NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Münster vom 27. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger beansprucht als Sonderrechtsnachfolger seiner 1941 geborenen und am 2003 verstorbenen Ehefrau, E. N., von der beklagten Ersatzkasse die Erstattung von 19.429,23 DM, die vom Konto der Eheleute an das beigeladene Labor in H für Leistungen überwiesen worden sind, welche das Labor der Ehefrau des Klägers in Rechnung gestellt hatte. Diese (in Folge: die Versicherte) war bei der beklagten Ersatzkasse aus der Mitgliedschaft ihres Mannes in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) familienversichert. Die Leistungen des Labors wurden zur Durchführung einer sog. "dendritischen Zell-Vakzinierungstherapie" benötigt.
Nachdem bei der Versicherten 1992 ein Nierenzellcarzinom diagnostiziert worden war, wurde sie in den Folgejahren mehrfach zu Lasten der Beklagten stationär im Krankenhaus behandelt. Mit Schreiben vom 15.6. teilte sie der Beklagten am 19.6.2001 mit: sie werde bereits seit einigen Jahren wegen Krebs behandelt; ihr behandelnder Arzt, Prof. Dr. Dr. B aus B, habe ihr empfohlen, eine neu entwickelte Tumortherapie anzuwenden, die, wie dem beiliegenden Material zu entnehmen sei, in Zusammenarbeit mit einem Labor in H durchgeführt werde, das einen Impfstoff herstelle; auch sei eine Operation notwendig, die Prof. Dr. N1 vom Städtischen Klinikum S durchführen würde; es wäre schön, wenn die Kasse die entstehenden Kosten übernehmen würde. Zu dem von der Versicherten beigefügten Material gehörten "Informationsmaterial für Patienten BIOVac® DC" Stand April und Stand Juni 2001, Gebrauchsinformationen zu "BIOVac® DC", Bescheinigungen über Erlaubniserteilungen für – und ein "Angebot" der (in der Berufungsinstanz beigeladenen) "I L H GmbH" (damaliger Geschäftsführer Dr. phil. L – alleiniger Gesellschafter: m gmbh, H1 ) vom 11.6.2001 an die Versicherte, in der dieser (mit Spezifikation von Einzelpreisen, ohne Referenz für die Preisgestaltung ) für pauschal 15.180,10 DM das "Individual-Rezepturarzneimittel BIOVac® DC durch Aufarbeitung einer Tumorgewebeprobe, Herstellung und Kryokonservierung des Impfstoffes aus dendritischen Zellen" angeboten wurden. Im Informationsmaterial hieß es u.a.: die dendritischen Zellen würden mit den Tumorbestandteilen "scharf" gemacht, um nach Impfung beim Patienten eine Immunreaktion auslösen zu können; der Patient erhalte seinen Individual-Lebend-Impfstoff; BIOVac® DC werde zur Impfung dem Körper des Patienten zurückgegeben, wie bei allen Impfungen in Abständen von mehreren Wochen; das Verfahren werde seit einigen Jahren in mehreren Kliniken und Spezialpraxen angewendet; in Deutschland, der Schweiz und den USA und weiteren Ländern lägen Berichte über Therapieerfolge bei verschiedenen Krebserkrankungen vor; beim Nierenzellkarzinom, Hautkrebs und anderen Krebsarten lägen bereits gute Erfolgsmeldungen vor.
Der Mitarbeiter der beklagten Ersatzkasse, Herr Q, vermerkte mit Datum des 28.6.2001: "1. Privatlabor 2. keine Kassenzulassung des Arztes 3. alles auf Privatbasis 4. warum Privatlabor ? 5. keine KÜ möglich"
Mit formellem, schriftlichen Bescheid vom 6.7.2001 entschied die Beklagte: wie bereits telefonisch besprochen, sei der Kasse eine Übernahme der Kosten der beantragten Therapie mit dem Tumorimpfstoff BioVac nicht möglich; da Dr. L kein Vertragsarzt sei, stelle er die Laborkosten privat in Rechnung; auch gehe aus den eingereichten Unterlagen hervor, daß der Wirksamkeitsnachweis in Studien bisher nicht habe erbracht werden können.
Die Versicherte erhob am 12.9.2001 Widerspruch und machte geltend, die streitige Therapie sei z. Zt. die einzige gegen Nierenkrebs; alle zuvor angewandten Therapien hätten keinen Erfolg und keine Heilung gebracht; das könne Prof. Dr. Dr. B bestätigen; es müsse weiterbehandelt werden, um den Krebs zu stoppen.
Auf die Anfrage der Beklagten, was bisher unternommen worden sei, antwortete Prof. Dr. Dr. B mit einem "Kurzbrief an die mitbehandelnden Kollegen" vom 29.10.2001. Er führte u.a. aus: die Versicherte habe sich dort am 29.10.2001 erneut vorgestellt; die Diagnose laute " Fortgeschrittenes Nierenzell-Carzinom, Tumornephrektomie rechts 10/92 pT3 NO MO G2"; es handle sich aktuell um den vorbekannter Prozeß der Lebermetastasierung im Rahmen des bekannten Nierenzell-Carzinoms, jetzt Zustand nach Leberteilresektion 5.7.2001 (Seg. 3, 4b u 7) Prof. Dr. N1, Klinikum S, bei progredienter hepatischer Beteiligung, bei Zustand nach multiplen Immuntherapien mit sc Interleukin-2 und sc Alpha-Interferon 4/93-4/96, 11/97-7/99; zuletzt seit 9/99 -10/2000 intermittierende 5-tägige systemische Immunkonsolidierungen mit systemischem Interleukin-2 und Alpha-Interferon; aufgrund des ausgedehnten metastatischen Tumorbefundes sei die Einleitung der geplanten dendritischen Zell-Vakzinierungstherapie dringend erforderlich; diese sollte mit der systemischen Interleukin-2 und Alpha-Interferon –Behandlung kombiniert werden, da letztere allein sich als nicht ausreichend wirksam erwiesen habe.
