Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13. Juni 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger einen Teilbetrag der Ausgleichsrentennachzahlung auszahlen muss, den er an die Beigeladenen erstattet hat.
Der 1965 geborene Kläger war in der Zeit vom 30.03.1984 bis 22.11.1984 in der ehemaligen DDR inhaftiert. Am 22.11.1984 wurde er aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen und siedelte in die Bundesrepublik Deutschland über. In der Zeit von Sommer 1985 bis Frühjahr 1988 besuchte er die Oberstufe des Städtischen Gymnasiums in T. Ab September 1985 bis Ende Juni 1988 bezog er Leistungen vom Beigeladenen zu 1) aus dem sogenannten Garantiefonds. Im Herbst 1988 begann er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn, woraufhin die Beigeladene zu 2) ihm von Oktober 1988 bis März 1994 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zahlte. Bis Ende März 1993 erbrachte sie die Leistung jeweils zur Hälfte als Darlehen und als Zuschuss, ab Anfang April 1993 ausschließlich als Zuschuss. Ab April 1994 erhielt der Kläger Leistungen der Kriegsopferfürsorge vom Beigeladenen zu 1).
Mit Bescheid vom 26.04.1994 und Abhilfebescheid vom 22.06.1994 erkannte der Beklagte bei dem Kläger ein "Stasi-Verfolgten-Syndrom" im Sinne des Häftlingshilfegesetzes (HHG) mit einer MdE von 50 v.H. ab 01.11.1984 an. Mit weiterem Bescheid vom 07.08.1995 bewilligte er dem Kläger ab 01.11.1984 Ausgleichsrente nach § 32 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Für die Zeit vom 01.11.1984 bis 30.09.1995 ergab sich ein Nachzahlungsbetrag von 69.629 DM, den der Beklagte wegen möglicher Erstattungsansprüche zunächst einbehielt. Gegen diese Einbehaltung legte der Kläger Widerspruch ein.
Der Beigeladene zu 1) als Bewilligungsbehörde für Beihilfen nach dem Garantiefonds rechnete die Ausgleichsrente auf die im Zeitraum September 1985 bis Juni 1988 gezahlten Garantiefondsbeihilfen an und machte mit Schreiben vom 17.08.1995 beim Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 14.578 DM geltend.
Die Beigeladene zu 2) meldete mit Schreiben vom 10.01.1996 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 3.558 DM an. Zuvor hatte sie die Förderungsbeträge für den Bewilligungszeitraum Oktober 1988 bis März 1994 unter Anrechnung der Ausgleichsrente neu berechnet und dem Kläger am 09.01.1996 entsprechende Änderungs- und Rückforderungsbescheide gemäß § 20 BAföG erteilt.
Der Beigeladene zu 1) als Bewilligungsbehörde für Kriegsopferfürsorge machte mit Schreiben vom 28.09.1995 einen Erstattungsanspruch von 8.338,04 DM beim Beklagten geltend, nachdem er die Ausgleichsrente als Einkommen auf die im Zeitraum April 1994 bis April 1995 gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet hatte. Mit Bescheid vom 29.07.1996, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29.11.1996, hob er die Bewilligung der Hilfe zum Lebensunterhalt im Hinblick auf die Ausgleichsrente und unter Berücksichtigung der Grundrentennachzahlung sowie wegen unzutreffender Angaben des Klägers ganz auf. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Köln vom 05.06.1997 und Urteil vom 08.09.1997, 18 K 11322/96; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 16.07.1997, 14 E 617/97).
Der Beklagte benachrichtigte den Kläger mit Schreiben vom 22.01.1996 über die geltend gemachten Erstattungsansprüche und berechnete den verbleibenden Nachzahlungsbetrag nunmehr mit 43.154,96 DM. Diesen Betrag zahlte er an den Kläger, die Erstattungsbeiträge jeweils an die Beigeladenen aus. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.1998 zurück.
