Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.11.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes die Gewährung von Altersruhegeld (ARG). Sie ist Witwe des am 00.00.1999 verstorbenen Herrn K L (Antragsteller).
Der am 00.00.1922 in O bei Krakau/Polen geborene Antragssteller war Jude. In der Zeit von September 1939 bis November 1940 hielt er sich in Wadowice/Polen auf. Er wurde im November 1940 in verschiedene Zwangsarbeiter-/Konzentrationslager verbracht. Im April 1945 wurde der Antragsteller befreit. Ende April/Mai 1947 wanderte er nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit. Am 00.00.1947 heiratete er die Klägerin.
Der Antragsteller ist anerkannter Verfolgter nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Im Entschädigungsverfahren gab der Antragsteller in der eidesstattlichen Erklärung vom 09.04.1956 unter anderem an: "Als die Deutschen im September 1939 Wadowice besetzten, musste ich ebenso wie alle anderen Juden nach einigen Monaten, eine weiße Armbinde mit blauem David-Stern anlegen. Die Deutschen erließen sofort strenges Ausgehverbot, bei Anbruch der Dämmerung durften wir unsere Wohnung nicht mehr verlassen. Ich wurde sofort zwangsweise zu verschiedenen Säuberungs-, Transport- und Kanalisationsarbeiten herangezogen. Zu diesen Arbeiten, welche ich täglich 10 Stunden verrichten musste, wurde ich unter strenger polizeilicher Bewachung verbracht. Der Leiter des Judenrates in Wadowice hieß S T. Der Kommandant der deutschen Polizei hieß G. Im November 1940 wurde ich zusammen mit einer Gruppe arbeitskräftiger Juden von SS aus Wadowice … verbracht …" Zum Nachweis seines Verfolgungsschicksals reichte der Antragsteller unter anderem eidliche Erklärungen der Zeugen C und C1 zu den Akten. In der Erklärung des Zeugen C vom 27.12.1955 heißt es: "Als die Deutschen im September 1939 Wadowice besetzten, mussten der Kläger und ich – wie alle anderen Juden – eine weiße Armbinde mit blauem David-Stern anlegen, für die Deutschen täglich und regelmäßig schwere Zwangsarbeiten verrichten, welche in Kanalisations-, Straßenbau-, Säuberungs- und Transportarbeiten bestanden. Wir durften vom ersten Augenblick an den Ort eigenmächtig nicht mehr verlassen, worauf die Todesstrafe angedroht war, außerdem war ab 18:00 Uhr Polizeisperrstunde bis Antritt der Zwangsarbeit am nächsten Morgen, während welcher wir – ebenfalls bei sonstiger Todesstrafe – nicht einmal unsere Unterkünfte unbefugt verlassen durften. Zur Zwangsarbeit mussten wir jeden Morgen in Gruppen angetreten werden, welche zu und von der Arbeit von deutschen Uniformierten eskortiert und von diesen während der Arbeit strengstens bewacht wurden. Der Kommandant der deutschen Polizei, der die tägliche Einteilung zur Zwangsarbeit beim Appell vornahm, war ein gewisser G, an den ich mich vor allem seines roten Kopfhaares wegen erinnere …". Der Zeuge C1 gab in der eidlichen Erklärung vom 07.11.1955 an: " … Als die Deutschen unsere gemeinsame Heimatstadt … im Herbst 1939 besetzten, mussten wir Juden eine weiße Armbinde mit blauem Davidsstern tragen und für die Deutschen schwere Zwangsarbeiten verrichten. Diese Zwangsarbeit musste von anfang an täglich und regelmässig verrichtet werden und bestand in Kanalisations- und Strassenbau-Arbeiten. Ich arbeitete mit dem Kläger zusammen. Wir mussten dazu in Zwangsarbeitsgruppen antreten und wurden zu und von der Arbeit von SA eskortiert, unter deren schärfster Bewachung und Aufsicht wir auch während der Zwangsarbeit standen …" Im 1961 eingeleiteten Verfahren wegen Entschädigung eines Schadens an Körper oder Gesundheit (§§ 28 bis 42 BEG) bezeichnete der Antragsteller in der eidlichen Erklärung vom 12.02.1961 den Aufenthalt in Wadowice in der Zeit ab September 1939 als "Haft".
