Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.02.2005 wird zurückgenommen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Arbeitslosenhilfe in dem Bewilligungsabschnitt vom 14.04.2003 bis 13.04.2004. Der Kläger wendet sich noch gegen die Absenkung des Bemessungsentgeltes um 3%.
Der am 00.00.1943 geborene Kläger bezog im Anschluss an dem Bezug vom Arbeitslosengeld vom 14.04.2002 bis 13.04.2003 Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 785,00 Euro.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.07.2003 – zuvor war über die Höhe nur vorläufig entschieden worden – teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für den weiteren Bewilligungsabschnitt ab 14.04.2003 ein Bemessungsentgelt von 765,00 Euro zugrunde gelegt werde. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger im Wesentlichen das verminderte Bemessungsentgelt monierte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003 zurück. Sie führte hierzu aus, der Kläger habe bis zum 13.04.2002 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 865,00 Euro wöchentlich bezogen. Dieses Bemessungsentgelt sei – vermindert um die Einmalleistung – auch für die folgende Bewilligung der Arbeitslosenhilfe im Anschluss an den Bezug des Arbeitslosengeldes maßgebend. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei am 14.04.2002 entstanden. Nach Ablauf eines Jahres, nämlich am 14.04.2003, habe das Bemessungsentgelt angepasst werden müssen. Diese Anpassung sei in der Form erfolgt, dass das maßgebliche ungerundete Bemessungsentgelt, das dem gerundeten Bemessungsentgelt von 785,00 Euro zugrunde gelegen habe, um 3 Prozent vermindert worden sei. Das sich daraus ergebende Bemessungsentgelt belaufe sich auf 763,15 Euro bzw. gerundet auf 765,00 Euro. Die Ausnahmeregelung des § 200 Absatz 4 SGB III finde keine Anwendung, da der Kläger keinen der in dieser Vorschrift genannten Tatbestände in der Vergangenheit erfüllt habe. Die Absicht, dies in Zukunft tun zu wollen, könne auf die Bewilligung ab 14.04.2003 keine Auswirkungen haben.
Mit Änderungsbescheiden vom 10.10.2003 und 12.11.2003 bewilligte die Beklagte ab 14.04.2003 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 166,67 Euro nach einem gerundeten Bemessungsentgelt von weiterhin 765,00 Euro und legte dabei die Leistungsgruppe A und den allgemeinen Leistungssatz zugrunde.
Hiergegen legte der Kläger ebenfalls Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er seit 25 Jahren keine Kirchensteuer mehr bezahle und daher die Rückerstattung der bisher einbezahlten Kirchensteuern begehre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu aus, Grundlage für die Berechnung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe im Anschluss an das Arbeitslosengeld sei in der Regel das beitragspflichtige Entgelt, das ein Arbeitsloser durchschnittlich in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Leistungsanspruchs erzielt habe. Dieses sogenannte Bemessungsentgelt werde nach § 136 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfielen, vermindert. Bei den gesetzlichen Abzügen handele es sich um Beiträge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, die ein Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse zu entrichten habe. Zu diesen Abzügen gehöre auch die Kirchensteuer, weil diese von der überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer gezahlt werde. Dementsprechend sehe die gesetzliche Ermächtigung zur Bestimmung der Leistungsentgelte vor, dass bei der Festsetzung der Höhe der Leistungsentgelte als rechnerischer Lohnabzug auch ein Beitrag in Höhe des niedrigsten Kirchensteuerhebesatzes zu berücksichtigen sei. Bei der Berechnung der Leistungssätze würden weder Beträge für die Kirchensteuer einbehalten noch abgeführt. Es sei somit auch rechtlich unerheblich, ob der einzelne Arbeitslose als Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichtet habe. Das Bundessozialgericht habe mehrfach die Verfassungsmäßigkeit der pauschalen Berücksichtigung der Kirchensteuer als gewöhnlich anfallende Entgeltabzüge bestätigt.