Der Kläger hat am 10.07.1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln mit dem Begehren erhoben, den Beklagten zur Auszahlung auch des Restes des Nachzahlungsbetrags (26.474,04 DM = 13.891,08 Euro) zu verurteilen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13.06.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der streitige Leistungsanspruch gemäß § 107 SGB X aufgrund der Erstattungsansprüche der Beigeladenen als erfüllt gelte.
Gegen das ihm am 26.07.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.08.2001 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Erstattungsansprüche von den Beigeladenen zu Unrecht geltend gemacht worden seien und der Beklagten diese daher nicht habe einbehalten bzw. erfüllen dürfen. Die Erstattungsansprüche des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der geleisteten Garantiefondsbeihilfen seien gemäß § 113 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X – verjährt. Der Beigeladene zu 1), der von den laufenden Verfahren auf Gewährung einer Ausgleichsrente gewusst habe, habe die Garantiefondsbeihilfen vorbehaltlos ausgezahlt und sich bis ins Jahr 1995 nicht nach dem Stand der Verfahren erkundigt. Durch diese Sorgfaltspflichtverletzung habe er einen möglichen Erstattungsanspruch im Jahr 1995 von vornherein verwirkt. Soweit die Erstattungsansprüche des Beigeladenen zu 1) die Erstattung der gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt beträfen, sei die berechnete Rückforderung der Höhe nach überzogen. Dies zeige ein Vergleich mit den Erstattungsansprüchen bezüglich der gezahlten Hilfe zum Lebensunterhalt und erst recht mit denjenigen der Ausbildungsförderung. Es stehe in keinem Verhältnis, wenn von der nur für ein Jahr gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt ca. 8.300 DM zu erstatten seien, während die für immerhin drei Jahre gewährten Garantiefondsleistungen "lediglich" mit ca. 14.600 DM erstattet werden müssten und die für sogar sechs Jahre gewährte Ausbildungsförderung sogar nur mit ca. 3.500 DM. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1) bei der Neuberechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt offensichtlich Sozialleistungen, die nicht erstattungsfähig seien wie z.B. Bekleidungshilfe, Mietzuschuss, Studienzuschuss etc. in den Erstattungsbetrag eingerechnet. Auch eine Erstattung an die Beigeladene zu 2) komme nicht in Betracht, weil es keine darlehensweise gewährte Ausbildungsförderung mehr gebe. Das Bundesverwaltungsamt habe auf Antrag von Dezember 1995 die Rückzahlung der darlehensweise nach dem 31.12.1990 gewährten Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 12.07.2000 erlassen. In dem von ihm geführten Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht gegen die Beigeladene zu 2) hat der Kläger im Übrigen geltend gemacht, gegen die Rückforderungsbescheide vom 09.01.1996 Widerspruch eingelegt zu haben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, das er für zutreffend hält.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Sie sind jeweils der Auffassung, dass ihre Erstattungsansprüche zu Recht geltend gemacht und die entsprechenden Beträge zu Recht ausgezahlt worden sind. Die Beigeladene zu 2) hat im Verwaltungsstreitverfahren darüber hinaus bestritten, dass der Kläger gegen die Rückforderungsbescheide vom 09.01.1996 Widerspruch eingelegt habe.
Der Senat hat die Akten des Verwaltungsgerichts (VG) Köln über das Verfahren des Klägers gegen die Beigeladene zu 2) beigezogen. In diesem Verfahren beansprucht der Kläger von der Beigeladenen zu 2) die Auszahlung des von dem Beklagten erstatteten Betrags in Höhe von 3.558 DM. Eine Entscheidung in der Hauptsache ist bisher nicht ergangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der vom Beklagten und von der Beigeladenen zu 2) beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Prozessakte VG Köln (22 K 8414/98) verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in Abwesenheit des persönlich geladenen Klägers entscheiden, ohne dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ) zu verletzen. Auf diese Möglichkeit ist der Kläger in der Terminsmitteilung hingewiesen worden. Er hat mit Schreiben vom 24.04.2004 mitgeteilt, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Termin erscheinen werde, der Termin aber dennoch stattfinden könne.
