Das Urteil des Sozialgerichts Detmold wird zum Teil geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22. Närz 1995 wird unter Abänderung des Bescheides vom 17. September 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1992 und unter Aufhebung des Bescheides vom 25. April 1996 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte lediglich verurteilt wird, dem Kläger einen neuen Bescheid über die Gewährung einer erhöhten Pflegezulage unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts zu erteilen hat. Der Beklagte trägt die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu zwei Drittel. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem kriegsblinden Kläger eine erhöhte Pflegezulage im Sinne von § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zusteht, weil er ganztägig von seiner Ehefrau betreut und gepflegt wird.
Der 1938 geborene Kläger, ein Spätaussiedler aus der früheren UdSSR, ist wegen einer kriegsbedingten Internierung in Kasachstan erblindet. Er erhält aufgrund des Bescheides vom 29.12.1978 wegen "praktischer Erblindung beider Augen" seit dem 01.11.1976 Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 von Hundert (v.H.). Außerdem gewährt ihm der Beklagte u.a. eine Pflegezulage der Stufe III, Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag, eine Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I sowie Berufsschadensausgleich (Leistungshöhe 1991: 4.348,– DM). Der Kläger erhält daneben eine Rente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) – Höhe 1991: 287,10 DM brutto -.
Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete der Kläger am 15.05.1990 die 1948 geborene Zeugin, die Gemeindeschwester M D. Diese ist ausgebildete Krankenschwester, war langjährig in einer Diakonie-Pflegestation beschäftigt und bezog zuletzt (Juni 1990) ein Gehalt der Besoldungsgruppe V c des Bundesangestelltentarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der Evangel. Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) in Höhe von Brutto 3.500,60 DM monatlich (= 2.142,92 DM netto für 39 Arbeitsstunden pro Monat). Weiteres Einkommen hat sie nicht.
Am 26.06.1991 beantragte der Kläger, ihm erhöhte Pflegezulage zu gewähren, weil durch den Umfang der pflegerischen Tätigkeit "die Familiengemeinschaft außergewöhnlich finanziell belastet" sei. Er berief sich darauf, seine Ehefrau habe ihre berufliche Tätigkeit aufgeben müssen, um ihn zu pflegen. Hierfür biete die gewährte pauschale Pflegezulage der Stufe III keinen Aus gleich. Er berief sich dabei auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 16.02.1984 (- L 10 V 49/82 – abgedruckt in: Breithaupt 1984, Seite 788 ff.).
Mit Bescheid vom 17.09.1991 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erhöhung der Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG mit der Begründung ab, das Einkommen des Beschädigten reiche zur Bestreitung des angemessenen Lebensunterhaltes der aus ihm und seiner Ehefrau bestehenden Familie aus. Abgesehen von den Leistungen zur Abdeckung besonderen schädigungsbedingten Aufwandes (Kleider verschleißpauschale, Führzulage, Pflegezulage, Hälfte der Grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage) verbleibe ihm (vom Gesamtbetrag der Kriegsopferleistungen in Höhe von ca. 4.348,– DM zuzüglich der BfA-Rente in Höhe von brutto 287,10 DM = gesamt: 4.635,– DM) als verfügbares Nettoeinkommen noch ein Betrag von monatlich 2.681,59 DM, und zwar:
Sozialversicherungsrente 269,59 DM,
Ausgleichsrente 998,– DM,
Ehegattenzuschlag 109,– DM,
Berufsschadensausgleich 806,– DM,
1/2 der Grundrente 499,– DM.
Damit sei der angemessene Lebensunterhalt der Familie sichergestellt. Deshalb sei eine Erhöhung der Pflegezulage unnötig.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers, mit dem er vortrug, seiner Ehefrau entgehe jetzt – bei regelmäßiger Arbeitszeit ein Einkommen in ihrem bisherigen Beruf von brutto 4.038,– DM monatlich, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.12.1992).
Der Kläger hat am 04.03.1992 bei dem Sozialgericht Detmold Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf höhere Pflegezulage weiter verfolgt hat. Er hat vorgetragen, ein Verzicht auf mehr als 4.000,– DM brutto monatlich sei eine spürbare Einschränkung des Familienunterhalts, für die die Pflegezulage der Stufe III, die etwa ein Viertel dieser Summe betrage, kei nen Ausgleich biete. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß seine Ehefrau im Falle einer beruflichen Tätigkeit auch im Alter besser abgesichert sei. Es könne auch nicht rechtens sein, daß pflegende Ehefrauen unterschiedlich behandelt würden; das widerspreche dem Gleichheitssatz. Im Falle der Eheschließung eines Beschädigten mit der Pflegeperson sei die wegen Pflegevertrags gewährte erhöhte Pflegezulage in mehreren Fällen weiter gezahlt worden.
Anfangs hat er mitgeteilt, er habe mit seiner Ehefrau keinen Pflegevertrag abgeschlossen. Er zahle ihr auch kein direktes Entgelt für ihre pflegerische Leistungen; dazu sei er finanziell auch nicht in der Lage, zumal er durch einen Hauskauf hohe Schulden habe. Durch seinen Antrag auf Erhöhung der Pflegezulage habe er jedoch zum Ausdruck gebracht, daß er im Rahmen der erhöhten Pflegezulage Zahlungen an seine Ehefrau beabsichtige. In ähnlichen Fällen sei es Kriegsblinden mehrfach gelungen, den Beklagten zu verpflichten, eine erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 Satz 5 BVG alter Fassung (a.F.) zu gewähren. In diesen Fällen habe zum Zeitpunkt der Eheschließung ein Pflegevertrag bestanden. Es könne jedoch keinen Unter schied machen, ob ein ausdrücklicher Vertrag existiere oder ob jemand wegen Eheschließung seine Erwerbstätigkeit aufgebe. Darüber hinaus hat der Kläger ein hausärztliches Attest vorgelegt, wonach er aufgrund seiner verschiedenen chronischen Leiden rund um die Uhr Pflege und Betreuung benötige. Dazu sei seine Frau als Krankenschwester und Vertrauensperson, auch wegen sein psychischen Auffälligkeiten, nötig.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.09.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1992 zu verurteilen, ihm vom 01.06.1991 an eine erhöhte Pflegezulage nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren und dabei das Gehalt einer Pflegekraft nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe KR 3 der Anlage 2 c der Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes für 56 Stunden in der Woche zugrunde zu legen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, mit der Neufassung des § 35 BVG durch das KOV-Strukturgesetz 1990 (Gesetz zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz vom 23.03.1990, BGBl I, S. 582) sei die bis dahin geltende Regelung insofern geändert worden, als eine Erhöhung der Pflege pauschale nur noch ausschließlich bei arbeitsvertraglicher Fremdpflege durch Dritte in Betracht komme. Die bis zum Inkrafttreten des KOV-Strukturgesetzes geltende Verwaltungsverordnung (VV) Nr. 4 zu § 35 BVG könne daher nicht mehr angewandt werden. Lediglich bei Alt-Fällen werde die bisherige Leistung im Wege des Härteausgleichs weitergewährt. Auf ein Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 26.01.1994 (Az.: VI 1-53063, abgedruckt in: Bundesversorgungsblatt – BVBl. – 1994, Heft 1 – 4, S. 11) werde verwiesen. Hier liege eine solche Sachlage nicht vor.