Im Entschädigungsverfahren des Zeugen C erklärte der Antragsteller unter anderem, dass "ein Judenrat eingesetzt wurde, der die Befehle der Deutschen zur Ausführung bringen musste und dessen Obmann Herr S T war. Man zwang uns zu verschiedenen Reinigungsarbeiten in den Militärkasernen."
Im Dezember 1989 beantragte der Antragsteller die Gewährung von ARG. Im Antragsformular, unterzeichnet von seinem Bevollmächtigten im Dezember 1990, gab er zur Höhe der Arbeitslöhne an, dass er von August 1937 bis September 1939 als Lehrling in der Schneiderei F in Krakau/Polen gearbeitet habe. Im September/Oktober 1939 habe er Zwangsarbeit im Straßenbau verrichtet und sei als Lehrling im väterlichen Betrieb beschäftigt gewesen. In der Zeit von November 1939 bis Januar 1940 sei er beim Vater tätig gewesen, er habe ein Entgelt erhalten, die Höhe sei nicht erinnerlich. In der Zeit von Februar 1940 bis Oktober 1940 habe er im Bauamt der Stadt Wadowice als Arbeiter gearbeitet, der Bezug von Entgelt sei nicht erinnerlich. Zur Stützung seines Begehrens hat er eine Erklärung von dem Zeugen X zu den Akten gereicht, die wie folgt lautet: "Mir ist erinnerlich, dass Herr K L seit Anfang 1940 als Arbeiter beim Bauamt der Stadtverwaltung der Stadt Wadowice gearbeitet hat. Er hat auch täglich von morgens bis zum späten Nachmittag gearbeitet. Für seine Tätigkeit bekam er einen bescheidenen Lohn. Ende 1940 musste Herr L seine Arbeit einstellen als er aus Wadowice deportiert wurde. Ich kenne K L seit der Jugendzeit. Wir haben zusammen beim Bauamt in Wadowice gearbeitet. Wir sind fast täglich den Weg zur Arbeit zusammen gegangen". Mit Bescheid vom 26.09.1991 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die erforderliche Wartezeit sei nicht erfüllt. Eine Berücksichtigung der geltend gemachten Beschäftigungszeiten vom 01.08.1937 bis September 1939 als Schneider-Lehrling in Krakau und von September bis Ende 1939 als Lehrling im elterlichen Betrieb sei nach § 17 Abs. 1 Nr. b Fremdrentengesetz (FRG) nicht möglich.
Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch mit dem Begehren ein, dass die Zeit von Februar bis Oktober 1940 als Beitragszeit anerkannt werde. Er reichte eine Erklärung von dem Zeugen T vom 17.07.1991 zu den Akten, in der es heißt: "Ich bestätige hiermit, dass Herr K L in der Zeit von Anfang 1940 bis Ende 1940 bei der Stadtverwaltung der Stadt Wadowice im Bauamt als Arbeiter gearbeitet hat. Er musste verschiedene Säuberungstätigkeiten ausüben. Er hat an allen Wochentagen fleißig gearbeitet. Für seine Tätigkeit wurde ihm der damals übliche Lohn bezahlt … Ich habe ihn bei der Arbeit gesehen als ich dort vorbei kam." Die Klägerin zeigte nach dem Tod ihres Ehemannes an, dass sie das Verfahren als Rechtsnachfolgerin fortsetzt. Am 06.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In der Zeit von Februar bis Oktober 1940 habe kein freiwillig eingegangenes entlohntes Beschäftigungsverhältnis des Ehemannes bestanden, das dem Grunde nach Versicherungspflicht begründet.
Im Oktober 2002 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) wegen der Beschäftigung ihres Ehemannes im Ghetto Wadowice in der Zeit von Februar bis Oktober 1940. Sie gab in der Erklärung vom 30.03.2003 an, ihr Ehemann habe erzählt, dass er sich aus eigener Initiative zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes beim Judenrat arbeitsuchend gemeldet habe und vom Judenrat in eine Arbeitskolonne bei der Stadtverwaltung vermittelt worden sei. Die Arbeitskolonne habe sich täglich am Ringplatz versammelt und sei dort auf verschiedene Arbeitsstätten verteilt worden. Gruppen von einigen Arbeitern seien von Aufsehern der Arbeitsstätte zu und von der Arbeit begleitet und bei der Arbeit beobachtet worden. Größere Gruppen von Arbeitern seien auf dem Weg zu und von der Arbeit von Polizisten begleitet und bei der Arbeit vom Aufseher beobachtet worden. Die Arbeiten seien meistens außerhalb des Ghettos verrichtet worden. Die tägliche Arbeitszeit habe zehn Stunden betragen, der Lohn sei am Wochenende entsprechend der geleisteten Zeit von Arbeitsstunden bar in deutschem Geld ausgezahlt worden. Die Höhe des Lohnes sei ihr nicht bekannt, ihr sei jedoch bekannt, dass der Stundenlohn für einfache Arbeiter, je nach Altersgruppen und Geschlecht bestimmt gewesen sei. Mit Bescheid vom 20.08.2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von ARG nach den Vorschriften des ZRBG ab. Dem Bescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach der Bescheid nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens wird.