Gegen die Bescheide vom 10.10.2003 und 12.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2003 hat der Kläger am 18.12.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben (Aktenzeichen S 12 AL 210/03). Gegen den Bescheid vom 04.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 hat er am 10.11.2003 ebenfalls vor dem SG Detmold Klage erhoben (Aktenzeichen S 12 AL 173/03). Beide Klagen hat das SG in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 12 AL 174/03 verbunden.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe das Bemessungsentgelt nicht um 3 Prozent mindern dürfen. Er sei seit der Arbeitslosmeldung arbeitsbereit und arbeitsfähig gewesen und zwar ohne irgendwelche Einschränkungen. Wenn der Gesetzgeber in § 200 SGB III davon ausgehe, dass der arbeitslose Arbeitnehmer binnen Jahresfrist um den hier streitigen Faktor von 3 Prozent an beruflicher Qualifikation verliere, treffe das auf ihn nicht zu. Unabhängig von durch die Beklagte vermittelte – oder eben nicht vermittelte – Maßnahmen bemühe er sich zielstrebig um eigene – alternative Fortbildung, um dem Arbeitsmarkt weiter aktiv zur Verfügung stehen zu können. Diese privaten Fortbildungen entsprächen den Ansprüchen, die auch an die in § 200 SGB III genannten Maßnahmen gestellt würden. Aus diesem Grunde sei die Kürzung des Bemessungsentgelts rechtswidrig. Zudem habe er sich eigenständig um Maßnahmen zur Weiterbildung bei der Beklagten beworben. Selbst die Schulungskosten für einen Taxi- und Beförderungsschein, die er beantragt habe, seien von der Beklagten abgelehnt worden. Es könne nicht sein, dass eine Vermittlung in eine Weiterbildungsmaßnahme daran scheitere, dass über 58-jährige eine unter 70 Prozent liegende Integrationswahrscheinlichkeit besäßen. Diese Einschätzung widerspreche der Tatsache, dass der Einzelne für die Förderungsmaßnahmen zuständige Mitarbeiter der Beklagten bei der Entscheidung Ermessen ausüben könne und solle. Eine gesetzliche Regelung, die lediglich verklausuliert zum Inhalt habe, dass das Bemessungsentgelt von jedem über 58-jährigen um jährlich 3 Prozent zu kürzen sei, verstoße – zumindest in der hier vorliegenden Anwendung durch die Beklagten – gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
Ebenso sei die pauschalisierte Anrechnung von Kirchensteuer rechtswidrig.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide vom 10.10.2003 und 12.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2003 und den Bescheid vom 04.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, höhere Arbeitslosenhilfe (Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer, keine Absenkung um 3 Prozent, Anpassung der Arbeitslosenhilfe an die allgemeine Einkommensentwicklung) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden seien.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.01.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass die Beklagte auch nicht unter Berücksichtigung von § 200 Absatz 4 SGB III von einer Absenkung des Bemessungsentgelts nach Absatz 3 dieser Vorschrift habe absehen können. Eine Absenkung unterbleibe danach nämlich nur, wenn der Arbeitslose innerhalb des letzten Jahres vor der erneuten Bewilligung unter anderem an einer von der Agentur für Arbeit geförderten, mindestens 6 Monate andauernden Maßnahme zur Förderung der Berufsausbildung oder der beruflichen Weiterbildung oder an einer von einem Rehabilitationsträger geförderten mindestens sechs Monate dauernden Leistung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben erfolgreich teilgenommen habe. Diese Voraussetzungen seien jedoch im Fall des Klägers eindeutig nicht erfüllt. Dabei sei die Teilnahme einer solchen Maßnahme auch nicht gleichzusetzen mit einer erfolglosen Bewerbung um eine Maßnahme zur Weiterbildung bei der Beklagten. Etwas Anderes könne allenfalls unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gelten, wenn die Beklagte rechtswidrig eine entsprechende Maßnahme nicht bestandskräftig abgelehnt hätte. Ein solcher Sachverhalt liege hier jedoch nicht vor. Gegen die Regelung des § 200 Absatz 3 SGB bestünden entgegen der Auffassung des Klägers auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar bewirke die Regelung dieser Vorschrift eine Leistungskürzung, sie verstoße jedoch nicht gegen Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz (GG), weil der Arbeitslosenhilfeanspruch nicht der Eigentumsgarantie unterliege. Der Kläger könne auch kein Rechtsanspruch auf höhere Arbeitslosenhilfe aus dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 1 GG) ableiten. Der Kläger habe schließlich auch keinen Anspruch auf Nichtberücksichtigung des Kirchensteuerhebesatzes als gewöhnlichen gesetzlichen Abzug (§§ 198 Satz 2 Nr. 4, 136 Absatz 2 Nr. 2 SGB III).
Das Urteil ist dem Kläger am 05.03.2005 zugestellt worden. Am 05.04.2005 hat er dagegen Berufung eingelegt, mit der er sich nur noch gegen die Absenkung des Bemessungsentgelts wendet. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ergänzend führt er aus, dass die Verknüpfung von Leistungshöhe und unterstelltem Qualifikationsverlust zudem der Lohnersatzleistungsfunktion der Arbeitslosenhilfe widerspreche und einer ausreichenden Absicherung bei Arbeitslosigkeit entgegenstehe. Der Argumentation des SG, es sei allein an die Tatsache anzuknüpfen, dass eine Maßnahme eben nicht stattgefunden habe, und die Gründe dafür nicht zu hinterfragen seien, könne hingegen nicht greifen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.01.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 ihm ab 14.04.2003 Arbeitslosenhilfe ohne Anpassung um 3% bis zum 13.04.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn es besteht kein Anspruch des Klägers auf höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.04.2003 bis 13.04.2004. Rechtsgrundlage für die Minderung des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Bemessungsentgelts ab 14.04.2003 ist § 200 Abs. 3 SGB III in der ab 1.1.2003 geltenden Fassung. Gegenüber dieser Regelung – mit der § 201 SGB III abgelöst wurde – bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (so bereits Senatsurteile vom 16.06.2004 – L 12 AL 32/04 – und 13.04.2005 – L 12 AL 183/04 -; zu § 201 SGB III: BSG, 07.02.2002 – B 7 AL 42/01 R mwN -.). Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 200 Abs 4 SGB III liegen nicht vor.
Wegen der Begründung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG, denen er sich nach eigener Überprüfung vollständig anschließt. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Erstellt am: 06.12.2005
Zuletzt verändert am: 06.12.2005