Das SG hat über den Umfang der Pflege durch die Ehefrau des Klägers Beweis erhoben. Diese hat als Zeugin erklärt, sie bereite für den Beschädigten morgens das Bad vor, damit er sich waschen könne, lege die Kleidung zurecht, messe ihm den Blut druck und reibe ihn mit Rheumamitteln ein. Danach räume sie das Bad auf, bereite das Frühstück vor und schneide das Brot mundgerecht zu. Anschließend räume sie auf, sie lese ihm die Post und die Zeitung vor und beantworte seine Post. Auch das Mittagessen müsse sie mundgerecht zubereiten. Außerdem müsse sie darauf achten, daß seine Kleidung sauber sei. Nachmittags fahre sie mit ihrem Mann hinaus und gehe mit ihm spazieren, oft fahre sie auch zu Baumärkten. Er mache manchmal handwerkliche Arbeiten. Sie bereite auch die Zwischenmahlzeiten und das Abendbrot zu. Sie höre mit ihm Radio und bespreche mit ihm die Nachrichten. Sie lese ihm außerdem religiöse und andere Literatur vor. Ferner gebe sie ihm die vom Arzt verordneten Medikamente und dosiere diese auch nach Bedarf. Sie habe mit ihrem Ehemann inzwischen auch einen schriftlichen Vertrag über seine Pflege abgeschlossen und ein Gehalt nach BAT VIII vereinbart; bisher habe er jedoch noch nichts an sie gezahlt. Desweiteren hat der Dipl.-Sozialarbeiter P W , Personalleiter für acht Sozialstationen beim Caritasverband, als Sachverständiger erklärt, die Zeugin müsse etwa zwei Stunden täglich für Behandlungspflege, zwei Stunden für Grundpflege und vier Stunden für eine weitere Betreuung des Klägers ein schließlich hauswirtschaftlicher Verrichtungen aufwenden. Diese Arbeiten müßten sonst von einer Pflegekraft, die nach Tarifgruppe KR 1 der Anlage 2 c der Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) bezahlt werde, geleistet werden (Pflegehelferin).
Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 22.03.1995 verpflichtet, dem Kläger eine erhöhte Pflegezulage nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren und dabei das Gehalt einer Pflegekraft mit dem Endgrundgehalt der Vergütungsgruppe KR 1 der Anlage 2 c der AVR der Deutschen Caritasverbandes für 56 Stunden in der Woche zugrunde zu legen.
Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Das Gericht hat die Auffassung vertreten, § 35 Abs. 2 BVG in der Neufassung des KOV-Strukturgesetzes (neue Fassung – n.F. -) gebe auch dann einen Anspruch auf erhöhte Pflegezulage, wenn die Pflege ohne Arbeitsvertrag von der Ehefrau ge eistet werde. In diesem Fall sei der wirtschaftliche Wert nach der Arbeitsleistung zu bemessen. Die Vernehmung der Ehefrau des Klägers habe ergeben, welche Pflegeleistungen sie er bringe; der Sachverständige habe erläutert, welcher Pflegeaufwand erforderlich sei und wie eine fremde Pflegekraft bezahlt werden müsse. Er habe überzeugend dargelegt, daß etwa acht Stunden täglich Hilfe erforderlich sei, die als Tätigkeit einer Pflegehelferin zu bewerten sei. Der Vergleich mit der Pflegezulage der Stufe III zeige, daß die angemessenen Kosten höher seien als dieser Betrag. Dem Kläger stehe damit ab 01.06.1991 eine erhöhte Pflegezulage zu, deren Berechnung sich aus § 35 Abs. 2 BVG ergebe. Soweit der Kläger allerdings beantragt habe, von der Vergütungsgruppe KR 3 auszugehen, habe seine Klage dagegen keinen Erfolg haben können.
Gegen das ihm am 04.04.1995 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.05.1995 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, die Auffassung des Sozialgerichts entbehre der rechtlichen Grundlage. § 35 Abs. 2 BVG n.F. bestimme eindeutig, daß eine Erhöhung der Pflegezulage bei Pflege durch einen Dritten nur bei Abschluß eines Arbeitsvertrages möglich sei; selbst wenn im vorliegenden Fall ein solcher Arbeitsvertrag konstruiert werde, sei die Ehefrau des Klägers nicht Dritte im Sinne der Vorschrift. Das könne nicht ein mit dem Beschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebender Angehöriger sein, wie sich aus Abs. 2 Satz 2 und 3 ergebe, da die Bestimmung sonst unter laufen würde. Auch die Gesetzesmaterialien sprächen für diese Auslegung. Es habe lediglich eine bessere Bewertung der vom Ehegatten neben dem Dritten erbrachten Leistungen erreicht werden sollen.