Mit der am 29.03.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Zeit von Februar bis Oktober 1940 begehrt. Sie hat vorgetragen, unmittelbar nach der Besetzung Polens durch die deutschen Truppen seien Juden zu Zwangsarbeiten herangezogen worden seien. Diese Zwangsarbeiten hätten in der Regel in den ersten 3 bis 4 Monaten oder wenige Wochen angehalten, hätten aber niemals bis in das Jahr 1940 fortgedauert. Ab 1940 seien die Juden zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit angewiesen gewesen. Es sei historisch bekannt, dass Juden in den eingegliederten Ostgebieten, wie z.B. Ostoberschlesien, ab 1940 entgeltliche Tätigkeiten, die eine Versicherungspflicht dem Grunde nach begründeten, ausgeübt hätten. Insoweit verweise sie auf die zu der Gerichtsakte gereichten Unterlagen über die Beschäftigung und Entlohnung von jüdischen Arbeitskräften unter anderem in Ostoberschlesien. Des Weiteren habe in einer jüdischen Zeitung Nr. 1 vom 23.07.1940 (Gazetta Zydowska) gestanden, dass der Stadtverwaltung Wadowice täglich 100 jüdische Arbeiter zur Verfügung gestellt worden seien. Für die Entlohnung habe ein besonderer Fond gebildet werden müssen.
Mit Urteil vom 05.11.2003 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin behaupteten Beschäftigungs- und Beitragszeiten ihres Ehemannes von Februar bis Oktober 1940 in Wadowice erfüllten nicht die vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Kriterien einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung. Es sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragssteller freiwillig und gegen Entgelt im streitbefangenen Zeitraum gearbeitet habe. Aus dem Inhalt der Erklärung des Antragstellers sowie der beiden Zeugen C und C1 im Entschädigungsverfahren gehe hervor, dass es sich bei der im Entschädigungsverfahren geschilderten Arbeit nicht um spontane Einsätze zu Beginn der Verfolgung gehandelt habe, sondern um eine organisierte Tätigkeit, die offenbar auch unmittelbar auf staatlichem Zwang beruht habe. Unter Würdigung der Erklärung im Entschädigungsverfahren erachte die Kammer es als relativ am wahrscheinlichsten, dass der Antragssteller Zwangsarbeiten im Rechtssinne während des streitbefangenen Zeitraums verrichtet habe.
Gegen das am 09.12.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.12.2003 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend legt sie dar, es sei allgemein bekannt, dass zum Beginn der Verfolgung Zwangsmaßnahmen im eigentlichen Sinne tageweise durchgeführt, während ab 1940 echte entgeltliche Tätigkeiten von Juden ausgeübt worden seien. Zwangsarbeiten seien nur noch in entsprechenden Zwangsarbeitslagern abverlangt worden. Ihr Ehemann habe in der streitbefangenen Zeit in der Stadtverwaltung der Stadt Wadowice im Bauamt als Arbeiter gearbeitet, er sei das Arbeitsverhältnis aus eigenem Willensentschluss eingegangen. Der Umstand, dass er und die Zeugen diese Arbeit im Entschädigungsverfahren als Zwangsarbeit bezeichnet hätten, stehe dem nicht entgegen. Es habe ein indirekter, massiver unmenschlicher Druck zur Arbeitsaufnahme bestanden, der aus dem Arbeitsverhältnis zwar keine direkte Zwangsarbeit mache, es aber nachvollziehbar erscheinen lasse, dass die Betroffenen von Zwangsarbeit redeten. Ihr Ehemann habe die Arbeit nicht aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses erbracht. Ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis im Bezug auf die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses sei zu verneinen, da ihr Ehemann dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterlegen habe. Die Tatsache, dass er während der Arbeit unter Bewachung gestanden habe, sei unbeachtlich. Ein Zwangsarbeitverhältnis unterscheide sich gegenüber dem Beschäftigungsverhältnis ihres Ehemannes dadurch, dass eine zumeist spontane Verpflichtung zu einem bestimmten Arbeitseinsatz unmittelbar für den Staat und seine Organe begründet worden sei, verbunden mit der Gefahr des Einsatzes unmittelbarer Gewalt im Falle der Weigerung, die Zwangsarbeit zu leisten.