Die Rev. wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist – nur noch – die Berücksichtigung von kapitalisierten Versorgungsbezügen aus einer Direktversicherung bei der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge.
Der 1939 geborene Kläger, seit 1956 (zumeist freiwilliges) Mitglied der Beklagten, bezieht seit dem 01.05.2003 eine Altersrente in Höhe von 1.954,97 EUR (Stand: 05.10.2004) sowie eine Betriebsrente in Höhe von 923,40 EUR (Stand: 05.10.2004). Er ist seit Rentenbeginn in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Mit Schreiben vom 24.09.2004 zeigte die Allianz Lebensversicherungs-AG der Beklagten die zum 01.12.2004 anstehende Auszahlung von zwei Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 5.914,73 EUR (Garantiekapital: 4.318,00 EUR zzgl. Überschussbeteiligung: 1.909,24 EUR) und 42.125,76 EUR (Garantiekapital: 18.537,00 EUR zzgl. Überschussbeteiligung: 24.272,99 EUR) als Einmalzahlungen an den Kläger an. Es handelte sich um Lebensversicherungen aus dem zwischen der damaligen Arbeitgeberin des Klägers, der H Industrie AG, und der Allianz Lebensversicherungs-AG vereinbarten Gruppenversicherungsvertrag, abgeschlossen am 31.10.1977 bzw. am 04.09.1990 als sog. Direktversicherungen gemäß § 40b Einkommenssteuergesetz (EStG). Die Beiträge hatte ausschließlich der Kläger selbst über seine Arbeitgeberin aus den jeweils jährlich erzielten Tantiemen, das heißt aus Einkommensanteilen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, entrichtet, den letzten Beitrag als Rentner. Die ursprünglich vereinbarten Versicherungssummen lagen bei 36.254 DM (18.536,38 EUR) bzw. 8.444 DM (4.317,35 EUR), die geleisteten Jahresprämien bei 1.200 DM (613,55 EUR) bzw. bei 600 DM (306,78 EUR). Seiner Arbeitgeberin ersetzte der Kläger während der Laufzeit der Verträge die pauschalierte Lohn- und Kirchensteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe und nutzte die Steuervorteile, die sich aus der Reduzierung seines zu versteuernden Einkommens (um die Versicherungsprämie und die Pauschalsteuern) ergaben, in Anspruch.
Mit Bescheid vom 22.12.2004 teilte die Beklagte dem Kläger kurz nach der Auszahlung der Lebensversicherungsverträge mit, dass für Lebensversicherungen seit dem 01.01.2004 Beitragspflicht zur Krankenversicherung bestehe, soweit diese in Beziehung zum früheren Erwerbsleben stünden. Dies treffe auf beide fällig gewordene Lebensversicherungen zu. Hinsichtlich der Beitragspflicht spiele keine Rolle, ob der Arbeitnehmer allein die Beiträge entrichtet habe. Bei einer Direktversicherung seien die Vorteile der betrieblichen Altersversorgung genutzt worden. Für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2014 müssten von den monatlichen Einnahmen aus den Lebensversicherungen in Höhe von 400,34 EUR (5.914,73 EUR + 42.125,76 EUR, dividiert durch 120 Monate) zusätzliche Beiträge zur Krankenversicherung entrichtet werden, und zwar aktuell in Höhe von 58,85 EUR monatlich.
Der Widerspruch des Klägers vom 15.10.2004 gegen die Verdoppelung des Beitragssat-zes auf Versorgungsbezüge ist ruhend gestellt worden. Mit dem gegen die Einbeziehung der Lebensversicherungen in die Beitragsberechnung gerichteten Widerspruch vom 28.12.2004 hat der Kläger geltend gemacht, die Begünstigungen hätten einzig in der ermäßigten pauschalen Besteuerung bestanden, wobei die Beiträge zu den Lebensversicherungen andererseits aber auch nicht als Sonderausgaben hätten geltend gemacht werden können. In einigen Jahren habe die Pauschalbesteuerung sogar zu einer erhöhten Gesamtsteuerlast geführt. Auch müsse berücksichtigt werden, dass ausschließlich er die Beiträge entrichtet habe, nicht einmal anteilig seine frühere Arbeitgeberin. Die Heranziehung des Auszahlungsbetrages als Einkommen im Alter empfinde er als eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Bestrafung dafür, dass er frühzeitig im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für sein Alter vorgesorgt habe. Er sei nicht bereit, die unsystematischen und willkürlichen Kürzungen, die in sein Vertrauen in früher geltendes Recht eingriffen, hinzunehmen.