Auf Anregung des Senats hat der Beklagte auch den Antrag des Klägers, ihm höhere Pflegezulage zumindest im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG zu gewähren, beschieden: Mit Bescheid vom 25.04.1966 hat er den Antrag abgelehnt. Er hat sich erneut auf die Neufassung des § 35 BVG durch das KOV-Strukturgesetz 1990 berufen. Danach komme eine Erhöhung der Pflegepauschale ausschließlich bei arbeitsvertraglicher Fremdpflege durch Dritte in Betracht, nicht aber bei der Pflege durch Ehegatten. Dritte seien nicht Ehegatten. Die bis zum Inkrafttreten des KOV-Strukturgesetzes geltende VV Nr. 4 könne wegen fehlender Rechtsgrundlage auch nicht mehr angewendet werden. Da der Kläger die Ehe erst im Mai 1990 eingegangen sei, seine Ehefrau ihre Berufstätigkeit erst Ende Juni 1990 aufgegeben habe und der Leistungsantrag erst im Juni 1991 gestellt worden sei, handele es sich auch nicht um einen Altfall nach dem bis zum 31.03.1990 geltenden Recht, bei dem mit Zustimmung der Bei geladenen die bisher zustehende Leistung aus Vertrauensschutzgründen im Wege des Härteausgleichs weitergewährt werde.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.03.1995 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, außerdem den Bescheid vom 25.04.1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm – dem Kläger – einen neuen Bescheid über die Gewährung einer erhöhten Pflegezulage im Wege des Härteausgleichs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Er hat den am 23.07.1993 mit seiner Ehefrau abgeschlossenen schriftlichen Pflegevertrag vorgelegt, wonach dieser ein Gehalt nach Vergütungsgruppe VII gemäß den AVR für 56 Arbeitsstunden pro Woche gezahlt werden solle (entsprechend einem Bruttogehalt von 5.347,66 DM).
Er ist weiterhin der Auffassung, der Beklagte interpretiere den Gesetzeswortlaut falsch. Unter "fremder Hilfe" sei jede Hilfeleistung zu verstehen, die nicht Eigenpflege sei; folge richtig müsse unter dem Begriff "Dritter" jede Person erfaßt werden, die Hilfe leiste, gleich ob es sich um eine außenstehende Person handele oder einen Ehegatten. § 35 Abs. 2 Satz 2 BVG n.F. regele lediglich den Umfang des dem Ehegatten verbleibenden Anteils der pauschalen Pflegezulage, wenn neben diesem eine weitere Pflegeperson per Arbeitsvertrag beschäftigt werde. Die Fallgestaltung einer Vollzeitpflege durch den Ehegatten werde durch die genannte Teilregelung nicht erfaßt.
Die aus einem weiteren Rundschreiben des BMA vom 27.10.1995 ersichtliche Auffassung, daß ausnahmsweise für junge Pflegebedürftige die Pflegezulage im Wege des Härteausgleichs erhöht werden könne, während der Gesetzgeber für ältere Pflegebedürftige in § 35 Abs. 2 BVG eine abschließende Regelung getroffen habe (Az.: VI 1-53063, abgedruckt in: BVBl. 1994, Heft 10 – 12, S. 11), sei unhaltbar; sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es treffe auch nicht zu, daß die VV Nr. 4 zu § 35 BVG durch die Neuregelung des § 35 BVG gegenstandslos geworden sei, denn der Neufassung des Gesetzes habe der politische Wille zugrunde gelegen, daß durch die Gesetzänderung keine Leistungsverschlechterung für Beschädigte eintreten solle.
Der Beklagte beantragt demgegenüber ergänzend,
die Klage gegen den Bescheid vom 25.04.1996 abzuweisen.
Die zum Verfahren beigeladene Bundesrepublik Deutschland
schließt sich den Anträgen und dem Sachvortrag des Beklagten an.
Die Beteiligen haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der über den Kläger geführten Versorgungs- und Schwerbehindertenakten sowie auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der eingereichten Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch im wesentlichen unbegründet. Die gegen den Bescheid vom 25.04.1996 zweitinstanzlich erhobene Klage ist im Sinne des Hilfsantrags begründet.
Gegenstand des Rechtsstreites ist sowohl der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer erhöhten Pflegezulage im Wege der Anspruchsversorgung (umittelbar gegründet auf § 35 BVG) als auch der Anspruch auf Ermessensleistungen im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte bereits bei Erlaß des zunächst angefochtenen Bescheides vom 17.09.1991 (mit dem er ausdrücklich nur über die Anspruchsversorgung entschieden hat) gehalten war, auch über den Anspruch auf Härteausgleich mit zu entscheiden, weil vom Antrag des Klägers ersichtlich jede sinnvolle Versorgungsleistung erfaßt ist. Jedenfalls hat der Beklagte mit seinem Bescheid vom 25.04.1996 in Anlehnung an die Rundschreiben der Beigeladenen vom 26.01. und 27.10.1994 über die Ablehnung eines Härteausgleichs im Sinne von § 89 BVG entschieden. Diese Entscheidung ist angesichts der aus Gründen der Prozeßökonomie gebotenen weiten Auslegung gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Soweit das Sozialgericht den Beklagten unter unmittelbarer Anwendung von § 35 Abs. 2 BVG verurteilt hat, dem Kläger eine erhöhte Pflegezulage zu gewähren, vermag dem der Senat allerdings nicht zu folgen. Insoweit war das erstinstanzliche Ur teil abzuändern.
Die Gewährung einer Pflegezulage an Kriegsbeschädigte richtet sich nach § 35 BVG. § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BVG in der vorliegend anzuwendenden (Leistungsantrag vom Juni 1991) Fassung des KOV-Strukturgesetzes 1990 lautet:
"(1) Solange der Beschädigte infolge der Schädigung so hilflos ist, daß er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang fremder Hilfe dauernd bedarf, wird eine Pflegezulage von 390,– DM (April 1990) bzw. 402,– DM (Juli 1990) bzw. 422,– DM (ab Juli 1991) – Stufe I – monatlich gezahlt. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf Beträge von (anfangs) 663,–, 940,–, 1.211,–, 1.570,– oder 1.975 ,– DM (Stufe II, III, IV, V und VI) – Beträge April 1990 – zu erhöhen. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Abs. 1 Satz 1
von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Abs. 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Lebt der Beschädigte mit seinem Ehegatten oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, daß er nur ein Viertel der von ihm aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen hat und ihm mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn der Ehegatte oder Elternteil eines Pflegezulageempfängers mindestens der Stufe V neben dem Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leistet."
