Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einem Immunglobulinpräparat.
Der 1957 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet seit etwa 1995 an einer primär chronisch progredient verlaufenden Encephalomyelitis disseminata (Multiplen Sklerose).
Die Neurologische Klinik der Ruhr-Universität C (Direktor: Prof. Dr. Q) beantragte bei der Beklagten unter dem 31.07.1998 für den Kläger die Kostenübernahme für die Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG). Der den Kläger behandelnde Arzt Dr. T befürwortete einen entsprechenden Behandlungsversuch im Fall des Klägers, da "konventionelle" Behandlungsmethoden erfolglos geblieben seien und eine Therapie mit IVIG aufgrund gewonnener klinischer Erfahrung als berechtigter Versuch angesehen werde, die weitere Progression der Erkrankung zu verzögern und die Lebensqualität des Patienten zu steigern. Es lägen auch Studien vor, die die eigenen Erkenntnisse bestätigten.
Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) kam in einem Gutachten vom 18.12.1998 zu dem Ergebnis, dass die intravenöse Immunglobulinbehandlung bei Multipler Sklerose mit progredienter Verlaufsform nicht allgemein anerkannter Stand der medizinischen Erkenntnisse sei. Die klinischen Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen; es liege vielmehr noch eine experimentelle Situation vor.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 29.12.1998 die Kostenübernahme für die Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen ab.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs überreichte der Kläger u.a. eine Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters Dr. S vom 09.09.1999, wonach sich der Befund im Jahre 1999, während eines Heilversuchs mit Immunglobulinen, stabilisiert habe. Die Weiterführung dieses Heilversuchs sei daher zu empfehlen.
Entsprechend beantragte die Neurologische Klinik der Ruhr-Universität unter dem 11.10.1999 erneut die Kostenübernahme für die Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen.
Der Kläger überreichte zudem ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. N vom 05.11.1999, wonach eine Weiterführung der begonnenen Therapie unbedingt erforderlich erscheine. Dr. N trug vor, im Falle des Klägers könne die Wirksamkeit der Therapie als erwiesen angesehen werden. Der Kläger verwies schließlich auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Aachen, wonach es für den dortigen Kläger als unzumutbar angesehen worden war, sich auf die Teilnahme an einer Studie verweisen zu lassen. Eine Behandlung mit IVIG müsse möglich sein, auch wenn über diese Therapie noch nicht hinreichend genaue Studien vorlägen. Die Rechtsprechung des SG Aachen sei auf seinen Fall übertragbar.
Mit Schreiben vom 02. Juni 2000 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Dr. N als Vertragsarzt im Rahmen seiner Therapiefreiheit die Immunglobuline als individuellen Heilversuch einsetzen dürfe. Ihm obliege es alleine zu entscheiden, ob er die Immunglobuline auch innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung einsetzen wolle. Ein Anspruch auf Kostenerstattung privatärztlicher Leistungen bestehe nicht. Dr. N habe die verordneten Immunglobuline aber auf Privatrezept verordnet.
Unter dem 05.06.2000 beantragte der Kläger daraufhin die Kostenerstattung für auf Privatrezept verordnete Arznei- und/oder Heilmittel (Rechnungen August 1998 bis Juni 2000).
Die Beklagte veranlasste eine erneute Stellungnahme des MDK. Dieser führte in seinem Gutachten vom 01.09.2000 aus, die Übernahme der Kosten für die intravenöse Immunglobulin-Behandlung könne weiterhin nicht empfohlen werden. Das Paul-Ehrlich-Institut, das für die Zulassung zuständig sei, habe in einer Verlautbarung erneut darauf hingewiesen, dass die Anwendung von Immunglobulinen in der Indikation "Multiple Sklerose" nicht zugelassen sei. Ein Zulassungsantrag liege dem Paul-Ehrlich-Institut nicht vor. Die Anwendung von Immunglobulinen bei progredienter Multipler Sklerose laufe derzeit noch im Rahmen klinischer Prüfungen, die nicht abgeschlossen und ausgewertet seien. Eine Wirksamkeit im Einzelfalle stelle sicherlich keinen Wirksamkeitsnachweis dar. Der MDK verwies auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen (Az.: L 16 KR 139/99 vom 22.05.2000). Das Gericht habe darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankomme, ob eine bestimmte Behandlungsmethode die erfolgversprechendste Therapie darstelle, sondern allein wesentlich die Frage sei, ob die generelle Wirksamkeit einer Methode nachgewiesen sei.