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.11.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2001 und des Bescheides vom 20.08.2003 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes Altersruhegeld unter Anerkennung von Beitragszeiten für die Zeit von Februar bis Oktober 1940 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Entschädigungsakten der Zeugen T, X und C sowie Auszüge aus Pinkas Hakehillot, Encyclopedia of Jewish Communities, Poland, Band III Western Galicia & Silesia zum Ort "Wadowice", einen polnischsprachigen Internet-Beitrag zu den Verhältnissen in Wadowice in der Zeit 1939 bis 1941, Auszüge aus Steinbacher , "Musterstadt Auschwitz", S.138 ff und Konieczny "Die Zwangsarbeit der Juden in Schlesien im Rahmen der "Organisation Schmelt" in: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpollitik 1988, S. 91 ff beigezogen. Nach Auskunft der deutschen Botschaft in Israel sind die Zeugen X und T verstorben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Rentenakte K L sowie der beigezogenen Entschädigungsakten des niedersächsischen Entschädigungsamtes Hannover, EG 112591, des bayerischen Landesentschädigungsamtes München, EG 112856, und der rheinland-pfälzischen Entschädigungsämter Koblenz, EG 150403, und Trier, EG 808305, Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin ist nicht beschwert nach § 54 Abs.2 Satz 1 SGG. Denn der angefochtene Bescheid vom 26.09.1991 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes (§ 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch) keinen Anspruch auf ARG nach § 1248 Abs.5 Reichsversicherungsordnung (RVO), weil keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten glaubhaft gemacht sind.
Der von der Klägerin begehrte Anspruch auf Gewährung von ARG beurteilt sich gemäß § 300 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis zum 31.12.1991 gültigen Fassung, da der Rentenantrag des Antragsstellers im Dezember 1989 gestellt wurde und sich auf die Zeit vor dem 01.01.1992 bezieht.
Nach § 1248 Abs.5 RVO erhält ein Versicherter ARG, der das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit nach § 1248 Abs. 7 S.3 RVO erfüllt, also eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat. Nach § 1250 Abs. 1 a und b RVO sind anrechnungsfähige Versicherungszeiten unter anderem Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragszeiten) sowie Zeiten ohne Beitragsleistungen nach § 1251 RVO (Ersatzzeiten). Im Gebiet Wadowice, das nach dem 01.09.1939 zum Regierungsbezirk Kattowitz (Schlesische Provinz) gehörte und in das deutsche Reich eingegliedert wurde, wurde das Recht der RVO durch § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Ostgebiete-Verordnung vom 22.12.1941 rückwirkend zum 01.01.1940 eingeführt. (siehe LSG NRW, Urteil vom 08.11.2004, L 3 RJ 74/01). Auf die behauptete Beschäftigung des Antragstellers in der Zeit von Februar bis Oktober 1940 ist daher als frühere Vorschrift der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung § 1226 RVO in der bis zum 23.04.1945 gültigen Fassung (a.F.) anzuwenden.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist die Zeit von Februar bis Oktober 1940 nicht als Beitragszeit des Antragstellers nach § 1226 Abs. 1 RVO a. F. zu berücksichtigen. Nach § 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO a. F. wurden in der Invalidenversicherung insbesondere Arbeiter versichert. Voraussetzung der Versicherung war für diese, dass sie gegen Entgelt (§ 160 RVO) beschäftigt wurden (§ 1226 Abs. 2 RVO). Diese Regelung entspricht im wesentlichen der bis Ende 1991 geltenden Nachfolgevorschrift des § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO, wonach alle Personen versichert wurden, die "als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt" waren, d.h. im Sinne von § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) "nicht selbständige" Arbeit verrichteten (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, SGb 1999,557).
