Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 11. März 2003 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Mietkosten für eine Garage zwecks Unterstellung eines Behindertendreirades.
Die Beklagte bewilligte dem 1958 geborenen psychisch behinderten Kläger auf seinen Antrag vom 18.07.1994 durch Bescheid vom 18.05.1995 ein Easy-Glider-Sesseldreirad, welches sie ihm am 06.06.1995 leihweise zur Verfügung stellte. Bereits am 21.06.1994 hatte der Kläger zur Unterstellung des Fahrrades mit Hilfsmotor zum 01.08.1994 eine Garage zu einem monatlichen Mietzins von 65,- DM gemietet. Den Antrag, auch die Mietkosten zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1996 ab.
Nachdem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe als Sozialhilfeträger mit Bescheid vom 18.12.2001 ebenfalls eine Kostenübernahme abgelehnt hatte, beantragte der Kläger am 30.01.2002 erneut die Übernahme der Mietkosten durch die Beklagte, was diese ablehnte (Bescheid vom 18.02.2002, Widerspruchsbescheid vom 08.05.2002).
Der Kläger hat am 17.06.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Mietkosten ab dem 29.01.2002 erhoben. Er hat geltend gemacht, ohne die Unterstellung des Dreirades in der gemieteten Garage drohe dem Fahrrad eine Beschädigung durch Vandalismus. In der Straße, in der er wohne, befinde sich auch ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche. Diese hätten einen Fußball schussgerecht vor dem Fenster seiner Wohnung plaziert unter Abschluss einer Wette, wer das Fenster treffe, was ihn zum Umzug in eine andere Wohnung des Hauses bewogen habe. Eine andere Mietwohnung des Hauses, das er bewohne, sei aufgebrochen und verwüstet worden. Des Weiteren seien die Postbriefkästen des Hauses aufgebrochen und die Post im Garten verstreut worden. Ähnliche Übergriffe hätten sich im Keller des Hauses ereignet. Eine Telefonzelle sowie Sitzbänke in der Straße, in der er wohne, seien ebenfalls Ziel derartiger Übergriffe geworden. Mit Beschädigung oder Zerstörung des Dreirades müsse daher gerechnet werden, wenn dieses ungeschützt vor dem Mietshaus geparkt werde. In den Keller des Hauses könne er das Dreirad aufgrund dessen Schwere und Sperrigkeit sowie wegen mangelnder eigener Kräfte nicht schaffen. Die Gefahr einer Beschädigung habe sich auch gezeigt, als das Dreirad vor einem Geschäft unbewacht und unbeobachtet habe stehen bleiben müssen, nachdem er im Rahmen eines Notfalls in ein Krankenhaus habe eingewiesen werden müssen; denn er habe anschließend das Rad beschädigt und mit abmontierter Lichtanlage wieder vorgefunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.03.2003 hat das SG die Klage abgewiesen, weil zum einen die streitigen Kosten nicht durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten entstanden seien und der Kläger zum anderen die Garage von der Beklagten schon deshalb nicht beanspruchen könne, weil es sich bei ihr um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Auf die Entscheidungsgründe im Einzelnen wird Bezug genommen.
Gegen den ihm am 19.03.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.04.2003 – Dienstag nach Ostern – Berufung eingelegt. Er macht geltend, die gemietete Garage diene ausschließlich der Unterstellung des Dreirades und sei daher für ihn nicht als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Angesichts der von ihm belegten Vandalismusgefahren bestehe eine Leistungspflicht der Beklagten, um ihm den ungestörten Gebrauch des bewilligten Hilfsmittels zu gewährleisten. Ein Verbringen des Dreirades in den Keller sei ihm nicht möglich.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Dortmund vom 11.03.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2002 zu verurteilen, ihm die seit dem 29.01.2002 entstandenen Mietkosten in Höhe von monatlich 65,- DM zu erstatten bzw. ihn in Zukunft von den entsprechenden Kosten freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger der begehrte Anspruch nicht zusteht.
Diesem Anspruch steht nicht schon die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 08.07.1996 entgegen, obwohl sich in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Klägers keine Veränderungen ergeben hat, weil die Beklagte den Antrag nach erneuter Prüfung sachlich beschieden hat. Der Anspruch scheitert aber daran, dass weder die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung noch für eine Sachleistung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) vorliegen.
Der Anspruch auf Erstattung wie auch auf Freistellung von den hier streitigen Kosten kann sich allein aus § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V ergeben. Danach sind, sofern die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, wie das SG zu Recht erkannt hat, weil die Kosten nicht durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten verursacht worden sind, wie dies § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V voraussetzt (vgl. Bundessozialgericht – BSG – in Sozialrecht – SozR – 3-2500 § 13 Nrn. 15, 22). Der Versicherte hat grundsätzlich nur einen Anspruch auf Versorgung mit Sachleistungen durch die Krankenkasse. Er muss daher zunächst der Krankenkasse die Prüfung ermöglichen, in welchem Umfang sie ihm diese Leistung zur Verfügung stellen will.
