Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.10.2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Berechnung der Altersrente des Klägers für die in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.08.2001 bezogene Arbeitslosenhilfe entsprechend der ab 01.01.2000 geltenden Fassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Rentenversicherungsbeiträge die gezahlte Arbeitslosenhilfe zu Grunde zu legen ist oder ob entsprechend dem zuvor geltenden Recht von dem der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden (höheren) Arbeitsentgelt auszugehen ist.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger ist aufgrund eines Sozialplanes vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und war ab September 1996 arbeitslos. Zwischen dem 01.01.2000 und dem 31.08.2001 erhielt er im Hinblick auf das Einkommen seiner Ehefrau gekürzte Arbeitslosenhilfe. Entsprechend der ab dem 01.01.2000 gültigen Fassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI wurden der Beklagten von der beigeladenen Bundesagentur für Arbeit Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entsprechend der – gekürzten – Arbeitslosenhilfe für den genannten Zeitraum gezahlt.
Nachdem der Kläger die Beklagte um Information über die Möglichkeit der Aufstockung der Beiträge für diese Zeit nach der Übergangsregelung des § 276 a SGB VI gebeten hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24.01.2001 auf der Grundlage von durchgeführten Probeberechnungen mit, dass für das Jahr 2000 zum Ausgleich der Differenz bei der Altersrente von monatlich 28,04 DM als Aufstockungsbeitrag ein Betrag von 5.907,34 DM eingezahlt werden müsste. Eine entsprechende Aufstockung ist weder durch den Kläger noch durch seinen Arbeitgeber erfolgt.
Mit Rentenbescheid vom 28.06.2001 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.09.2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit in Höhe von monatlich 2.434,18 DM. Dagegen erhob der Kläger am 26.07.2001 Widerspruch wegen der nach seiner Auffassung zu geringen Bewertung der Arbeitslosenzeiten aufgrund von Anrechnung des Partnereinkommens. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2001 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, durch das Haushaltssanierungsgesetz vom 22.12.1999 (BGBl. I Seite 2354) sei § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI geändert worden. Während bis zum 31.12.1999 80 v.H. des Arbeitsentgeltes als beitragspflichtige Einnahme zugrunde zu legen gewesen sei, sei nunmehr beitragspflichtige Einnahme bei Bezug von Arbeitslosenhilfe die gezahlte Arbeitslosenhilfe.
Zur Begründung der am 29.10.2001 erhobenen Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, da der Arbeitslosenhilfebezug bereits im Mai 1999 begonnen habe, könne nach seiner Auffassung die ab 01.01.2000 geltende Neufassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI nicht herangezogen werden. Insoweit sei eine Klärung durch das Bundesverfassungsgericht wünschenswert.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 28.06.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2001 zu verpflichten, die Zeit der Arbeitslosigkeit zwischen dem 01.01.2000 und dem 01.08.2001 nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI in der bis 31.12.1999 gültigen Fassung (a.F.) bei der Altersrentengewährung zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten und dem Sozialgericht auf Anfrage mit Schriftsatz vom 26.06.2002 mitgeteilt, nach der vom Kläger begehrten Beitragsanrechnung würde sich eine um 4,20 DM (bezogen auf September 2001) höhere Rente ergeben.
