Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 30. September 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die beklagte BKK zur Versorgung der Klägerin mit dem "Weihrauchpräparat H 15" verpflichtet ist.
Die Klägerin ist am 00.00.1969 geboren und aufgrund ihrer Beschäftigung als Finanzbuchhalterin bei der Beklagten pflichtversichert. Sie teilte der Kasse mit Schreiben vom 24. am 26.9.1997 mit: am 23.7.1997 sei bei ihr nach offener Biopsie ein malignes Astrozytom WHO Grad III im Bereich des Hirnstamms diagnostiziert worden; der Tumor sei inoperabel; als einzige schulmedizinische Behandlung sei ihr Strahlentherapie empfohlen worden, die aber gerade in diesen Regionen des Gehirns zu zusätzlichen neurologischen Ausfällen führen könne; an der Universität Köln habe sie zum ersten Mal von dem Medikament "H 15" erfahren, das dort, gekoppelt mit Strahlentherapie, verabreicht werde; an der Universität Bochum – Abteilung Pharmakologie – werde eine Langzeitstudie mit "H 15" bei Gehirntumoren des Typs Astrozytom WHO Grad III und IV mit Erfolg durchgeführt, wie sich aus dem beigefügten Zeitungsartikel ergebe; nach Rücksprache mit ihren Nervenarzt, Dr. C, nehme sie das Medikament seit dem 4.8.1997 in der von der Universität Bochum empfohlenen Dosis von 5 x 3 Tabletten täglich; nach dem Ergebnis einer am 16.9.1997 durchgeführten Kernspintomographie habe kein Wachstum des Tumors stattgefunden; aufgrund des Erfolges der Therapie bitte sie um die Übernahme der Kosten. Im von der Klägerin beigefügten Artikel aus der "Neue(n) Post" wird über einen an einem Astrozytom erkrankten Patienten berichtet, den die Ärzte der Größe seines Geschwulstes wegen bereits operiert, aber aufgegeben hätten, bis es zu einer Wende dadurch gekommen sei, daß er von einer wissenschaftlichen Versuchsreihe an der Universität Bochum durch den Pharmakologen Prof. Simmet erfahren habe, bei der sich ergeben habe, daß die Anwendung eines in Deutschland nicht zugelassenen, in der Schweiz beschafften Rheumamittels "H 15", eines Weihrauchextraktes aus der Pflanze "Boswellia serata", bei 25 Hirntumor-Patienten zur Hemmung der Krebszellen und in der Hälfte der Fälle zur Rückbildung des Gerhirntumors geführt habe. Der Nervenarzt C aus T erklärte im von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 28.8.1997, bei der Klägerin sei ein hirneigener Tumor im Hirnstammbereich diagnostiziert worden (Astrozytom Grad III); die Frage einer Strahlentherapie werde noch abgeklärt; aufgrund jüngster Erfahrungen und Fallbeobachtungen mit dem Medikament "H 15" und aufgrund des Fehlens sonstiger schulmedizinischer Möglichkeiten halte er eine Behandlung der Klägerin mit diesem Präparat für indiziert und bitte, die Kosten ausnahmsweise zu übernehmen. Der Nerenarzt C ergänzte später, mit Datum des 3.11.97, angesichts der bescheidenen Prognose für die noch junge Klägerin und angesichts der doch in Einzelfällen erstaunlichen Erfolge befürworte er noch einmal die Übernahme der Kosten. Die Klägerin übermittelte der Beklagten ferner ihr von dem Basler Apothekers Dr. N ausgestellte Rechnungen vom 31.7.97 und 26.8.1997 über 194.- bzw. über 388.- DM für zwei bzw. viermal "H 15".
