SDie Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach Maßgabe der Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis zum 31. Mai 2016.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter "I." bis vor "II.") des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. September 2015, mit dem der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 06. August 2015 gegen die sozialverwaltungsbehördliche Ablehnungsentscheidung des Beklagten vom 04. August 2015 als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung des Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter "II.") bis Seite 5 (dort bis zu dem Wort "Rechtsbehelfsbelehrung") des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. September 2015.
Hiergegen hat der Kläger – anwaltlich vertreten – mit Schriftsatz vom 09. Oktober 2015 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen Tage – bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben, mit er sein auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen nach den Bestimmungen des SGB II gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Im Wesentlichen weist er zur Begründung seines Begehrens darauf hin, dass er – entgegen der Auffassung des Beklagten – mit Frau B. keine Einstandsgemeinschaft bilde, weil es schon an einem Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt fehle, was Frau B. bezeugen könne.
Der Kläger beantragt (nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß),
den Beklagten unter Aufhebung der mit dem Bescheid des Beklagten vom 04. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2015 verlautbarten ablehnenden sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidung zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis zum 31. Mai 2016 passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II ohne Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen von Frau B. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages wiederholt und vertieft er seine Erwägungen aus den angegriffenen Verfügungen. Er hebt hervor, der Kläger und Frau B. lebten zum Zeitpunkt der Antragstellung im Juni 2015 in einer Wohnung zusammen. Der Beklagte habe versucht, die tatsächlichen Wohnumstände anlässlich eines Hausbesuches zu ermitteln, was mangels Bereitschaft des Klägers nicht gelungen sei. Deshalb habe der Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Kläger tatsächlich nicht nur in einer Wohngemeinschaft lebe.
Nachdem der Kläger in Aussicht gestellt hatte, seine eigenen Einkommensverhältnisse für den streitbefangenen Zeitraum offen zu legen und seine Ansprüche zu beziffern, Entsprechendes dann aber – trotz mehrfacher gerichtlicher Erinnerungen – nicht erfolgte, hat das Gericht die Beteiligten mit Verfügung vom 10. Dezember 2020 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten zuvor mit Verfügung vom 10. Dezember 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung von passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 01. August 2015 bis zum 31. Mai 2016, nachdem der Kläger sein zunächst in zeitlicher Hinsicht unbegrenztes Begehren in diesem Umfang zeitlich begrenzt hatte. Gegenstand des Klageverfahrens ist damit die mit dem Bescheid des Beklagten vom 04. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2015 verlautbarte sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung, mit der der Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der Bestimmungen SGB II abgelehnt hatte.
2. Der Kläger verfolgt sein Begehren – in sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (vgl § 123 SGG) – zutreffend im Wege (kombinierter) Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG sowie § 56 SGG). Die so verstandenen statthaften Klagen sind auch im Übrigen zulässig.
3. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind indes unbegründet.
a) Die mit der Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage des Klägers ist unbegründet, weil der Beklagte mit den angegriffenen Verfügungen (im Ergebnis) zu Recht entschieden hat, dass dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum keine Leistungsansprüche zustehen, was diesen zudem auch nicht im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 SGG in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert.
aa) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Gewährung von passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den hier streitgegenständlichen Zeitraum sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II, jeweils in der Fassung, die die genannten Regelungen vor dem streitbefangenen Zeitraum hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 8/20 R, RdNr 21 mwN), was im Übrigen auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt.
bb) Dem Kläger steht ein solcher Anspruch auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu.
aaa) Gemäß § 19 Abs 1 S 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, das gemäß § 19 Abs 1 S 3 SGB II den Regelbedarf, die Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst. Die Grundvoraussetzungen, um Arbeitslosengeld II zu erhalten (§ 7 Abs 1 S 1 SGB II), erfüllte der Kläger (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II), der im streitgegenständlichen Zeitraum 29 Jahre alt war (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), erwerbsfähig war (vgl § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II) und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II); auch ein von Leistungen nach dem SGB II ausschließender Tatbestand lag nicht vor.
bbb) Die Kammer konnte sich allerdings nicht die Überzeugung bilden (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG), dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II gewesen ist.