Seinem schriftsätzlichen Vorbringen nach begehrt der Kläger, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.06.2001 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, ihm den einbehaltenen Rest der Ausgleichsrentennachzahlung in Höhe von 13.535,96 Euro (= 26.474,04 DM) auszuzahlen.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 07.08.1995, 22.01.1996 und 17.06.1998 bestätigt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung des vom Beklagten in Höhe von 26.474,04 DM (= 13.535,96 Euro) einbehaltenen Teilbetrags der Ausgleichsrentennachzahlung. Dieser Anspruch ist gemäß § 107 SGB X aufgrund der Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) erloschen.
Nach der Vorschrift des § 107 SGB X gilt der Anspruch des Berechtigten – hier des Klägers – gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger – hier den Beklagten – als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 – 105 SGB X besteht. Die drei streitigen Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1) und zu 2) sind gemäß § 104 SGB X entstanden, weil die Beigeladenen in den streitigen Zeiträumen Leistungen als nachrangig Verpflichtete erbracht haben, die vorrangig vom Beklagten zu erbringen gewesen wären und weil die Voraussetzungen des § 103 SGB X nicht vorliegen. § 103 SGB X greift nur dann, wenn ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, d.h. die zunächst in vollem Umfang bestehende Leistungspflicht des vorleistenden Trägers durch einen später eintretenden Umstand wegfällt (vgl. Schroeder-Printzen, SGB X, § 103 Anm. 2.3). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr bestand in den streitigen Zeiträumen parallel ein Anspruch des Klägers auf die vom Beklagten zu zahlende – seinerzeit nur noch nicht anerkannte – Ausgleichsrente sowie auf die jeweiligen Leistungen der Beigeladenen. Bei einem Zusammentreffen dieser Ansprüche sieht das Gesetz von vornherein die generelle Nachrangigkeit der Sozialhilfeleistungen, Kriegsopferfürsorgeleistungen und der Ausbildungsbeihilfen nach dem BAföG gegenüber der Ausgleichsrente vor (vgl. von Wulfen, SGB X, 4. Auflage 2001, § 104, Anm. 3, 6). Die Leistungen der Beigeladenen wären damit unmittelbar und nicht erst wegen eines später eintretenden Umstands zu kürzen gewesen. Damit richtet sich der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X.
Die Beigeladenen haben die von ihnen gezahlten Leistungen im Verhältnis zum Beklagten als nachrangig Verpflichtete im Sinn von § 104 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X erbracht.
Die vom Beigeladenen zu 1) im Zeitraum September 1985 bis Juni 1988 geleisteten Garantiefondsbeihilfen waren in Höhe des geltend gemachten Anspruchs von 14.578 DM vorrangig vom Beklagten zu entrichten und sind damit gemäß § 104 SGB X von diesem zu erstatten. Die Garantiefondsbeihilfen waren nur insoweit zu erbringen, als die damals – lediglich noch nicht bescheidmäßig festgestellten – Ausgleichsrentenleistungen des Beklagten als Einkommen anzurechnen waren. Ein Anspruch auf Garantiefondsbeihilfen besteht nur insoweit, wie der Kläger wirtschaftlicher Hilfe bedarf (Abschnitt I Nr. 5 (1) der Allgemeinen Vorschriften über Garantiefondsbeihilfen in der ab 01.03.1984 geltenden Fassung – AVV-GF). Einer wirtschaftlichen Hilfe bedarf der Auszubildende gemäß Abschnitt I Nr. 5 (3) AVV-GF, soweit er gemäß Nrn. 13 und 14 der AVV-GF die Kosten seiner Ausbildung, seines Unterhalts und seines Sonderbedarfs weder allein noch mit Hilfe der Unterhaltspflichtigen aufbringen kann. Gemäß Abschnitt III Nr. 13 (1) AVV-GF ist insbesondere das Einkommen des Auszubildenden anzurechnen. Zu diesem Einkommen zählt – anders als die in Abschnitt III Nr. 13 (2) AVV-GF ausdrücklich von der Anrechnung ausgenommene Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage – die dem Kläger zustehende Ausgleichsrente. Hier ist die Ausgleichsrente in voller Höhe als Einkommen anzurechnen, da der Kläger abzusetzende Beträge im Sinn von Abschnitt III Nr. 13 (2) AVV-GF nicht geltend gemacht hat und auch nicht ersichtlich ist, welche Beträge konkret in Betracht kommen könnten. Der Beigeladene zu 1) wäre damit bei rechtzeitiger Leistungserfüllung des Beklagten im fraglichen Zeitraum in Höhe der dem Kläger zustehenden Ausgleichsrente nicht zur Zahlung von Garantiefondsbeihilfen verpflichtet gewesen. Diese eingetretene Überzahlung hat der Beigeladene zu 1) in dem von ihm geltend gemachten Erstattungsanspruch rechnerisch richtig dargelegt.