Der Kläger erhält dementsprechend gem. Abs. 1 der Vorschrift als Kriegsblinder eine pauschalierte Pflegezulage nach Stufe III. Diese belief sich im Antragsjahr 1991 auf monatlich 970,– bzw. 1.019,– DM (bis/ab 01.07.1991).
Schon nach Wortlaut und Systematik des § 35 Abs. 2 BVG n.F. kann ein Beschädigter grundsätzlich keine erhöhte Pflegezulage (mehr) erhalten, wenn er von seinem Ehegatten gepflegt wird. Zwar leistet auch ein Ehegatte dem Beschädigten "fremde Hilfe", wenn er ihm betreuend und pflegend zur Seite steht. Jedoch setzt § 35 Abs. 2 BVG für die dort vorgesehene umfassende Erhöhung der Pflegezulage allein die fremde Hilfe eines Dritten voraus. Da § 35 Abs. 2 BVG n.F. nach seinem Wortlaut ausdrücklich zwischen "Dritten" und "Ehegatten oder Elternteilen" unterscheidet, wird deutlich, daß bei der Pflege durch Ehegatten eine Erhöhung der Pauschale nicht mehr vorgesehen ist. Von Bedeutung ist nach der Systematik der Vorschrift auch, daß die bis zum 31.03.1990 in § 35 Abs. 1 Satz 5 BVG (alter Fassung; – a.F. -) enthaltene Bezugsberechtigung für Fälle der Ehegattenpflege entfallen ist. Diese Vorschrift lautete:
"Übersteigen die Aufwengungen für fremde Wartung und Hilfe den Betrag der Pflegezulage, so kann sie angemessen erhöht werden".
Daraus hat die Versorgungsverwaltung in ständiger Praxis entnommen, daß die Wartung und Pflege durch einen Ehegatten leistungserhöhend wirken kann. Beispielgebend heißt es dazu in Nr. 4 Satz 2 der VV zu § 35 BVG:
"Bei Wartung und Pflege durch den Ehegatten ist die Pflegezulage ausnahmsweise angemessen zu erhöhen, wenn der Umfang der pflegerischen Tätigkeit zu einer außergewöhnlichen finanziellen Belastung der Familiengemeinschaft führt und die gewährte Pflegezulage keinen Ausgleich bietet".
Zu dieser Anordnung hat es indes immer wieder Streitigkeiten gegeben, sei es wegen der Frage, wann eine besondere Belastung der Familiengemeinschaft vorlag – insbesondere ob dies bei den relativ hoch versorgten Kriegsblinden der Fall ist -, sei es daß gestritten wurde, ob ein Beschädigter für den pflegenden Ehegatten wenigstens einen Teil der pauschalen Pflegezulage des Abs. 1 dann weiter beziehen sollte, wenn eine Pflege durch familienfremde Personen einsetzte und zu Leistungserhöhungen führte. Im Zusammenhang mit der Bezugsberechtigung für eine alleinpflegende Ehefrau äußerte das Bundessozialgericht (BSG) bereits 1981 Bedenken, ob eine solche Begünstigung überhaupt mit der Pauschalregelung des § 35 Abs. 1 BVG vereinbar sei. Das BSG wies insbesondere daraufhin, daß sich üblicherweise der Aufwand bei Pflege durch Familienangehörige gar nicht in Geldeswert umsetzen lasse. Es liege gerade im Wesen der nach § 35 Abs. 1 Satz 1 – 4 BVG a.F. bemessenen Beträge, daß sie sich an typischen Verhältnisse orientierten und keinen Einzelnachweis erforderten (BSG in: Sozialrecht – SozR – 3100 § 35 BVG Nr. 14). Diese deutliche, wenn auch zurückhaltend formulierte Kritik an der Leistungspraxis der Versorgungsverwaltung wird auch dem Gesetzgeber bekannt gewesen sein, als er 1990 diese Regelung beseitigte, obgleich die Gesetzesmaterialien (vgl. Bundestagsdrucksache – BT-Ds – 11/5831 und 11/6414) dazu nichts enthalten.
Hinzu kommt nach den zutreffenden Ausführungen der Beigeladenen, daß man 1990 die Feststellungen des Bundesrechnungshofs aus den achtziger Jahren berücksichtigen wollte, der die zum Teil undifferenzierte erhöhte Leistungsgewährung der Versorgungsämter zum Anlaß genommen hatte, auf eine Neuregelung in § 35 BVG zu drängen (vgl. dazu das BMA-Rundschreiben vom 18.04.1989, Az.: VI a 1-53063; siehe den Hinweis in: BVBl. 1994, Heft 1 – 4, Seite 15, am Anfang).
Schließlich ist nach den zweifelsfreien Angaben der Beigeladenen zu berücksichtigen , daß der Gesetzgeber mit dem Ausschluß der Ehegattenpflege erreichen wollte, daß die zum Teil recht alt gewordenen Kriegsopfer und ihre Angehörigen davor bewahrt werden sollten, daß sie – faktisch – in eine Übernahme von Pflegeleistungen wegen der finanziellen Vorteile gedrängt würden (vgl. BMA-Rundschreiben vom 27.10.1994 in: BVBl. 1994, Heft 10 – 12, S. 11). Nicht zuletzt zeigt auch der in § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG geänderte Text, wonach nunmehr in erster Linie auf den Umfang der Pflegetätigkeit, nicht aber mehr auf den Umfang der erforderlichen Aufwendungen abgestellt wird, daß der Gesetzgeber die Frage der Ehegattenpflege mit der Geltendmachung erhöhter Aufwendungen durch die Neuregelung erfassen wollte.
All dies spricht deutlich dafür, daß der Gesetzgeber mit der Neuregelung 1990 eine erhöhte Leistung für alleinpflegende Ehegatten und Elternteile grundsätzlich ausschließen wollte.
Diese Annahme verbietet auch, wie dies möglicherweise dem Sozialgericht vorgeschwebt hat, eine ausdehnende Auslegung des § 35 Abs. 2 BVG oder aber die Annahme eines Redaktionsfehlers im Gesetzgebungsverfahren.
