Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 13. November 2003 aufgehoben, auch soweit das SG dem Antrag der Antragstellerin auf einstweiligen Rechtsschutz – begrenzt auf ein Jahr – stattgegeben hat. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 56000 EURO festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Beschwerdeführer ist begründet. Entgegen der Auffassung des SG verbietet es sich, aus Unzulänglichkeiten des Vertrages zwischen der AOK Rheinland pp und der KÄV Nordrhein über ein strukturiertes Brustkrebs- Behandlungsprogramm vom 11.10.2002 und/oder aus der Unzulänglichkeit der von der AOK Rheinland im Schreiben vom 16.5.2003 zur Verweigerung der Teilnahme der Antragstellerin angeführten Gründe die Notwendigkeit abzuleiten, der Antragstellerin im Wege der Regelungsanordnung (§ 86 b 2 S. 2 SGG) für (zunächst) ein Jahr einstweilen die Teilnahme am o.a. Brustkrebs-Behandlungsprogramm zu ermöglichen.
Es ist zunächst schon fraglich, ob hier die von der Antragstellerin im wesentlichen beklagten wirtschaftlichen Nachteile von ausschlaggebender Bedeutung sein können, denn einerseits zielt ein solches Programm in aller erster Linie auf eine Verbesserung der Krankenbehandlung (§ 137 f SGB V), nicht aber auf eine gerechte Verteilung der Behandlungsmöglichkeiten unter den Krankenhäusern, und andererseits reichen zur Abwendung wesentlicher wirtschaftlicher Nachteile in der Regel die dafür vorgesehenen Institute, wie etwa eine Schadenersatzklage, aus. Auf diese Gesichtspunkte kam es aber nicht entscheidend an, denn die Ausführungen des SG zu den Mängeln des Vertrages überzeugen nicht.
Das SG führt insoweit aus: nach dem Willen der Antragsgegner müsse das Ende der Teilnahme am Programm mit dem Nichterreichen der Operationszahlen einhergehen; indem die Antragsgegner es jedoch versäumt hätten, hier eine Verbindung herzustellen, sei der Vertrag lückenhaft; diese Lücke könne nicht dadurch ausgefüllt werden, daß der eindeutige Vertragswortlaut der Anlage 2 Ziffer 2 in eine prospektive Entscheidung umgewandelt werde; das gehe allein deshalb nicht, weil nach den Ausführungen der Antragsgegnerein festgestellt worden sei, "daß die Angaben, insbesondere, die genannten Zahlen der Erstoperationen zur Zeit nicht überprüfbar seien …" (Hinweis auf das Protokoll der Sitzung der Expertenkommission … vom 25.4.2003); könnten die Angaben zu den Zahlen der Erstoperation aber nicht überprüft werden, könne die Nichtteilnahme der Antragstellerin am Programm jedoch nicht damit begründet werden, die vorgelegten Zahlen ließen den Schluß zu, die verlangten Zahlen könnten nicht erreicht werden.
Letzteres ist ein Fehlschluß, der unterstellt, eine Prognose sei nur auf der Grundlage überprüfbarer Zahlen möglich, was ja durchaus nicht der Fall ist.
Im übrigen ist es zwar fragwürdig, daß die AOK im Ablehnungsschreiben vom 16.5.2003 allein auf einen Umstand abstellt, dem wohl nur u.a. Bedeutung für die Frage der Teilnahme zukommt, und dabei auch nur behauptet, aber nicht begründet, aufgrund welcher von der Antragstellerin angegebenen OP-Zahlen die Expertenkommission zu dem Ergebnis gelangt ist, die Antragstellerin werde nach Ablauf eines Jahres nicht mindestens 150 Erstoperationen bei Neuerkrankungen nachweisen, von denen mindestens 50 Operationen pro Operateur angefallen seien. Insoweit nennt aber die Antragstellerin selbst Zahlen, die – mögen sie überprüfbar sein oder auch nicht – deutlich dahinter zurückbleiben (etwa im Anordnungsantrag vom 10.8.2003: 100 Ersteingriffe bei jährlich 120 Eingriffen). Dabei kann auch nicht von einer unzulässigen Umwandlung der nämlichen Regelung in der Anlage 2 in eine prospektive Entscheidung gesprochen werden. Wenn aaO gefordert wird, daß die teilnehmenden Einrichtungen sich verpflichten, nach Ablauf eines Jahres mindestens 150 Erstoperationen bei Neuerkrankungen pro Jahre nachzuweisen …, dann scheint es nicht unzulässig, sondern geboten, zumindest die Angaben der antragstellenden Häuser zu den Leistungen der Vergangenheit daraufhin zu überprüfen, ob die verlangte Verpflichtung auf einer realistischen Grundlage abgegeben werden kann oder nicht. Die vom SG schließlich aufgeworfenen Fragen zur Beendigung der Teilnahme am Programm konnten hier nicht zum Tragen kommen, da es nur um den Einstieg geht. Ohnehin stellt aber gerade der vom SG angeführte § 7 Abs 4 des o.a. Vertrages klar, daß die Berechtigung zur Teilnahme am Programm gerade nicht ohne weiteres mit Nichterreichen der streitigen OP-Zahlen entfällt.
Nachdem der Vorsitzende des Senats in seiner die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG vom 14.1.2004 aussetzenden Entscheidung vom 14. Januar 2004 darauf hingewiesen hat, daß das vorliegende Datenmaterial unzureichend sei, und nachdem die Antragstellerin dem eher mit Rechts- denn mit tatsächlichen Ausführungen begegnet ist, mußte der Antragstellerin der begehrte einstweilige Rechtsschutz versagt bleiben. Der von ihr angeführte Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14.1.2004 1 BvR 506/03 (Juris-Dokument KVRE 320 390 401) gebot keine andere Entscheidung. Das BVerfG hat hier das Recht eines von den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Verpflichtungsklage verwiesenen Krankenhauses bejaht, die Aufnahme eines anderen Hauses in den Krankenhausplan im Wege der Drittanfechtung mit einer Konkurrentenklage unmittelbar anzufechten, weil ein effektiver Rechtsschutz nur dann gewährleistet sei, wenn dem übergangenen Krankenhaus zeitnah eben diese Möglichkeit eingeräumt werde. Diese Möglichkeit der Konkurrentenklage ersetzt aber keineswegs die Prüfung, ob die besonderen Voraussetzungen des § 86 b Abs 2 S. 2 SGG gegeben sind, ob es ausnahmsweise vor Abschluß des hier anscheinend nicht einmal eingeleiteten Hauptsacheverfahrens mit dem Ziel der Verpflichtung des Gegners geboten ist, eine einer solchen Hauptsacheentscheidung jedenfalls befristet gleichkommende Entscheidung zu treffen, die idR nur dann erlaubt ist, wenn der Antragsteller erkennbar in der Hauptsache Erfolg haben muß (vgl. BVerfGE 86,382; BVerwG NJW 2000,160). Davon ist die Antragstellerin im vorliegenden Fall deutlich entfernt, soweit sich dies nach Lage der Akten im summarischen Verfahren erkennen läßt.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 197 a SGG iVm § 154 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG iVm §§ 25 Abs 2 und 13 Abs 1 S. 1 GKG unter Ansatz eines Viertels des von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.8.2003 mit 224.000 EURO bezifferten wirtschaftlichen Schadens für das Verfahren wegen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Beschwerde zum Bundessozialgericht ist nicht gegeben (§ 177 SGG).
Erstellt am: 11.03.2004
Zuletzt verändert am: 11.03.2004