Mit Urteil vom 28.10.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Bewertung der Zeiten der Arbeitslosigkeit des Klägers im Zeitraum 01.01.2000 bis 31.08.2001 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI n.F. sei bei Personen, die Arbeitslosenhilfe bezögen, die gezahlte Arbeitslosenhilfe die beitragspflichtige Einnahme. Die günstigere Fassung dieser Vorschrift existiere seit dem 01.01.2000 nicht mehr, so dass – unabhängig davon, dass die Arbeitslosigkeit hier früher eingetreten sei – für die Zeit ab 01.01.2000 nur noch die Neufassung anzuwenden sei. Diese Neufassung verstoße im Falle des Klägers auch nicht gegen höherrangiges Recht, nämlich das Grundgesetz (GG). Insoweit hat das Sozialgericht im Einzelnen dargelegt, dass § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI weder gegen Artikel 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 GG noch gegen den in Artikel 20 Abs. 3 GG verankerten Vertrauensschutzgedanken verstoße. Dazu hat das Sozialgericht auch auf die gemäß § 276 a SGB VI bestehende Möglichkeit, die Rentenminderung durch Aufstockungsbeiträge abzuwenden, hingewiesen. Da sich die Rechtslage zu Ungunsten des Klägers nach Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung geändert habe, hätte er insoweit auch an seinen früheren Arbeitgeber herantreten können. Darüber hinaus sei nach Auffassung des Sozialgericht zu berücksichtigen, dass bei einer so relativ geringen Rentenminderung selbst dann nicht ohne Weiteres von einem Verstoß gegen Artikel 20 Abs. 3 GG auszugehen wäre, wenn hier keine einfachgesetzlichen Regelungen über den Vertrauensschutz existieren würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Gegen das am 06.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.12.2002 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Bei der gesetzlichen Neuregelung handele es sich nach seiner Auffassung um eine unechte Rückwirkung, die gegen Artikel 14 GG i.V.m. Artikel 20 GG sowie Artikel 3 GG verstoße. Rentennahe Jahrgänge müssten sich darauf verlassen können, dass durch gesetzgeberische Eingriffe nicht mehr ihre Position geschmälert werde. Durch die Neuregelung würden Versicherten wie dem Kläger in nicht unerheblicher Weise Rentenansprüche gekürzt und damit in eine rentenversicherungsrechtliche Position eingegriffen. Dabei sei der Eingriff weder verhältnismäßig noch erforderlich. Insbesondere entbehre die Neuregelung einer angemessenen Übergangsregelung. Eine solche sei auch nicht in § 276 a SGB VI zu sehen. Denn mit ihr werde kein Bestandsschutz gewährt, sondern dem Versicherten – zur Wahrung seiner Ansprüche – eine Beitragsbelastung auferlegt, die es bisher nicht gegeben habe. Ohne zusätzliche Belastung aus eigenen Mitteln werde den so Betroffenen überhaupt kein Besitzschutz gewährt, auch nicht zeitlich begrenzt. Dabei solle der Versicherte sogar Beiträge aus Mitteln aufbringen, die – gemessen an der Bedürftigkeitsprüfung der Arbeitslosenhilfe – bereits zum reinen Lebensunterhalt benötigt würden, also für zusätzliche Ausgaben gar nicht zur Verfügung stünden, es sei denn, der Arbeitslosenhilfebezieher spare sich die Beiträge vom Munde ab, erhöhe also wieder seine Bedürftigkeit. Hierin liege auch eine Verletzung von Artikel 3 GG. Denn der teilweise Bedürftige sei im Ergebnis schlechter gestellt als der "Vollbedürftige". Derjenige, der kein anrechenbares Einkommen erziele, erhalte nämlich die volle Arbeitslosenhilfe. Zudem stünden den zur Aufstockung zu zahlenden Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung vergleichsweise geringfügige Erhöhungen der monatlichen gesetzlichen Rente gegenüber. Die gesetzliche Neuregelung beachte nicht die Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Artikel 14 GG. Die gesetzliche Maßnahme sei nicht erforderlich gewesen, da es durchaus denkbar weniger belastende Maßnahmen gegeben hätte, mit denen das gleiche Ziel erreichbar gewesen sei. So wäre das Ziel der Einsparung nicht verfehlt worden, wenn eine "echte Übergangsregelung" zu Gunsten der Versicherten eingeführt worden wäre, die bereits zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung im Arbeitslosenhilfebezug gestanden hätten. Der Kläger regt die Einholung von Auskünften vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung bzw. für Gesundheit und soziale Sicherung zu den mit der gesetzlichen Neuregelung verbundenen Spareffekten sowie eine Vorlage gemäß Artikel 100 GG zum Bundesverfassungsgericht an.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.10.2002 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Änderung des Rentenbescheides vom 28.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2001 zu verpflichten, höhere Altersrente unter Berücksichtigung einer Beitragsbemessungsgrundlage nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI in der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung für die Zeit ab 01.01.2000 bis 31.08.2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die mit Beschluss vom 05.11.2003 beigeladene Bundesagentur für Arbeit hat in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. Sie verweist auf den in ihren Akten (Bl. 102) befindlichen Widerspruchsbescheid vom 21.09.2000, mit dem der Widerspruch des Klägers gegen die Entrichtung niedrigerer Beiträge zur Rentenversicherung entsprechend der Neuregelung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI von der Beigeladenen zurückgewiesen worden war.
In der mündlichen Verhandlung ist mit den Beteiligten das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.03.2004 (B 12 AL 5/03 R; Bl. 106 der Akten) erörtert worden, mit dem das BSG entschieden hat, dass in derartigen Fällen für die Entscheidung über die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen nicht die Bundesagentur für Arbeit sondern der zuständige Rentenversicherungsträger zuständig ist.