Der Kläger kann sich gegenüber dem Beigeladenen zu 1) entgegen seiner Auffassung nicht auf eine Verjährung oder Verwirkung des Erstattungsanspruchs gemäß §§ 111 bzw. 113 SGB X berufen. Die Vorschriften der §§ 111 und 113 SGB X finden lediglich im Ausgleichsverhältnis der Leistungsträger untereinander, nicht aber im Verhältnis von Leistungsträger und Leistungsberechtigtem Anwendung. Die Erfüllungswirkung nach § 107 SGB X gegenüber dem Berechtigten tritt bereits mit Entstehen des Erstattungsanspruchs ein, also im Zeitpunkt der Leistungserbringung. Ob ein Ausgleich zwischen den Leistungsträgern stattfindet, ist für die Erfüllungswirkung im Verhältnis zwischen dem verpflichteten Leistungsträger und dem Leistungsberechtigten unbeachtlich. Die Erfüllungswirkung tritt damit unabhängig davon ein, ob die Erstattung tatsächlich vom vorrangig Verpflichteten an den nachrangig verpflichteten Leistungsträger vorgenommen wird oder nicht oder ob diese gemäß § 111 SGB X verspätet geltend gemacht wird, gemäß § 113 SGB X verjährt ist oder aus sonstigen Gründen nicht geltend gemacht werden kann (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 107 SGB X, Rn 9; Pickel, Kommentar zum SGB X, § 107 Rn 118; vgl. auch BSG, Urteil vom 29.04.1997, 8 RKn 29/95). Grund hierfür ist der Normzweck der §§ 102 ff. SGB X, die neben dem Ausgleich unter den Leistungsträgern insbesondere dazu dienen, Doppelleistungen an den Berechtigten auszuschließen (Kasseler Kommentar, a.a.O., Rn 2). Die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X soll einen vereinfachten Ausgleich zwischen den Leistungsträgern des Sozialrechts schaffen und eine Rückforderung der Leistung gegenüber dem Leistungsberechtigten selbst vermeiden (BSG, a.a.O.). Auf eine etwaige Verjährung oder Verwirkung des Erstattungsanspruchs des Beigeladenen zu 1) hätte sich damit lediglich der Beklagte berufen können. Die gegenüber dem Kläger eingetretene Erfüllungsfiktion wird dadurch nicht betroffen.
