Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 01. Februar 2001 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Versorgungsanspruch nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zusteht.
Der 1950 in Grosny geborene Kläger ist als Vertriebener anerkannt. Am 10.03.1997 stellte er bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Versorgungsrente nach dem BVG. Zur Begründung gab er an, am 15.03.1966 während der Schulzeit vom Schulleiter den Auftrag erhalten zu haben, im Umfeld von Grosny Metallsplitter aus Kriegsmunition zu sammeln. Während dieser Tätigkeit sei eine Handgranate explodiert. Die Splitter hätten ihm den linken Unterarm abgerissen und das linke Auge verletzt, das dann erblindet sei. Ab 1970 habe er deswegen in der UdSSR eine Invaliditätsrente bezogen. Dem Antrag fügte der Kläger die entsprechende Rentenbescheinigung sowie zwei im August 1966 erstellte Arztberichte bei.
Der Beklagte lehnte die Gewährung von Versorgung mit Bescheid vom 13.06.1997, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 20.03.1998, ab. Zwar habe durch die aus dem Zweiten Weltkrieg stammende Munition ein kriegseigentümlicher Gefahrenbereich bestanden, der gemäß § 5 Abs. 1 e BVG als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 a BVG in Betracht komme. Durch die Weisung des Schulleiters sei jedoch eine neue selbstständige Gefahrenquelle geschaffen worden. Diese sei überragende Ursache für die Schädigung.
Der Kläger hat am 01.04.1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Aachen erhoben. Er hat darauf hingewiesen, dass seine bisherige Sachverhaltsschilderung aufgrund eines Übertragungsfehlers falsch wiedergegeben worden sei. Tatsächlich habe die Anweisung nicht gelautet, Metallsplitter aus Kriegsmunition zu sammeln, sondern Alteisen und Altpapier. Wegen seiner Sprachschwierigkeiten habe ihm im Verwaltungsverfahren ein Bekannter, der Zeuge S, beim Ausfüllen der Formulare geholfen. Dieser habe eigene Formulierungen gewählt.
Das SG hat den Zeugen S im Erörterungstermin vom 25.08.1998 vernommen. Dieser hat die Angaben des Klägers bestätigt. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht in diesem Termin und einem weiteren Termin am 07.06.2000 ergänzend geschildert, dass er mit einem Metallstück einen rostigen metallischen Klumpen, der ihm wegen seiner Form aufgefallen sei, aus dem Boden gezogen habe. Der Gegenstand sei rund gewesen, ungefähr wie ein Apfel und habe gut in die hohle Hand gepasst. Er habe nicht gewusst, dass es sich um eine Handgranate handele. Der Gegenstand sei ohne Stiel und Bügel gewesen und habe damit anders ausgesehen als die ihm bekannten russischen Handgranaten. Im Gespräch mit einem anderen Jungen sei die Vermutung geäußert worden, es könne sich um eine Handgranate handeln. Er habe sich dann mit dem Gegenstand in der linken Hand und gesammeltem weiteren Material in der rechten Hand – wie bereits mehrfach vorher – zur Abgabe des Materials auf den Weg zurück zur Schule gemacht. Nach etwa 5 Minuten sei der Gegenstand explodiert. Kurz vorher habe er ein merkwürdiges Geräusch aus dem Inneren des Gegenstandes gehört. Die Explosion sei dann aber in Sekundenbruchteilen erfolgt. Über vergleichbare Vorfälle sei ihm nichts bekannt. Ob es sich um eine deutsche oder eine andere Handgranate gehandelt habe, sei ihm nicht bekannt. Seines Wissens sei es diesbezüglich auch nicht zu einer Untersuchung gekommen.
Das SG hat im Folgenden ein psychologisches Gutachten von Dr. L zur Reife- und Einsichtsfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Schädigung eingeholt. Bei der Untersuchung hat der Kläger angegeben, den Gegenstand nicht als Handgranate erkannt zu haben. Es sei auch keine entsprechende Vermutung geäußert worden. Soweit dies früheren Angaben widerspreche, seien diese Schilderungen aufgrund von Übersetzungsfehlern zustande gekommen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 19.01.2000 und ergänzend am 04.04.2000 ausgeführt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Schädigung voll einsichtsfähig gewesen sei. Es bestünden keine begründeten Zweifel an den Angaben des Klägers, den Gegenstand nicht als Handgranate erkannt zu haben. Bei einem normal entwickelten Jugendlichen sei davon auszugehen, dass dieser einen als Handgranate erkannten Gegenstand nicht mit sich herumgetragen hätte.