Mit Bescheid vom 15.03.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 31.03.2005 hat die Beklagte den Beitrag ab dem 01.01.2005 auf 60,07 EUR (neuer Auszahlungsbetrag: 6.227,24 EUR + 42.809,99 EUR, dividiert durch 120 Monate = 408,64 EUR monatlicher Anrechnungsbetrag; Beitragssatz davon 14,7 %) festgesetzt. Den Widerspruch des Klägers hat sie mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner am 15.08.2005 zum Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend vorgetragen, Steuervorteilen in der Vergangenheit in Höhe von ca. 3.100 EUR stünden Belastungen in dem Zehn-Jahres-Zeitraum in Höhe von rd. 8.000 EUR gegenüber. Dies sei völlig unverhältnismäßig. Auch habe der Gesetzgeber ihm und anderen Betroffenen zum 01.01.2004 keinen Handlungsspielraum eingeräumt, auf die anstehenden Änderungen zu reagieren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beitragsbescheide der Beklagten und beigeladenen Pflegekasse vom 22.12.2004, 15.03.2005 und 31.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 13.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die ihrer Auffassung nach rechtmäßigen angefochtenen Bescheide bezogen.
Mit Urteil vom 11.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Betragserhebung aus der Kapitalzusatzversorgung sei weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 229 Abs. 1 S. 3, S. 1 Nr. 5 i. V. m. § 237 S. 1 Nr. 2 und S. 2 Sozialgesetzbuch Fünf-tes Buch (SGB V) in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190) lägen vor. Bei dem Kläger als versicherungspflichtigem Rentner sei bei der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde zu legen. Es handele sich um eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, die an die Stelle von Versorgungsbezügen trete. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus den beiden Lebensversicherungen und der früheren Berufstätigkeit des Klägers ergebe sich aus dem Umstand, dass die frühere Arbeitgeberin des Klägers Versicherungsnehmerin und der Kläger als Arbeitnehmer Versicherter gewesen sei, sog. Direktversicherung. Die Lebensversicherungen hätten der zusätzlichen Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter oder bei Tod gedient, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben und damit eine Versorgungszusage aus einem konkreten Arbeitsverhältnis gewährleistet. Diese Zwecksetzung unterscheide die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers. Sie sei auch aus Anlass des Arbeitsverhältnisses zugesagt worden. Die versicherungspflichtigen Rentner sollten sich nach dem Willen des Gesetzgebers entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung der Krankenversicherung beteiligen. Diese Zielsetzung entspreche dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip. Der Verbeitragung der Kapitalleistung stehe nicht entgegen, dass der Kläger die Beiträge in Form von ihm zustehenden Tantiemen und Sonderzahlungen, die die Arbeitgeberin als Beiträge an die Versicherung geleistet habe, wirtschaftlich betrachtet selbst getragen habe. Denn der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungsansprüche des Klägers aus der Lebensversicherung und seinem Erwerbsleben ergebe sich bereits daraus, dass dieser Zusammenhang auf einer für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart, nämlich der Direktversicherung im Sinne von § 1 Abs. 2. S. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz, BetrAVG), beruhe. Insoweit sei unbeachtlich, ob die Arbeitgeberin die Beiträge ganz oder teilweise gezahlt habe.
Gegen die der Beitragsbemessung aus Kapitalleistungen zugrunde liegende, ab dem 01.01.2004 geltende Neuregelung in § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liege nicht vor. Vielmehr würde erstmals ab 2004 eine Gleichstellung der regelmäßig wiederkehrenden Leistungen, die an die Stelle von Versorgungsbezügen träten, mit diesen realisiert. Dies fordere auch der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit. Der Kläger könne sich auch nicht auf den Schutz seines Vertrauens in die Unveränderlichkeit gesetzlicher Regelungen berufen. Zum einen habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen. Zum anderen liege nur eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung vor. Auch ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. Vermögen sei nicht grundsätzlich gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt. Auch stehe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Regelung des § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V sei notwendig gewesen, um die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten. Auch müsse der Kläger lediglich rund 15 % der Versorgungsbezüge innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren in Form von Beiträgen einsetzen.
