Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Ansprüche des im Jahre 1974 geborenen Klägers, bei dem eine beidseitige gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit besteht, auf Erstattung von der den Festbetrag der Beklagten übersteigenden Kosten für die Anschaffung von Hörhilfen im Rahmen der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V).
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Darstellung des Sachverhaltes im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26. Januar 2017 (dort S 1 unter "Sachverhalt"), mit dem die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 01. September 2016 – eingegangen bei der Beklagten am 02. September 2016 – gegen ihre ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 03. August 2016 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger mit einem bei dem Sozialgericht Neuruppin am 01. März 2017 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage Klage erhoben. Zur Begründung seines Begehrens verweist er insbesondere darauf, dass es die Beklagte unterlassen habe, eine ordnungsgemäße Einzelfallprüfung vorzunehmen, sondern – entgegen der eindeutigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Verweis auf das Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R) – vielmehr dem Leistungserbringer die Entscheidung darüber überlassen, ob dem Kläger eine Teilhabeleistung zuteil werde. Im Nachhinein könne die Beklagte nunmehr nicht mehr ausführen, dass auch andere Geräte geeignet seien, den bei dem Kläger bestehenden Hörverlust auszugleichen. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen der Kostenübernahme auch bereits wegen des Eintritts der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs 3a SGB V vor. Im Übrigen sei auch nicht ausgeschlossen, dass der Kläger als Arbeitsuchender auch einen Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger haben könne und jedenfalls mit Blick auf seine seit dem 15. Juli 2018 ausgeübte Tätigkeit als Diensthundeführer im Sicherheitsgewerbe die Hörgeräte auch berufsbedingt benötige.
Der Kläger beantragt (nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 03. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2017 verlautbarten ablehnenden sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung oder die Beigeladene zu verurteilen, ihm die Kosten für die von ihm begehrten Hörgeräte über den Vertragspreis hinaus zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages bezieht sie sich auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2017. Darüber hinaus meint sie, die Regelung des § 13 Abs 3a SGB V sei nicht anwendbar, weil der Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation begehre.
Das Gericht hat die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg zu dem Verfahren notwendig beigeladen (Beschluss vom 06. August 2018). Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt hat, meint, ein berufsbedingter Mehrbedarf sei nicht erkennbar, zumal auch nicht nachvollzogen werden könne, was der Beginn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum 15. Juli 2018 mit einem Antrag auf Hörgeräteversorgung aus dem Jahre 2016 zu tun haben solle.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 09. September 2020 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 09. September 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Das – auf Aufhebung der mit dem Bescheid vom 03. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2017 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung, dem Kläger keine höhere Erstattung zu gewähren (sog Höchstbetragsfestsetzung), und auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Erstattung gerichtete – Begehren des Klägers ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (vgl § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG sowie § 56 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
2. Die zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet.
a) Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angegriffene Verfügung rechtmäßig ist und der Kläger hierdurch nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs. 2 S 1 SGG); ihm steht ein höherer Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers kann er einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht aus der Regelung des § 13 Abs 3a S 7 SGB V herleiten, weil es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl Urteil vom 15. März 2018 – B 3 KR 4/16 R, RdNr 11ff sowie Urteil vom 15. März 2018 – B 3 KR 12/17 R, RdNr 12ff), der die Kammer folgt, weil sie sie für überzeugend hält, bei den im Streit stehenden Hörgeräten um ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich im Sinne des § 33 Abs 1 S 1 Regelung 2 SGB V und damit um Leistungen zur medizinischen Rehabilitation handelt und der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V hierfür nicht, sondern lediglich für Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung im Sinne der Vorschrift des § 33 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGB V eröffnet ist; die von dem Kläger begehrten Hörgeräte dienen im Ergebnis keiner (kurativen) Krankenbehandlung, sondern allein dem Behinderungsausgleich und hat daher medizinisch-rehabilitativen Charakter.
bb) Wenn danach ein Anspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V nicht gegeben ist, kann der Kläger gegen die Beklagte aber auch sonst einen Erstattungsanspruch nicht erfolgreich geltend machen: Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 13 Abs 3 S 1 Regelung 2 SGB V liegen nicht vor. Danach gilt: Hat die Krankenkasse "eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl für die Hörgeräteversorgung etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R, RdNr 10 mwN), der die Kammer folgt, weil sie sie für überzeugend hält, geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender – primärer – Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat. So liegt es hier schon deshalb nicht, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht nicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt hat.
Die Kammer sieht gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der zutreffenden Begründung im Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 26. Januar 2017 (Seite 2 (dort unter dem Wort "Begründung") bis Seite 3 (dort bis zu dem sechsten Absatz). Den dortigen Erwägungen der Beklagten, die die Kammer für überzeugend hält, ihr deshalb folgt und sie zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung macht, hat der Kläger nach Auffassung der Kammer auch im Klageverfahrens nichts Entscheidungserhebliches entgegen gesetzt. Insofern ist auch für die Kammer entscheidend, dass das Ergebnis vergleichenden Testmessungen im Rahmen der 5 Prozent-Grenze gelegen hat und deshalb jedenfalls ein wesentlicher Gebrauchsvorteil nicht zu erkennen ist. Weil die konkreten – auf den Kläger bezogenen – vergleichenden Testmessungen des die Leistung erbringenden Hörgeräteakustikers durch die Beklagte – auch durch die im Verwaltungsverfahren erfolgte Hinzuziehung von medizinischem Sachverstand – überprüft worden sind, vermag die Kammer den Einwand des Klägers hinsichtlich einer fehlenden ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung im Übrigen schon im Ansatz nicht nachzuvollziehen, zumal der Kläger gegen die dortige – konkret auf seine Hörgeräteversorgung abzielende – Argumentation der Beklagten selbst nichts vorgebracht hat.
b) Wenn danach die die gegen die ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung der Beklagten erhobene Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG, weil in Verfahren der vorliegenden Art aufgrund des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses eine zulässige und begründete Leistungsklage ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt, und weil dem Kläger – wie aufgezeigt – ein Anspruch gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann.
3. Weil die Kammer schließlich – in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beigeladenen – angesichts der insoweit nur pauschalen Angaben des Klägers auch nicht zu erkennen vermag, aus welchem konkreten Grunde dem Kläger die höherwertige Hörgeräteversorgung aus beruflichen Gründen zustehen könnte und die Kammer auch nicht verpflichtet ist, hierzu quasi "ins Blaue hinein" zu ermitteln, kann der Kläger auch gegen die Beigeladene einen entsprechenden Anspruch (vgl § 9 Abs 1 S 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) iVm § 15 Abs 1 S 1 SGB V iVm § 42 Abs 2 Nr 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) und § 47 SGB IX) nicht erfolgreich herleiten, weshalb auch insoweit eine Verurteilung der Beigeladenen nach Maßgabe von § 75 Abs 5 SGG nicht erfolgen konnte und weshalb im Übrigen auch die Beklagte als gegebenenfalls erstangegangene (leistende) Rehabilitationsträgerin im Sinne der Regelung des § 14 Abs 2 S 1 SGB IX nicht auf der Grundlage der genannten anderen Anspruchsgrundlagen zur Leistung verpflichtet ist.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil der Kläger mit seinem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlag und die Aufwendungen der Beklagten und der Beigeladenen schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig sind (vgl § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
6. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( …)
A.
Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 25.01.2021
Zuletzt verändert am: 23.12.2024