Im Weiteren hat das SG den im Erörterungstermin am 25.08.1998 als Dolmetscher tätig gewordenen Herrn H als Zeugen zu etwaigen Übersetzungsmissverständnissen gehört (Erörterungstermin vom 07.06.2000). Darüber hinaus sind Auskünfte des Militärgeschichtlichen Forschungsamts Potsdam vom 28.11.2000, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau vom 01.12.2000 sowie der Forschungsstelle Kriege, Rüstung und Entwicklung vom 12.01.2001 zu kriegerischen Vorgängen um Grosny eingeholt worden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 01.02.2001 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Nachweis einer unmittelbaren Kriegseinwirkung nicht erbracht sei und es im Übrigen am notwendigen Ursachenzusammenhang mit der gesundheitlichen Schädigung des Klägers fehle. Die Kammer habe sich nicht mit der gebotenen, vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen können, dass es sich bei dem Explosionskörper um militärisches Kampfmittel des Zweiten Weltkriegs gehandelt habe. Mindestens ebenso wahrscheinlich sei nach den eingeholten Auskünften, dass der Gegenstand aus friedensmäßigen Übungen oder Konflikten mit Aufständischen stamme. Darüber hinaus sei der Verursachungsanteil des Klägers an der Schädigung so erheblich, dass er den Kausalzusammenhang mit einer unterstellten kriegstypischen Gefahr unterbrochen habe. Die Kammer gehe davon aus, dass es der Kläger – wie zunächst von ihm angegeben – nach dem Auffinden des Sprengkörpers für möglich gehalten habe, es könne sich hier um eine Handgranate handeln. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. L habe er die Gefahrensituation erkennen und adäquat reagieren können. Es müsse daher als grob leichtsinnig bezeichnet werden, wenn er den Sprengkörper zunächst mehrfach in der Hand gedreht und gewendet und ihn dann noch weitere fünf Minuten mit sich herumgetragen habe.
Gegen das ihm am 06.03.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.03.2001 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass eine unmittelbare Kriegseinwirkung zu bejahen sei, da es sich bei dem Sprengkörper um eine Handgranate aus dem Zweiten Weltkrieg gehandelt habe. Eine unmittelbare Kriegseinwirkung liege aber auch dann vor, wenn es sich bei dem Sprengkörper um ein Überbleibsel aus den interethnischen Kämpfen anlässlich der Deportation der Tschetschenen durch die Russen gehandelt habe. Die Deportation sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Tschetschenen im Zweiten Weltkrieg mit den Deutschen kollaboriert hätten. Auch könne das Verhalten des Klägers den Ursachenzusammenhang nicht beseitigen. Selbst wenn die Vermutung einer Handgranate geäußert worden sei, so könne von einem damals nicht einmal 16-Jährigen nicht erwartet werden, dass dieser eine vage Vermutung sofort ernst nehme. Der Kläger habe den Gegenstand eben gerade nicht für eine Handgranate gehalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 01. Februar 2001 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Bescheides vom 13.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.03.1998 zu verurteilen, ihm Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren,
hilfsweise aufzuklären, ob die Granate nur im Zusammenhang mit der Deportation der Tschetschenen an den Fundort gelangt sein könne.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.
Der Senat hat Auskünfte der Stiftung Wissenschaft und Politik vom 11.06.2001 und 02.08.2005, des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom 08.11.2001 und 19.11.2001, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau vom 27.11.2001, des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr Dresden vom 09.12.2001 und 04.04.2002, der Forschungsstelle Kriege, Rüstung und Entwicklung der Universität Hamburg vom 04.07.2002, des Instituts für Militärgeschichte des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation vom 07.06.2004 sowie des Experten für die neuere Geschichte des Nordkaukasus, Herrn Dr. Q Q1 vom 13.08.2005 zur möglichen Herkunft der Granate sowie zu den innerethnischen Auseinandersetzungen in der Region Grosny eingeholt. Das Gericht hat zudem das Streitkräfteamt der Bundeswehr, das Historische Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und die Redaktion der Zeitschrift "Osteuropa" befragt. Diese verfügten nach dortigen Mitteilungen vom 29.07., 02.11. und 20.07.2005 nicht über Informationen zur Sache.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere der eingeholten Auskünfte, wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Beklagte hat es mit den angefochtenen Bescheiden vom 13.06.1997 und 20.03.1998 zu Recht abgelehnt, dem Kläger wegen der am 15.03.1966 erlittenen Verletzung Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren.