Die Beigeladene zu 2) hat im Zeitraum Oktober 1988 bis März 1994 BAföG-Leistungen in Höhe von 3.558 DM als nachrangig Verpflichtete erbracht hat, die vorrangig vom Beklagten zu erbringen und daher von diesem gemäß § 104 SGB X zu erstatten waren. Die Ausgleichsrentenleistungen des Beklagten waren als Einkommen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 5 BAföG anspruchsmindernd auf die BAföG-Leistungen der Beigeladenen zu 2) anzurechnen. Ausbildungsförderung nach dem BAföG wird nur in dem Umfang geleistet, in dem ein Bedarf besteht. Der Bedarf bestimmt sich gemäß § 11 BAföG nach den Aufwendungen für den Lebensunterhalt und die Ausbildung, wobei Einkommen und Vermögen des Auszubildenden, seiner Ehegatten und Eltern unter Berücksichtigung einer Vielzahl von abzusetzenden Beträgen (§§ 22 ff. BAföG) anzurechnen sind. Die Beigeladene zu 2) hat die dem Kläger im Zeitraum Oktober 1988 bis März 1994 zu gewährende Ausbildungsförderung nach Kenntnis der dem Kläger zustehenden Ausgleichsrente neu berechnet und die jeweiligen Rückforderungsbeträge der einzelnen Förderungszeiträume in mehreren Bescheiden vom 09.01.1996 aufgeführt. Ob diese Bescheide bindend geworden oder – wie vom Kläger im Verwaltungsrechtsstreit geltend gemacht – wirksam angefochten worden sind, ist für den hier streitigen Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) unbeachtlich. Der Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB X mit der Folge der Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X setzt nicht voraus, dass ein Rückforderungsanspruch dem Kläger gegenüber in einem Bescheid geltend gemacht wird. Vielmehr entsteht der Erstattungsanspruch unmittelbar mit der Leistungserbringung des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers. Einwendungen gegen die rechnerische Neufeststellung der Höhe der Ausbildungsförderung sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.
Soweit der Kläger meint, die Bewilligung der Ausbildungsförderung als Zuschuss schließe die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs aus, irrt er. Ebenso wenig trifft seine Auffassung zu, der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) sei dadurch erloschen, dass das Bundesverwaltungsamt ihm in einem Bescheid vom 07.11.2000 die nach dem 31.12.1990 gewährten Darlehensbeträge erlassen habe. Der in § 104 SGB X geregelte Erstattungsanspruch betrifft alle Leistungen, die der nachrangig verpflichtete Leistungsträger in Vorlage erbracht hat. Eine Differenzierung nach der Art der Leistung (Darlehen oder Zuschuss) wird hier nicht vorgenommen. Damit ergreift auch die gesetzliche Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X die dem Kläger gewährte Ausbildungsförderung sowohl in ihrem Zuschuss- als auch in ihrem Darlehensanteil. Dabei ist zu beachten, dass der Erstattungsanspruch des vorrangig Leistenden bereits in dem Zeitpunkt der Leistungserbringung entsteht und in eben diesem Zeitpunkt auch der Anspruch des Berechtigten gegen den eigentlich zur Leistung verpflichteten Sozialträger gemäß der Fiktion des § 107 SGB X erlischt. Der Erlass des Bundesverwaltungsamts konnte den zu diesem Zeitpunkt bereits entstandenen Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) nicht mehr berühren und ist damit ins Leere gegangen. Dies entspricht auch dem Normzweck der gesetzlichen Regelungen der §§ 102 ff. SGB X, die den Doppelbezug von Leistungen gerade verhindern sollen. § 104 Abs. 1 S. 2 SGB X stellt für die Höhe des Erstattungsanspruchs darauf ab, inwieweit der nachrangig verpflichtete Leistungsträger bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers selbst nicht hätte zu leisten brauchen. Es wird also der Zustand wiederhergestellt, der bei ordnungsgemäßer Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträger bestanden hätte. Hätte der Beklagte die Ausgleichsrente bereits 1991 gezahlt, so wäre diese von der Beigeladenen zu 2) auf die dort zu leistende Ausbildungsförderung und zwar auf Zuschuss- und Darlehensanteil gleichermaßen angerechnet worden (§ 11 Abs. 2, 2. Halbsatz BAföG). Der Darlehensanteil wäre damit (wie auch der Zuschussanteil) nur in geringerer Höhe zur Auszahlung gekommen und hätte insoweit auch später nicht vom Bundesverwaltungsamt erlassen werden können. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, dass der Darlehenserlass den bereits entstandenen Erstattungsanspruch nachträglich zum Erlöschen bringt, so wäre der Kläger in den Vorzug von Doppelleistungen gekommen. In diesem Fall würde dem Kläger für den fraglichen Zeitraum die volle Ausgleichsrente (nach)gezahlt, während er gleichzeitig den Darlehensanteil der BAföG-Leistungen, der ihm seinerzeit fälschlich ohne Minderung um die Ausgleichsrente gezahlt worden ist, behalten könnte. Durch die von der Beigeladenen zu 2) vorgenommene Neuberechnung wird der Kläger finanziell genau so gestellt, wie er gestanden hätte, wenn die Leistungen von Beklagtem und Beigeladener zu 2) von vornherein nach dem Rangverhältnis dieser Leistungen berechnet und gezahlt worden wären.
