Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.12.2004 – S 3 AL 120/02 – wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf den Antrag des Klägers vom 03.01.2002.
Dem 1961 geborenen Kläger war zuletzt Arbeitslosenhilfe ab 30.01.2001 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 29.01.2002 bewilligt worden. Im Antrag hatte er angegeben, unter einer Holzallergie und an Rückenbeschwerden zu leiden. Frau Dr. T meinte in ihrem von der Beklagten veranlassten ärztlichen Gutachten, eine Beurteilung nicht abgeben zu können, weil der Kläger eine Blutuntersuchung sowie auch die Mitarbeit bei der Untersuchung des Herz-Kreislaufsystems verweigert habe und ohne diese Untersuchungen Auffälligkeiten nicht festgestellt werden könnten. In einem weiteren nach Aktenlage erstatteten Gutachten von Frau Diplom-Medizinerin I konnte ebenfalls ein Leistungsbild nicht erstellt werden.
In der Leistungsakte der Beklagten befinden sich verschiedene Beratungsvermerke. Unter dem 29.05.2001 ist vermerkt, dass der Kläger seinen Gesundheitszustand für seine Arbeitslosigkeit hauptverantwortlich mache. Zu einer Arbeitsleistung unter üblichen Wettbewerbsbedingungen sehe er sich nicht in der Lage. Deshalb sei die Begutachtung veranlasst worden. Unter dem 28.08.2001 heißt es u.a.: "Nach Hinweis auf die Folgen fehlender Mitwirkung erneute Veranlassung des ÄG mit der Bitte um ergänzende und abschließende Angaben." Unter dem 20.11.2001 ist vermerkt, dass der Kläger die empfohlene Behandlung seiner angegeben Beschwerden strikt ablehne. Er sei auf den Umstand aufmerksam gemacht worden, dass eine Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit und damit gezielte Vermittlungsbemühungen nicht möglich seien. Darauf habe er angegeben, dahingehend auch nicht mehr konditioniert zu sein. Stattdessen wolle er in Rente geschickt werden. Auf die fehlenden Leistungsvoraussetzungen wegen fehlender Verfügbarkeit sei er erneut hingewiesen worden.
Nachdem die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe durch Bescheid vom 20.11.2001 ab 20.11.2001 aufgehoben hatte, sprach der Kläger am 03.01.2002 bei der Beklagten wieder vor und beantragte die Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe. Nach dem Beratungsvermerk von diesem Tag sprach er auf Veranlassung des Sozialamts der Stadt C vor, wo ihm gesagt worden sei, er solle einen Arbeitslosenhilfeantrag stellen. In dem Vermerk heißt es weiter: "Verfügbarkeit ist auch weiterhin nicht zu unterstellen, U. ausdrücklich im Beisein von Frau T1 diesbezüglich befragt, Bewa kann daher umgehend wieder abgeschlossen werden."
Mit Bescheid vom 11.01.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe mit der Begründung ab, der Kläger habe in dem Beratungsgespräch am 03.01.2002 erneut erklärt, nicht bereit zu sein, den für die Wiederherstellung seiner Verfügbarkeit erforderlichen ärztlichen Behandlungen zuzustimmen. Seinen dagegen am 11.02.2002 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger wie folgt: Es treffe nicht zu, dass am 03.01.2002 ein Beratungsgespräch stattgefunden habe. Vielmehr habe er sich in Begleitung der Zeugin C zum Arbeitsamt begeben, um einen weiteren Antrag abzuholen, worauf ihm mitgeteilt worden sei, dass er gar keinen Antrag zu stellen brauche, weil dieser ohnehin abgelehnt werden würde. Auf seine Frage, ob die Aushändigung eines Antragsformulars verweigert werde, habe er ein Antragsformular erhalten. Eine Beratung habe jedoch keineswegs stattgefunden. Es treffe somit auch nicht zu, dass er erneut erklärt haben solle, nicht bereit zu sein, ärztliche Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Er sei nur nicht bereit gewesen, ärztliche Behandlungen auf eigene Kosten in Anspruch zu nehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nicht als arbeitslos anzusehen, weil er im Beratungsgespräch am 03.01.2002 im Beisein von zwei Mitarbeitern des Arbeitsamts auf Nachfrage und trotz nachfolgendem Hinweis, dass unter diesen Umständen wegen mangelnder Verfügbarkeit der Antrag auf Arbeitslosenhilfe abzulehnen sei, mitgeteilt habe, zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. zu einer Arbeitsleistung unter normalen Wettbewerbsbedingungen nicht in der Lage zu sein.