Dr. I vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) befand in seinem auf Veranlassung der Beklagten, nach Lage der Akten erstellten Gutachten vom 10.12.2001: zu den Therapieoptionen bei systemischem Tumorbefall gehöre die Radiatio mit palliativer Funktion; alle weiteren Verfahren der sog. Immuntherapie befänden sich weiterhin im experimentellen Stadium; dazu gehöre auch der hier angewandte Einsatz von Interleukin-2 u IFN-alpha; inwieweit die zur Zeit erfolgende Gabe von Isotretinoin die Ergebnisse der Immuntherapie verbessern könne, erscheine unklar; individuelle Therapieversuche seien abzulehnen; das gelte umso mehr für Vakzinestrategien, etwa mit dendritischen Zellen ; hier seien prospektiv vergleichende Studien erforderlich, die nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfolgen dürften; die Vakzination mit dendritischen Zellen unterscheide sich inhaltlich von der als ASI bekannten und nach den BUB-RL ausgeschlossenen Vakzinationsbehandlung; zur streitigen Therapie liege keine Empfehlung des Bundesausschusses vor.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch aus den Gründen des MDK-Gutachtens und mit Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2002 zurück.
Der jetzige Bevollmächtigte des Klägers hat am 4.4.2002 Klage erhoben und erklärt, im Auftrag des Klägers werde er beantragen, die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für eine dendritische Zell-Vakzinierungstherapie der Klägerin zu tragen. Er hat dazu vor dem Senat erklärt, er sei Fachanwalt für Medizinrecht und stehe in keinerlei Beziehung zu dem hier beigeladenen Institut; er kenne das Institut nicht und habe mit dem Beigeladenen nie in irgendeiner Weise zu tun gehabt; Prof. Dr. Dr. B sei ihm bekannt, weil er ihn, wie eine Vielzahl von anderen Ärzten bei der Lösung der Fragen, wie man sich im Bereich der Privatbehandlung und im Bereich der gesetzlichen Behandlung in vergleichbaren Fällen zu verhalten habe, geholfen habe; er selbst sei wissenschaftlich und auch auf Vorträgen tätig. Für die Versicherte hat der Bevollmächtigte des Klägers in erster Instanz vorgetragen: am 18.12.2001 und am 29.1.2002 seien die ersten beiden Zell-Vakzinierungen erfolgt; die bereits aufgenommene Therapie zeige einen deutlichen Erfolg, wie der behandelnde Arzt Prof. Dr. Dr. B im beigefügten Bericht vom 26.3.2002 festgestellt habe; für den 26.3.2002 sei die dritte Vakzinierung vorgesehen; daß der Bundesausschuß noch keine Empfehlung für die Methode gegeben habe, beruhe auf einem Systemversagen im Sinne der Rechtsprechung des BSG, weil bereits 1996 bzw. 1997 klinische Studien mit positivem Ergebnis durchgeführt worden seien; während der Bundesausschuß für das ähnliche Verfahren der ASI bereits eine ablehnende Entscheidung getroffen habe, habe er hier noch keine getroffen, obwohl das Verfahren schon seit sechs Jahren in der wissenschaftlichen Diskussion sei; die Kasse habe auch deshalb für die Methode einzustehen, weil alternativ auf ihren Durchsetzungsgrad in der medizinischen Praxis abgestellt werden könne (Hinw. auf BSG Urt.v. 23.7.98 B 1 KR 19/96); das streitige Verfahren habe in der Fachdiskussion schon ein breite Resonanz gefunden und werde von einer erheblichen Anzahl von Ärzten bereits angewandt. Neben dem Schreiben des Prof. Dr. Dr. B "An die mitbehandelnden Kollegen" vom 26.3.2002 unter dem Briefkopf "Fachklinik H, M – H, für Tumoren und Wiederherstellung an Gesicht und Haut an der Westfälischen-Universität M" waren Aufsätze beigefügt von Tjoa et alt. und Höltl et alt. sowie eine Internet-Publikation.
Auf Anfrage des SG antwortete der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen – Arbeitsausschuß ärztliche Behandlung – mit Schreiben vom 28.1.2003: die dendritische Zell-Vakzinierungstherapie bei Nierenzell-Carzinom sei vom zuständigen Arbeitsauschuß noch nicht überprüft; es liege kein Antrag vor und es lägen keine Informationen vor, daß die Methode als wirksam angesehen werden könne: mit Verwunderung nehme man zur Kenntnis, daß in der klinischen Entwicklung befindliche Verfahren bereits im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung streitig sein sollten. Der Bundesausschuß fügte seinem Schreiben Aufsätze bei von Schnurr et alt. und Koch.