Ein Nachweis für die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Antragstellers in der streitbefangenen Zeit liegt nicht vor. Ebenso wenig ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Antragstellers glaubhaft gemacht worden (§ 3 WGSVG). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Dabei sind gewisse noch verbleibende Zweifel unbeachtlich. Als Mittel der Glaubhaftmachung kommen neben der eidesstattlichen Versicherung alle Mittel in Betracht, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit der Tatsache in ausreichendem Maße darzutun. Dabei sind ausgesprochen naheliegende, der Lebenserfahrung entsprechende Umstände zu berücksichtigen. Die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung setzt voraus, dass hinsichtlich seines Inhaltes und zeitlichen Verlaufs sowie auch der tatsächlichen Entlohnung ein hinreichend konturiertes und konkretisiertes Beschäftigungsverhältnis die überwiegende Sachverhaltsvariante darstellt (LSG NRW, Urteil vom 08.11.2004, L 3 (18) RJ 82/02).
Der Senat sieht es zwar als glaubhaft an, dass der Antragsteller in der streitbefangenen Zeit für die Stadtverwaltung Wadowice tätig war, die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Erklärungen des Antragstellers und der Zeugen T und X im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren keine ausreichenden Tatsachengrundlagen bieten, die es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Antragsteller in der Zeit von Februar bis Oktober 1940 eine freiwillig aufgenommene und durch ein angemessenes Entgelt vergütete Tätigkeit ausübte, die den Kriterien der Rechtsprechung des BSG zur versicherungsrechtlichen Einordnung und Abgrenzung von Zwangsarbeit zum versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis entspricht (vgl. Urteile vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R und B 13 RJ 61/98 R). Die im Berufungsverfahren beigezogene Unterlagen rechtfertigen keine andere Beurteilung des Sachverhalts.
Den Erklärungen des Antragstellers im Entschädigungs- und Rentenverfahren sowie seiner Erklärung im Entschädigungsverfahren des Zeugen C ist als Kerngeschehen zu entnehmen, dass er nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen im September 1939 seine Lehre in Krakau aufgeben musste, die Lehre kurzzeitig im Schneidereibetrieb seines Vaters in Wadowice bis Ende 1939 fortsetzte und anschließend bis zum Abtransport in das Zwangsarbeiterlager Ottmuth im November 1940 Arbeiten für die Stadtverwaltung Wadowice – Reinigungsarbeiten in den Militärkasernen – verrichtete. Die Ausübung einer Tätigkeit nach Januar 1940 für die Stadtverwaltung wird bestätigt durch die Erklärungen der Zeugen C1 und C im Entschädigungsverfahren des Antragstellers sowie der Zeugen T und X im Rentenverfahren.
Die Ausübung irgendeiner Beschäftigung reicht aber zur Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht aus. Es ist nicht im Wege des Beweises des ersten Anscheines davon auszugehen, dass die Beschäftigung einer jüdischen Arbeitskraft durch die öffentliche Hand im Regierungsbezirk Kattowitz in der Zeit von Januar bis Oktober 1940 grundsätzlich als freies und entgeltliches und damit versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu werten ist. Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen der "Dienststelle Schmelt" über die Entlohnung von jüdischen Arbeitskräften kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Beschäftigung von jüdischen Arbeitskräften ab Januar 1940 durch die öffentliche Hand in Ostoberschlesien grundsätzlich in Form eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erfolgte. Denn die Dienstelle " zur Erfassung und Lenkung des fremdvölkischen Arbeitseinsatzes in Ostoberschlesien", benannt nach ihrem Leiter, SS-Oberführer Schmelt, die für den Arbeitseinsatz von jüdischen Arbeitskräften im Gebiet Ostoberschlesien allein zuständig war, wurde erst am 31.10.1940 errichtet. Rückschlüsse zur Organisation des Arbeitseinsatzes jüdischer Arbeitskräfte auf privatem und öffentlichem Sektor durch die Dienststelle Schmelt ab November 1940 für die Zeit vor November 1940 können nicht gezogen werden.
Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen hat, sind vielmehr die konkreten Umstände eines jeden Einzelfalles. Die übereinstimmende Charakterisierung der Beschäftigung im Entschädigungsverfahren durch den Antragssteller sowie der Zeugen C1 und C als "zwangsweise Heranziehung zu Arbeiten" bzw. "Zwangsarbeiten" spricht nicht zwangsläufig gegen die Annahme eines frei gewählten Beschäftigungsverhältnisses, da es sich beim juristischen Begriff "Zwangsarbeit" um keinen einfachen und gängigen Ausdruck des täglichen Lebens handelt (LSG NRW, Urteil vom 15.12.2003, L 3 RJ 33/00). Jedoch sprechen die Angaben des Antragstellers im Entschädigungsverfahren über seine Arbeitsbedingungen, die durch die Erklärungen der Zeugen C1 und C im Entschädigungsverfahren sowie die Erklärung der Klägerin als Zeugin vom Hörensagen ergänzt werden, sowie die fehlenden Angaben des Antragstellers über den Erhalt eines Entgeltes im Entschädigungs- und Rentenverfahren gegen die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass die Ableistung von Zwangsarbeit im streitbefangenen Zeitraum die überwiegende Sachverhaltsvariante darstellt. Dass der Antragsteller sich aus eigener Initiative beim Judenrat aus wirtschaftlicher Not arbeitsuchend gemeldet und durch die Vermittlung des Judenrates die Arbeit bei der Stadtverwaltung erhalten habe, reicht unter Berücksichtigung der vom Antragsteller und den Zeugen C und C1 im Entschädigungsverfahren geschilderten Arbeitsbedingungen nicht aus, die Freiwilligkeit der verrichteten Arbeit zu bejahen (siehe auch BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr.1). Die vom Antragsteller und den Zeugen geschilderten Arbeitsbedingungen im Entschädigungsverfahren des Antragstellers sprechen gegen die Ausübung einer Beschäftigung in einem "freien" Beschäftigungsverhältnis sondern, eher für ein "unfreies" Beschäftigungsverhältnis.
Entgegen der Auffassung der Klägerin beziehen sich die Erklärungen des Antragstellers im Entschädigungsverfahren nicht nur auf die im Rentenantrag angegebene Zwangsarbeit in den Monaten September/Oktober 1939, sondern vielmehr auch auf seine Tätigkeit im Jahre 1940. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die erstinstanzlichen Ausführungen, die er sich zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Aus den im Berufungsverfahren beigezogenen Entschädigungsakten des Zeugen T, X und C ergibt sich nicht gegenteiliges. Vielmehr gaben diese in ihren eigenen Entschädigungsverfahren übereinstimmend an, dass sie bis zum Abtransport in das Zwangsarbeitslager Ottmuth im November 1940 für verschiedene Zwangsarbeiten im Bereich Straßenbau, Betonarbeiten, Kanalisationsbau herangezogen worden sind. Insbesondere der Zeuge X, der im Rentenverfahren des Antragstellers angab, mit dem Antragsteller 1940 zusammen im Bauamt der Stadt Wadowice gearbeitet zu haben, erklärte unter dem 12.02.1957 im eigenen Entschädigungsverfahren, dass er seit ungefähr März 1940 für die Deutschen Zwangsarbeit leisten musste und zwar in der "Grenzkaserne in der Karmeliterkirche bei verschiedene "Schwarzarbeiten". Der Antragsteller selbst berichtete im Entschädigungsverfahren des Zeugen C, dass er mit dem Zeugen C zu verschiedenen Reinigungsarbeiten in den Militärkasernen gezwungen gewesen war. Auch sind die Angaben des Antragstellers mit den Erkenntnissen des Senats über die historischen Vorgänge in der Stadt Wadowice vereinbar. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen im September 1939 wurden jüdische Geschäfte beschlagnahmt, jüdische Arbeitskräfte zu Reinigungsarbeiten, Straßenbau- und Flussregulierungsarbeiten herangezogen und im Herbst 1940 wurden ca. 100 jüdische Männer in das Arbeitslager Ottmuth transportiert.