Erst nach erfolgter Prüfung und Bescheidung durch die Krankenkasse ist er berechtigt, sofern die Entscheidung rechtswidrig war, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen und die ihm hierdurch entstandenen Kosten der Krankenkasse in Rechnung zu stellen (BSG wie vor). Daran fehlt es hier, weil der Kläger die Garage schon vor Bewilligung des Behindertendreirades angemietet hatte, ohne dass die Beklagte auf die nach Ansicht des Klägers notwendige Zusatzversorgung hingewiesen worden wäre. Dies gilt auch für diejenigen Mietkosten, die nach der Ablehnungsentscheidung der Beklagten angefallen sind bzw. in Zukunft entstehen. Zwar wird bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen die ablehnende Entscheidung als Zäsur mit der Folge angesehen, dass die Kosten selbstbeschaffter Leistungen nach erfolgter Ablehnung auf letzterer beruhen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 106); dies gilt aber nur, soweit die nachträglich getroffene Entscheidung noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen (BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6 S. 35 m.w.N.). Da aber die auch in Zukunft anfallenden Mietkosten ihren Entstehungsgrund allein in dem durch den Mietvertrag begründeten Dauerschuldverhältnis haben, können die nachträglichen Ablehnungsentscheidungen den Verpflichtungsgrund nicht mehr beeinflussen.
Unabhängig davon schuldete die Beklagte dem Kläger aber nicht die Bereitstellung einer Garage für das Dreirad, so dass ihre Entscheidung auch nicht rechtswidrig ist. Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung bzw. § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V n.F.). Insoweit wird die Unterstellmöglichkeit für ein Hilfsmittel zwar nicht genannt, hierdurch wird ein Anspruch auf eine solche Versorgung des Versicherten aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen; auch scheitert dieser nicht daran, wie das SG meint, dass die Garage ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist. Die Krankenkasse kann nämlich verpflichtet sein, Vorrichtungen zum Schutz eines Hilfsmittels vor Beschädigungen zur Verfügung zu stellen, sofern dies trotz der dem Versicherten obliegenden Obhuts- und Sorgfaltspflicht notwendig ist (BSG SozR 3-2200 § 182 b Nr. 3; SozR 3-2500 § 33 Nr. 11 S. 41; Berstermann in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 19. Aufl., Rdn. 64 zu § 33).
Grundsätzlich obliegt allerdings die ordnungsgemäße Behandlung und Pflege des Hilfsmittels dem Verantwortungsbereich des Versicherten, wozu auch ein Schutz vor Beschädigungen zählt. Soweit jedoch die Beschädigung oder Zerstörung nicht auf einem vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Verhalten des Versicherten beruht, schuldet die Krankenkasse – zumindest solange die Grundvoraussetzungen für eine Hilfsmittelversorgung weiterhin vorliegen (dazu BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 21) – eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung (BSG SozR 2200 § 182 g Nr. 2). Aufgrund letzterer Pflicht kann es daher für die Krankenkasse wirtschaftlicher sein, dieses Hilfsmittel durch geeignete Maßnahmen zu schützen (BSG SozR 3-2200 § 182 b Nr. 3 S. 5). Eine solche Schutzmaßnahme wird jedoch erst zur Pflicht für die Krankenkasse, wenn die Gefahr von Beschädigung oder Verlust des Hilfsmittels ein solches Ausmaß annimmt, dass der Versorgungsanspruch mit dem Hilfsmittel selbst betroffen ist, weil ohne die Sicherungsmaßnahme eine ausreichende Gebrauchsmöglichkeit nicht mehr gewährleistet ist (BSG wie vor, S. 6). Der hierfür erforderliche Nachweis der ernsthaften Gefahr von häufigem, die Benutzung des Gerätes ausschließenden Schädigungen mit Ausfällen des Hilfsmittels, die dessen bedarfsgerechte Verfügbarkeit erheblich beeinträchtigen und sich nicht in zumutbarer Weise ausgleichen lassen (vgl. BSG wie vor), ist nicht erbracht. Der Kläger hatte die Garage fast ein Jahr vor Erhalt des Behindertendreirades angemietet, so dass sich tatsächlich nicht feststellen lässt, ob eine konkrete Beschädigung des Behindertendreirades bei dessen Abstellen vor dem Wohnhaus des Klägers zu gewärtigen gewesen wäre. Diese Gefahr wird nicht dadurch belegt, dass es in dem Wohnhaus selbst gelegentlich zu Übergriffen auf Einrichtungsgegenstände gekommen ist. Dass vor dem Haus abgestellte Gegenstände beschädigt oder zerstört worden sind, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Jugendlichen, die gedroht hatten, seine Fensterscheibe mit einem Fußball einzuschießen, hat er nach seinem eigenen Vorbringen von diesem Vorhaben abhalten können. Auch wenn man bei diesen Jugendlichen eine entsprechende Gewaltbereitschaft, die sich gegen das Eigentum und den Besitz des Klägers richten könnte, unterstellt, lässt sich mit hinreichender Sicherheit nicht feststellen, dass sie sich gerade auch an seinem Behindertendreirad auswirken würde. Allein die abstrakte Gefahr ist insoweit nicht ausreichend, weil andernfalls jeder Versicherte, der entsprechende Hilfsmittel – zum Beispiel Elektrorollstühle – nicht in die Wohnung oder den Keller verbringen könnte, einen Anspruch auf Stellung einer Garage hätte. Angesichts dessen hätte der Kläger zumindest abwarten müssen, ob es tatsächlich zu den befürchteten Übergriffen gekommen wäre und ob sich hieraus für ihn die Gefahr eines auf Dauer nicht hinnehmbaren Entzugs des Hilfsmittels ergeben hätte. Dabei kämen zunächst auch einfachere Sicherungsmaßnahmen wie die Verwendung eines Schutzüberzuges in Betracht, die Dritte von Übergriffen abhalten könnten. Aufgrund dieses Sachverhalts sieht der Senat auch keinen Anlass zu einer weiteren Beweiserhebung, etwa durch Vernehmung des für das Wohnhaus des Klägers zuständigen Hausmeisters.
Die Berufung war vielmehr mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 18.07.2018
Zuletzt verändert am: 18.07.2018