Der von der Kasse hinzugezogene Internist Dr. N1 vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erklärte mit Datum des 1.10.1997, die Zulassung von "H 15" sei vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abgelehnt worden; das Medikament sei in Deutschland nicht verkehrsfähig; die Versicherte werde an die Studien verwiesen. Nach erneuter Einschaltung des MDK durch die Beklagte führte Dr. M H mit Gutachten vom 24.10.1997 aus: das Präparat "H 15 Ayurmedica" sei ein indisches Heilmittel; Prof. Simmet von der Universität Bochum führe die seit zwei Jahren angemeldete Studie in der Universität Gießen durch; die klinischen Prüfungen seien ihres Wissens noch nicht abgeschlossen; nach ihrer Kenntnis sei das Medikament in der Schweiz im Kanton Appenzell registriert; es dürfe daher von dort nicht in einen anderen Kanton verbracht werden; ein Import aus der Schweiz nach Deutschland sei nicht möglich; im Arzneimittelinformationssystem (AMIS) des BfArM sei angezeigt, daß dem Arzneimittel am 23.3.1992 die Zulassung versagt worden sei; als Begründung würden § 25 Abs 2 Nr 2 bis 5 AMG angeführt; das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) B.-W. am 21.2.1995 mitgeteilt, daß das Medikament in Deutschland nicht in Verkehr gebracht werden dürfe; der Minister für Arbeit u.a. in NW habe ihr am 9.5.1997 erklärt, nach der Regelung des § 73 Abs 3 des Arzneimittelgesetzes (AMG) dürften Apotheken Arzneimittel, die in Deutschland nicht zugelassen seien, aus der Schweiz importieren, wenn eine ärztliche Verschreibung vorliege und das Arzneimittel in der Schweiz in den Verkehr gebracht werden dürfe, und da "H15 Ayurmedica" Weihrauchtabletten in der Schweiz lediglich im Kanton Appenzell-Außerroden für den Vertrieb zugelassen seien, bestehe eine allgemeine Verkehrsfähigkeit, Voraussetzung für eine Einfuhr nach § 73 AMG, nicht; da die Zulassung abgelehnt sei und zudem die Verkehrsfähigkeit fehle, bleibe kein Spielraum für eine sozialmedizinische Empfehlung nach der Begutachtungsanleitung "Unkonventionelle und unkonventionell eingesetzte Arzneimittel", verabschiedet nach den §§ 213, 282 des Sozialgesetzbuches (SGB) V am 26.5.1997.
Mit Hinweis auf die Äußerungen des MDK entschied die Beklagte, eine Kostenübernahme dürfe nicht erfolgen, weil das Medikament in Deutschland nicht verkehrsfähig sei (Bescheid vom 6.10.1997 und den Widerspruch der Klägerin in der Sache zurückweisender, ihr am 7.1.1998 zugestellter Widerspruchsbescheid vom 11.12.1997).
Die Klägerin hat am 5.2.1998 Klage erhoben. Sie hat durch ihre Bevollmächtigten vorgetragen: eine Strahlentherapie lehne sie ab; sie sei über das Institut für Naturheilkunde von Prof. Simmet in Ulm auf "H 15" aufmerksam gemacht worden; zum Beweis für die Wirksamkeit des Mittels würden Prof. Ammon,Tübingen, Prof. Böker, Gießen, und Dr. Schietzel von der Krebsforschung Herdecke e.V. benannt; sie beziehe das ihr verordnete Medikament seit Anfang August 1997 vom Institut für Naturheilkunde; sie brauche rund 450 Tabletten im Monat; da mache bei einem Kaufpreis von 97 DM für 100 Tabletten ca. 450 bis 500 DM im Monat aus; es sei auch kein weiteres Wachstum des Tumors festgestellt worden; andere Kassen, wie DAK, AOK Niederrhein, TKK und GEK, übernähmen die Kosten; die Beklagte lehne die Kostenübernahme zu Unrecht ab, weil eine notwendige Heilbehandlung auch dann anzunehmen sei, wenn es im Zeitpunkt der Vornahme objektiv vertretbar gewesen sei, die Behandlung als notwendig anzusehen (Hinw. auf BGH in VersR 79,211 und VersR 83,677); die Kasse dürfe die Kostenübernahme auch nicht ablehnen, weil die Zulassung versagt worden sei; die Einschränkung der Kostenerstattung auf anerkannte Behandlungsmethoden sei unwirksam, da sonst der Zweck des Krankenversicherungsvertrages in erheblichen Teilbereichen verfehlt würde (Hinw. auf BGH in VersR 93, 957). Die Klägerin hat in erster Instanz vorgelegt:
– einen Bericht der neurochirurgischen Klinik des Klinikums F vom 29.7.1997 über die von ihr in Bezug genommene o.a. Biopsie am 23.7.97
– eine weitere Rechnung des Basler Apothekers vom 15.1.1998 über 388.- DM
– einen Aufsatz von dem Pharmakologen Prof. Dr. Ammon, Tübingen, über Weihrauchpräparate aus Dt. Ärztebl. 95, Heft 1-2, v. 5.1.1998 A- 30-31 mit u.a. dem Hinweis, "H 15" sei ein in Indien zugelassenes Arzneimittel; er sei sich darüber im Klaren, daß die ersten klinischen Ergebnisse nicht ausreichten, um Zulassungsbehörden von der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu überzeugen
– eine Notiz aus der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) Nr 1/2 v. 8.1.1998, daß das Regierungspräsidium Stuttgart den Import von "H15 Ayurmedica" durch eine Fa. Wira aus Göppingen bis zum 1.1.2000 toleriere, obwohl das Arzneimittel in der Schweiz nur im Kanton Appenzell-Außerrhoden verkehrsfähig sei, und daß dadurch der Beschluss des Ausschusses für Apotheken- und Arzneimittelwesen und Medizinprodukte unberührt bleibe, demzufolge ein Import generell unzulässig sei, wenn das Arzneimittel nur über eine eingeschränkte, z.B. regionale Verkehrsfähigkeit verfüge, wie es die kantonale Registrierung in der Schweiz darstelle
– eine Darstellung der Fa. Wira aus der Dt. Apotheker Zeitung (DAZ) Nr 7 v. 12.2.1998, des Inhalts, daß ein Rechtsstreit der Fa. mit dem Regierungspräsidium Stuttgart wegen des Imports des Arzneimittels nach § 73 Abs 2 AMG damit geendet habe, daß das Regierungspräsidium die Vollstreckung seiner Untersagungsverfügung bis zum 1.1.2000, die Fa. die Klage gegen die Untersagungsverfügung zurückgenommen hätten und daß die Fa. bereit sei, statt des aus der Schweiz importierten "H15 Ayurmedica" auf Wunsch das in Indien zugelassene Präparat in englischsprachiger Packung abzugeben.
Die Klägerin hat vor dem SG beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1997 zu verurteilen, ihr die Kosten für die seit dem 29.6.1997 beschafften H 15 Weihrauchpräparate zu erstatten und die Kosten für die zukünftig benötigten Präparate zu übernehmen.
Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zu den Akten gereicht:
– die Niederschrift des Ergebnisses des Ausschusses für Apotheken, Arzneimittelwesen und Medizinprodukt (AAAMP) vom 25/26.2.1997, daß man der Ansicht sei, daß für den Import nach § 73 Abs 3 AMG eine kantonale Registrierung nicht reiche
– die Erklärung von Dr. H vom MDK vom 29.4.1998, sie meine es handle sich dabei um einen Arbeitsausschuß aller Länder, dessen Geschäftssitz sie nicht kenne
– das o.a. von Dr. H in Bezug genommene Schreiben des Ministeriums für Arbeit pp NW vom 9.5.1997 an den MDK Westfalen-Lippe
– ein Schreiben dieses Ministeriums vom 20.5.1997, daß es sich den Beschluss des AAAMP zu eigen mache
– ein Schreiben des Amtsapothekers der Stadt C C1 an Dr. H vom 28.7.1997, daß er nach dem Beschluss des AAAMP davon ausgehe, daß § 73 Abs 3 AMG nunmehr bundeseinheitlich ausgelegt werde
– ein Schreiben des BfArM Berlin vom 28.4.1998 an das SG Dortmund aus der Streitsache S 26 Kr 3/98: zwei Anträge der Fa. Ayurmedica GmbH & Co für die Arzneimittel "H15 Ayurvedisches Heilmittel, Tabletten" und "H15 Ayurvedisches Heilmittel, Granulat" aus dem Jahre 1988 seien mit Bescheiden vom 23.3.1992 versagt worden; es liege jedoch dort eine Vorlegung zu klinischen Prüfung nach § 40 AMG für das Arzneimittel "H15" vor.
Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 30. September 1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V, weil ihr die Kosten für die selbstbeschaffte Leistung nicht dadurch entstanden seien, daß die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hätte; die Klägerin habe keinen Anspruch aus § 31 SGB V auf Versorgung mit "H 15", weil die Zulassung des Mittels nach dem AMG versagt worden sei (Hinw. auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8.3.1995 1 RK 8/94 = SozR 3-2500 § 31 Nr 3 = USK 95 25 und vom 5.7.1995 1 RK 6/95 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5); ein Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) scheide bereits dann aus, wenn die Entscheidung über die Zulassung noch ausstehe (Hinw. auf BSG Urt.v. 23.7.98 B 1 KR 19/96 R = BSGE 82,233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 = NZS 99,245); auch als neue Behandlungsmethode dürfe das Medikament nach § 135 SGB V erst nach einer positiven Empfehlung durch den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen verordnet werden , die noch nicht abgegeben sei.
Die Klägerin hat gegen das Urteil – ihr zugestellt am 14.10.98 – am 13.11.1998 Berufung eingelegt. Ihre Bevollmächtigten machen geltend, die zuvor von der Klägerin beklagten neurologischen Ausfälle, wie Zucken von Auge und Mundwinkel verminderte Hörfähigkeit pp, seien ausgeblieben; Strahlentherapie wäre teurer; es sei nur eine Formalität, daß dem wirksamen Mittel "H 15" die Zulassung verweigert werde; Sachverständigengutachten könnten Wirksamkeit, Erfolg des Medikaments, das Fehlen von Alternativen und Inoperabilität des Tumors belegen; die Auffassung des SG sei falsch, daß, was nicht verordnungsfähig nicht wirtschaftlich iS von § 12 SGB V sei; die der Klägerin bislang entstandenen Kosten beliefen sich auf 7327.- DM. Die Klägerin hat dem Senat vorgelegt:
– ein Schreiben von Dr. C vom 2.11.1998, des Inhalts, daß es erstaunlich sei, daß es 15 Monate seit Diagnosestellung noch keinen Hinweis auf eine Progredienz gebe
– weitere Rechnungen des Basler Apothekers
Vom Senat befragt hat die Klägerin erklärt, sie habe "H 15" nur aus der Schweiz über den Baseler Apotheker bezogen; die Tumorbildung habe sich nicht weiter entwickelt; das Wachstum sei weiterhin gestoppt; dies habe sich bei den halbjährlichen, ergänzenden Untersuchungen und bei der letzten Kernspintomographie in der Universitätsklinik X am 16.02.2000 ergeben.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 30.9.1998 abzuändern und nach dem erstinstanzichen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Anfrage des Sentas vom 04.05.200, ob das Ayurveda Weihrauchpräparat " H 15 " mittlerweile in Deutschland zugelassen sei, hat das BfArM mit Schreiben vom 23.6.200 geantwortet, das Präparat sei dort nicht als Arzneimittel zugelassen; auch liege zZt kein Antrag auf Zulassung vor.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Gesetzlichen Krankenkassen ist eine Versorgung der Versicherten mit dem Weihrauchpräparat "H 15" nicht erlaubt.
I.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Kasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war(§ 13 Abs 3 2. Mögl. SGB V).
In Anbetracht jedenfalls der Kosten, die der Klägerin ausweislich der Rechnungen des Basler Apothekers Dr. N vom 31.7., 13.8., 26.8. und 23.9.1997 entstanden sind, konnten ihr durch die erst mit Bescheid vom 6.10.1997 erfolgte Ablehnung Kosten nicht entstehen. Insoweit ist der geltend gemachte, allein aus § 13 Abs 3 2. Mögl. SGB V herzuleitende Erstattungsanspruch unbegründet, schon weil die Klägerin Bemühungen und Entscheidung der Kasse vorgegriffen hat (SozR 3- 2200 § 182 Nr 15; 3-2500 § 33 Nr 15; BSG Entsch. vom 6.2.1997 3 RK 9/96 und vom 15.4.1997 1 BK 31/96 = NZS 97,569).