Indes ist dem SG im Kern zuzustimmen, daß die gesetzgeberische Lösung in bestimmten Fällen nicht nur unbefriedigend ist, sondern einer Korrektur bedarf. Demgemäß steht dem Kläger ein Anspruch auf Härteausgleich gemäß § 89 BVG unter Berücksichtigung seines besonderen Einzelfalles zu.
"Sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes besondere Härten ergeben", kann nach § 89 BVG mit Zustimmung des BMA ein Ausgleich gewährt werden. Eine solche Zustimmung hat die Beigeladene, für die der BMA handelt, allerdings nicht erteilt. Liegt die Zustimmung – oder eine nachträgliche Genehmigung – nicht vor, wäre ihre Versagung aber rechtswidrig, so wird die Zustimmung durch den gerichtlichen Spruch ersetzt (vgl. dazu etwa: Rohr-Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Loseblattkommentar, Stand 01/96, Anm. 5 zu § 89 BVG).
Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs sind zu bejahen. Eine andere Entscheidung wäre ermessensfehlerhaft. Die Versagung von Leistungen in besonderen Einzelfällen, vornehmlich in Fällen wie dem vorliegenden, würde nämlich sonst gegen Artikel 3 und 6 des Grundgesetzes – GG – verstoßen.
Vorauszuschicken ist allerdings, daß der Gesetzgeber auch bei Eingriffen in bestehende Leistungsregelungen oder bei deren Beseitigung einen weiten Gestaltungsspielraum hat, jedenfalls sofern Leistungseinschränkungen für die Zukunft erfolgen, ein eventuell erforderlicher Bestandsschutz und den jeweiligen Besonderheiten erforderlichenfalls angepaßte Übergangsregelungen vorgesehen sind (vgl. etwa Schmidt-Bleibtreu-Klein, Komm. z. GG, 8. Aufl., 1995, RN 16 zu Bl. 3). Stets ist aber auch zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die Gesetzesänderung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hin blick auf den gegebenen Sachverhalt und das Gesamtregelungssystem durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder aber als willkürlich erscheint (Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 80, 311; 44, 21 ff.; BSG, jüngst Urteil vom 06.03.1996 – 9 RVg 4/95, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR bestimmt, sowie weitere Urteile von selbem Tage zu dieser Problematik – dort: Stichtagsregelung des Opferentschädigungsgesetzes – OEG -).
Gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 GG würde insbesondere dann verstoßen, wenn der Gesetzgeber ohne erkennbare Gründe von seinen eigenen Regelungsgrundsätzen ab weicht (vgl. BVerfGE 13, 31; zur Systemgerechtigkeit im übri gen: BVerfGE 34, 103, 115; 66, 214, 224; 76, 130, 139; 81, 176, 207; Jarass-Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 3. Aufl., 1995, Art. 3 Rand-Nr. – RN – 19; von Mangold-Klein-Starck, Das Bonner Grundgesetz, 3. Aufl., 1985, Art. 3, RN 33 ff.)
Der völlige Ausschluß von Kriegsbeschädigten in Fällen der Ehegattenpflege aus dem Kreis der Leistungsbezieher für eine Pflegezulageerhöhung würde eine solche Systemwidrigkeit enthalten. Er würde auch die Kriegsopfer in bestimmten Fällen ohne näheren Grund gegenüber vergleichbaren beschädigten Bundeswehrsoldaten, Zivildienstleistenden, Impfopfern oder Gewaltopfern benachteiligten, wie diese in dem Rundschreiben der Beigeladenen vom 27.10.1994 (a.a.O.) genannt sind.
Zutreffend ist, daß sich die bisherigen, sehr generellen Regelungen zur Pflegezulageerhöhung in § 35 Abs. 1 Satz 5 BVG a.F. als wenig praktikabel erwiesen haben, in nicht wenigen Einzel fällen sogar zu mißbräuchlichen Inanspruchnahmen oder zu überzogenen Leistungsgewährungen geführt haben. Dies haben die Entscheidungen des BSG (vgl. u.a. BSG in: SozR 3100, § 35, Nrn. 14 und 21, SozR 3-3100 § 35 Nr. 4), die von den Beteilig ten im Laufe des Verfahrens angeführten Entscheidungen des Bayerischen LSG und des LSG Nordrhein-Westfalen sowie die auf gezeigten Beanstandungen des Bundesrechnungshofs belegt.
Indes kann nicht übersehen werden, daß die vom Gesetzgeber gezogene Konsequenz, deshalb einen bisher – wenn auch nur im Ermessenswege – vorgesehenen Leistungsanspruch bei Vollpflege durch die Ehefrau für alle Fälle generell zu beseitigen, zu massiven Benachteiligungen in besonderen Fällen führen kann. Dies hat die Beigeladene bereits selbst in dem genannten Rund schreiben vom 27.10.1994 (a.a.O.) grundsätzlich für den Kreis der "jüngeren und sehr jungen" Pflegebedürftigen zum Ausdruck gebracht (vgl. Abs. 3 ff. des Rundschreibens).
Auch das BSG hat in seiner bereits genannten – ansonsten eher kritischen – Entscheidung vom 06.10.1981 (SozR 3100 § 35 Nr. 14, am Ende) deutlich gemacht, daß die bisherigen erhöhten Leistungsgewährungen dann gerechtfertigt erscheinen könnten, wenn eine Ehefrau wegen der Kriegsbeschädigung ihres Ehemannes eine besonders gut bezahlte Erwerbstätigkeit aufgegeben hat, um sich der Pflege des Kriegsblinden zu widmen.
Es gehörte bislang zum gesicherten Leistungssystem des BVG, Pflegezulagen ihrer Höhe nach so zu bestimmen, daß sie das Finanzbedürfnis des Beschädigten – jedenfalls im groben Rahmen – abdeckten. Dem entspricht es zum einen, daß Pflegezulagen in gestaffelter Höhe nach dem Umfang der Pflegebedürftigkeit gezahlt werden. Dem entsprach und entspricht zum anderen der Grundsatz, daß sogar Mehrkosten für Pflege durch Dritte weit oberhalb der pauschalierten Zulagebeträge gewährt wurden und werden. Dem entspricht auch das Leistungssystem des BVG generell, das mit der Gewährung etwa von eher großzügigen Berufs ausgleichsleistungen und Ausgleichsrenten sicherstellen will, daß Beschädigte und ihre Angehörigen nach Möglichkeit schon aus den Kriegsopferleistungen heraus finanziell abgesichert werden sollen und nicht auf Sozialhilfe oder Kriegsopferfürsorgeleistungen zurückgreifen müssen. Dem entsprach zuletzt auch der Grundgedanke der großzügigen Ermessensregelung des § 35 Abs. 1 Satz 5 BVG (a.F.).
