Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 20.08.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger hat im Klageverfahren begehrt, der Beklagten zur Bearbeitung seines zwischenzeitlich beschiedenen Rentenantrages einen zeitlich definierten Rahmen zu setzen. Im Übrigen richtet sich sein Klagebegehren – wie nunmehr auch im Berufungsverfahrens – auf die Modalitäten seiner Begutachtung im Rahmen des Rentenverfahrens.
Der 1949 geborene Kläger, gelernter Einzelhandelskaufmann und von Beruf Buchhalter, beantragte im Mai 1999 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14.09.1999 entsprechende Leistungen für die Dauer von voraussichtlich 6 Wochen in der I-Klinik in Bad A. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, eine Rehabilitationsmaßnahme in einer psychosomatischen Klinik sei für ihn nicht erforderlich. Außerdem sei er trotz Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage, die Zuzahlung in Höhe von 1.050,- DM zu leisten. Nachdem der Kläger der Einladung der I-Klinik wegen der noch nicht geklärten Frage der Zuzahlung nicht nachgekommen war, nahm die Beklagte nach vorheriger Anhörung des Klägers den Bescheid vom 14.09.1999 mit Bescheid vom 08.08.2000 zurück. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2000 als unbegründet zurück. Der darauf folgende Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Münster (Az.: S 16 RA 49/00) wurde durch Klagerücknahme erledigt, wie das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 19.11.2001 feststellte (Az.: S 16 RA 94/01).
Zwischenzeitlich hatte der Kläger bei der Beklagten am 02.06.2000 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit beantragt und zur Begründung ausgeführt, er leide seit 20 Jahren an Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, Übelkeit und Sehstörungen, Bluthochdruck sowie seit ca. 1 Jahr verstärkt an psychischen Störungen, Angstzuständen, Depressionen und Herzbeschwerden. Die Beklagte zog die im Rehabilitationsverfahren eingeholten medizinischen Unterlagen bei und holte einen Befundbericht der den Kläger behandelnden Internistin Dr. T vom 01.12.2000 ein. Wegen des laufenden Klageverfahrens wurde die Verwaltungsakte am 06.02.2001 dem Sozialgericht Münster vorgelegt.
Die Beklagte beauftragte zunächst mit Schreiben vom 05.07.2001 die Gemeinschaftspraxis Dres. B/H mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens und Dr. T1 mit der Erstellung eines orthopädisch-chirurgischen Gutachtens. Nach Erhalt der Einladung zum Untersuchungstermin teilte der Kläger der Beklagten unter dem 02.08.2001 mit, er sei auf Grund seiner gesundheitlichen Beschwerden nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bundesbahn zu benutzen, und beantragte die Übernahme der Taxikosten sowie Verdienstausfall.
Das Sozialgericht Münster übersandte der Beklagten am 29.10.2001 die Rentenakte und am 26.11.2001 die Rehabilitationsakte. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte die den Kläger behandelnde Internistin Dr. T mit Schreiben vom 17.01.2002 um Mitteilung gebeten, ob der Kläger in der Lage sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Gutachter zu erreichen. Ferner beauftragte sie nunmehr mit Schreiben vom 21.01.2002 die Gemeinschaftspraxis der Ärzte für Nervenheilkunde Dres. E/T2 sowie die Gemeinschaftspraxis der Orthopäden Dres. L/S mit der Erstellung eines Gutachtens.
Unter Vorlage des ärztlichen Attests der Internistin T vom 30.04.2001 machte der Kläger mit Schreiben vom 26.01.2002 erneut geltend, dass ihm die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei, und beantragte die Übernahme der Taxikosten sowie Zusage der Erstattung des Verdienstausfalls. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin unter dem 30.01.2002 mit, dass sie nach Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des Arbeitgebers den Verdienstausfall erstatte, und bestätigte mit Schreiben vom 22.02.2002, dass sie die Taxikosten übernehme.
Der Kläger hat am 26.02.2002 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben, mit der er vom Gericht die Festsetzung eines Zeitraums für die Bearbeitung des Rentenantrags durch die Beklagte begehrt hat. Im Übrigen hat sich sein Klagebegehren auf die Modalitäten einer durchzuführenden Begutachtung gerichtet. Hierzu hat er wiederholend vorgetragen, er könne aus gesundheitlichen Gründen keine öffentlichen Verkehrsmittel wie Busse, Bahn oder Flugzeug benutzen. Die Fahrtkosten könne er wegen seiner finanziellen Verhältnisse auch nicht durch eigenes Geld bezahlen. Da er befürchte, von einem homosexuellen männlichen Arzt begutachtet zu werden, beantrage er von einem weiblichen Gutachter untersucht zu werden. Insofern weise er jedoch darauf hin, dass er den Gutachtern nur für Fragen zu Verfügung stehe, die nicht in seinen privaten bzw. intimen Familienbereich gingen. Welche Fragen als solche zu bewerten seien, entscheide er alleine, und zwar unter Berücksichtigung seines jeweiligen gesundheitlichen Zustandes.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die Bearbeitung meines Rentenantrages in einem zeitlich definierten Rahmen durchzuführen,
2. die Beklagte zu verurteilen, zur Übernahem der Kosten für die Erreichung der Gutachterorte über die notwendigen Hin- und Rückfahrten durch ein Taxi zu übernehmen,
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten nach Punkt 2 im Voraus zur Verfügung zu stellen.