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB für die Zukunft ist wegen der vorgegebenen Kausalität schlechthin ausgeschlossen (BSG Urt. v. 27.9.1994 8 RKn 9/92 = Der Kompaß 94,684), und es war die auf künftige Übernahme entsprechender Kosten gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen. Unabhängig von der Frage, ob die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen eine Entscheidung auch für die Zukunft beinhalten, ist nämlich ein Rechtsschutzbedürfnis für die beantragte Klärung "für die Zukunft" über § 258 ZPO hinaus (wiederkehrende, erst nach Erlaß des Urteils fällig werdende Leistungen – vgl. BSG Urt.v. 20.5.1970 8 Rv 785/68 zur Voraussehbarkeit der künfigten Leistung ) nicht zu erkennen; es geht insoweit insbesondere auch nicht um die Feststellung eines bestehenden Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), bleibt es doch eine hypothetische Frage, wie die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägerin sowie Erkenntnisse, Einschätzung und Verbreitung des Einsatzes von "H 15" gegen Hirntumore in Zukunft beschaffen sein werden; was heute das Mittel der Wahl ist, kann morgen unwirtschaftlich iS von § 12 SGB V erscheinen und viceversa. Was im übrigen die Frage der Verordnungsfähigkeit von "H 15" zu Lasten der GKV an sich anbetrifft, so ist diese bereits Gegenstand der von der Klägerin erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage für die Vergangenheit.
II.
1. Die Beklagte hat die Versorgung mit "H 15" nicht zu Unrecht abgelehnt. Sie mußte die Versorgung ablehnen, weil diese dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 S. 1 SGB V nicht entspricht. Nach dieser Vorschrift müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 S. 2 SGB V).
Die Frage, ob ein Arzneimittel in diesem Sinne zu Lasten der GKV verordnet werden darf, haben die Funktionsträger der Krankenversicherung und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar in eigener Zuständigkeit zu prüfen und zu entscheiden, der erkennende Senat hat aber bereits mit Urteil vom 16.5.1991 (L 16 Kr 59/90 LSG NW – "Goldnerzcreme gegen Schuppenflechte" -, bestätigt durch Urteil des BSG vom 8.6.1993 1 RK 21/91 = SozR 2-2200 § 182 Nr 17) entschieden, daß ein Arzneimittel, dem die notwendige Zulassung nach dem AMG versagt worden ist, in der GKV nicht verordnet werden darf. Mit Urteil vom 3.2.1994 hat der erkennende Senat ergänzt, daß ein nach dem AMG nicht zugelassenes Mittel auch im Rahmen einer klinischen Prüfung und auch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung über nichtschulmedizinische Methoden zu Lasten der GKV nicht eingesetzt werden darf (L 16 Kr 28/93 LSG NW – "Edelfosin gegen Non Hodgkin" – bestätigt durch das o.a. Urt. des BSG vom 8.3.1995 1 RK 8/94; das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde des Versicherten nicht angenommen: Entsch. v. 5.3.1997 1 BvR 1071/95 = NZS 97,225; vgl. auch die Entsch. des BVerfG v. 5.3.1997 1 BvR 1068/98 = SozSich 98, 70 zum Einsatz von "Jomol"). An dieser Rechtsprechung haben der Senat (Urt. v. 4.9.1997 L 16 Kr 180/95 LSG NW) und das BSG (im o.a. Urteil vom 23.7.1998 – "Jomol gegen Krebs" – und auch im Urt. v. 28.1.1999 B 8 KN 1/98 KR = NZS 99,449 – "Hydrolysatnahrung gegen Neurodermitis" -) festgehalten, und es bestand auch hier kein Anlaß zu einer veränderten Betrachtung.
2. Das Weihrauchpräparat "H 15", das die Klägerin aus Schweizer Import bezieht, bedarf hier als Fertigarzneimittel der Zulassung (§§ 1, 4 und 21 AMG), diese Zulassung ist einem Antragsteller nach den vorliegenden Auskünften des zuständigen BfArM im Jahre 1992 versagt worden, und ein weiterer Antrag ist seither nicht gestellt. Mithin steht einem Einsatz des Mittels in der GKV die erfolgte Versagung seiner Zulassung entgegen.