Diesen Grundprinzipien würde es widersprechen, daß nur pauschale Leistungen in Höhe von rund 1.000,– DM für den reinen Pflegeaufwand gezahlt werden, wenn gleichzeitig klar erkennbar ist, daß der dafür eingebrachte Aufwand ein Vielfaches beträgt und eine sonstige sozialverträgliche, finanzielle Abdeckung nicht besteht. Darüber hinaus kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er im Jahre 1990 ein KOV-Strukturgesetz mit der Überschrift " Gesetz zur Verbesserung der Struktur von Leistungen" erlassen wollte, Leistungsverbesserungen sowie Klarstellungen erreicht werden sollten, er aber gleichzeitig verdeckt eine einschneidende Leistungsverschlechterung für einen kleinen Kreis besonders hart betroffener Kriegsbeschädigter beabsichtigt haben sollte.
Unter diesen Grundvoraussetzungen bejaht der Senat im vorliegenden Falle eine besondere Härte. Diese liegt im schädigungs bedingten Entgang wesentlich höheren Familieneinkommens.
Das Einkommen, welches die Ehefrau des Klägers bezog, als sie die Pflege und Betreuung ihres Mannes übernahm, belief sich (im Juni 1990) auf brutto 3.500,60 DM (= 2.142,42 DM netto), wie der Ende Juni 1991 beim Beklagten vorgelegten Gehaltsabrechnung zu entnehmen ist (Bl. 209, Band II der Verwaltungsakten). Es lag also – bei einer Arbeitszeit von nur 39 Stunden – brutto um mehr als das Dreifache höher als die in Juni 1990 gezahlte pauschale Pflegezulage der Stufe III (940,– DM). Selbst der Nettobetrag des Arbeitsengelts überstieg das Zweifache der Pauschale deutlich. Dem Wesen einer Pauschale entspricht es hingegen, den Aufwand in etwa abzudecken und auch gewisse Schwankungen auszugleichen. So würde ein effektiv nachweisbarer Aufwand für die Pflegeleistung, der bei 1.500,– DM nach oben oder nur bei 500,– DM nach unten liegt, in gleicher Weise sachgerecht durch eine Pauschalzahlung von regelmäßig 940,– DM (Pflegezulage Stufe III im Juni 1990) abgegolten werden können. Extrem höhere angefallene Aufwendungen wie im vorliegenden Falle sind aber außerhalb des pauschal abzudeckenden Aufwandbereichs angesiedelt, so daß es gerechtfertigt ist, hier weitere Ausgleichsregelungen zu verlangen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß bei der Ehegattenpflege der Pflegeumfang kaum sachgerecht bewertet werden kann (BSG in: SozR 3100, § 35, Nr. 14). Ist nämlich – wie vorliegend – wegen der Vollzeitpflege des Beschädigten sinnvollerweise ein einträglicher Beruf aufgegeben worden, läßt sich der Umfang der finanziellen Einbuße – jedenfalls im groben Rahmen – ohne Zweifel ermitteln.
Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, daß bei Kriegsblinden generell neben der Pflegezulage ohne weitere Einkommensprüfung die Ausgleichsrente in voller Höhe gezahlt, er schon deshalb gegenüber anderen Beschädigten bevorzugt behandelt wird und ihm generell höhere Leistzungen zustehen (§ 32 Abs. 2 BVG im April 1990: bzw. 1.921,– DM; vgl. auch § 33 Abs. 4 BVG). Denn diese Leistung erhält der Kriegsblinde unabhängig von dem Maß seiner konkreten Pflegebedürftigkeit. Die Gewährung der Ausgleichsrente kann allenfalls bei der Bemessung der zusätzlichen Pflegezulage, also der Höhe nach, eine Rolle spielen.
Darüber hinaus muß sich der Beklagte fragen lassen, ob er es dem Beschädigten zumuten kann, seiner Ehefrau ein angemessenes Bruttogehalt von über 3.000,– DM oder 4.000,– DM zu zahlen,
wenn er selbst nur über Versorgungsbezüge in Höhe von etwas mehr als 4.300,– DM (einschließlich der pauschalen Pflegezulage der Stufe III) verfügt.
Wäre die Auffassung des Beklagten richtig, daß den Beschädigten bei Ehegattenpflege auch im Einzelfall ausnahmslos keine Erhöhung der Zulage mehr zustehen kann, würde dies in Extremfällen dazu führen, daß sich der Beklagte von der gehobenen Zusatzversorgung auf Kosten des Beschädigten oder seiner Familienangehörigen befreien könnte. Das kann in keinem Falle gewollt sein.
In Fällen wie dem vorliegenden würde die Auffassung des Beklagten darüber hinaus zu sachwidrigen Ergebnissen führen, wenn die Ehefrau des Klägers ihre Arbeitskraft nicht zu Hause für die Pflege des Ehegatten, sondern (wie bis 1990) im öffentlichen Pflegedienst für andere Personen einsetzen würde. Dann nämlich müßten Pflege und Betreuung des Klägers nach den neuen Vorschriften des § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG in vollem Umfange für sogar bis zu 56 Stunden durch geschulte, fremde Pflegekräfte sichergestellt und gezahlt werden (einschließlich zusätzlicher Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung); außer dem müßte dem Kläger für die Restpflege durch seine Ehefrau noch die halbe Pflegepauschale gezahlt werden (siehe § 35 Abs. 2 Satz 2 BVG n.F.), wenn erreicht werden soll, daß der Beschä digte weiterhin in etwa angemessen betreut wird. Die öffentliche Hand würde also höhere Leistungen erbringen müssen. Generell höhere Leistungen hat der Bundesrechnungshof mit seinen Bedenken gegen die bisherige Leistungsabwicklung sicherlich nicht bewirken wollen. Entscheidend muß vielmehr sein, daß einerseits keine unangemessenen hohen Leistungen ohne nähere Einzelfallprüfung gewährt werden, andererseits dem Betroffenen aber keine übermäßigen Opfer abverlangt werden.