Weiter sind mit den Beteiligten Urteile des Landessozialgerichts (LSG) NRW vom 18.07.2003 (L 4 RA 63/02; Bl. 100 der Akten) sowie vom 06.09.2004 (L 3 RA 69/03) erörtert worden, mit denen das LSG in ähnlichen Fällen die Auffassung der beklagten Versicherungsträger jeweils bestätigt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen (Stamm-Nr.: 000), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Bei der Berechnung der Altersrente ist auch nach Auffassung des Senats von der Beklagten zutreffend die in der fraglichen Zeit vom 01.01.2000 bis 31.08.2001 – gekürzte – Arbeitslosenhilfe entsprechend der ab 01.01.2000 geltenden Neufassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI n.F. bei der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf eine höhere Rente.
Unstreitig hat die Beklagte die Altersrente entsprechend den im Zeitpunkt des Leistungsfalles geltenden gesetzlichen Regelungen des SGB VI zutreffend berechnet. Die von der Beigeladenen an die Beklagte für den genannten Zeitraum gezahlten Pflichtbeiträge entsprechen unstreitig der Neuregelung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI. Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass jedenfalls der Kläger durch die Neufassung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI und die darauf beruhende Beitragsbemessung nicht in seinen durch die Verfassung geschützten Rechten verletzt wird. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat anschließt.
Hinsichtlich der vom Kläger nunmehr auch geltend gemachten Verletzung von Artikel 14 GG (Schutz des Eigentums) ist zunächst festzustellen, dass der Kläger hinsichtlich des Zeitraums des Bezugs von Arbeitslosenhilfe vom 01.01.2000 bis 31.08.2001 bei In-Kraft-Treten der Neufassung des § 166 SGB VI am 01.01.2000 schon deshalb keine Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte, weil eine Beitragsentrichtung für diesen Zeitraum erst nach In-KraftTreten der gesetzlichen Neuregelung erfolgen konnte. Zwar hatte der Kläger durch die frühere Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung, wozu mittelbar auch gehört hat, dass für Zeiten der Arbeitslosigkeit von dem Träger der Arbeitslosenversicherung Rentenversicherungsbeiträge entrichtet werden. Diese lediglich mittelbare Beziehung zwischen den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung reichen jedoch nach Auffassung des Senats nicht aus, um eine verfassungsrechtlich geschützte Anwartschaft im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung anzunehmen.
Im Übrigen hat der 4. Senat des LSG NRW in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 18.07.2003 (Bl. 100 ff. der Gerichtsakten) dargelegt, dass sich die durch §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a SGB VI verfügte Veränderung der Beitragsbemessungsgrundlage im Rahmen einer zulässigen Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Artikel 14 GG hält. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das den Beteiligten bekannte Urteil des 4. Senats des LSG NRW verwiesen, dem sich der erkennende Senat anschließt. Weiter hat der 4. Senat des LSG NRW in diesem Urteil hinsichtlich des Vertrauensschutzes der Betroffenen zutreffend darauf hingewiesen, dass die bis Ende 1999 geltende Regelung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI auch erst 1997 eingeführt worden ist. Auf die Dauerhaftigkeit dieser Regelung, die zudem erst nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Erwerbsleben aufgrund eines Sozialplanes im Jahre 1996 in Kraft getreten war, konnte daher nicht ohne Weiteres vertraut werden.
Im Übrigen hat das Sozialgericht nach Auffassung des Senats auch zutreffend darauf hingewiesen, dass bei einer so relativ geringen Rentenminderung wie im Falle des Klägers nicht ohne Weiteres von einer Verletzung des Klägers in seinen von der Verfassung garantierten Rechten ausgegangen werden kann. Nach der Berechnung der Beklagten beträgt die auszugleichende Rentenminderung 28,04 DM monatlich; mit Schriftsatz vom 26.06.2002 hat die Beklagte sogar bezogen auf September 2001 nur eine Differenz von 4,20 DM errechnet. Selbst wenn von dem höheren Betrag ausgegangen wird, bleibt festzustellen, dass sich die Rentenminderung angesichts der Rentenhöhe von damals 2.434,18 DM in der Größenordnung von 1 % bewegt. Schon dies schließt nach Auffassung des Senats eine Verletzung des Klägers in seinen durch das Grundgesetz geschützten Rechten aus. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben. Für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 100 GG sieht der Senat keine Veranlassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
Erstellt am: 25.07.2006
Zuletzt verändert am: 25.07.2006