Gegen das ihm am 19.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 16.12.2005 Berufung eingelegt. Er bezieht sich zur Begründung auf seinen bis-herigen Vortrag und weist ergänzend darauf hin, dass die Lebensversicherungen zu Unrecht als betriebliche kapitalisierte Versorgungsleistung behandelt würden, um damit letzt-lich den aus seiner Sicht unberechtigten Zugriff der Krankenversicherung begründen zu können. Es handele sich entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts nicht um eine betriebliche Rente, zumal nicht die Arbeitgeberin, sondern er selbst ausschließlich die Beitragslast getragen habe. Allein der Umstand, dass es sich um eine Direktversicherung gehandelt habe, könne nicht zur Beitragspflicht führen. Über die einbezogenen Einkommensbestandteile hätte er auch anderweitig verfügen können. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages im Jahre 1977 habe niemand – weder er noch sein Arbeitgeber oder die Allianz Lebensversicherungs-AG – auch nur ansatzweise die Vorstellung gehabt, dass der Auszahlungsbetrag bei Fälligkeit von der Beklagten beitragserhöhend berücksichtigt werden würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.11.2005 zu ändern und die Beitragsbescheide der Beklagten vom 22.12.2004, 15.03.2005 und 31.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 aufzuheben.
Er regt an,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.03.2006 haben die Beteiligten bezüglich der Beiträge zur Pflegeversicherung einen Unterwerfungsvergleich geschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Be-teiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung des Klägers, die eine Beitragsforderung von mehr als einem Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialge-richtsgesetz – SGG -), ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht und mit überzeugenden Gründen durch Urteil vom 11. November 2005 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Diese hat dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgestellt, dass der Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2014 von den Einnahmen aus den beiden Lebensversicherungen in Höhe von monatlich 408,64 EUR (6.227,24 EUR + 42.809,99 EUR, dividiert durch 120 Monate) zusätzliche Beiträge zur Krankenversicherung entrichten müsse, und zwar in Höhe von aktuell 60,07 EUR monatlich.
Zur Begründung bezieht sich der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt.
Die Lebensversicherungen verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug nicht dadurch, dass ausschließlich der Kläger sie durch Eigenleistungen finanziert hat. Das Bundessozialgericht -BSG- hat bereits in seinem Urteil vom 26.03.1996 (Az.: 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr. 13; siehe auch Urt. vom 21.8.1997, Az.: 12 RK 35/96, jurisweb, juris-Kenn-Nr. KSRE045740917 und Urt. vom 11.10.2001, Az.: B 12 KR 4/00, jurisweb, juris-Kenn-Nr. KSRE070011517 oder zuletzt auch Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. vom 03.03.2006, Az.: L 5 KR 89/04, jurisweb, juris-Kenn-Nr: KSRE021631114) entschieden, dass es in dem Fall, dass ein Versorgungsbezug aus einer Direktversicherung gezahlt wird, unerheblich ist, ob er im Einzelfall ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers beruht oder allein auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten.
Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ist nicht ersichtlich. Da die Kapitalleistung erst nach dem 01.01.2004 fällig wurde, liegt lediglich eine sog. unechte Rückwirkung vor. Regelungen, die nämlich nur mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtspositionen eingreifen, sind verfassungsrechtlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht ab-geschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Entscheidungssammlung BVerfGE 95, 64, 86 – ständige Rechtsprechung). Von unechter Rückwirkung wird auch gesprochen, wenn eine Norm künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht (BVerfGE 72, 200, 242; 79, 29, 45 ff.). Bei einer unechten Rückwirkung wird danach ein Tatbestand geregelt, der zwar vor der Verkündung des Gesetzes begonnen hat, aber noch nicht vollständig abgeschlossen oder bereits vor Verkündung "in Kraft gesetzt" worden ist (BVerfGE 97, 67, 79). Eine echte Rückwirkung wird dagegen angenommen, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 57, 361, 391) bzw. wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten sollen und nicht für einen nach oder mit der Verkündung beginnenden Zeitraum (BVerfGE 72, 200, 242). Während die unechte Rückwirkung bereits verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn das vom Gesetzgeber verfolgte Gemeinwohlinteresse das Vertrauen des Bürgers auf Fortbestand einer ihn begünstigenden Rechtslage überwiegt, bedarf die echte Rückwirkung einer besonderen Rechtfertigung (BVerfGE 72, 200, 257). Vorliegend hatte der Kläger zwar die Lebensversicherungen bereits 1977 bzw. 1990 abgeschlossen. Diese gelangten aber erst am 