Dabei kam es auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob das Mittel gleichwohl nach § 73 Abs 3 AMG in Deutschland verkehrsfähig sein könnte, nicht an. Nach § 73 Abs 3 S. 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich des Gesetzes zugelassen sind, in den Geltungsbereich des Gesetzes verbracht werden, wenn sie im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und von Apotheken bestellt sind. Die Beklagte will diese Bestimmung mit vielen Stimmen vorliegend nicht geltend lassen, weil "H 15 Ayurmedica" nicht für das gesamte Herkunftsland Schweiz, sondern nur regional im Schweizer Kanton Appenzell- Außerroden zugelassen ist (so auch Kloesel/Cyran, AMG, Rdn 17a zu § 73). Diese Sicht könnte hier freilich nur zum Tragen kommen, wenn man zunächst einmal überhaupt davon ausgeht, daß § 73 Abs 3 AMG auch bei erfolgter Versagung und nicht nur beim Fehlen einer Zulassung pp Anwendung finden kann, und wenn man der von Prof. Dr. Ammon bestätigten, regional wohl unbeschränkten Zulassung des Mittels "H 15" in Indien keine rechtserhebliche Bedeutung beimißt. Der Senat brauchte dem aber nicht weiter nachzugehen, denn der Satz "Was nicht verkehrsfähig ist, ist nicht verordnungsfähig" erlaubt keine Umkehrung dahin "Was verkehrsfähig ist, ist verordnungsfähig". Die Verschaffungspflicht der GKV erstreckt sich nicht auf jegliche Arzneimittel, die aus dem Ausland importiert werden dürfen, sondern auf das, was dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 2 Abs 1 S. 3 SGB V), und es fehlt auch dem Mittel, das über eine Apotheke nach § 73 AMG aus dem Ausland zu beziehen erlaubt ist, die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV dann, wenn eine Versagung der Zulassung nach dem AMG erfolgt ist. DieVorgreiflichkeit(Präjudizialität)jedenfalls der negativen Zulassungsentscheidung nach dem AMG für die Verordnungsfähigkeit in der GKV ergibt sich nämlich (so mit Recht das BSG im o.a. Urteil vom 8.6.1993) daraus, daß die Voraussetzungen für die Zulassung den Mindestvoraussetzungen entsprechen, die im Rahmen der kassenärztlichen (jetzt vertragsärztlichen) Krankenversorgung an eine "wirtschaftliche" Verordnungsweise (iS von § 182 Abs 2, § 368 e RVO aF – jetzt iS der §§ 12, 72 Abs 2 SGB V) gestellt werden (wird aaO ausgeführt). D.h. wenn die zuständigen Behörden die Zulassung nach dem AMG verweigert haben, wird unwiderleglich vermutet, daß das betreffende Arzneimittel auch nicht wirtschaftlich ist i.S. von § 12 SGB V, und eine ausnahmsweise nach § 73 Abs 3 AMG greifende Verkehrsfähigkeit ist, weil im wesentlichen nur an den Akt der Zulassung im Herkunftsland anknüpfend, nicht geeignet, die Einschätzung des Mittels durch die sachkundige Behörde als" unwirtschaftlich" in Zweifel zu ziehen oder gar zu widerlegen.
3. Wie schon erörtert, schließt diese Vorgreiflichkeit auch eine Anwendung der Rechtsprechung des BSG zur Nichtschulmedizin aus – erst recht natürlich die Anwendung der von den Bevollmächtigten der Klägerin angeführten älteren Rechtsprechung des BGH zum Recht der Privaten Krankenversicherung (PPV). In Anbetracht der Betroffenheit der Klägerin wird aber darauf hingewiesen, daß auch die Rechtsprechung zur Nichtschulmedizin keine ihr günstigere Betrachtung der Dinge erlauben würde. Nach dem letzten Stand der Dinge (BSG Urt. v. 16.9.1997 1 RK 28/95 = BSGE 81,54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 pp; Urt.v. 28.3.00 B 1 KR 11/98 R pp) würde hier einer Versorgung der Klägerin mit "H 15" entgegenstehen, daß sich die Wirksamkeit der Anwendung dieses Mittels bei Hirntumoren der vorliegenden Art (noch) nicht aufgrund wissenschaftlich geführter Statistiken in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachweisen läßt, wie auch nicht, daß gegen die Qualität der Methode – auch unter Berücksichtigung eventueller Nebenwirkungen – keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Daß die Anwendung von "H 15" in diesem Sinn noch nicht dem "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs 1 S. 3 SGB V)" entspricht, erhellt die von der Klägerin selbst vorgelegte Äußerung von Prof. Ammon von der RWTH Aachen, der (http://www.synapses.de/sevice/h15.htm – ohne Gewähr) auch an einer weiteren, erst im ersten Quartal 1999 begonnenen Studie K/560 "zur antiödematösen Wirkung von H 15 bei Glioblastom-Patienten" beteiligt ist. Wissenschaftliche Forschung kann nach der o.a. Rechtsprechung zudem grundsätzlich nicht zu Lasten der GKV betrieben werden, und es hat schließlich in der Tat der Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen die nach § 135 SGB V für die Einführung neuer Behandlungsmethoden erforderlichen Empfehlung hinsichtlich der streitigen Methode nicht ausgesprochen; er dürfte dies auch nicht in Anbetracht eines Arzneimittels, dem die Zulassung nach dem AMG versagt ist.