Darüber hinaus ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs.1 GG) zu bedenken, daß der Kläger und seine Ehefrau durchaus zum Kreis der "jüngeren Beschädigten und deren Angehörigen" zählen, für die die Beigeladene grundsätzlich erhöhte Zulagen in Aussicht gestellt hat (vgl. BMA-Rund schreiben vom 27.10.1994, a.a.O.). Daß die Beigeladene dabei nur den Kreis der Bundeswehrsoldaten, Zivildienstleistende, Impf- und Gewaltopfer berücksichtigt hat, darf nicht zu einer Schlechterstellung von jüngeren, auf der Pflegeseite leistungsfähigen Betroffenen aus dem Kreis der Kriegsopfer führen. Eine solche Schlechterstellung wäre durch nichts gerecht fertigt. Ob die Beigeladene dabei allerdings fordern darf, daß von Seiten des Beschädigten ein besonderer persönlicher Betreuungsbedarf besteht, mag dahinstehen. Denn einen solchen Bedarf hat der Kläger mit der unbeanstandeten ärztlichen Bescheinigung des Dr. S vom 09.03.1995 nachgewiesen. Die in der dem Sozialgericht vorgelegten Bescheinigung genannten psychischen Auffälligkeiten des Klägers wurden bei der Erörterung von den Berufsrichtern des Senats am 09.10.1995 sehr deutlich, auch wenn dies nicht Eingang in die Termins-Niederschrift gefunden hat. Der Kläger wirkte verbittert, mißtrauisch und zurückgezogen, aggressiv bei der Darstellung seines Zustandes nach dem Tode seiner ersten Ehefrau, während die jetzige Ehefrau einen unaufdringlich besänftigenden und den Kläger beruhigenden Eindruck machte und dem Senat die Gewißheit vermittelte, daß sie in der Lage ist, auf die vom Hausarzt beschriebenen Eigenheiten und Auffälligkeiten des Klägers einzugehen. Demgemäß liegen die Grundvoraussetzungen für die Anwendung der von der Beigeladenen in den genannten Rundschreiben eröffneten Leistungsmöglichkeit vor.
Bei alledem würde der generelle Ausschluß einer erhöhten Pflegezulage für alleinpflegende Ehefrauen in Fällen wie dem vor liegenden auch gegen die Grundsätze des Art. 6 GG verstoßen. Der Schutzgedanke dieser Grundnorm verpflichtet den Staat, die Ehe sowohl in immateriell-persönlichen wie auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich als eigenständig zu respektieren und darüber hinaus zu fördern, und dient u.a. dazu, den wirt schaftlichen Zusammenhalt zu stärken (vgl. dazu die zutreffenden Ausführungen des BSG in: SozR 3100 § 35, Nr. 14, Seite 51, mit zahlreichen Nachweisen). Das Bild der modernen Ehe ist dabei nicht von den früheren Vorstellungen einer Hausfrauenehe bestimmt, sondern hat zu berücksichtigen, daß jeder Ehepartner nicht gehindert werden soll, eigenständig einem Erwerb nachzugehen und eine eigenständige Alterssicherung – in Abstimmung mit den ehelichen Verpflichtungen – aufzubauen. Wollte die Klägerin dies erreichen, müßte sie die grundsätzlich begrüßenswerte Betreuung des Ehegatten im Rahmen der gegenseitigen ehelichen Beistandsleistung aufgeben und den Ehemann der Fremdbetreuung überlassen. Das jedoch würde im vorliegenden Fall der erkennbaren Lebensplanung und der beabsichtigten Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens des Klägers und seiner Ehefrau widersprechen. Beide haben sich, insbesondere in der Verantwortung für den schwer geschädigten Ehemann, in einer zu respektierenden Lebensentscheidung dafür ausgesprochen, daß die Ehefrau ihren Beruf aufgibt und ihre Arbeitskraft der erforderlichen Pflege des Ehemanns zuwendet. Dies entspricht nicht nur dem Grundverständnis der ehelichen Beistandspflichten des BGB, sondern auch der erkennbaren christlichen Grundauffassung der Ehefrau des Klägers. Diese Lebensentscheidung des Klägers und seiner Ehefrau kann allerdings nicht als absoluter Bewertungsmaßstab gelten, sondern sie ist mit den Zielen der gesetzlichen Neuregelung des Pflegerechts abzuwägen. Nur dann, wenn die wirtschaftliche Bedeutung der bisherigen beruflichen Tätigkeit so hoch ist, daß ihr Wert weit über dem Wert der pauschalen Pflegezulage liegt, die Ehefrau zudem pflegefähig ist und auch nicht angesichts anderer Umstände (z.B. Erziehung zahlreicher Kinder oder Rückgriffsmöglichkeiten auf ein hohes sonstiges Einkommen, z.B. aus Kapital oder Grundvermögen) angenommen werden kann, daß sie einen Beruf schon deshalb nicht aufnehmen würde und den Tätigkeitsbereich ehelicher Leistungen verlassen wollte, kann davon ausgegangen werden, daß eine Pflegezulage angemessen erhöht werden muß.
Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Falle zu bejahen. Das entgangene Einkommen der Ehefrau des Klägers belief sich ab 1991 auf monatlich über 3.500,– DM, ohne daß dabei bereits Zusatzleistungen wie Weihnachs- oder Urlaubsgeld berücksichtigt sind. Der Pflegeaufwand für den Beschädigten ist nach dem unbeanstandeten Ergebnis der Beweisaufnahme mit acht Stunden täglich, d.h. 56 Stunden wöchentlich, als erheblich anzusehen. Selbst wenn täglich etwa zwei Stunden für hauswirtschaftliche Tätigkeiten entsprechend den Grundsätzen des § 35 BVG (nur Anrechnung höchstpersönlicher Pflegeleistungen) unberücksichtigt bleiben, so übersteigt ein wöchentlicher Pflege aufwand von rund 40 Stunden für höchstpersönliche Verrichtungen immer noch den Umfang einer gewerblichen Wochenarbeitszeit.