Am 18.2.2003 legte der Bevollmächtigte der Versicherten und des Klägers an die Versicherte adressierte Rechnungen des beigeladenen Labors vom 8.7.2001, 4.12.2001 und 17.12.2001 über insgesamt 19429,23 DM vor nebst Belegen, daß die Beträge vom Konto der Eheleute an das beigeladene Labor überwiesen waren.
In der Sitzung des SG vom 27.10. 2004 hat der Bevollmächtigte des Kläger einen Aufsatz von Kaulen "Impfstoff gegen Nierenzellkrebs senkt Rezidivrate" (aus Dt. Ärztbl. vom 30.4.2004) vorgelegt, in der es heißt, nach einer Phase III-Studie unter Führung der Universität L sei im kommenden Jahr mit der europaweiten Zulassung zu rechnen; ferner hat der Bevollmächtigte des Klägers einen Leserbrief von Jochum et alt. (Dt. Ärztbl. 30.4.2004 Heft 18 B 1026) zu behaupteten Mängeln der im Februar 2004 in "The Lancer" publizierten Phase III-Studie zu den Akten gereicht.
Der Kläger hat vor dem SG beantragt, den Bescheid vom 6.7.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.3.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Betrag in EUR zu erstatten, der 19429,23 DM entspricht.
Die Beklagte hat vor dem SG beantragt, die Klage abzuweisen.
Das SG Münster hat die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 2004 abgewiesen, weil für die streitige neue Behandlungsmethode keine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgelegen habe und ein Systemversagen nicht festzustellen sei. Auf die Gründe des Urteils im Übrigen wird Bezug genommen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat gegen das Urteil – ihm zugestellt am 9.11.2004 – am 8.12.2004 Berufung eingelegt und angekündigt, eine Begründung nachzureichen. Nachdem diese trotz Erinnerung (zuletzt vom 30.3.2005) nicht eingegangen war, hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 23.2.2006 auf die mögliche Rechtslage und den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) hingewiesen und sich zugleich und später mit Anfragen auch zum Beschaffungsweg an das beigeladene Labor und die behandelnden Ärzte gewandt. Auf den Inhalt der Anfragen, der Antworten und der Stellungnahme des Bevollmächtigten des Klägers vom 28.2.2006 wird Bezug genommen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt, das Urteil des SG Münster vom 27.10.2004 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Für das beigeladene Labor ist zur mündlichen Verhandlung am 16.3.2006 niemand erschienen. Die Benachrichtigung vom Termin ist der Beigeladenen am 24.2.2006 zugegangen. Mit der Nachricht ist darauf hingewiesen worden, daß auch in Abwesenheit der Beigeladenen oder eines Vertreters der Beigeladenen verhandelt und entschieden werden könne.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer den Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Obgleich für die Beigeladene zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, konnte der Senat verhandeln und entscheiden, denn das beigeladene Labor ist – mit Hinweis auf diese Möglichkeit – ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 16.3.2006 geladen worden (§ 153 Abs 1 iVm § 110 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), § 126 SGG; Bundessozialgericht (BSG) in SozR Nr 5 zu § 110 SGG). Es bestand kein Anlaß, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Die Beigeladene hat um Terminsverlegung nicht ersucht; sie hatte hinreichend Gelegenheit, sich schriftsätzlich rechtliches Gehör zu verschaffen. Die – alsdann wieder aufgehobene – Anordnung des Erscheinens des Geschäftsführers der Beigeladenen war lediglich erfolgt, um Sachverhalte zu klären, die dann durch die Mitteilungen der übrigen Beteiligten und der Drs. N1 und B hinreichend haben geklärt werden können.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Mit Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn dem Kläger steht der von ihm als Rechtsnachfolger seiner Frau (§ 56 Abs 1 S. 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) I) geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung (KE) aus Anlaß der Inanspruchnahme der Dienste des beigeladenen Labors (i.e. der beigeladenen GmbH) nicht zu.
I.
Als Anspruchsgrundlage kam allein § 13 Abs 3 S. 1 2. Mögl SGB V (idF des Gesetzes vom 19.6.2001 BGBl 1046) in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind – soweit die Leistung notwendig war – Kosten für von Versicherten selbst beschafften Leistungen zu erstatten, die dadurch entstanden sind, daß die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Senat ist insoweit – insbesondere nach den o.a. Mitteilungen der Ärzte und den Erklärungen aller Beteiligten – von folgendem Sachverhalt ausgegangen: Die Versicherte wurde von dem Internisten und Onkologen Prof. Dr. Dr. B entsprechend seinen Bekundungen vom 13.3.2006 seit Mitte der 90-er Jahre ambulant onkologisch mitbetreut; zunächst an der M Hochschule H, alsdann an der R-J-Klinik in B, übergangsweise in einer onkologischen Praxis in B und ab dem 1.3.2002 bis zum 3.6.2003 an der Fachklinik I; die hier streitige dendritische Zell-Vakzinierungstherapie wurde der Versicherten in der alleinigen Verantwortung des Prof. Dr. Dr. B außerhalb dessen vertragsärztlicher Ermächtigung als Leiter der Klinik I (im Bereich der Versorgung von Patienten mit Tumoren an Gesicht und Haut) privatärztlich zuteil. Die Behandlung der Versicherten mit der streitigen Therapie nahm Prof. Dr. Dr. B spätestens am 7. Juni 2001 in Aussicht, als er die Versicherte mit einem "Kurzbrief – an die mitbehandelnden Kollegen" vom 7.6.2001 "zur Frage der Resektion der abdominellen/hepatischen Filiae, gegebenenfalls zur zusätzlichen dendritischen Zell-Vakzine-Gewinnung (Labor Dr. L, 06181 – 690985)" zu Prof. Dr. N1 schickte. Dieser teilte Prof. Dr. Dr. B mit Schreiben vom 8.6.2001 als Ergebnis der bei ihm am Vortag erfolgten Vorstellung der Versicherten mit, nach Durchsicht der aktuellen computertomographischen Bilder des Abdomens meine er sehr wohl, daß eine Tumoreduktion durch Metastasektomie in der Leber, ggf. auch "Pancreaslinksresektion", möglich sei, worauf er die Versicherte und ihre Angehörigen hingewiesen habe; letztendlich sei die Versicherte sich selbst über ein weiteres therapeutisches Vorgehen noch nicht schlüssig; zuerst sollten allerdings die Fragen zu Kostenübernahme bei etwaiger Herstellung von Tumorvakzinen mit dem Kostenträger der Versicherten abgeklärt werden; danach werde sich die Versicherte mit beiden Ärzten noch einmal in Verbindung setzen. Mit Datum des 11.6.2001 machte das beigeladene Labor der Versicherten das o.a. "Angebot" und am 19.6.2001 bat die Versicherte die Beklagte, die Kosten der streitigen Therapie zu übernehmen.
