Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.10.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte begehrt von der Klägerin die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zugunsten der Beigeladenen für den Zeitraum vom 01.09.1977 bis 27.10.1978. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Klägerin sich insoweit zu Recht auf die Einrede der Verjährung berufen hat.
Die 1954 geborene Beigeladene wurde nach ihrem Lehramtsstudium mit Wirkung vom 01.09.1977 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Lehramtsanwärterin ernannt. Der Vorbereitungsdienst endete am 27.10.1978. Vom 01.02.1979 bis zum 31.07.1981 war die Beigeladene als Lehrerin im Angestelltenverhältnis tätig, wobei Versicherungspflicht lediglich bis zum 20.10.1980 bestand. Mit Wirkung vom 01.08.1981 wurde die Beigeladene unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin zur Anstellung ernannt. Ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit erfolgte zum 01.08.1982.
Im März 2000 leitete die damalige Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz einen dort von der Beigeladenen im März 2000 gestellten Antrag auf Kontenklärung und Beitragserstattung an die Beklagte weiter. Nachdem die Klägerin der Beklagten auf Anfrage die Beschäftigungszeiten der Beigeladenen mitgeteilt hatte, forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2000 zur Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für die Zeit des Vorbereitungsdienstes der Beigeladenen vom 01.09.1977 bis 27.10.1978 auf.
Mit Schreiben vom 02.11.2000 berief sich die Klägerin darauf, dass der geltend gemachte Anspruch der Beklagten verjährt sei. Von der Einrede der Verjährung werde sie allerdings absehen, falls die Beigeladene aus dem jetzigen oder einem sich anschließenden Beamtenverhältnis ohne Versorgungsanspruch ausscheiden sollte.
Mit Bescheid vom 08.02.2001 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Nachversicherungsbeiträge für die Beigeladene für die Zeit vom 01.09.1977 bis 27.10.1978 zu überweisen und die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte mitzuteilen. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass der geltend gemachte Anspruch nicht verjährt sei, weil die Klägerin die Beiträge im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorsätzlich vorenthalten habe, so dass nicht die vier-, sondern die dreißigjährige Verjährungsfrist gelte. Nach dem im Zeitpunkt des Ausscheidens der Beigeladenen aus dem Vorberei-tungsdienst am 27.10.1978 geltenden Recht habe die Klägerin im Wege einer vorausschauenden Betrachtung entscheiden müssen, ob die Nachversicherungsbeiträge fällig seien oder die Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachversicherung vorlägen (BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84, in SozR 2200 § 1403 Nr. 6). Selbst unter Berücksichtigung der seinerzeitigen rechtswidrigen, aber von den Rentenversicherungsträgern tolerierten Praxis der Dienstherrn, grundsätzlich erst ein Jahr nach dem Ausscheiden des Betroffenen aus dem Vorbereitungsdienst über die Zahlung der Beiträge oder Erteilung einer Aufschubbescheinigung zu entscheiden, habe der Klägerin spätestens Ende des Jahres 1979 und damit binnen vier Jahren nach Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst klar gewesen sein müssen, dass im vorliegenden Fall Nachversicherungsbeiträge zu zahlen seien, weil ein sogenannter Aufschubgrund nicht vorgelegen habe.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 09.03.2001 beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und zunächst die Auffassung vertreten, dass sie zur Nachversicherung der Beigeladenen nicht verpflichtet gewesen sei, weil für diese ein Aufschubgrund im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchstabe d) bb) Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vorgelegen habe. Zwar sei die Beigeladene nicht unmittelbar aus ihrem Vorbereitungsdienst zu einer probeweisen Beschäftigung übergetreten. Einen solchen unmittelbaren Übertritt verlange die genannte Regelung entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht. Im Verlauf des Verfahrens hat die Beklagte von dieser Rechtsauffassung jedoch Abstand genommen und sich lediglich noch auf den Eintritt der Verjährung berufen. Insoweit hat sie vorgetragen, zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 gutgläubig davon ausgegangen zu sein, die Nachversicherung zu Recht nicht durchgeführt zu haben. Sie sei auch nicht vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig geworden, denn sie habe erst durch die im Jahre 1986 und 1987 ergangenen Urteile des Bundessozialgerichts (u.a. BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84) Kenntnis davon erhalten, dass ihre damalige Rechtsauffassung zu den Voraussetzungen des Aufschubgrundes im Sinne des § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG nicht zutreffend gewesen sei. Der Beklagten seien die davon betroffenen, im Dienst der Klägerin tätig gewesenen Personen listenmäßig bekannt gewesen. Wenn die Beklagte es dennoch versäumt habe, für die Beigeladene rechtzeitig Beiträge nachzufordern, vermöge dies Bösgläubigkeit nicht zu begründen, zumal die Beklagte in vergleichbaren Fällen ursprünglich selbst von der vierjährigen Verjährungsfrist ausgegangen sei und sie (die Klägerin) dort selbst auf das nicht mehr vorhandene – verjährte – Forderungsrecht hingewiesen habe. Dadurch, dass die Beklagte sich nunmehr zu früheren Einlassungen und Rechtsauffassungen in Widerspruch setze, könne ihr vielmehr der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden.
Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Klägerin die streitigen Beiträge vorsätzlich vorenthalten habe. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass der Dienstherr als Nachversicherungsschuldner von Amts wegen verpflichtet sei, bei Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen von sich aus die Nachversicherung durchzuführen. Dabei sei der Nachversicherungsfall der Regelfall. Nur wenn ein Aufschub durch Übersendung einer Aufschubbescheinigung geltend gemacht werde, habe die Nachversicherung zu unterbleiben. Ihr selbst (der Beklagten) sei hingegen grundsätzlich nicht bekannt, ob und gegebenenfalls wann ein Beamter aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ausscheide, so dass sie grundsätzlich auf eine entsprechende Mitteilung durch den Dienstherrn oder den Betroffenen angewiesen sei. Diese Mitteilungspflicht der Klägerin bestehe auch dann, wenn sie (die Beklagte) im Einzelfall Kenntnis vom unversorgten Ausscheiden eines Beamten habe und die fällig gewordenen Nachversicherungsbeiträge beim Nachversicherungsschuldner anfordere.
Mit Urteil vom 28.10.2004 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Nachversicherungsanspruch zugunsten der Beigeladenen nicht verjährt sei, weil die Klägerin die Beiträge im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorsätzlich vorenthalten habe und damit die 30-jährige Verjährung Anwendung finde. Der Klägerin sei nicht erst durch die Entscheidung des BSG vom 11.06.1986 (1 RA 51/84) bekannt gewesen, dass im Falle der Beigeladenen ein Aufschubgrund nicht vorgelegen habe. Ihrer Rechts-auffassung, dass der gemäß § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG geforderte Übertritt zu einer probeweisen Beschäftigung auch zeitlich verzögert sein könne, also nicht unmittelbar erfolgt sein müsse, sei das BSG bereits mit Urteil vom 17.11.1970 (1 RA 71/69) entgegengetreten. Wenn die Klägerin gleichwohl die Nachversicherung nicht vorgenommen habe, so habe sie die Beiträge zumindest mit bedingtem Vorsatz nicht entrichtet. Dies genüge für die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 15.12.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.01.2005 Berufung eingelegt und sich weiterhin auf die kurze Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S.1 SGB IV berufen. Da der Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen unter Berücksichtigung einer dreimonatigen Bearbeitungszeit binnen drei Monaten nach Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst am 27.10.1978, mithin am 27.01.1979, fällig geworden sei, sei bereits am 31.12.1983 Verjährung eingetreten. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei sie bis zum 31.12.1983 nicht bösgläubig geworden. Der Begriff "Vorenthalten" im Sinne des § 25 Abs.1 S.2 SGB IV impliziere das Wissen, d.h. die Kenntnis, zur Ab-führung der Beiträge verpflichtet zu sein. Die Kenntnis der gesetzlichen Verpflichtung zur Beitragsabführung sei Tatbestandsmerkmal und der Irrtum darüber Tatbestandsirrtum, der den Vorsatz ausschließe (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R). Den Nachweis, dass sie (die Klägerin) die Durchführung der Nachversicherung in Kenntnis des gegebenenfalls eintretenden rechtswidrigen Erfolges unterlassen und dies zudem billigend in Kauf genommen habe, habe die Beklagte jedoch nicht erbracht. Vielmehr habe das Sozialgericht ihr (der Klägerin) aufgrund allgemeiner rechtlicher Erwägungen Vorsatz unterstellt, ohne zu prüfen, ob sie diese rechtlichen Erwägungen auch tatsächlich angestellt habe. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ihr auch das vom Sozialgericht ange-führte Urteil des BSG vom 17.11.1970 (1 RA 71/69) zu den Voraussetzungen des Aufschubgrundes nach § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG erst durch die späteren Entscheidungen des BSG aus den Jahren 1986 und 1987 und damit nicht binnen der kurzen Verjährungsfrist bekannt geworden sei. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch jedenfalls verwirkt, weil die Beklagte sich nach nunmehr ca. 25 Jahren in Widerspruch zu ihrer früheren Rechtsauffassung setze, indem sie bis zur Erteilung des angefochtenen Beschei-des vom 08.02.2001 von der Geltendmachung der Forderung auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge zugunsten der Beigeladenen abgesehen habe. Die für die Auslösung der Verwirkung erforderlichen "besonderen Umstände" seien darin zu sehen, dass die Beklagte bis dahin in vergleichbaren Fällen die Auffassung vertreten habe, dass die vierjährige Verjährungsfrist gelte. Aus diesem Grunde habe sie (die Klägerin) darauf vertraut und auch vertrauen dürfen, dass die Beklagte die streitige Forderung nicht mehr geltend mache und infolgedessen auch keine Aufschubbescheinigung erteilt. Abgesehen davon, dass die Aufschubentscheidung nicht im Einzelfall erfolgen müsse, sondern auch – wie hier geschehen – pauschal für eine bestimmten Personengruppe ergehen könne, entscheide nicht sie, sondern die Beklagte endgültig über einen etwaigen Aufschub, ohne an die von ihr (der Klägerin) erstellte Aufschubbescheinigung gebunden zu sein. Im Falle der Beigeladenen sei es darüber hinaus auch deshalb wenig praktikabel gewesen, eine Aufschubbescheinigung zu erstellen, weil die Beklagte in vergleichbaren Fällen auf eine solche Bescheinigung verzichtet habe. Insoweit hat die Klägerin u.a. ein im August 1983 bei ihr eingegangenes Schreiben der Beklagten bezüglich einer anderen Versicherten vorgelegt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. An diesem früheren Verhalten – so die Klägerin weiter – müsse sich die Beklagte auch aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung festhalten lassen. Eine Selbstkorrektur komme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21.08.2003, B 3 P 8/03 B) nur dann in Betracht, wenn dies aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei. Darüber hinaus könnten bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte im Bereich des Sozialrechts nicht ohne weiteres zurückgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2003, B 4 RA 56/02 R). Die Beklagte habe die in vergleichbaren Fällen übersandten Schreiben, in denen sie auf eine Nachversicherung verzichtete, aber "quasi" unter Berufung auf eine abweichende Rechtsauffassung trotz der eingetretenen Bindungswirkung zurückgenommen. Eine solche Vorgehensweise sei im Übrigen auch nicht mit dem Rechtsgedanken des § 77 SGG vereinbar. Die Beklagte habe vorliegend in einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen eine Ermessensentscheidung getroffen, mithin einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Sie (die Klägerin) habe im Vertrauen auf diese Entscheidung bei vergleichbaren Sachverhalten von der Erteilung einer Aufschubbescheinigung abgesehen. Wenn die Beklagte sich nunmehr auf eine hiervon abweichende Rechtsauffassung berufe, liege eine Rechtslage vor, die einem "erfolglos angefochtenen Bescheid" vergleichbar sei, weil die Beklagte nachträglich in eine verfestigte, für sie bindende Rechtsposition eingreife. Abgesehen davon widerspreche das Verhalten der Beklagten dem Willen des Gesetzgebers, mehrfache Wechsel der Versicherungssysteme im Laufe des Berufslebens zu vermeiden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sie – wie hier – Beiträge für Personen einfordere, die ohne Zweifel als Beamte in ein anderes Sicherungssystem eingeordnet seien und eben nicht der zusätzlichen Absicherung durch die gesetzliche Rente bedürften.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.10.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die Nachversicherungsbeiträge würden bereits am Folgetag nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung fällig, nicht hingegen drei Monate später. Abgesehen davon, dass ein Aufschubtatbestand bezüglich der Beigeladenen nicht vorgelegen habe, sei die Annahme eines bedingten Vorsatzes schon deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin in angemessener Frist nach dem unversorgten Ausscheiden der Beigeladenen weder die Beiträge gezahlt noch die Aufschubbescheinigung erteilt habe. Die Klägerin habe mit ihrer Beitragspflicht rechnen müssen und die Nichtabführung der geschuldeten Beiträgen billigend in Kauf genommen. Ihr Anspruch auf Nachforderung der streitigen Beiträge sei