Die 1948 geborene Klägerin ist mit einem Alter von jetzt 48 Jahren (1991: 43 Jahre) grundsätzlich pflegefähig und auch nicht zu alt, um Pflegeleistungen sachgerecht zu übernehmen, wie dies der Gesetzgeber bei anderen Pflegepersonen älterer Beschädigter aus dem Kreis der Kriegsopfer vermutet hat. Dabei ist zudem zu betonen, daß sie Behindertenpflege gelernt und über Jahre ausgeübt hat und von daher für die Betreuung eines Kriegsblinden besonders befähigt ist. Daß sie zwischenzeitlich wegen Erschöpfung einer Kur bedurfte, spricht nicht gegen die generelle Eignung der Klägerin als eine gerade für die Behindertenpflege besonders geschulte Pflegekraft, sondern ist eher Ausdruck der besonderen körperlich und psychischen Belastungen, denen die Ehefrau im vorliegenden Fall ausgesetzt ist.
Schließlich hat die Beweisaufnahme ergeben, daß der Kläger und seine Ehefrau nicht über solche Einkommens- und Vermögenswerte verfügen, daß eine Ehegattenbeschäftigung ausfallen könnte, ohne daß die wirtschaftliche Grundlage der Ehe berührt wird. Dies ist den wiederholten Berechnungen des Beklagten und den Angaben des Beschädigten (vgl. z.B. Bl. 101 Band III der Versorgungsakten) zu entnehmen. Zudem ist die Ehe kinderlos, so daß auch nicht von einer bereits bestehenden Verpflichtung der Ehefrau ausgegangen werden muß, den Beruf einzuschränken, zu Hause zu bleiben und bei dieser Gelegenheit den Partner mitzubetreuen.
Dementsprechend bleibt festzuhalten, daß der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs gemäß § 89 BVG grundsätzlich erfüllt. Indes ist der Senat nicht berechtigt, dem Beklagten vorzuschreiben, in welcher Höhe und wie lange dem Beschädigten eine Erhöhung der pauschalen Pflegezulage gemäß § 89 BVG zusteht. Denn bei der Gewährung des Härteausgleichs darf der Beklagte im Rahmen seines Ermessens berücksichtigen, daß der Kläger schon recht hohe sonstige Leistungen erhält, die er zum Teil auch für Pflegeleistungen (allerdings auch für solche hauswirtschaftlicher Art, die nicht von § 35 BVG erfaßt werden) einsetzen könnte. Ebenso darf der Beklagte die Zielsetzung der Gesetzesnovellierung aus dem Jahre 1990 berücksichtigen und die erhöhten Leistungen von der Pflegefähigkeit der Ehefrau abhängig machen (Bedingung). Auch könnte er im Sinne einer Befristung berücksichtigen, daß die Ehefrau typischerweise spätestens mit dem 65. Lebensjahr eine entgeltliche Tätigkeit außerhalb der Ehe aufgeben würde und dann mit dem Rentenbezug eine besondere ausgleichungswürdige Härte entfallen dürfte. Schließlich ist der Beklagte nicht gehalten, für die Pflege durch die Ehefrau des Klägers alle Kosten zu übernehmen, wie dies bei Beschäftigung einer Drittpflegekraft vorgesehen ist. Schon gar nicht muß er den Umfang der bisherigen Fachpflege durch die Bezahlung als Fach kraft nach herausgehobenen Gehaltsstufen berücksichtigen. Denn Anknüpfungspunkt sind nicht die Aufwendungen, sondern vielmehr der Umfang der erforderlichen Pflege (etwa durch eine Pflegehilfs kraft, wie dies auch der im Sozialgerichtsverfahren gehörte Sachverständige betont hat).
Der Härteausgleich des § 89 BVG soll Härten mildern, nicht aber unbedingt die für andere Fälle ausdrücklich vorgesehene, volle Entschädigung bewirken. Demgemäß wird der Beklagte ebenso berücksichtigen dürfen, daß die häusliche Pflege auch Vorteile mit sich bringt, wie Bereitschaftsdienst in regelmäßig angenehmeren Umfeld, Wegfall von Fahrtkosten zur Arbeitsstelle, Kombination eigener Interessen mit dem Pflege- und Betreuungsinteresse.
Soweit das SG als Anknüpfungspunkt die Entlohnung einer Pflegekraft der Vergütungsgruppe KR 1 der Anlage 2c der Caritas- AVR genannt hat, kann dies durchaus Ausgangspunkt für die Bemessung der erhöhten Pflegezulage sein, legt den Beklagten aber nicht darauf fest, die von dem Sachverständigen W genannten Bruttobezüge nebst Weihnachts- und Urlaubsgeld, bezogen auf 56 Stunden zu gewähren. Eine angemessene Teilleistung könnte im Hinblick auf die Vorzüge der häuslichen Betreuung unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs ausreichen.
Auch könnte der Beklagte die Leistungsgewährung davon abhängig machen, daß sich der Kläger bereit findet, nachträglich ab Vertragsschluß oder aber ab Beginn des faktischen Pflegeverhältnisses im Juli 1990 bzw. ab Antragstellung) Steuern und Sozialabgaben für seine Ehefrau entsprechend einem angemessenen Bruttogehalt abzuführen. Dies wird jedoch im Einzelfall mit den zuständigen Steuerbehörden und den Einzugsstellen für Sozialversicherungsbeiträge abzuklären sein. Auch wäre es wohl nicht ermessenfehlerhaft, wenn eine unmittelbare Gehaltszahlung an die Ehefrau über gesonderte Konten verlangt wird, um sicherzustellen, daß dem Ehepartner auch ausreichende Beträge zur eigenen Lebensgestaltung verbleiben.
Festzuhalten bleibt, daß es dem pflichtgemäßem Ermessen des Beklagten überlassen ist, über die Höhe der Pflegezulage ab schließend zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung berücksichtigt gem. § 193 SGG, daß der Kläger mit seinem Begehren, dem Beklagten unmittelbar zu einer Leistung zu verpflichten, nicht durchgedrungen ist.
Wegen der Grundsätzlichkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Senat die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 SGG.
Erstellt am: 08.08.2003
Zuletzt verändert am: 08.08.2003