Der Begriff des "Zwangsarbeitsverhältnisses" ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf Tätigkeiten beschränkt, die aufgrund einer zumeist spontanen Verpflichtung zu einem bestimmten Arbeitseinsatz unmittelbar für den Staat und seine Organe verbunden mit der Gefahr des Einsatzes unmittelbarer Gewalt im Falle der Weigerung, die Zwangsarbeit zu leisten, oder in einem Arbeits-/Konzentrationslager geleistet werden. Zwischen den jüdischen Bewohnern der Schlesischen Provinz und den deutschen Behörden bestand seit September 1939 ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis, das unter anderem durch die Einschränkung der Freizügigkeit und der wirtschaftlichen Betätigung, die Kennzeichnungspflicht, die Beschlagnahme und Enteignung des Vermögens, die Ortsgebundenheit, die Arbeitspflicht, die Isolierung und Ausgrenzung von der übrigen Bevölkerung gekennzeichnet war. Damit handelte es sich bei den jüdischen Bewohnern der Stadt Wadowice um sog. "unfreie" Personen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG ist bei "unfreien Personen" für die Frage, ob sie im Einzelfall eine Beschäftigung im Rahmen eines freien oder eines unfreien Arbeitsverhältnisses ausübten, nicht auf die sonstigen Lebensumstände , unter denen der Beschäftigte leben musste, abzustellen. Vielmehr ist das Beschäftigungsverhältnis als solches und für sich zu untersuchen, ob es "frei" war ( BSG, Urteil vom 06.04.1960, 2 RU 40/58, BSGE 12, 71; Urteil vom 17.03.1993, 8 RKnU 1/91, SozR 3-5050 § 5 Nr.1; Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 61/98, SozR 3-5070 § 14 Nr. 2 m.w.N.). Ein freies Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte aus dem Gewaltverhältnis insoweit entlassen war, als er in einem Betrieb nach den Regeln des Arbeitsrechts tätig war und ein Einfluss dritter Stellen auf die Gestaltung des Verhältnisses nicht stattfand (BSG, Urteil vom 06.04.1960, a.a.O; Urteil vom 17.03.1993, a.a.O). Der Beschäftigte muss aus eigenem Willen ein konkretes Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis eingegangen sein, tatsächlich die von ihm auf der Grundlage des mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vertrags geforderte Arbeit geleistet haben und ihm muss dafür im Austausch eine den Umständen nach angemesse Gegenleistung als Bar- oder Sachlohn gewährt worden sein. (LSG NRW, Urteil vom 23.10.2000, L 3 RJ 60/99). Zur Abgrenzung zwischen einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und einer nichtversicherten Zwangsarbeit, einem unfreien Arbeitsverhältnis, sind solche Kriterien untauglich, die für beide Tätigkeitsformen charakteristisch sind, wie z. B. die Ausübung eines Direktionsrechts. Auch das bloße Abstellen auf Arbeit im Sinne einer Erwerbsarbeit oder einer wirtschaftlich nützlichen Tätigkeit kann diese beiden Typen nicht voneinander abgrenzen. Das Merkmal Arbeit ist beiden Tätigkeitstypen eigen, was eine nähere Abgrenzung überhaupt erst erfordert. Zwangsarbeit ist die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang. Typisch für Zwangsarbeit ist die obrigkeitliche Zuweisung an bestimmte Unternehmen ohne dass der Betroffene dies beeinflussen kann. Indizien gegen ein freiwillig eingegangenes Beschäftigungsverhältnis können die Arbeitsbedingungen, wie z. B. Bewachung der Arbeitskraft während der Arbeit, Bewachung der Arbeitskraft auf dem Weg zur Arbeitsstätte, Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Arbeitskraft am Ort der Arbeitsstätte, keine oder nur geringe Auszahlung eines Entgelts für individuell geleistete Arbeit an die Arbeitskraft, Innehabung eines anderen Status als die übrigen Arbeitnehmer, sein. Eine verrichtete Arbeit entfernt sich um so mehr vom Typus des freien Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses und nähert sich dem Typus Zwangsarbeit an, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. Maßgebend für die Beurteilung ist das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit (BSG, Urteil vom 14.7.1999, a.a.O.; Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 75/98 R; a.a.O; Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 71/98 R; SozR 3-5070 § 14 Nr.3; Urteil vom 7.10.2004, a.a.O).
Im Entschädigungsverfahren berichteten der Antragssteller und die Zeugen C1 und C übereinstimmend über eine Bewachung auf den Weg zur Arbeit durch deutsche Kräfte, unter anderem durch die Polizei. Aus den Erklärungen der Zeugen C und C1 ergibt sich ergänzend, dass die jüdischen Arbeitskräfte morgens in einer Arbeitskolonne antraten, zur Arbeit eingeteilt und während der Arbeit bewacht wurden. Diese Angaben über die Arbeitsbedingungen – Antritt zur Arbeit in einer Arbeitskolonne, täglich Zuteilung des Arbeitsplatzes, Bewachung auf dem Weg zur Arbeitsstätte und während der Arbeit – werden von der Klägerin als Zeugin vom Hörensagen in der Erklärung vom 30.03.2003, die sie im Antragsverfahren nach dem ZRBG vorlegte, bestätigt. Diese Arbeitsbedingungen entsprechen einem "unfreien" Beschäftigungsverhältnis.