Mit Schreiben vom 06.05.2000 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung erneut ab. Dem Schreiben lag bei eine Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts vom 08.09.2000. Danach bleibe festzustellen, dass die derzeitig vorliegenden Studien und Fallberichte noch nicht die Anforderungen erfüllten, die an Studien zum Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit der Immunglobulin-Anwendung bei Multipler Sklerose gestellt würden. Eine Vielzahl von Fragen sei noch offen, zu deren Klärung kontrollierte Studien durchgeführt würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 04.05.2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Seit dem 22.09.1998 sei vom zuständigen Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich der außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen "aG") festgestellt. Die Zulassung von Immunglobulinen zur Behandlung der Multiplen Sklerose in ihrer primär chronisch progredienten Verlaufsform werde aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen von der Arzneimittelindustrie nicht verfolgt. Er sei nach den herkömmlichen Methoden bereits seit Ende 1998 austherapiert. Bei den Immunglobulinpräparaten "Sandoglubin" und "Octagam" handele es sich um zugelassene, verkehrsfähige und damit verordnungsfähige Fertigarzneimittel. Schon aus ethischen Gründen sei es nicht möglich, ihn auf die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie zu verweisen. Aussagekräftige Studien seien in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genüge es, dass das verwendete Medikament überhaupt zugelassen sei. Die Behandlung IVIG stelle die einzig realistische Möglichkeit dar, den Krankheitsverlauf zu lindern und sogar eine Besserung herbeizuführen. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen sei eine Versorgung mit IVIG daher geboten. Er sei in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Diesem Umstand habe auch das Schleswig Holsteinische Landessozialgericht (L 1 KR 5/02) Rechnung getragen, indem es einer Patientin mit einer schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose die Versorgung mit Immunglobulinen außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereiches zuerkannt habe. Auch im Rahmen der Behandlung von Kleinstkindern sei es üblich, Medikamente einzusetzen, die nicht zugelassen seien. Er berufe sich insoweit auf Gleichbehandlungsaspekte. Im Bereich der privaten Krankenversicherung seien auch die Kosten solcher Therapie zu erstatten, die nicht etabliert seien. Dabei werde lediglich vorausgesetzt, dass es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar sei, die nicht etablierte Therapie als medizinisch notwendig anzusehen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.1998 und des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2001 zu verurteilen, die Kosten für die Behandlung des Klägers mit intravenösen Immunglobulinen ab September 1998 zu tragen beziehungsweise, soweit entstanden, ihm zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.03.2002 (B 1 KR 37/00 R) und ausgeführt, dass aufgrund der Datenlage nicht die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) zu erzielen sei.
Mit Urteil vom 05.08.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihm am 13.08.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.08.2003 Berufung eingelegt und zur Begründung insbesondere seine bereits erstinstanzlich geäußerten verfassungsrechtlichen Einwände gegen das Urteil des BSG vom 19.03.2002 (a.a.O.) wiederholt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass die vom BSG angesprochene ergänzende Behandlungsmöglichkeit mit Betaferon bei ihm nicht durchgeführt werden könne. Auch Betaferon sei im Übrigen nicht zur Behandlung der chronisch progredienten Verlaufsform der Multiplen Sklerose zugelassen. Zwar verlange das BSG in seiner Rechtsprechung, dass aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Aufgrund des Behandlungserfolges beim Kläger sei dieses Kriterium erfüllt. Ein Sachverständigengutachten könne unter Berücksichtigung der umfassenden vorliegenden medizinischen Unterlagen nachweisen, dass sein Gesundheitszustand deutlich besser sei, als dies unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit ursprünglich bei Feststellung der Erkrankung erwartet habe werden können.
Der Kläger hat hierzu ein nervenfachärztliches Gutachten des Neurologen Dr. S vom 12.11.2003 überreicht. Dr. S führt darin u.a. aus, es könne davon ausgegangen werden, dass es unter der angewandten immunmodulatorischen Therapie mit Immunglobulinen zwar nicht zu einer Verbesserung der Krankheitssymptome, jedoch zu einer günstigen Beeinflussung des natürlichen Krankheitsverlaufs gekommen sei. Aus den vorliegenden Daten sei aus der Einzelfallbeurteilung die evidente Wirksamkeit der IVIG-Behandlung erkennbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 05. August 2003 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Beklagte die Versorgung mit intravenösen Immunglobulinen bzw. die Erstattung der dem Kläger bisher entstandenen Kosten zu Recht abgelehnt hat.
Die Behandlung einer primär chronisch progredienten Multiplen Sklerose mit intravenösen Immunglobulinen war und ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die vom Kläger seit 1998 aufgewendeten Kosten gemäß § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu erstatten. Die Beklagte ist ebenso wenig verpflichtet, den Kläger in Zukunft von den anfallenden Therapiekosten freizustellen (vgl. grundlegend zum "off-label-use" im Allgemeinen und zur Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen für Immunglobulin bei der Erkrankung des Klägers: BSG, Urteil vom 19.03.2002 – SozR 3-2500 § 31 Nr 8; bezüglich des Freistellungsanspruchs unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 03.04.2001 – BSGE 88, 62, 75 = SozR 3-2500 § 27a Nr. 3 S. 36).
Zutreffend hat das SG einen Anspruch des Klägers unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.03.2002, a.a.O.) verneint. Der sich aus §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 31 Abs. 1 SGB V ergebende und den Einschränkungen aus §§ 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 SGB V unterliegende Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen setzt eine arzneimittelrechtliche Zulassung des begehrten Arzneimittels voraus.