Gemäß § 1 Abs. 2 a, 1 BVG erhält derjenige, der durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Versorgung. Als unmittelbare Kriegseinwirkung gelten gemäß § 5 Abs. 1 e BVG auch nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge, die einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen haben, sofern sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen. Kennzeichnend für den Begriff des kriegerischen Vorgangs ist die Verbindung mit einem typischen Kriegsgeschehen. Unter Versorgungsschutz steht nur derjenige, der Schäden erleidet, die als Nachwirkungen von Kriegsgeräten oder Kampfmitteln anzusehen sind, die im Zweiten Weltkrieg verwendet wurden (BSG, Urteil vom 17.12.1997, 9 RV 9/96 in SozR 3-3100 § 5 Nr. 5). Dieser versorgungsrechtlich geschützte Tatbestand bedarf des Vollbeweises (LSG NRW, Urteil vom 17.02.2000, L 7 V 1/97 in Breithaupt 1992, 487 ff.). Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw. mit einem so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden können, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R m.w.N.; Urteil vom 10.11.1993, 9 RVg 2/93; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 118 Rn 5 m.w.N. zum Vollbeweis). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat die entscheidungserheblichen Kriterien zutreffend und überzeugend dargestellt. Die vom Sozialgericht dargelegten Zweifel daran, dass es sich bei dem Explosionskörper um Kriegsmaterial des Zweiten Weltkriegs handelte, sind durch die im Berufungsverfahren eingeholten weiteren Auskünfte bestätigt worden. Es ist möglich, dafür lassen sich allerdings wenig Anhaltspunkte anführen, dass der Gegenstand Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs war. Ebenso kann es sein, dass das Handkampfmittel im Zuge der gravierenden interethnischen Konflikte in der Region, insbesondere bei dem Widerstand gegen die Maßnahmen der Zwangsdeportation 1944 liegen geblieben ist. Nach der Mitteilung des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung handelte es sich bei dem vom Kläger beschriebenen Gegenstand eher nicht um eine deutsche Handgranate. Selbst wenn es sich unter Berücksichtigung der Auskunft des Militärischen Museums Dresden um einen russischen Munitionskörper gehandelt haben sollte, so ist zweifelhaft, ob dieser aus Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs stammt. In Grosny hat es keine unmittelbaren Bodenkämpfe gegeben hat und bei dem dortigen Luftangriff sind keine Handkampfmittel im Einsatz gewesen. Hingegen war Grosny nach Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau seit Anfang des 19. Jahrhunderts Schauplatz von Auseinandersetzungen russischer Truppen gegen tschetschenische Aufständische. Die Auseinandersetzungen eskalierten zunächst ab 1941. Seinerzeit kam es nach den Auskünften der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau im Nordkaukasus zu Zusammenstößen zwischen sowjetischen Sicherheitskräften und verschiedenen bewaffneten Gruppierungen mit rund 1.500 Bewaffneten. Diese Zusammenstöße sowie die Massenflucht vor der Einbeziehung in die sowjetischen Streitkräfte führten dazu, dass im Februar 1944 auf Befehl Stalins über 400.000 Angehörige der Volksgruppen der Tschetschenen und Inguschen nach Kasachstan und Mittelasien zwangsumgesiedelt wurden. Dr. Q1 hat schließlich auch bestätigt, dass im Rahmen dieser Deportationen eine Vielzahl unterschiedlicher Waffen, in der Regel auch besonders Handgranaten eingesetzt wurden. In russischen Archiven seien aus dieser Zeit massive Beschlagnahmungen von Waffen, konkret auch von Handgranaten dokumentiert. Es ist im Übrigen auch allgemein bekannt, dass in bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in erheblichem Ausmaß Handkampfmittel eingesetzt werden. Nach den eingeholten Auskünften ist es in der Zeit nach den Deportationen, insbesondere wieder ab 1954, als die ersten Vertriebenen in ihre Heimat zurück kehrten, zu erneuten Zusammenstößen zwischen den Heimkehrern und den russischen Neusiedlern, die die Häuser in Besitz genommen hatten, gekommen. Diese Zusammenstöße fanden ihre Höhepunkte bei der legalisierten Rückkehr der Deportierten ab 1957 und bei Demonstrationen der russischen Bevölkerung gegen die Rückführung der Deportierten im Jahr 1958. Hierbei kam es nach Auskunft der Botschaft zu einem Sturm der Tschetschenen auf die Parteileitung der KPdSU, bei der die Demonstranten mit Gewalt zurückgedrängt wurden. Wenn auch über die verwendeten Waffen keine genauen Angaben zur Verfügung stehen, so ist im Hinblick auf das Ausmaß der Unruhen nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass auch hier Handgranaten eingesetzt wurden.