Auch ist das Bestehen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses zwischen der ab Februar 1940 geleisteten Arbeit des Antragstellers und einem gezahlten Entgelt nicht wahrscheinlich. Das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfordert, dass ein Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt vorliegt. Die Höhe des Entgelts ist zwar grundsätzlich kein wesentliches Merkmal für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Art und Umfang der gewährten Leistungen können aber Anhaltspunkte dafür geben, ob das Entgelt als Bezahlung im Sinne einer Entlohnung der geleisteten Arbeit zu einem anderen Zweck, wie z.B. nur als "Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft" des zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten gedacht ist. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung haben keinen Entgeltcharakter mehr (BSG, Urteil vom 19.04.1990, 1 RA 91/88, SozR 3-5070 Art.2 § 55 Nr.1; Urteil vom 07.10.2004, a.a.O. , Seewald in Kasseler Kommentar, § 4 Rdnr. 17). Der Erhalt eines Entgeltes für die ab Februar 1940 geleistete Arbeit ist nicht wahrscheinlich. Zwar gaben die Zeugen T und X sowie die Klägerin als Zeugin vom Hörensagen an, dass der Antragsteller für seine ab Februar 1940 geleistete Arbeit einen Barlohn erhalten habe, wobei sie die Entgelthöhe nicht näher präzisierten. Der Antragsteller legte den Erhalt eines Entgeltes für die Tätigkeit ab Februar 1940 weder im Entschädigungsverfahren noch im Rentenverfahren konkret dar. Im Antrag auf Versichertenrente aus Dezember 1990, ausgefüllt vom damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers, ist hinsichtlich der Tätigkeiten von Februar 1937 bis September 1939 und von Februar bis Oktober 1940 eingetragen, dass der Bezug eines Entgeltes nicht erinnerlich ist. Demgegenüber wird für die Tätigkeit im elterlichen Betrieb in der Zeit von November 1939 bis Januar 1940 der Bezug von Geld bejaht, wobei die Höhe nicht erinnerlich sei. Diese differenzierten Angaben zum Bezug von Entgelt in dem Antrag lassen darauf schließen, dass dem Antragsteller die Entgeltlichkeit der Arbeit ab Februar 1940 nicht mehr bewusst war. Die eigenen Angaben des Antragstellers im Rentenverfahren stehen somit im Widerspruch zu den Bekundungen der Klägerin als Zeugin vom Hörensagen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller gegenüber der Klägerin als Ehefrau von dem Erhalt eines Lohnes berichtete, dies aber im Rentenverfahren nicht angab. Selbst wenn der Erhalt eines Lohnes als überwiegend wahrscheinlich unterstellt wird, genügen die pauschalen Angaben der Zeugen T und X über den Erhalt eines bescheidenen Lohnes sowie der Klägerin über den Erhalt eines üblichen Lohnes ohne nähere Angaben zur Entgelthöhe auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich nach den Einlassungen des Antragsstellers und des Zeugen um eine (schwere) körperliche Arbeit mit einer Arbeitszeit von ca 10 Stunden täglich handelte, nicht, um eine Angemessenheit der Entlohnung beurteilen zu können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es der nationalsozialistischen Ideologie entsprach, die Arbeitskraft von jüdischen Personen auszunutzen und sie im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen geringer zu entlohnen.
Da keine Beitragszeiten glaubhaft gemacht worden sind, können keine Ersatzzeiten zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt werden.
Der Bescheid vom 20.08.2003 ist in entsprechender Anwendung des §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Mit der Ablehnung der Gewährung eines ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG wird zwar der angefochtene Bescheid vom 26.09.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2001 weder ersetzt noch geändert, jedoch ist die Einbeziehung des Bescheides vom 20.08.2003 in das Verfahren wegen des Bestehens eines inneren Zusammenhanges und unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie gerechtfertigt (s. LSG NRW, Urteil vom 13.02.2004, L 4 RJ 96/03 m. w. N.). Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht von der weiteren Darstellung von Gründen ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Bescheid vom 20.08.2003 ist rechtmäßig. Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG ist unter anderem nach § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 ZRBG, dass der Verfolgte in einem Ghetto, in dem er sich zwangsweise aufgehalten hat, eine Beschäftigung, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt hat. Die Freiwilligkeit der Arbeitsaufnahme oder der Bezug eines Entgelts in der Zeit von Februar bis Oktober 1941 ist vorliegend weder erwiesen noch glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 05.04.2006
Zuletzt verändert am: 05.04.2006