III.
Demgegenüber greifen die von den Bevollmächtigten der Klägerin erhobenen Einwände nicht.
1. Ohne Erfolg führen diese mit dem behandelnden Nervenarzt C zunächst an, daß sich das Tumorleiden seit Beginn der Behandlung mit "H 15" bis heute nicht verschlimmert habe. Im Rahmen der hier aber ohnehin nicht einschlägigen Rechtsprechung zur Nichtschulmedizin fand die Bewirkung des Eintritts einer Besserung oder des Ausbleibens einer zu erwartenden Verschlechterung durch die streitige Methode eine gewisse (Mit)beachtung, bis das BSG mit dem o.a. und weiteren Urteilen vom 5.7.1995 befand, der Erfolg im Einzelfall reiche seit dem Inkrafttreten des SGB V nicht mehr aus, um die Leistungspflicht der Kassen zu begründen. Zudem hatte sich das BSG schon mit Urteil vom 22.3.1988 (3/8 RK 5/87 = SozR 2200 § 368 e RVO Nr 11) dagegen ausgesprochen allein aus dem zeitlichen Zusammenhang von streitiger Behandlung und Erfolgseintritt auf einen ursächlichenZusammenhang beider und sei es auch nur im Sinne eines Beweises des ersten Anscheins zu schließen. Im übrigen wäre nach dieser früheren Rechtsprechung zur Nichtschulmedizin, wäre sie einschlägig, die Frage aufzuwerfen gewesen, ob die von der Klägerin abgelehnte schulmedizinische Strahlentherapie nicht mittlerweile vielleicht doch einen Unbedenklichkeitsgrad erreicht hat, daß es ihr zuzumuten gewesen wäre, sich dieser schulmedizinischen Behandlungsmethode vor Inanspruchnahme einer nichtschulmedizinischen Methode zu Lasten der Solidargemeinschaft der Versicherten zu unterziehen.
2. Mit dem Einwand, Strahlentherapie sei teurer, kann die Klägerin nicht gehört werden. Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne beurteilt sich hier nicht nach der Kostenersparnis im Einzelfall, sondern nach ihrer Effektivität im System, zumal es sich dabei stets um hypothetische, künftige ungewisse Gegebenheiten einbeziehende Berechnungen handelt, deren sachkundige Beurteilung sich dem Laien auch im Einzelfall entzieht (vgl. auch SozR 2200 § 184 Nr 13; 3100 § 11 Nr 17).
3. Sämtliche Beweisanträge der Bevollmächtigten der Klägerin gehen ins Leere, teils weil die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung nach dem AMG keine eigene Prüfung mehr vorzunehmen haben, teils weil der Senat, wie die Beklagte, den entsprechenden Sachverhalt (wie etwa die Inoperabilität des Tumors und das Ausbleiben einer Verschlimmerung) als richtig unterstellt.
4. Wenn andere Kassen solche Kosten übernehmen, so geschieht dies jedenfalls nach Versagung der Zulassung für das Arzneimittel nach dem AMG im Jahre 1992 zu Unrecht. Aus einer rechtswidrigen Praxis anderer Kassen könnte die Klägerin Rechte nicht herleiten, denn es gibt keine Gleichheit im Unrecht.
War ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin nicht gegeben, so kam es nicht mehr darauf an, inwieweit es der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten nach § 13 Abs 3 SGB V hätte entgegenstehen können, daß sie die streitigen Arzneimittel vielleicht preiswerter hätten erlangen können – etwa aus Indien über http://www.wieden-apotheke.de (ohne Gewähr) oder aus Holland über Selbsthilfegruppen (etwa http://www.hirntumor.net (ohne Gewähr).
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Erstellt am: 02.08.2005
Zuletzt verändert am: 02.08.2005