Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Detmold vom 09.06.2005 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Versorgung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1963 geborene Kläger wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Worbis vom 08.08.1984 wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Mit Beschluss des Landgerichtes Erfurt vom 14.09.1993 wurde das Urteil des Kreisgerichtes Worbis für rechtsstaatswidrig erklärt, aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger vom 26.06.1984 bis 22. 07.1985 zu Unrecht inhaftiert gewesen ist.
Im Februar 1999 stellte der Kläger einen Antrag nach dem StrRehaG mit der Begründung, die körperlich schwere Zwangsarbeit während der Haft in der Justizvollzugsanstalt hätte zu Bandscheibenschäden und zu Schmerzen im Schultergürtel geführt. Zudem leide er seit der Inhaftierung an Schlafstörungen und Angstzuständen, so dass er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne.
Der Beklagte zog Haft- und Krankenunterlagen von den Justizvollzugsanstalten in der ehemaligen DDR, vom Bundesbeauftragen für die Unterlagen der Staatssicherheit sowie die Schwerbehindertenakte des Klägers bei. Nach versorgungsärztlicher Auswertung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2003 mit der Begründung ab, ein ursächlicher Zusammenhang der geltend gemachten Rückenbeschwerden und der Angstzustände mit der Freiheitsentziehung 1984/85 sei unwahrscheinlich.
Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2003 beim Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass während und im Anschluss an die Haft, die für ihn ein Alptraum gewesen sei, ein Mechanismus eingesetzt habe, der sein Leben stark verändert habe. Beispielhaft seien Gefühle der Isolierung, Hilflosigkeit und Angst aufgetreten. All diese Umstände seien für sein "verkorkstes" Berufsleben und die gescheiterte Ehe verantwortlich. Ergänzend hat er ärztliche Atteste beigefügt.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein Gutachten des Orthopäden Dr. T sowie ein Gutachten und eine ergänzende Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters X eingeholt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.06.2005 abgewiesen. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidung.
Ausweislich der Zustellungsurkunde vom 20.07.2005 hat Herr T1 von der Deutschen Post zunächst die Übergabe des Urteils in der Wohnung des Klägers erfolglos versucht und das Urteil sodann in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten L-straße 00, Bad P, eingelegt. Hiergegen hat der Kläger am 24.08.2005 beim SG Detmold "Widerspruch" gegen das Urteil eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt,
ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, das Urteil des Sozialgerichtes Detmold vom 09.06.2005 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.03.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2003 zu verurteilen, sein Wirbelsäulenleiden und seine psychische Erkrankung als Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Versorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Auf den Hinweis des Senates, dass die Berufung beim SG Detmold nicht fristgerecht eingelegt worden sei, hat der Kläger erwidert, dass er das Urteil erst am 27.07.2005 erhalten habe. Die Zustellung des Urteils sei per Einwurf in einen von mehreren Mietparteien genutzten Briefkasten erfolgt. Der Briefkasten werde von ihm und seiner geschiedenen Ehefrau benutzt und sei auch für den Postboten an Hand der Namensschilder kenntlich gemacht. Die geschiedene Ehefrau des Klägers, Frauke C hat bestätigt, dass sie irrtümlicher Weise den für den Kläger bestimmten Brief vom SG Detmold aus dem gemeinsamen Briefkasten genommen habe und dem Kläger erst eine Woche später übergeben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Das als "Widerspruch" bezeichnete Schreiben des Klägers vom 21.08.2005 ist als Berufung auszulegen. Nach dem Inhalt des Schreibens ist der Kläger mit der Entscheidung des SG nicht einverstanden.
Die Berufung ist unzulässig.
Der Kläger hat die Berufung nicht fristgerecht erhoben. Gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 SGG). Gegen das am 20.07.2005 zugestellte Urteil des SG Detmold hat der Kläger am 24.08.2005 (Eingang beim SG Detmold) Berufung eingelegt. Das Urteil wurde dem Kläger am 20.07.2005 wirksam zugestellt. Da der Postbote den Kläger nicht in seiner Wohnung angetroffen hat, war die wirksame Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten des Klägers zulässig (§ 180 Zivilprozessordnung -ZPO-). Er hat nach seinem eigenen Vortrag den gemeinsam mit seiner geschiedenen Ehefrau C genutzten Briefkasten für den Empfang seiner Post eingerichtet. Mit dem Einwurf des Urteils war die Zustellung erfolgt (§ 180 S. 2 ZPO). Die Berufungsfrist endete am Montag, den 22.08.2005. Damit war die Monatsfrist bei Eingang des Berufungsschriftsatzes am 24.08.2005 nicht gewahrt.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 67 SGG sind nicht erfüllt. Der Kläger hat keine Gründe dargelegt, wonach er ohne sein Verschulden gehindert war, die Berufung rechtzeitig einzulegen. Nach seinem eigenen Vortrag, bestätigt durch die schriftliche Mitteilung seiner geschiedenen Ehefrau C, wurde ihm das Urteil erst am 27.07.2005 ausgehändigt. Frau C hat den gemeinsam genutzten, mit beiden Namen versehenen Briefkasten geleert und den Brief irrtümlich erst eine Woche später dem Kläger überreicht. Damit hatte der Kläger ab dem 27.07.2005 ausreichend Zeit, innerhalb der Berufungsfrist das Rechtsmittel einzulegen. Er war nicht ohne Verschulden daran gehindert, rechtzeitig Berufung einzulegen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt anwendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den Gesamt-Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (BSGE 72, 158). Die Nichteinhaltung der Verfahrensfrist muss auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen sein (BSG GrS SozR 1500 § 67 Nr. 1; BSGE 61, 213). Daran fehlt es. Nach allgemeiner Anschauung war es dem Kläger zuzumuten, gegen das Urteil bis zum 22.08.2005 Berufung einzulegen. Er hat keine Gründe dargetan, die eine unverschuldete Versäumung der Frist nahe legen.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Zustellung "eines so wichtigen Dokumentes in einen gemeinsam mit einem anderen genutzten Briefkasten sei bedenklich", führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Selbst wenn er davon ausgegangen sein sollte, dass die Berufungsfrist ab Aushändigung einen Monat beträgt, befindet er sich in einem vermeidbaren Irrtum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Erstellt am: 21.03.2006
Zuletzt verändert am: 21.03.2006