Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 28.08.2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der klagende Sozialhilfeträger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten, die aufgrund der Behandlung des Beigeladenen in der Fachklinik C, C, entstanden sind.
Der am 00.00.1975 geborene Beigeladene, der seit Jahren drogenabhängig ist (Konsum von Alkohol, Heroin, Kokain, Benzodiazepinen), ist bei der Beklagten krankenversichert. Nachdem er bereits in den Jahren 1995 bis 1997 zwei mehrmonatige Entwöhnungsbehandlungen absolviert hatte, erfolgte am 17.12.1998 die stationäre Aufnahme in der Fachklinik C in C. Diese Einrichtung besitzt einen Belegungsvertrag mit der Westfälischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (in der LVA Westfalen), Münster; eine vertragliche Beziehung zwischen der Drogenfachklinik C und der Beklagten besteht nicht.
Mit Bescheid vom 11.12.1998 lehnte die Westfälische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Antrag des Beigeladenen vom 27.01.1998 auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation mit der Begründung ab, für eine derartige Maßnahme fehle es an der erforderlichen Erfolgsaussicht. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Beigeladene auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft wieder eingegliedert werden könne. Daraufhin gewährte der Kläger dem Beigeladenen durch Bescheid vom 16.12.1998 Leistungen der Sozialhilfe, die u.a. auch die therapeutische Behandlung in der Fachklinik C umfassten. Zugleich machte er gegenüber der Beklagten bezüglich der entstehenden Kosten einen Erstattungsanspruch geltend. Die Beklagte verweigerte die Anerkennung dieses Erstattungsanspruchs mit der Begründung, ein Versorgungsvertrag nach § 111 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe mit der Fachklinik C nicht (Schreiben der Beklagten vom 22.12.1998). Zudem verwies sie auf die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Westfälische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation durch den Bescheid vom 11.12.1998 (Schreiben der Beklagten vom 10.02.1999).
Der Beigeladene absolvierte vom 17.12.1998 bis 08.03.1999 eine stationäre Entwöhnungsbehandlung in der Fachklinik C. Er wurde aus disziplinarischen Gründen entlassen, weil er wiederholt rückfällig geworden war. Der Kläger wandte für die Behandlung 14.484,11 DM (7.405,60 Euro) auf.
Der Kläger hat am 11.02.2000 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte dem Beigeladenen gegenüber gemäß § 40 Abs. 2 SGB V leistungspflichtig gewesen sei. Aus diesem Grunde stehe ihm ein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten aus § 104 SGB X zu.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der stationären Entwöhnungsbehandlung des Beigeladenen in der Zeit vom 17.12.1998 bis 08.03.1999 in der Fachklinik C in C zu erstatten und den zu erstattenden Betrag mit 4 v.H. gemäß § 108 SGB V zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat entgegnet, dass ein Anspruch des Beigeladenen gemäß § 40 Abs. 2 SGB V schon wegen der fehlenden Erfolgsaussicht der streitigen Maßnahme nicht gegeben gewesen sei. Zudem bestehe kein Versorgungsvertrag im Sinne des § 111 SGB V mit der Drogenfachklinik C.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Dr. N, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Bad Gottleuba, vom 24.11.2001. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Dr. N vom 24.11.2001 Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 28.08.2002 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihm am 09.09.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.09.2002 Berufung eingelegt.
Zur Begründung wiederholt er seine Ansicht, dass ihm ein Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB X zustehe, weil der Beigeladene einen Sachleistungsanspruch gemäß § 40 Abs. 2 SGB V gegen die beklagte Krankenkasse gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 28.08.2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 7.405,60 Euro nebst 4 % Zinsen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene, an den am 05.01.2004 eine Terminsmitteilung abgesandt worden ist, ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.02.2004 nicht erschienen und hat auch schriftsätzlich keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 7.405,60 Euro nicht zu.
Es kann offenbleiben, ob Rechtsgrundlage des Erstattungsbegehrens des Klägers § 102 SGB X oder § 104 SGB X ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 01.07.2003, Az.: B 1 KR 13/02 R). Voraussetzung wäre nämlich in jedem Fall, dass die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zur Erbringung der fraglichen Leistung, nämlich der Entwöhnungsbehandlung in der Drogenfachklinik C, verpflichtet gewesen wäre. Als Rechtsgrundlage für eine derartige Leistungsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Beigeladenen kommt im vorliegenden Fall allenfalls § 40 Abs. 2 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, wenn bei Versicherten die Leistung nach Abs. 1 des § 40 SGB V nicht ausreicht.
Unabhängig davon, ob die weiteren Voraussetzungen im Falle des Beigeladenen erfüllt sind, insbesondere ob es sich überhaupt um eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Sinne des § 40 SGB V gehandelt hat, scheitert dieser Anspruch daran, dass es sich bei der Drogenfachklinik C nicht um eine Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 40 Abs. 2 SGB V handelt, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht. § 111 Abs. 1 Satz 1 SGB V stellt klar, dass die Krankenkassen medizinische Leistungen zur Vorsorge (§ 23 Abs. 4 ) oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung (§ 40), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen dürfen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach Abs. 2 besteht. Hierzu bestimmt Abs. 2 des § 111 SGB V, dass die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen einheitliche Versorgungsverträge über die Durchführung der in Abs. 1 genannten Leistungen mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen schließen, die
1. die Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB X erfüllen und
2. für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ihrer Mitgliedskassen mit stationären medizinischen Leistungen zur Vorsorge oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung notwendig sind.
Einen derartigen Vertrag besitzt die Drogenfachklinik C in C nicht. Es besteht lediglich ein am 01.03.1995 geschlossener Belegungsvertrag mit der Westfälischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in Münster.
An dieser Arbeitsgemeinschaft sind zwar auch Landesverbände der Krankenkassen – so auch die Beklagte – beteiligt (vgl. § 1 des Abkommens und Richtlinien über eine Westfälische Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker vom 17.05.1973 i.d.F. vom 11.09.1987). Auch hat den Belegungsvertrag mit der Drogenfachklinik C die Landesversicherungsanstalt Westfalen als geschäftsführende Stelle in Vertretung der Arbeitsgemeinschaft abgeschlossen. Jedoch genügt dieser Belegungsvertrag nicht den Anforderungen des § 111 Abs. 2 SGB V. Es fehlt zum einen an einem gemeinsamen Vertragsabschluss der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen. Zum anderen stellt der Belegungsvertrag nicht sicher, dass die Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V und die weiteren Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V erfüllt sind.
Angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes, aber auch des mit dieser Regelung verfolgten Zweckes, nämlich der Qualitätssicherung der Behandlung der Versicherten, ist es ausgeschlossen, den Belegungsvertrag mit einem Vertrag nach § 111 Abs. 2 SGB V gleichzusetzen oder diese Vorschrift erweiternd in dem Sinne auszulegen, dass auch andere Vertragsverhältnisse diese Voraussetzungen erfüllen können. Auch eine möglicherweise langjährige – rechtswidrige – Verwaltungspraxis der Beklagten ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil diese eine eindeutige Rechtslage nicht zugunsten des Klägers zu ändern vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 31.10.2006
Zuletzt verändert am: 31.10.2006