Am 2. Juli 2001 vereinbarte die Versicherte mit dem Sekretariat von Prof. Dr. N1 ihre dann am 3. Juli 2001 erfolgte Aufnahme zur stationären Behandlung im Städtischen Klinikum S. Das Vorliegen einer vertrags- oder privatärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung kann bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Am 5. Juli 2001 erfolgte ab 11 Uhr 20 die Operation durch Prof. Dr. N1 u.a. mit Entfernung einer Metastase; dabei wurde Tumorgewebe asserviert und an das beigeladene Labor versandt; Prof. Dr. N1 lag dabei eine "definitive" Einwilligung zur Gewebeentnahme nicht vor; er ging davon aus, daß die Entnahme der Absprache mit Prof. Dr. Dr. B entsprach, und daß dieser die Versicherte über Therapie und Durchführung aufgeklärt habe (Operationsbericht vom selben Tage; Arztbrief an den Allgemeinmediziner Dr. I1 vom 18.7.2001 und weiteres Schreiben von Prof. Dr. N1 vom 8.3.2006). Mit dem Datum vom Tag der Operation am 5.7.2001 unterzeichnete die Versicherte nach dem Vordruck des Beigeladenen, sie sei Selbstzahler und gesetzlich versichert; sie möchte im ILH einen Teil ihrer Tumorgewebeprobe aufarbeiten und tiefgekühlt lagern lassen; sie sei darüber aufgeklärt, daß diese Maßnahme noch nicht zu den allgemein wissenschaftlich anerkannten Maßnahmen und Methoden zähle; sie sei ferner darüber aufgeklärt, daß bei fehlender Anerkennung keine Leistungspflicht der Versicherer, Beihilfen und Krankenkassen gewährleistet sei, und daß sie die Leistung als prophylaktische Maßnahme selbst bezahlen müsse. Mit der ersten Rechnung vom 8.7.2001 verlangte das beigeladenen Labor von der Versicherten die Zahlung von 1793,53 DM.
Die Lieferung der Impfdosen BioVac® erfolgte zu Händen von Prof. Dr. Dr. B in dessen onkologische Praxis in B (Schreiben des Beigeladenen vom 3.3.2006; Schreiben von Prof. Dr. Dr. B vom 13.3.2006 ), Prof. Dr. Dr. B nahm am 18.12.2001 und am 29.1.2002 bei der Versicherten Vakzinierungen mit nachfolgender subcutanen Interleukin-2-Gabe vor; zu der für Juni 2002 vorgesehenen weiteren Vakzinierung kam es nicht (Schreiben des Prof. Dr. Dr. B vom 26.3.2002, 3.6.2003 und 13.3.2006). Prof. Dr. Dr. B hat auf Anfrage des erkennenden Gerichts mit Schreiben vom 13.3.2006 des weiteren glaubhaft erklärt: die Entnahme und Weiterleitung des Gewebes durch Prof. Dr. N1 habe der Absprache zwischen ihm und Prof. Dr. N1 entsprochen; die Versicherte sei seit etwa Mitte der 90-er Jahre von ihm mit den für ihre Erkrankung zugelassenen Standard-Präparaten Interleukin-2 und Alpha-Interferon behandelt worden; aufgrund eines Tumorprogresses mit zunehmender Lebermetastasierung habe er die zweimaligen Vakzinierungen durchgeführt; diese Therapie sei zum damaligen Zeitpunkt die durch wissenschaftliche Publikationen belegte erfolgversprechende Behandlungsoption gewesen, nachdem die Standard-Therapieoptionen bereits angewandt gewesen seien; der ärztliche Auftrag an das ILH sei von ihm gegeben worden; ein Verordnungs-Doppel liege ihm nicht vor; die Versicherte sei von ihm im Rahmen eines ausführlichen Aufklärungsgesprächs über die Behandlung … gründlich informiert worden; danach und vor Einleitung der Therapie habe sie ihr Einverständnis erklärt; die entsprechende Akte sowie eine Einverständniserklärung lägen ihm nicht vor.