aaaa) Dies folgt allerdings nicht etwa schon daraus, dass er und Frau B. eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c) SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II und damit auch eine Bedarfsgemeinschaft gebildet haben, weil dies allein – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht schon dazu führt, dass der Kläger nicht hilfebedürftig ist. Der Beklagte hätte seine sozialverwaltungsbehördliche Ablehnungsentscheidung nicht allein auf das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft stützen dürfen. Vielmehr müsste angesichts der Regelungen des § 9 Abs 2 S 1 SGB II iVm § 9 Abs 2 S 3 SGB II, wonach bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen sind, zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen der Frau B. vorliegen, welche den Bedarf des Klägers und von Frau B. übersteigen; hierzu hat der Beklagte indes keinerlei Ermittlungen (vgl zu den Ermittlungsmöglichkeiten insbesondere § 60 Abs 4 SGB II, die gegebenenfalls mit Mitteln der Verwaltungsvollstreckung auch durchzusetzen sind; vgl zu den Einzelheiten G. Becker in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 60, RdNr 75 ff) angestellt, so dass er hieraus die vermeintlich nicht bestehende Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinne des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II nicht ableiten und seine Ablehnungsentscheidung nicht allein darauf stützen durfte.
bbbb) Dieser Umstand kann jedoch dem Kläger im Klageverfahren nicht zum Erfolg verhelfen, weil er – unabhängig von der Frage, ob zwischen ihm und Frau B. eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft bestanden hat – jedenfalls im Klageverfahren seine (eigene) Hilfebedürftigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nachgewiesen hat. Er hat trotz mehrfacher Ankündigungen und gerichtlicher Erinnerungen nichts dafür vorgetragen, was seine Leistungsberechtigung im hier streitgegenständlichen Zeitraum nachvollziehbar erscheinen ließe oder dies durch etwaige Nachweise belegt, wozu er allerdings im Sinne einer Obliegenheit im eigenen Interesse verpflichtet gewesen wäre. Denn nach den allgemeinen Regeln für die Darlegungs- und Beweislast gilt, dass derjenige die objektiven Tatsachen darlegen muss, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, was sowohl das Vorhandensein von positiven, als auch das Fehlen von negativen Tatbestandsvoraussetzungen betrifft (vgl hierzu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 30/14 R, RdNr 20 unter Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55).
Im Übrigen ist der volle Beweis für eine Tatsache – hier also das Bestehen von Hilfebedürftigkeit – erst dann erbracht, wenn sie für das erkennende Gericht mit Gewissheit feststeht, wobei Gewissheit in diesem Sinn bedeutet, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel hat (vgl G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, RdNr 117 mwN). Hierbei kann sich das Gericht jedoch mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl zu diesem Aspekt des Vollbeweises erneut G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, RdNr 117 mwN) begnügen. Da der Kläger jedoch nichts dafür vorgetragen hat, was seine Hilfebedürftigkeit belegen könnte, sind die Zweifel an dem Bestehen von dessen Hilfebedürftigkeit derart erheblich, dass sie nicht zum Schweigen gebracht werden können, so dass die Kammer nicht von der Hilfebedürftigkeit des Klägers überzeugt ist (vgl erneut § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG), was – wie aufgezeigt – zu seinen Lasten geht.
Wenn die Kammer danach schon nicht von der (eigenen) Hilfebedürftigkeit des Klägers überzeugt ist, kann die Frage, ob zwischen dem Kläger und Frau B. im streitgegenständlichen Zeitraum eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c) SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II vorgelegen hat, offen bleiben, weshalb es auch keiner weiteren persönlichen Anhörung des Klägers oder der Einvernahme der Frau B. als Zeugin bedarf.
b) Wenn nach alledem die Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1SGG unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG, weil in Verfahren der vorliegenden Art eine zulässige und begründete Leistungsklage wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt und weil zugunsten des Klägers – wie aufgezeigt – ein Anspruch auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II im streitbefangenen Zeitraum nicht besteht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil der Kläger mit seinem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlegen ist. Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (vgl § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( …)
A.
Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 25.01.2021
Zuletzt verändert am: 23.12.2024