auch nicht verwirkt, weil bloßes Nichtstun oder Schweigen insoweit nicht genüge. Sie (die Beklagte) habe im Übrigen die Frage der Verjährung in jedem von der Klägerin als vergleichbar herangezogenen Fall individuell geprüft. Ihre jeweilige Aussage beziehe sich ausschließlich auf den konkreten Einzelfall. Angesichts einer sicherlich vierstelligen Anzahl von Nachversicherungsvorgängen unter Beteiligung der Klägerin pro Jahr erscheine es im Übrigen unzulässig, aus den von der Klägerin insoweit genannten elf Vorgängen einen Rückschluss auf eine durchgehende Verwaltungspraxis bzw. auf eine Vertrauensschutz begründende Selbstbindung der Verwaltung zu ziehen. Im Übrigen komme eine Selbstbindung der Verwaltung lediglich bei Ermessensentscheidungen in Betracht; vorliegend stehe jedoch eine gebundene Entscheidung im Streit.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere bedurfte es gemäß § 78 Abs.1 Nr.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keines Vorverfahrens, weil vorliegend das Land Nordrhein-Westfalen Klage erhoben hat. Auch war die Beklagte befugt, die Nachversicherungsbeiträge für die Beigeladene mittels Bescheid von der Klägerin zu fordern. Der Rentenversicherungsträger ist zuständig und befugt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern (Dienstherrn) die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge durch Verwaltungsakt einzufordern, d.h. die Beitragspflicht und Beitragshöhe verbindlich festzustellen (BSG, Urteil vom 21.07.1992, 4 RA 16/91; ferner Urteil vom 01.09.1988, 4 RA 18/88, vom 11.06.1986, 1 RA 51/84, und vom 31.03.1992, 4 RA 23/91). Hierfür besteht regelmäßig dann ein Bedürfnis, wenn – wie hier – Meinungsverschiedenheiten über das Bestehen oder die Höhe der Beitragspflicht vorliegen (vgl. BSG, Urteil 21.07.1992, 4 RA 16/91).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 08.02.2001 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs.2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat gegen die Klägerin für die Zeit vom 01.09.1977 bis 27.10.1978 zugunsten der Beigeladenen einen Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen.
Zwischen den Beteiligten ist im Verlauf des Verfahrens zu Recht unstreitig geworden, dass der geltend gemachte Nachentrichtungsanspruch entstanden ist (dazu unter (1.)). Entgegen der Auffassung der Klägerin steht seiner Geltendmachung weder die Einrede der Verjährung entgegen (dazu unter (2.)), noch ist der Anspruch verwirkt (dazu unter (3.)). Schließlich kann die Klägerin die Nachentrichtung der streitigen Beiträge auch nicht unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten (dazu unter (4.)) oder einer etwaigen Bindungswirkung an früheres Verhalten (dazu unter (5.)) verweigern.
(1.) Scheiden u.a. Beamte der Länder, die – wie die Beigeladene vom 01.09.1977 bis zum 27.10.1978 – für die Zeit der Ausbildung für ihren Beruf nach § 6 Abs.1 Nr.2 AVG versicherungsfrei gewesen sind, aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ohne beamtenrechtliche Versorgung aus, so sind sie nach § 9 Abs.1 AVG nachzuversichern. Diese Vorschrift ist vorliegend weiterhin anwendbar, weil die Beigeladene vor dem 01.01.1992 aus dem Vorbereitungsdienst ausgeschieden ist (vgl. § 233 Abs.1 S.1 SGB VI). Die Nachversicherung geschieht in der Weise, dass der Arbeitgeber die Beiträge gemäß § 124 AVG für die ursprünglich versicherungsfreie Beschäftigung nachentrichtet. Dabei ist der beitragsberechtigte Rentenversicherungsträger ermächtigt und verpflichtet, die Nachversicherung gemäß §§ 9, 124 AVG zu vollziehen, soweit nicht die Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachentrichtung im Sinne des § 125 Abs.1 AVG erfüllt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn (1.) die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 125 Abs.1 AVG für einen Aufschub der Nachentrichtung gegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84) und (2.) eine – konkrete oder generelle – Aufschubbescheinigung im Sinne des § 125 Abs.3 AVG vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.1970, 1 RA 71/69, Urteil vom 01.09.1988, 4 RA 18/88, und Urteil vom 30.06.1983, 11 RA 34/82).