II.
Der Senat hat offen gelassen, ob die Versicherte die Entscheidung der Kasse abgewartet hat, ob ihr iS von § 13 Abs 3 S. 1 2. Mögl SGB V "durch" die Ablehnung der Leistung Kosten haben entstehen können, wie dies für die Entstehung des Anspruchs unabdingbar ist (BSG in SozR 3-2200 § 182 Nr 15; SozR 3-2500 § 30 Nr 3; SozR 4-2500 § 13 Nr 1). Zur Überzeugung des Senats steht es zwar fest, daß die Versicherte unabhängig vom Ausgang ihres Antrags auf Kostenübernahme vom 19.6.2001 bereits bei Antragstellung und jedenfalls bei Aufnahme ins Krankenhaus am 3.7.2001 entschlossen war, die streitige Therapie durchführen zu lassen (vgl. Urt. des Senats vom 20.1.2000 L 16 KR 74/99 LSG NW mit Hinw. auf BSG in SozR 3-2500 § 13 Nr 11). Dafür spricht die Erklärung der im Beistand ihres Vaters erschienenen Tochter der Eheleute, S N2, vor dem Senat: als die Mutter am 3.7.2001 ins Krankenhaus gekommen sei, sei die Vorstellung der Familie immer noch die gewesen, daß die Entscheidung über die Kostenübernahme offen gewesen sei; man habe damit gerechnet, daß ggf. die Kasse die Kosten übernehmen werde, sei sich noch nicht sicher gewesen, daß der Antrag endgültig abgelehnt sei. Es ist aber nach den bisherigen Ermittlungen – insbesondere vor einer Anhörung der im Mutterschutz befindlichen Mitarbeiterin der Beklagten L1 – nicht auszuschließen, daß die Kasse der Versicherten gegenüber die Leistung endgültig verweigert hatte, bevor der Versicherten durch Annahme des Angebots des Beigeladenen vom 11.6.2001 durch Unterzeichnung des Vordrucks des Labors am 5.7.2001 und Übermittlung der Annahme an das Labor oder einen Erfüllungsgehilfen die streitigen Kosten haben entstehen können. Aus den Bekundungen des Terminsvertreters der Beklagten, Herr Q, und der Tochter der Versicherten vor dem Senat ergibt sich nämlich, daß es einerseits die Gepflogenheit der Kasse ist, die Versicherten möglichst vor der schriftlichen Ablehnung definitiv telefonisch zu benachrichtigen, und daß dies auch hier so mit Rücksicht auf die im Aktenvermerk vom 28.6.2001 von Herrn Q getroffenen Feststellungen durch die Mitarbeiterin L1 geschehen ist – nach beider Rücksprache, zwei oder drei Tage vor Erteilung des schriftlichen Bescheides vom 6.7.2001, wie Herr Q meint, aber nicht mehr genau weiß.
III.
Der vom Kläger weiterverfolgte Kostenerstattungsanspruch ist aber jedenfalls deshalb nicht begründet, weil der Versicherten keine Kosten entstanden waren, die einen Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 3 SGB V hätten begründen können. Der Senat folgt darin den Gründen des Urteils des BSG vom 28.3.2000 (1 KR 21/99 R = BSGE 86,66 = SozR 3-2500 § 13 Nr 21 – zur "Aktiv spezifischen Immuntherapie" (ASI)), das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auszugsweise verlesen worden ist, und zu dem Stellung zu nehmen, Gelegenheit gegeben worden ist. Nach diesem Urteil (Rdn 21 ff in SozR 3-2500 § 13 Nr 21) verstößt eine entsprechende vertragliche Vereinbarung unmittelbar zwischen dem Patienten und einer Impfstoff liefernden Firma gegen die Apothekenpflicht, ist eine unmittelbare Lieferung von Tumorvakzinen vom Hersteller an den Patienten als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, und stehen einer daraus resultierenden Zahlungspflicht die §§ 134 und 817 S. 2 BGB entgegen (Hinw. auf die Anlage zur Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel iVm §§ 45 Abs 1 Nr 1, 43 Abs 3 S. 1, 47 Abs 1 Nr 2, 4 Nr 17, und 97 des Arzneimittelgesetzes (AMG)). An der Berechtigung dieser Sicht ändert auch die Tatsache nichts, daß das Rezepturarzneimittel hier nicht unmittelbar an die Versicherte geliefert worden ist. Prof. Dr. Dr. B hat sich vielmehr dazu verstanden, den Verfahrensablauf so zu bestimmen, daß nicht er als Auftraggeber des Labors aufgetreten und dessen Kosten, wie gesetzlich vorgesehen, der Versicherten nach § 10 Abs 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) als Auslagenersatz in Rechnung gestellt hat, so daß vielmehr die Versicherte als Auftraggeberin des Labors fungierte, während der Impfstoff unmittelbar an ihn, Prof. Dr. Dr. B, ausgeliefert wurde. In einer solchen Verfahrensweise erblickt das BSG (aaO Rdn 26) aber mit Recht lediglich eine rechtlich unbeachtliche Umgehung der GOÄ und des AMG. Die Einwände des Bevollmächtigten des Klägers greifen demgegenüber nicht durch. Die Sicht, daß Leib und Leben ein so hohes grundgesetzlich geschütztes Gut darstellen, daß darunter Fragen der Beschaffung oder Fragen der Bezahlung zurücktreten müßten, verkehrt sich nämlich, auch aus verfassungsrechtlicher Sicht, in ihr Gegenteil, soweit die Regelung des Beschaffungs- und Bezahlungsweges in der GKV nicht nur der Verschaffung lebenserhaltender, sondern dem Schutz vor der Versorgung mit lebensbedrohender oder lebensverkürzender Krankenbehandlung zu dienen bestimmt ist, wie sie immer dann zu besorgen ist, wenn in ihrer Wirksamkeit und Unschädlichkeit nicht hinreichend evaluierte Mittel eingesetzt werden – sei es experimentell oder sogar aus rein marktwirtschaftlichen Gründen. Darüber, ob die Erben der Versicherten den an das beigeladenen Labor gezahlten Betrag zurückzufordern berechtigt sind, hatte der Senat nicht zu entscheiden.