Am 04.11.2002 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er selbstverständlich bereit gewesen und bereit sei, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, um seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Ferner habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden und stehe dies auch weiter. Natürlich sei er nach wie vor an einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stark interessiert. Er könne aufgrund seiner gesundheitlichen Situation jedoch nicht in Konkurrenz mit gesunden arbeitsuchenden Personen treten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 11.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 03.01.2002 Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung festgehalten.
Das SG hat den Arbeitsberater M, die Diplom-Verwaltungswirtin N, die Verwaltungsangestellte T1 und die Lebensgefährtin des Klägers E C als Zeugen/Zeuginnen vernommen. Wegen des Wortlauts ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 01.09.2004 und 15.12.2004 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 15.12.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 03.01.2002 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen, weil er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Denn am 20.11.2001 habe er gegenüber dem Zeugen M erklärt, nicht mehr arbeiten, sondern Rente haben zu wollen, und am 03.01.2002 habe sich diese Situation nicht geändert. Denn an diesem Tag habe er die ausdrückliche Frage, ob sich hinsichtlich seiner am 20.11.2001 gemachten Angaben Änderungen ergeben hätten, verneint und ihm sei die in dem Fall fehlende Verfügbarkeit von der Zeugin N erläutert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 23.12.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.01.2005 Berufung eingelegt. Der Kläger hält die Beweiswürdigung durch das SG für unzutreffend. Unzutreffend sei im sozialgerichtlichen Urteil ausgeführt, dass die Zeugin N ihm erläutert habe, was unter Verfügbarkeit zu verstehen sei. Insofern habe die Zeugin T1 ausgesagt, das Gespräch am 03.01.2002 habe lediglich 10 Minuten gedauert und es sei nicht weiter erläutert worden, was unter Verfügbarkeit zu verstehen sei. Auch die Würdigung der Aussage der Zeugin C werde beanstandet. Diese habe bekundet, dem Kläger sei ohne Begründung sofort gesagt worden sei, dass ein Antrag auf Arbeitslosenhilfe keinen Zweck habe und sowieso abgelehnt werde. Sie habe auch bekundet, dass weitere Fragen an den Kläger nicht gestellt worden seien. Ihr könne nicht angelastet werden, dass sie sich an den Inhalt der kurzen Diskussion nicht mehr erinnern könne. Das SG lasse es aber zu, dass sich die Zeugen der Beklagten nicht an Einzelheiten erinnern und stattdessen auf die gefertigten Vermerke zurückgreifen könnten. Insoweit sei unklar, zu welchem Zeitpunkt diese Beratungsvermerke gefertigt worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.12.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2002 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ab 03.01.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Zeuginnen N und T1 hätten glaubhaft ausgesagt, der Kläger habe die ihm ausdrücklich gestellte Frage, ob er bereit und in der Lage sei zu arbeiten, verneint. Die Aussage der Zeugin C sei nicht geeignet, die Aussagen der Zeuginnen N und T1 zu widerlegen. Wenn sie sich nach ihrer eigenen Aussage nur an die ersten Sätze des Gesprächs erinnern könne, könne sie gerade nicht bezeugen, dass keine Beratung oder Belehrung des Klägers stattgefunden habe.
Der Senat hat die Zeuginnen N, T1 und C erneut vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2005 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Parallelstreitsache L 12 AL 16/05 sowie der Verwaltungsakte der Beklagten mit der Stammnummer 000 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Beklagte und Sozialgericht haben zu Recht entschieden, dass der Kläger ab 03.01.2002 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, weil er der Arbeitsvermittlung der Beklagten auch ab diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stand und damit nicht arbeitslos war.
Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) in Verbindung mit den §§ 117 bis 119 SGB III in der im Januar 2002 geltenden Fassung war das Bestehen von Arbeitslosigkeit Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Arbeitslosigkeit besteht danach nur bei Verfügbarkeit. Diese setzt Arbeitsfähigkeit und eine entsprechende Arbeitsbereitschaft voraus. Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der eine nicht geringfügige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann.
Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger am 03.01.2002 die ihm ausdrücklich gestellte Frage verneint, ob sich an der Situation, dass er zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. zu einer Arbeitsleistung unter normalen Wettbewerbsbedingungen nicht in der Lage sei, etwas geändert habe. Daraus folgt, dass der damals 40-jährige Kläger, der in der Vergangenheit durch fehlende Mitwirkung die Erstellung eines Leistungsprofils durch ärztliche Begutachtung verhindert sowie am 20.11.2001 gegenüber dem Zeugen M bekundet hatte, für eine Arbeitstätigkeit nicht mehr konditioniert zu sein und eine Rente haben zu wollen, ab 03.01.2002 weiterhin nicht mehr arbeitsbereit i.S.d. § 119 SGB III war. Der Senat hat keine Bedenken, sich dabei auf die Aussagen der Zeuginnen N, die den Vermerk vom 03.01.2002 anfertigte, und T1 zu stützen, die dies übereinstimmend bekundet haben. Die Zeugin N hat vor dem SG ausgesagt, sie habe den Kläger gefragt, ob sich an der Sachlage etwas geändert habe und ob er jetzt in der Lage sei zu arbeiten, und dieser habe geantwortet, nein, er könne auch weiterhin nicht arbeiten. Die Zeugin T1 hat vor dem SG ausgesagt, die Zeugin N habe den Kläger gefragt, ob sich denn Veränderungen gegenüber dem vorherigen Zeitraum ergeben hätten im Hinblick auf seine Verfügbarkeit, was der Kläger verneint habe. Diese ihre Aussagen haben die Zeuginnen mit ihren Aussagen vor dem Senat inhaltlich im Wesentlichen bestätigt und es ist entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere nicht zu beanstanden, dass sie sich dabei auf den von der Zeugin N über das mit dem Kläger am 03.01.2002 geführte Beratungsgespräch angefertigten Vermerk gestützt haben. Diese Vermerke werden gerade zu dem Zweck angefertigt, um nicht auf den durch langen Zeitablauf und aufgrund der Umstände in einer Massenverwaltung unsicheren Zeugenbeweis allein angewiesen zu sein, und Bedenken ergeben sich auch insoweit nicht, als der Kläger es für unklar hält, wann der Beratungsvermerk gefertigt worden ist. Dieser ist nach Überzeugung des Senats und auch nach Aussage der Zeugin N unmittelbar nach dem Gespräch gefertigt worden, weil es wegen der Vielzahl der von einem Vermittler an einem Tag zu führenden Beratungsgespräche völlig unsinnig wäre, den Vermerk nicht spätestens vor dem nächsten Besucher anzufertigen.
Dass die Aussagen der Zeuginnen N und T1 glaubhaft sind und sie den Kläger auch nicht etwa mißverstanden haben, folgt zudem aus dem Verhalten des Klägers nach dem Beratungsgespräch vom 20.11.2001. Denn wäre der Kläger bereits vom Zeugen M mißverstanden worden, so hätte ihm dies spätestens nach Erhalt der Bescheide vom 20.11. und 10.12.2001 und der folgenden Leistungseinstellung klar geworden sein müssen. Nichts hätte näher gelegen, als aus seiner Sicht zeitnah die Lage der Dinge klarzustellen und darauf hinzuweisen, dass er weiter für eine Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Stattdessen wurde der Widerspruch vom 28.11.2001 allein damit begründet, dass er keine Rechtsfolgenbelehrung erhalten habe. Es verwundert auch, dass er den erneuten Leistungsantrag am 03.01.2002 lediglich auf Veranlassung des Sozialamts stellte und dabei sogar betonte, an seiner Einstellung habe sich nichts geändert. Im Hinblick auf das gerade abgeschlossene Verwaltungsverfahren in dieser Sache hätte es aber gerade nahe gelegen, jedenfalls auf aus seiner Sicht bestehende Mißverständnisse hinsichtlich seiner Arbeitsbereitschaft hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab. Es handelt sich vielmehr um eine Beweiswürdigung im Einzelfall, der über diesen Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt.
Erstellt am: 02.01.2006
Zuletzt verändert am: 02.01.2006