Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 25. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger, der an einem Prostatakarzinom leidet, begehrt von der Beklagten die Behandlung mittels der sog. permanenten Brachytherapie (Bestrahlung durch Einlage radioaktiver Seeds in die Prostata).
Seinen Antrag auf Verpflichtung zur vorläufigen Gewährung dieser Behandlung durch die Antragsgegnerin hat das Sozialgericht (SG) Köln mit Beschluss vom 25.06.2004 abgelehnt, weil es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht zur Anwendung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) empfohlen worden sei.
Die dagegen gerichtete Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn der Antrag in der Hauptsache erkennbar Erfolg haben muss, weil dem Rechtschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht, ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier vom Antragsteller begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, NJW 2000, 160; Kopp/Schenke, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -, 14. Aufl., Rdn. 14 zu § 123). In diesem Maß ist das Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren jedoch nicht gewiss. Anspruch auf die begehrte Behandlung bestünde im Hinblick auf die fehlende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die permanente Brachytherapie, wenn es sich entweder um eine bereits zum anerkannten Leistungsspektrum der GKV zählende Behandlung handelte, über die der Gemeinsame Bundesausschuss nicht mehr zu befinden hätte, oder die bisherige Nichtempfehlung der Methode auf einem Systemversagen beruhte.
Für ersteres könnte der Umstand sprechen, dass der Bewertungsausschuss darauf verweist, dass die Brachytherapie selbst zu den nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abrechenbaren Behandlungsmethoden zählt, die Brachytherapie mittels implantierter Seeds aber wirtschaftlich nicht nach dem geltenden EBM erbracht werden könnten. Da sich nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG die Beurteilung, ob eine neue Behandlungsmethode vorliegt, nicht allein nach der Wirtschaftlichkeit, sondern danach bestimmt, ob ein neues Therapiekonzept vorliegt (vgl. etwa BSG SozR 3-2500 § 27a Nrn. 2 und 3), ist daher zweifelhaft, ob es sich bei der permanenten Brachytherapie überhaupt um eine neue Behandlungsmethode i.S.d. § 135 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) handelt. Da bezüglich dieser Frage jedoch eine höchstrichterliche Klärung und auch eine einheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte fehlt, muss die Beantwortung dieser Frage noch als offen angesehen werden. Ebensowenig lässt sich mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Nichtempfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss als ein Systemversagen angesehen werden kann. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät die Methode derzeit. Dass die Datenlage und die Anerkennung der Methode bereits seit einiger Zeit so eindeutig ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon zu einem positiven Ergebnis hätte gelangen müssen, lässt sich nicht feststellen. Dies folgt auch nicht aus § 116b Abs. 3 Nr. 1 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190). Zum einen ist dort allgemein von der Brachytherapie die Rede, die, wie bereits dargelegt, zu den ohnehin abrechnungsfähigen Leistungen der GKV zählt (vgl. auch BT-Drucks. 15/1525 S. 120). Zum anderen räumt § 116b SGB V den Krankenkassen für die Vereinbarungen mit den jeweiligen Krankenhäusern besondere Spielräume ein, so dass nicht davon auszugehen ist, der Gesetzgeber habe die hier streitige permanente Brachytherapie allgemein dem Leistungsspektrum der GKV zuordnen wollen.
Darüber hinaus ist auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Zum einen steht zur Behandlung des Antragstellers die "konventionelle" Strahlentherapie zur Verfügung. Seine Behauptung, infolge eines weiteren Tumors dieser Behandlung nicht ausgesetzt werden zu dürfen, findet in den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen keine Stütze. Zum anderen hat der Antragsteller vor dem Berichterstatter selbst eingeräumt, dass ihm die vorläufige Finanzierung der gewünschten Methode möglich sei.
Unter diesen Umständen verstößt die Ablehnung seines Antrags auch nicht gegen sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2, denn anders als in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auf die sich der Antragsteller beruft (Beschl. vom 22.11.2002 – 1 BvR 1586/02 – = NJW 2003, 1236; vgl. auch Beschl. vom 19.03.2004 – 1 BvR 131/04 -), ist seine Behandlung nicht auf eine einzige Methode beschränkt. Des Weiteren ist die gewünschte Behandlung durch ihn ohne unzumutbare finanzielle Risiken vorzufinanzieren.
Die Beschwerde musste daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 23.11.2004
Zuletzt verändert am: 23.11.2004