4. die Beklagte zu verurteilen, wenn die Kosten für Taxifahrten rechtlich nicht übernommen werden müssen, einen Ort in der näheren Umgebung zuzuteilen, der im Notfall mit dem Fahrrad für ihn erreichbar ist,
5. die Beklagte zu verurteilen, ihm einen weiblichen Gutachter zuzuordnen,
6. die Beklagten zu verurteilen, bei einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten nicht über seine Familie Auskunft geben zu müssen,
7. die Beklagten zu verurteilen, dass bei einem Gutachten seine Ausführungen in schriftlicher Form zur Niederschrift erfasst bzw. erklärt werden können.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, sie habe dem Kläger bereits die Übernahme der Taxikosten und Entschädigung des Verdienstausfalls zugesichert. Darüber hinaus sichere sie dem Kläger zu, von einem weiblichen Gutachter begutachtet zu werden. Einschränkungen hinsichtlich der Anamnese, zu der Aussagen über Kindheit und Familie gehören würden, würden jedoch strikt abgelehnt, weil sie für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit unerlässlich seien.
Das Sozialgericht Münster hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.08.2002 abgewiesen. Die Klage sei nicht zulässig, wobei es dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei der Klage um eine Feststellungsklage handle, weil der Kläger jedenfalls kein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe. Die Beklagte sei vielmehr frei darin, wie sie das Verwaltungsverfahren durchführe. Der Kläger könne erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens gerichtlichen Rechtsschutz mit dem Ziel der Korrektur des Ergebnisses in Anspruch nehmen. Gemäß § 20 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuches (SGB X) ermittle die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen, sie bestimme Art und Umfang der Ermittlungen, an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten sei sie nicht gebunden. Diese Vorschrift räume dem Leistungsträger bei der Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung einen erheblichen Freiraum ein. Innerhalb dieses Freiraums habe ein Leistungsträger darüber zu befinden, welche medizinischen Ermittlungen für erforderlich gehalten würden und welche Mindestanforderungen an die Inhalte einzuholender medizinischer Gutachten zu stellen seien. Das Gericht überprüfe das Ergebnis erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten für erforderlich halte. Obwohl die Beklagte dies zugestanden habe, hätte der Kläger auch keinen Anspruch darauf, nur von einem weiblichen Gutachter untersucht zu werden. Die Beklagte sei auch frei darin, ihrem Gutachter Mindestanforderungen an den Inhalt des Gutachtens vorzugeben. Das dazu bei einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten Angaben über die Herkunftsfamilie und die Kindheit gehörten, sei naheliegend oder sogar selbstverständlich, denn dieser Lebensabschnitt gehöre zur Biographie des zu Begutachtenden; auch dem Gericht seien solche Angaben als nicht unwesentlicher Teil eines psychiatrischen Gutachtens vertraut. Es sei daher auch nicht zu bemängeln, wenn die Beklagte oder von ihr ausgewählte Ärzte ein Anamnesegespräch zum unverzichtbaren Bestandteil eines solchen Gutachtens erklärten. Daraus folge zwar nicht, dass der Kläger zu einer bestimmten Mitwirkung im Sinne einer Rechtspflicht verpflichtet sei oder gezwungen werden könne. Er trage jedoch die Nachteile, wenn für unvollständig gehaltene Ermittlungsergebnisse die Beklagte zur Ablehnung seines Antrags veranlassen sollten. Da die Beklagte bereits die Bereitschaft erklärt habe, die Taxikosten zu übernehmen, sei dieser Klagepunkt erledigt. Auch habe der Kläger schon unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch darauf, dass ein bestimmter Ort festgelegt würde, an dem die Begutachtung stattzufinden habe. Soweit der Kläger verlange, die für die Taxifahrt erforderlichen Aufwendungen im Voraus zu erhalten, sehe das Gericht hierfür keinen Anlass. Falls nachträglich Streit über die Höhe der Kosten entstehe, habe die Beklagte diese durch rechtsmittelfähigen Bescheid festzusetzen, so dass dem Kläger kein Nachteil entstehe. Nicht erkennbar sei, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, die Kosten zunächst zu verauslagen. Das Gleiche gelte für die Tragung des grundsätzlich ebenfalls erstattungsfähigen Verdienstausfalles. Nach dem Akteninhalt müsse das Gericht davon ausgehen, dass der Kläger weiterhin Gehalt beziehe. Auffälligerweise habe er sich weder im Verwaltungsverfahren noch gegenüber dem Gericht zur konkreten Höhe seines Gehalts oder der davon zu bestreitenden besonderen Belastung geäußert.
Der Kläger hat gegen den ihm durch Niederlegung am 21.08.2002 zugestellten Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 06.09.2002, eingegangen am 10.09.2002, Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
1. ihm die Kosten der notwendigen Hin- und Rückfahrten zur Begutachtung im Voraus zur Verfügung zu stellen,
2. ihm einen weiblichen Gutachter zuzuordnen,
3. bei einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten nicht über seine Familie Auskunft geben zu müssen,
4. bei einem Gutachten seine Ausführungen in schriftlicher Form zur Niederschrift erfassen zu lassen bzw. erklären zu können.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts und im Übrigen darauf hin, dass der Antrag des Klägers auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zwischenzeitlich mit Bescheid vom 29.01.2003 abgelehnt worden sei. Die medizinischen Voraussetzungen hätten bei dem Kläger nicht abschließend geprüft werden können, weil eine Begutachtung nicht habe durchgeführt werden können.
Das Landessozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Rentenakte Bezug genommen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz der Abwesenheit des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.03.2004 entscheiden, denn der Kläger ist in der Terminsmitteilung auf diese sich aus den §§ 110 Abs. 1, 124 Abs. 1 des Sozialgerichtsgeseztes (SGG) ergebende Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Münster vom 20.08.2002, denen er sich nach eigener Prüfung voll inhaltlich anschließt (vergl. § 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 29.04.2004
Zuletzt verändert am: 29.04.2004