Zwischen den Beteiligten und auch nach den aktenkundigen Auskünften des Paul-Ehrlich-Institutes ist unstreitig, dass Immunglobuline (weiterhin) nicht zur Behandlung der bei dem Kläger festgestellten Verlaufsform der Multiplen Sklerose zugelassen sind.
Auch die Voraussetzungen, unter denen ein Arzneimittel ausnahmsweise außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs ("off-label") eingesetzt werden darf, liegen (weiterhin) nicht vor (vgl. zuletzt zum Einsatz von "Sandoglobulin" zur Behandlung der chronisch progredienten Verlaufsform der Multiplen Sklerose LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2004 – L 5 KR 84/03).
Nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsatzurteil zum "off-label-use" vom 19.03.2002 (a.a.O.), der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, kommt die zulassungsüberschreitende Verordnung eines Medikaments nur in Betracht, wenn es
(1) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn (2) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn (3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann.
Damit Letzteres angenommen werden kann, müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und auf Grund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht.
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers nicht erfüllt. Es fehlen weiterhin hinreichend gesicherte Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Immunglobulinen bei der Behandlung der primär chronisch progredienten Multiplen Sklerose (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.2002, a.a.O. sowie LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dies ergibt sich auch aus den durch den Kläger überreichten ärztlichen Stellungnahmen, insbesondere dem nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. S vom 12.11.2003 bzw. den sonstigen aktenkundigen medizinischen Unterlagen. Dr. S hat u.a. ausgeführt, für die primär chronisch progrediente Multiple Sklerose gebe es bisher keine gesicherten Daten für eine Therapieempfehlung. Bis August 2003 hätten vier klinische Studien der Klasse 2 und 3 zwar die Wirksamkeit von IVIG bei der schubförmigen Multiplen Sklerose belegen können. Weitere Studien stünden noch aus, da die Datenlage zum Teil widersprüchlich sei.
Hinreichend gesicherte und wissenschaftlich nachprüfbare Erkenntnisse über die Wirksamkeit von IVIG bei der primär chronisch progredienten Verlaufsform der Multiplen Sklerose liegen nicht bereits dann vor, wenn sich, wie laut Dr. S beim Kläger, "aus der Einzelfallbeurteilung die evidente Wirksamkeit der IVIG-Behandlung" ableiten lässt. Vielmehr sind über den Einzelfall hinaus wissenschaftlich nachprüfbare Studienergebnisse oder Veröffentlichungen der durch das BSG geforderten Qualität zu fordern; Erkenntnisse des Einzelfalls sind nicht geeignet, den Nachweis der Wirksamkeit zu erbringen, der eine zulassungsüberschreitende Verordnung eines Arzneimittels rechtfertigen könnte.
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen. Auf Art. 2 Grundgesetz (GG) kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.03.2000 – SozR 3-2500 Nr. 14 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat insoweit klargestellt, es sei unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht bedenklich, die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels zu verneinen, wenn und solange dieses nicht arzneimittelrechtlich zugelassen ist. Ein Anspruch auf Bereithaltung spezieller Gesundheitsleistungen, die der Heilung von Krankheiten dienten oder jedenfalls bezweckten, dass sich Krankheiten nicht weiter verschlimmern, könne aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht hergeleitet werden (Kammerbeschluss vom 05.03.1997 – 1 BvR 1071/95 = NJW 1997, 3085).
Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Private und gesetzliche Krankenversicherung sind miteinander hinsichtlich rechtlicher Grundlagen und Strukturen nicht vergleichbar. Auch der Umstand, dass – wie vom Kläger dargetan – Kinder und Jugendliche im Einzelfall mit Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen versorgt werden, obgleich lediglich eine arzneimittelrechtliche Zulassung für Erwachsene besteht, begründet keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zum einen liegt insoweit die Besonderheit vor, dass fast für jedes zweite Medikament eine Zulassung (nur) für Kinder und Jugendliche fehlt (vgl. Jo Kanders, Off-Label-Use in der Kinderheilkunde – ein heikles Thema in Ärztliche Praxis Online vom 09.02.2004 – http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/artikel/1079371341/paediatrie/stoffwechsel). Dieser Umstand wiederum hat seinen Grund etwa in der grundsätzlichen Problematik der Forschung an Minderjährigen. Zum anderen wird auch für diesen Personenkreis eine Anwendung der vom BSG (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze in Betracht kommen.
Da das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 08.10.2002 (L 1 KR 5/02), wie bereits vom SG zu Recht ausgeführt, einen anderen Sachverhalt betrifft, erübrigt sich eine weitere diesbezügliche Auseinandersetzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Angesichts der vielzitierten Rechtsprechung des BSG bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen.
Erstellt am: 30.07.2004
Zuletzt verändert am: 30.07.2004