IV.
1.
Nach § 135 Abs 1 SGB V und der Rechtsprechung des BSG seit dem 16.9.1997 (BSG in MedR 98,230; BSGE 81,54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 – Bioresonanztherapie gegen u.a. Muskelerkrankung vom Typ Dychenne; BSGE 81,73 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7; 1 RK 14/96) ist der Einsatz von neuen Behandlungsmethoden in der GKV davon abhängig, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuß) eine entsprechende Empfehlung abgegeben hat, es sei denn, es liegt ein "Systemversagen" vor. Das BVerfG liest aus der Rechtsprechung des BSG ferner, daß das BSG in Fällen, in denen eine solche Anerkennung nicht vorliege und auch kein Fall eines so genannten Systemmangels (Hinw. auf BSGE 81, 54 (65 f.); 86, 54 (60 ff.); 88, 51 (61 f.)) gegeben sei, entscheidend darauf abstelle, ob sich die Methode in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98). Das BSG hat dazu freilich nur ausgeführt (Urt.v. 28.3.00 B 1 KR 11/98 R = BSGE 86,54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 Rdn 22 – ASI gegen Nierenkrebs; B 1 KR 18/98 R = USK 00-141) , die Auffassung der Revision, bei Defiziten in der Entscheidungspraxis des Bundesausschusses habe das Gericht für einen Kostenerstattungsanspruch nicht mehr die Wirksamkeit, sondern generell nur noch die Verbreitung der Behandlungsmethode zu prüfen, sei unzutreffend und lasse sich aus der Rechtsprechung des BSG nicht ableiten; der Senat habe im Gegenteil auch für Fälle eines "Systemversagens" im Grundsatz daran festgehalten, daß die Wirksamkeit der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden müsse (zu Letzterem grundlegend: BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 – Remedacen); nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stoße, dürfe darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat (Hinw. auf BSGE 81, 54, 65 ff = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21 ff; vgl. auch BSGE 84, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 3 S 19).
2.
Nach dieser Rechtsprechung ist der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch jedenfalls deshalb nicht begründet, weil die Beklagte die beantragte Leistung mit Recht verweigert hat. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen hatte damals eine entsprechende Empfehlung nicht gegeben. Es lag insoweit keinesfalls ein Systemversagen vor. Die Methode war selbst nach der Darstellung des anbietenden Labors und des dem Kläger von Prof. Dr. Dr. B als Bevollmächtigten vermittelten Medizinrechtlers noch so wenig evaluiert, daß sich der Bundesausschuß der Ärzte in seinem Schreiben an das SG vom 28.1.2003 mit Recht verwundert hat, daß das Verfahren schon im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung Anwendung finden solle. Auch unter Berücksichtigung des vom Bevollmächtigten gerügten, von der Rechtsprechung seit langem berücksichtigten eingeschränkten Antragsrechtes aus § 135 SGB V (vgl. die dem o.a. Beschluß des BVerfG zugrundeliegende Entscheidung in BSGE 81,54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4), hatte der Bundesausschuß im Jahre 2001 nicht den geringsten Anlaß, zu prüfen, was nicht beantragt war und von den Anbietern selbst als experimentell eingestuft war.
So gab es nach dem damaligen Informations-Material des beigeladenen Labors lediglich "Berichte über Therapieerfolge bei verschiedenen Krebserkrankungen" und "gute Erfolgsmeldungen auch beim Nierenzellkarzinom". Im übrigen hieß es aaO ausdrücklich: "Ständig neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet der Immuntherapie halten zügig Einzug in die Klinik und Behandlung. Die Forschungen auf diesem Gebiet laufen weltweit auf Hochtouren und sind noch lange nicht abgeschlossen. Man erwartet von der Immuntherapie in den nächsten Jahren weitere bahnbrechende Erfolge." Eine Erklärung, was rein theoretisch die Annahme rechtfertigen könnte, eine Methode der Impfung, die sich andernorts als sinnvoll erwiesen habe, könne zur gezielten Behandlung (vgl. dazu BSG in SozR 3-2500 § 27 Nr 6; SozR 3-2500 § 33 Nr 15 = USK 9523; BSGE 81, 245 = SozR 3-2500 § 28 Nr 3) eben einer Nierenkrebserkrankung der bei der Versicherten vorliegenden Art eingesetzt werden, findet sich nicht. Dementsprechend hat das beigeladene Labor der Versicherten denn auch erklärt, sie müsse für Prophylaxe bezahlen.