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, auf den Hilfsantrag des Klägers weiter der Frage nachzugehen, ob die Handgranate nur im Zusammenhang mit der Deportation der Tschetschenen an den Fundort in Grosny gelangt ist. Wie die bisherigen umfangreichen Ermittlungen deutlich gemacht haben, sind der Aufklärung allein schon wegen des Zeitablaufs von jetzt fast 40 Jahren Grenzen gesetzt. Dies gilt umso mehr, als die ethnischen Auseinandersetzungen auch heute im Gebiet um Grosny noch fortdauern und dies eine Informationserlangung massiv behindert. Auch der Kläger selbst hat keine weiteren Beweiserhebungen (z.B. Benennung von Zeugen) aufzuzeigen vermocht, mit deren Hilfe die gewünschte Aufklärung möglich wäre. Wenn die konkreten Umstände der Explosion damals, immerhin mehr als 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, nicht weiter aufgeklärt worden sind, so zeigt dies gerade, wie unsicher und spekulativ sich die Beurteilung der Geschehnisse aus dem Jahr 1966 heute darstellt.
Im Übrigen ist die beantragte Beweiserhebung aber auch nicht erforderlich. Selbst wenn es sich – worauf der Hilfsantrag des Klägers augenscheinlich zielt – sogar nachweisen ließe, dass der Explosionskörper als Überbleibsel aus den interethnischen Auseinandersetzungen anlässlich der Deportation der Tschetschenen an den Fundort gelangt ist, so wäre dies nicht als unmittelbare Kriegseinwirkung zu werten. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die interethnischen Auseinandersetzungen im Zuge der Deportation nicht bereits deshalb den kriegerischen Kämpfen des Zweiten Weltkriegs zuzuordnen, weil den Deportierten Kollaboration mit den Deutschen vorgeworfen wurde. Konkrete Handlungen der Kollaboration und dadurch verursachte Schädigungen könnten zwar als Kriegseinwirkung angesehen werden. Dies gilt jedoch nicht für interethnische Maßnahmen der damaligen russischen Regierung. Zu bedenken ist, dass die Deportationen auf einer Vielzahl von Gründen beruhten und keinesfalls allein aufgrund des Verdachts der Kollaboration durchgeführt wurden. Nach der eingeholten Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland wurde der Konflikt zwischen Russen und Tschetschenen bereits Jahrzehnte vor dem Zweiten Weltkrieg begründet und Grosny schon Anfang des 19. Jahrhunderts als Bollwerk der russischen Truppen gegen tschetschenische Aufständische gebaut. Weitere maßgebliche Gründe für die Deportationspolitik Stalins waren nach Auskunft der Stiftung Wissenschaft und Politik eine Massenflucht vor der Einbeziehung von Rekruten in die sowjetischen Streitkräfte und das Agieren einer zunehmenden Zahl von bewaffneten Gruppierungen im Nordkaukasus. Die interethnischen Auseinandersetzungen im dortigen Gebiet hingen nicht mit dem Vorstoß deutscher Truppen in den Nordkaukasus zusammen. Vielmehr sollten die Deportationen der Zerschlagung des antisowjetischen Widerstandes dienen. Mit dieser gegen die eigenen Staatsbürger gerichteten Maßnahme hat die russische Regierung eine eigenständige neue und vom eigentlichen Kriegsgeschehen unabhängige Handlungskette in Gang gesetzt.
Nach allen Ermittlungen ist die Ursache der Explosion offen. Ein Zusammenhang mit Kriegsereignissen ist als eine von verschiedenen Ursachen vorstellbar, hingegen keineswegs nachgewiesen. Auf den vom SG zusätzlich erörterten Gesichtspunkt, dass eigenes leichtsinniges Verhalten des Klägers überwiegend ursächlich für die Schädigung war, kommt es damit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nr.1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Erstellt am: 06.12.2005
Zuletzt verändert am: 06.12.2005