01.12.2004, d.h. nach dem Stichtag der Änderung des § 229 SGB V durch das GMG, zur Auszahlung. Es liegt damit ein Fall unechter Rückwirkung vor, so dass der Kläger grundsätzlich in seinem Vertrauen nicht geschützt wird. Der Gesetzgeber hat aufgrund der weiten Gestaltungsfreiheit im Sozialrecht die Möglichkeit, eine Rechtsposition zum Nachteil der Versicherten für die Zukunft zu ändern. Eine unechte Rückwirkung ist ausnahmsweise unzulässig, wenn das Gesetz einen Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, wobei das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Vorschriften regelmäßig nicht geschützt wird, und zudem das Vertrauen des Betroffenen schutzwürdiger ist als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen. Beide Voraussetzungen, die zusammen vorliegen müssen, sind hier nicht erfüllt. Denn die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mussten aufgrund der seit langer Zeit eingeleiteten Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung, die auch die Finanzierung der Leistungen der Krankenversicherung betroffen haben, mit einer stärkeren Heranziehung zur Finanzierung der Leistungen rechnen. Außerdem ist das Anliegen des Gesetzgebers, ein höheres Maß an Beitragsgerechtigkeit bei der Behandlung von Kapitalabfindungen zu erreichen, mit dem Grundsatz der solidarischen Finanzierung (§ 3 SGB V) und dem Versicherungsprinzip zu vereinbaren. Ob und in welchen Umfang Übergangsregelungen notwendig sind, ergibt sich aus einer Abwägung des gesetzlichen Zwecks mit der Beeinträchtigung der Betroffenen. Hierbei ist gleichfalls zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber ein erheblicher Spielraum zur Verfügung steht. Es spielt dabei eine Rolle, wie gewichtig die Beeinträchtigung ist angesichts des Motivs des Gesetzgebers, die Kapitalabfindungen als Versorgungsbezüge gleich zu behandeln. Unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit und der beabsichtigten Verhinderung von Umgehungsmöglichkeiten ist insoweit ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht zu erkennen.
Ebenso fehlt es an einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG). Denn die von dem Kläger angegriffene gesetzliche Neuregelung ist zur Erreichung der oben genannten Ziele geeignet und erforderlich. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Mehrbelastung an Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Klägerin unzumutbar wäre. Denn der aufgrund der Neuregelung sich ergebende Monatsbeitrag ab 01.01.2005 in Höhe von 60,07 EUR stellt im Verhältnis zum Einkommen des Klägers keine hohe Belastung dar. Dies gilt auch bezüglich der innerhalb von 10 Jahren zu zahlenden zusätzlichen Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von rd. 7.200 EUR im Verhältnis zu den vom Kläger während der Laufzeit der Lebensversicherungen erwirtschafteten Gewinnen des Klägers in Höhe von 51.959,03 DM entsprechend 26.566,23 EUR. Der Kläger hat Einzahlungen in Höhe von insgesamt 42.000 DM entsprechend 21.474,26 EUR geleistet (1.200 DM x 13 Jahre + 1.800 DM x 14 Jahre), der Auszahlungsbetrag lag jedoch bei 93.959,03 DM entsprechend 48.040,49 EUR. Nicht berücksichtigt sind insoweit die nicht unerheblichen steuerlichen Gewinne des Klägers während der Laufzeit der Lebensversicherungen. Die Einzahlungen sind lediglich mit dem – günstigen – Pauschalsteuersatz versteuert worden, während das Einkommen des Klägers, dessen Arbeitsentgelt überwiegend oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze lag, um die Einzahlungen vermindert versteuert wurde.
Auch im Übrigen erachtet der Senat die Vorschrift für verfassungskonform. Die Neuregelung sollte gerade Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigen (BT-Drucks. 15/1525 S. 139) und demnach zu einer gleichmäßigen Behand-lung aller Betroffenen führen (vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2006, § 229 SGB V, RdNr. 16). Deswegen verstößt die Neuregelung auch nicht gegen Art. 3 GG, sondern dient gerade der Gleichbehandlung aller Versicherten. Die Einbeziehung der Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht ist vom Bundesverfassungsgericht nicht nur gebilligt, sondern wegen des genannten Solidaritätsprinzips sogar für geboten erachtet worden (vgl. BVerfGE 79, 223, 237 ff.). Die gegen die Urteile des BSG vom 30. März 1995 (Az.: 12 RK 9/93, SozR 3-2500 § 229 Nr. 8, und Az.: 12 RK 29/94, SozR 3-2500 § 229 Nr. 7) erhobenen Verfassungsbeschwerden sind vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden (vgl. Beschlüsse des BVerfG vom 21.09.1995 – 1 BvR 1764/95 und 1 BvR 1765/95 und Urt. des BSG vom 24.08.2005, Az.: B 12 KR 29/04 R, jurisweb, juris-Kenn-Nr. KSRE020891514).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Hinblick auf die beim Bundessozialgericht u. a. unter den Az. B 12 KR 25/05 R, B 12 KR 26/05 R, B 12 KR 29/05 R, B 12 KR 1/06 R anhängigen Rechtsstreitigkeiten hat der Senat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Erstellt am: 20.02.2007
Zuletzt verändert am: 20.02.2007