Die vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Unterlagen sind eher geeignet, das Gegenteil von dem zu belegen, was bewiesen werden sollte. Im Aufsatz von Tjoa et alt (aus "The Prostate" 1998, 36:39 – 44) wird lediglich über eine andere Krebsart und Studien der geringsten Aussagekraft (I/II) berichtet. Höltl et alt. (in "The Journal of Urology" von März 1999) beschäftigen sich zwar mit Patienten, die an metastasierenden Nierenzellcarzinomen leiden, gelangen aber zu dem Ergebnis, daß auf dendritischen Zellen basierende Immuntherapie (lediglich) möglich/tunlich ("feasibel") sei, gut vertragen werde und neue Modalitäten in der Behandlung des metastasierendem Nierenzellcarzinoms verspreche, daß weitere Studien (aber) erforderlich seien. Im schließlich vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Internetauszug wird der Methode, die bereits vom Bundesausschuß und BSG verworfen war, der ASI, eine erhöhte Heilungschance zugeschrieben.
Nicht aufschlußreicher waren die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. B. Dieser leitet die Notwendigkeit der von ihm ergriffenen Maßnahmen allein aus der unstreitigen Tatsache ab, daß alle schulmedizinischen Maßnahmen ausgeschöpft waren, und daß sich der gewünschte, vielleicht auch gar nicht erwartete Erfolg nicht eingestellt hatte. Der Senat konnte daher mit Dr. I vom MDK nur davon ausgehen, daß sich damals alle Verfahren zur Immuntherapie in Form von Vakzinestrategien in experimentellen Stadien mit noch unklaren Ergebnissen befanden. Diese Einschätzung stand in Einklang mit den vom Bundesausschuß übermittelten Unterlagen, den Feststellungen von Schurr et alt. (aus Dt. Ärztbl. vom 13.9.2002), daß die berichteten Erfolge (nur) von kurzer Dauer gewesen seien und die Datenlage nicht ausreiche; diese Sicht stand in Einklang auch mit dem "Verriß" bisheriger Berichte durch Koch "Fehlverhalten in der Forschung insbesondere aus Anlaß individueller Heilversuche bei Nierenzellcarzinomen" (in Dt. Ärztblatt vom 31.1.2003). Die Bewertung der streitigen Methode mag sich mit der wohl Anfang 2004 veröffentlichten Phase III Studie geändert haben, konnte dann aber auf den hier streitigen Erstattungsanspruch aus dem Jahre 2001 keinen Einfluß mehr haben (SozR 3-2500 § 135 Nr 12). Andere Erkenntnismöglichkeiten sind auch von den Beteiligten nicht aufgezeigt und waren auch sonst nicht ersichtlich.
Nichts sprach schließlich auch für die Annahme einer Unmöglichkeit eines Wirksamkeitsnachweises, iS der o.a. Urteile vom 28.3.00 (BSGE 86,54 und USK 00-141), die es hätte erlauben können, auf den Verbreitungsgrad abzustellen. Im Gegenteil verweist selbst der Bevollmächtigte des Klägers auf die nun vorliegende Phase III-Studie und es ist auch von keiner Seite vorgetragen oder sonst ersichtlich, daß die streitige Methode zur Behandlung von metastasierenden Nierenzellcarzinomen (nach welchen Maßständen auch immer) im Jahre 2001 verbreitet gewesen wäre – außerhalb von "Clinical Trials", über die 2006 bei www.alltheweb.com unter "dendritic cell vaccination kidney" auf zehn Seiten berichtet wird.
V.
Der vom Kläger geltend gemacht Kostenerstattungsanspruch wäre selbst dann nicht begründet, käme es auf die vom BVerfG im o.a. Beschluss vom 6.12.2005 angeführten Gründe noch an. Der Senat unterstellt dabei zunächst zugunsten des Klagebegehrens , daß es sich bei der Krankheit der Versicherten um eine "lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung" iS des Beschlusses gehandelt hat, was immer auch das BVerfG darunter verstanden wissen will (in dem der Entscheidung vom 6.12.2005 zugrundeliegenden Fall litt der Versicherte an der Duchenn schen Muskelerkrankung; er hatte die angefochtene o.a. Entscheidung des BSG vom 16.9.1997 zur Zeit der Entscheidung des BVerfG um mehr als 8 Jahre überlebt – anhaltsweise: in Vereinbarungen nach § 39 a Abs 1 S. 4 SGB V ist die Rede von einer Lebenserwartung, die auf Wochen oder wenige Monate begrenzt ist).
Der Senat geht ferner davon aus, daß eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung des metastasierenden Nierenzellcarzinoms der Versicherten nicht zur Verfügung stand, daß jedenfalls keine kausale schulmedizinische Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stand, mit der auf eine Heilung oder nachhaltige Verzögerung des Krankheitsverlauf hätte gezielt werden können, daß schulmedizinisch vielmehr allenfalls eine symptomorientierte, palliative Behandlung der Versicherten möglich war.
