abrechnungsfähig seien, wenn sie dem Versorgungsauftrag entsprächen, so schließe diese Abrede eine Abrechnung der Fallpauschale Nr. 17.13 für die Fallabteilung "Chirurgie" nicht aus. Sie sei für diese Abteilung nicht vereinbart und deshalb ebenso abrechenbar wie eine Fallpauschale, die für keine Abteilung vereinbart sei, aber dem Versorgungsauftrag entspreche.
Gegen dieses ihr am 01.03.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.03.2001 Berufung eingelegt. Das angefochtene Urteil verletze die §§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V, 14 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 2 Satz 2 BPflV und 17 Abs. 1 Satz 3 KHG. Danach dürfe ein gemäss § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus nur solche Leistungen erbringen und abrechnen, die seinem Versorgungsauftrag entsprechen. Der Versorgungsvortrag eines Krankenhauses ergebe sich aus dem gemäss § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG erlassenen Feststellungsbescheid. Aus dem hier einschlägigen Feststellungsbescheid sei ersichtlich, dass die "Orthopädie", welcher die hier abgerechnete Fallpauschale zuzuordnen sei, im Krankenhaus der Klägerin als Belegeabteilung ausgewiesen sei. Dies folge aus dem Klammerzusatz "(b)" in der Auflistung der in den Versorgungsauftrag der Klägerin fallenden Disziplinen. Dem gemäss sei der Versorgungsauftrag der Klägerin bezüglich der Leistungen der "Orthopädie" so zu definieren, dass Leistungen dieser Art nur in der Belegabteilung erbracht und nur entsprechend abgerechnet werden dürften. Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses sei nicht von diesem zu konkretisieren, er sei vielmehr vorgegeben. Im Einzelfall gehe es nur darum, ob ein konkreter Behandlungsfall unter dem Versorgungsauftrag zu subsummieren sei oder nicht. Der Klägerin stehe nicht das Recht zu, willkürlich darüber zu disponieren, ob sie durch ausschließlich organisatorische Maßnahmen den Kostenträger mit höheren oder niedrigeren Kosten belasten wolle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.02.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält demgegenüber das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und betont, entsprechend dem Feststellungsbescheid sei für das Krankenhaus die Hauptabteilung "Chirurgie" und die Abteilung "Orthopädie" als Belegabteilung zugelassen. Die Krankenhausträger konkretisierten im Rahmen der Planvorgaben den Versorgungsauftrag einseitig. Die Klägerin sei insofern berechtigt gewesen, den betreffenden Eingriff der Hauptabteilung "Chirurgie" zuzuweisen. Die Pflegesatzvereinbarung und ihre gesetzlichen Grundlagen in §§ 17, 18 KHG beträfen lediglich die Bemessungsgrundlagen. Sie seien grundsätzlich nicht geeignet, den Versorgungsauftrag zu konkretisieren. Bereits deshalb könne die Pflegesatzvereinbarung kein Abrechnungsverbot statuieren, so dass das Entgeltsystem der Bundespflegesatzverordnung zwingend sei. Die Hauptabteilung "Chirurgie" sei sowohl hinsichtlich ihrer personellen und apparativen Ausstattung im Stande als auch durch ihre Weiterbildungsordnung ermächtigt gewesen, den Eingriff lege artis durchzuführen. Deshalb sei die Operation nicht der Belegabteilung "Orthopädie" mit der nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BPflV gekürzten Fallpauschale vorbehalten geblieben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Auch zur Überzeugung des Senats durfte die Klägerin den streitgegenständlichen Eingriff – Einsetzen einer Kreuzbandplastik – in der Hauptabteilung Chirurgie durchführen und hierfür die ungekürzte Fallpauschale 17.13 abrechnen. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung vollinhaltlich dem erstinstanzlichen Urteil an. Soweit er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist, sieht er von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Insbesondere konnte der Senat die vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung nicht bestätigt finden, das Krankenhaus beeinflusse durch manipulative Dispositionen, ob zu Lasten der Solidargemeinschaft für die betreffende Operation lediglich die gekürzte Fallpauschale der Belegabteilung oder die volle Fallpauschale der Hauptabteilung anfalle. Denn die Vertreter der Klägerin haben nachvollziehbar dargelegt, dass die in der Abteilung "Orthopädie" tätigen Belegärzte regelmässig ihre eigenen Patienten operierten. Eine Versorgung in der Hauptabteilung erfolge demgegenüber, wenn ein niedergelassener Arzt Krankenhausbehandlung verordnet habe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nach § 144 Abs. 2 Ziffer 2 SGG zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Erstellt am: 24.02.2004
Zuletzt verändert am: 24.02.2004