Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der im Mai 1941 geborenen Klägerin, die entsprechend des anerkannten Pflegegrades 3 laufende Leistungen der sozialen Pflegeversicherung als Pflegegeld bezieht und von ihrer Tochter gepflegt wird, auf Freistellung von Kosten für das ärztlich verordnete und durch einen privaten Pflegedienst bereits erbrachte Richten von Medikamenten in einer Wochenbox und das Verabreichen von Medikamenten sowie – soweit die Leistungen noch nicht erbracht worden sind – um die entsprechende Erbringung der Leistungen für den Zeitraum ab dem 05. März 2020 bis zum 11. Februar 2021, nachdem die Beklagte entsprechende Leistungen zuvor noch bis zum 04. März 2020 erbracht hatte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter "Sachverhalt" bis vor das Wort "Begründung") des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 22. Juli 2020, mit dem die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 09. März 2020 gegen die mit dem Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2020 (auch) verlautbarte ablehnende Verfügung als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter: "Begründung") bis Seite 4 (dort bis zu dem Wort "Rechtsbehelfsbelehrung") des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 22. Juli 2020.
Unter dem 21. August 2020 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der sie ihr auf Kostenfreistellung und zukünftige Erbringung der Leistungen gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Sie lässt im Wesentlichen vorbringen, die Gabe der Medikamente könne nicht durch die pflegende Tochter oder andere Familienmitglieder erfolgen, da die Klägerin verwirrt und orientierungslos sei und sich gegen die Medikamentengabe wehre.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 26. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2020 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verurteilen, sie von den Kosten für ärztlich verordnete und bereits in Anspruch genommene Leistungen für das Richten von Medikamenten in der Wochenbox und für die Gabe von Medikamenten freizustellen sowie – soweit die Leistungen noch nicht erbracht worden sind – entsprechende Leistungen für den Zeitraum vom 05. März 2020 bis zum 11. Februar 2021 nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist sie auf ihre Ausführungen in den angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidungen.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 26. Oktober 2020 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte sowie auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 26. Oktober 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Das Begehren der Klägerin, das darauf gerichtet ist, den Beklagten unter Aufhebung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2020 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verurteilen, sie von den Kosten für ärztlich verordnete und bereits in Anspruch genommene Leistungen für das Richten der Medikamente in der Wochenbox und das Verabreichen der Medikamente freizustellen sowie – soweit die Leistungen noch nicht erbracht worden sind – entsprechende Leistungen für den Zeitraum vom 05. März 2020 bis zum 11. Februar 2021 zu erbringen, verfolgt sie – in sinnentsprechender Auslegung ihres Vorbringens (vgl § 123 SGG) – zu Recht mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG sowie § 56 SGG), die jeweils statthaft und auch im Übrigen zulässig sind.
2. Die zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet.
a) Die Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG ist unbegründet, weil die angegriffene Verfügung rechtmäßig ist und die Klägerin durch sie nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG).
aa) Soweit die Klägerin für den Zeitraum ab dem 05. März 2020 die Freistellung von Kosten für bereits in Anspruch genommene Leistungen für das Richten von Medikamenten in der Wochenbox und das Verabreichen von Medikamenten begehrt, steht ihr ein Kostenerstattungsanspruch im Sinne eines Kostenfreistellungsanspruches nach Maßgabe des § 13 Abs 3 S 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) nicht zu.
aaa) Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs 3 S 1 Regelung 1 SGB V) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs 3 S 1 Regelung 2 SGB V) und Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift ersetzt den primär auf die Sach- oder Dienstleistung gerichteten Anspruch, wenn das Sachleistungssystem versagt und sich die Versicherten die Leistungen selbst beschaffen (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R, RdNr 15 mwN). Das Unvermögen der Krankenkasse, die Leistung rechtzeitig zu erbringen, sowie die rechtswidrige Verweigerung der Sachleistung berechtigen den Versicherten, sich die Leistung in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips selbst zu beschaffen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung oder hier auf Kostenfreistellung grundsätzlich nach beiden Tatbeständen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R, RdNr 15), hier also des Anspruches nach Maßgabe von § 37 Abs 2 SGB V vorliegen.
bbb) Daran fehlt es hier jedoch. Der Kostenerstattungsanspruch scheitert jedenfalls daran, dass die Beklagte die von der Klägerin bereits selbst beschaffte Leistung nach Maßgabe von § 37 Abs 2 SGB V nicht hätte erbringen dürfen; dem Anspruch steht insoweit die Regelung des § 37 Abs 3 SGB V entgegen, weil zumindest eine im Haushalt der Klägerin lebende Person die Klägerin in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann. Die Kammer sieht gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der zutreffenden Begründung der Beklagten auf Seite 2 (dort unter: "Begründung") bis Seite 4 (dort bis zu dem dritten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 22. Juli 2020, weil sie sie für überzeugend hält und deshalb zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung macht. Den dortigen Erwägungen hat die Klägerin auch im Klageverfahren substanziell nichts Entscheidungserhebliches entgegen gesetzt. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten hält es auch die Kammer für entscheidend, dass es sich bei dem Herrichten der Medikamente nach einem vorliegenden Medikamentenplan und der Medikamentengabe um einfachste behandlungspflegerische Maßnahmen handelt, die ohne medizinische Vorkenntnisse von Laien erbracht werden können (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 10/14 R, RdNr 30). Vor diesem Hintergrund vermag auch die Kammer nicht nachzuvollziehen, dass die Tochter der Klägerin zwar einerseits trotz der von ihr beschriebenen Weigerungshaltung der Klägerin in der Lage ist, sämtliche – bei der Anerkennung eines Pflegegrades 3 in erheblichem Umfang erforderlich werdenden – Pflegemaßnahmen bei der Körperpflege, der Ernährung und bei der Mobilität ohne Unterstützung eines Pflegedienstes wahrzunehmen, aber andererseits nicht in der Lage ist, einfachste behandlungspflegerische Maßnahmen wie das Herrichten von Medikamenten nach einem Medikamentenplan und das Verabreichen der Medikamente durchzuführen.
bb) Wenn der Klägerin danach der begehrte Kostenfreistellungsanspruch für die bereits in Anspruch genommenen Leistungen nicht zusteht, gilt Gleiches soweit die Klägerin für den Zeitraum ab dem 05. März 2020 daneben die zukünftige Erbringung von Leistungen für das Richten von Medikamenten in der Wochenbox und das Verabreichen von Medikamenten begehrt. Denn dem in die Zukunft gerichteten Sachleistungsanspruch gemäß § 37 Abs 2 SGB V steht aus den gleichen Gründen die Regelung des § 37 Abs 3 SGB V entgegen.
b) Wenn danach die Anfechtungsklage unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierten Leistungsklagen im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG. Die Leistungsklagen sind unbegründet, weil deren Erfolg aufgrund des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt und weil die Klägerin – wie aufgezeigt – keinen Anspruch Kostenfreistellung oder auf Erbringung der von ihr erstrebten Leistungen hat.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil die Klägerin mit ihrem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlag.
4. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( …)
A
Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 25.01.2021
Zuletzt verändert am: 23.12.2024