Nach dem o.a. Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 wäre danach zu prüfen, ob die von der Versicherten gewählte Behandlungsmethode der dendritischen Zell-Vakzinierung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bot. Das BVerfG geht damit auf eine Forderung zurück, die schon Grundlage der vom BSG eben mit seinen o.a. Urteilen vom 16.9.1997 aufgegebenen Rechtsprechung war, nach der bei Vorliegen ähnlicher weiterer Voraussetzungen zu prüfen war, "ob durch das Mittel eine Besserung nach ärztlichem, an dem jeweiligen Erkenntnisstand orientierten Ermessen zwar nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, aber doch mit einer nicht nur ganz geringen Erfolgsaussicht möglich erschien" (Urt.v. 23.3.88 3/8 RK 5/87 = BSGE 63,102 = SozR § 368 e Nr 11; Urt.v. 9.2.89 3 RK 19/87 = BSGE 64,255 = SozR 2200 § 182 Nr 14 = USK 89 19). Der Grund der Einführung von § 135 SGB V und der vom BSG 1997 aufgegebenen Rechtsprechung war die Erfahrung der Tatsachengerichte aus tausenden, seit dem Reittherapie-Urteil des BSG vom 22.7.1981 (3 RK 50/79 = SozR 2200 § 182 Nr 72) eingeholter medizinischer Gutachten, daß es auch mit Hilfe solcher Gutachten nicht hinreichend gelingt, seriöse, unseriöse und/oder experimentelle ärztliche Behandlungsangebote zu unterscheiden, weil am Ende zumeist die Meinung der Befürworter der jeweiligen Methode der der Gegner konträr gegenübersteht, ohne daß Verwaltung oder Gerichte aufgrund ihrer Sachkunde und Mittel entscheiden könnten, welcher Meinung der Vorzug zu geben wäre. Das hat dazu geführt, daß auf dieser Grundlage, soweit ersichtlich, nicht eine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, mit der jemals eine neue Behandlungsmethode sanktioniert worden wäre (bei der Entscheidung vom 21.11.91 3 RK 8/90 = BSGE 70,24 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2 – Ney-Tumorin gegen Gebärmutterhals- und Eierstockkrebs – waren andere Gründe maßgeblich). Diese Situation hat dazu geführt, daß Gesetzgeber und Rechtsprechung (mit Ausnahme wohl der des LSG Niedersachsen) es für sinnvoller gehalten haben, die Entscheidung über den Nutzen und Schaden ärztlicher Behandlung jedenfalls dem Grundsatz nach auf den einschlägig fachkundig besetzten Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen zu übertragen. Das hat immerhin dazu geführt, daß nunmehr einige neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Eingang in die Anlage A zu den Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-RL) gefunden haben.
Als Prüfungsmethode, ob eine nicht ganz entfernte Erfolgsaussicht anzunehmen ist, empfiehlt das BVerfG nun erneut, die Hinzuziehung sachverständiger Hilfe. Nun war ja wohl die ablehnende Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu der vom BVerfG aaO behandelten Bioresonanztherapie aufgrund der sachverständigen Kompetenz des Gremiums unter Auswertung umfangreicher anderweitiger medizinischer Erkenntnisse schon "sachverständigst" erfolgt (in der Anlage 2 zu den damaligen NUB-RL mit Wirkung vom 9.7.1995 – BAnz Nr 126 v. 8.5.95 – Nr. 17 "Bioresonanzdiagnostik, Bioresonanztherapie, Mora-Therapie und vergleichbare Verfahren"). Daraus muß man schließen, daß solcherart Prüfung dem BVerfG nicht ausreichend erscheint. Dem erkennenden Senat erschließt sich nicht, welche Ermittlungen hier, käme es entscheidend darauf an, sinnvoll noch angestellt werden könnten. Es helfen insoweit auch nicht die weiteren Hinweise des BVerfG aaO. So hat man zB schon früher erwogen, der Entwicklung im Einzelfall eine Bedeutung beizumessen. Man hat das verworfen, weil der Eintritt einer Besserung und das Ausbleiben einer Verschlimmerung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung der neuen Behandlungsmethode bei einer Krankheit, deren Ursache und Wirkmechanismen unbekannt sind, auch nicht ursächlich auf die Behandlung zurückgeführt werden können, und zwar auch nicht als Regelsatz eines Beweises des ersten Anscheins. Das wird im vorliegenden Fall besonders deutlich: Die Versicherte ist nämlich nicht allein mit der streitigen neuen Behandlungsmethode behandelt worden, sondern zugleich mit Interleukin-2 und/oder Alpha-Interferon (nach Prof. Dr. Dr. B als hier zugelassenes Mittel – nach dem MDK gleichfalls nicht schulmedizinisch). Wie sollte da unterschieden werden, für welches Mittel daraus der Schluß abzuleiten wäre, daß es vor seinem Einsatz mutmaßlich eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Wirksamkeit bot? Diese Fragen stellen sich im vorliegenden Fall aber letztlich schon deshalb nicht, weil man hier, wäre auf den Gesundheitszustand der Versicherten, den zeitlichen Zusammenhang und Erfolge abzustellen, schließen müßte, daß der Tod der Versicherten unter Einwirkung der neuen Behandlungsmethode womöglich früher eingetreten ist.
Für den Senat steht danach fest, daß nicht erweislich ist, daß die Behandlung der Versicherten mit der dendritischen Zell-Vakzinierungstherapie im Jahre 2001 eine Behandlungsmöglichkeit war, die mehr als eine ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bot. Die Nichterweislichkeit geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers, der Rechte aus der nichterweislichen Tatsache herzuleiten sucht.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Erstellt am: 14.08.2006
Zuletzt verändert am: 14.08.2006