Der Beigeladene zu 1) hat im Zeitraum April 1994 bis April 1995 ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt gemäß § 27 a BVG (Kriegsopferfürsorge) in Höhe von 8.338,04 DM als nachrangig Verpflichteter erbracht hat, die vorrangig vom Beklagten zu erbringen und daher von diesem gemäß § 104 SGB X zu erstatten waren. Die Ausgleichsrentenleistungen des Beklagten waren als Einkommen gemäß § 25 c BVG auf die Leistungen der Kriegsopferfürsorge anzurechnen. Ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt gemäß § 27 a BVG werden gewährt, soweit der Beschädigte seinen Lebensunterhalt nicht aus den übrigen Leistungen nach dem BVG und dem einzusetzenden Einkommen und Vermögen bestreiten kann. Zu dem anzurechnenden Einkommen (§ 25 d BVG) zählt – anders als die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage gem. § 25 d Abs. 1 S. 2 BVG – die dem Kläger zustehende Ausgleichsrente. Der Beigeladene zu 1) hat die dem Kläger im Zeitraum April 1994 bis April 1995 zustehende ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach Kenntnis der Ausgleichsrentengewährung mit Bescheid vom 29.07.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.11.1996 neu berechnet und dargelegt, in welcher Höhe ein Erstattungsanspruch beim Beklagten geltend gemacht werde. Diese Bescheide sind vom Verwaltungsgericht Köln und Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt worden (Gerichtsbescheid des VG Köln vom 05.06.1997 und Urteil vom 08.09.1997, 18 K 11322/96; Beschluss des OVG Münster vom 16.07.1997, 14 E 616/97). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) die Neuberechnung der Kriegsopferfürsorgeleistungen fehlerhaft vorgenommen hat. Insbesondere hat er die Erstattungssumme in den Monaten, in denen die gezahlten Kriegsopferfürsorgeleistungen niedriger als die Ausgleichsrente waren, auf erstere begrenzt. Die Auffassung des Klägers, der Beigeladene zu 1) habe unberechtigt bestimmte Leistungen der Kriegsopferfürsorge wie Mietzuschuss, Bekleidungsbeihilfe, Studienzuschuss etc. in seinen Erstattungsanspruch einfließen lassen, ist unzutreffend. Das BVG nimmt in § 27 a keine Unterscheidung dahingehend vor, dass das Einkommen nur auf bestimmte Leistungen anzurechnen sei. Vielmehr unterliegen alle Leistungen unabhängig von ihrer konkreten Art der Einkommensanrechnung. Dass die Rückforderung des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Leistungen aus der Kriegsopferfürsorge zu der Rückforderung des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Garantiefondsbeihilfen im Verhältnis der Leistungszeiträume geringer ist, erklärt sich daraus, dass die Garantiefondsbeihilfen in den Jahren 1985 bis 1988 gezahlt wurden und die anzurechnende Ausgleichsrente in diesem Zeitraum monatlich "lediglich" zwischen 367 und 534 DM betrug, während die Leistungen der Kriegsopferfürsorge im Zeitraum April 1994 bis April 1995 gewährt wurden und die anzurechnende Ausgleichsrente in diesem Zeitraum mit monatlichen Beträgen zwischen 540 und 677 DM erheblich höher war. Ein Vergleich mit den verhältnismäßig niedrigeren Erstattungsansprüchen der Beigeladenen zu 2) kommt nicht in Betracht, da das BAföG eine Vielzahl von einkommensmindernden Absetzungstatbeständen enthält, die weit über die Minderungsmöglichkeiten des BVG und der Vorschriften über die Garantiefondsbeihilfen hinausreichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Erstellt am: 06.07.2004
Zuletzt verändert am: 06.07.2004