Vorliegend fehlt es bereits an einer solchen Aufschubbescheinigung. Eine konkrete Aufschubbescheinigung bezüglich der Beigeladenen hat die Klägerin unstreitig nicht erteilt. Eine etwaige generelle Aufschubbescheinigung, die sich zumindest auch auf die Beigeladene bezieht, hat sie nicht vorgelegt. Die offensichtlich von der Klägerin vertretene Auffassung, auf eine solche Bescheinigung könne – etwa aus Praktikabilitätsgründen oder wegen eines etwaigen Verzichts der Beklagten auf eine Aufschubbescheinigung in vergleichbaren Fällen – ausnahmsweise verzichtet werden, entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage. Eine Nachentrichtung von Beiträgen darf nach § 125 Abs.3 AVG und der ständigen Rechtsprechung des BSG (s.o.) nur unterbleiben, wenn die nach § 6 Abs.2 AVG zuständige Stelle in Form einer Aufschubbescheinigung entschieden hat, dass die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben werden kann.
Unabhängig davon ist aber jedenfalls ein materiell-rechtlicher Aufschubgrund von der Beklagten zu Recht verneint worden und wurde auch von der Klägerin im Verlauf des Verfahrens nicht mehr angenommen. Nach § 125 Abs.1 Buchstabe d) AVG, der nach dem vorliegenden Sachverhalt insoweit allein in Betracht zu ziehen ist, wird die Nachentrichtung von Beiträgen aufgeschoben, wenn die aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidende Person nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung (1. Alt.) oder zu einer probeweisen Beschäftigung übertritt, die spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden in eine in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung übergeht (2. Alt.).
Im vorliegenden Fall ist keine der beiden Alternativen erfüllt. Die Beigeladenen ist nicht spätestens ein Jahr nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst am 27.10.1978 in eine andere versicherungsfreie Beschäftigung übergetreten; denn in ihrer anschließend aufgenommenen Tätigkeit als Lehrerin im Angestelltenverhältnis war sie erst ab dem 21.10.1980, also ca. zwei Jahre später, versicherungsfrei. Die Beigeladene ist nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst auch nicht zu einer probeweisen Beschäftigung im Sinne der 2. Alternative des § 125 Abs.1 Buchstabe d) AVG übergetreten.
Ein solcher Übertritt nach § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG setzt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84, und vom 17.11.1970, 1 RA 71/69) voraus, dass der vom Gesetz geforderte Übertritt unmittelbar, d.h. ohne zeitliche Verzögerung, erfolgt sein muss. Dafür spricht nicht nur der Wortsinn des Begriffs "Übertritt", wie er dem allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde liegt, sondern auch der systematischen Aufbau der Aufschubgründe in § 125 Abs.1 AVG und der Zweck der Nachversicherungsregelungen in §§ 9, 124 ff AVG.
Zweck der Nachversicherung ist es, Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung eine soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung zu verschaffen (BSG SozR 2200 § 1232 Nr.3 S.5). Maßgebender Zeitpunkt für die Nachversicherung ist deshalb das unversorgte Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht nur der Nachversicherungsfall eingetreten, sondern grundsätzlich auch die Nachversicherung sofort durchzuführen, wenn nicht Gründe vorliegen, die den alsbaldigen Eintritt der Rentenversicherung entbehrlich machen, d.h. einen Aufschub der Nachversicherung rechtfertigen. Ist die Pflicht zur Nachentrichtung grundsätzlich bereits mit dem Ausscheiden entstanden, müssen die Aufschubgründe naturgemäß bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegen (BSG SozR 2200 § 1403 Nr.4 S.12). Insoweit kommt es – entgegen der von der Klägerin zunächst vertretenen Auffassung – nicht auf eine ex-post-Betrachtung an, nach der die Beigeladene aufgrund ihrer zwischenzeitlich erfolgten Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit möglicherweise einer sozialen Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr bedarf. Maßgeblich ist vielmehr eine vorausschauende Beurteilung (ex ante), die auf die Verhältnisse und Absichten zur Zeit des Ausscheidens abstellt. Nur wenn bereits zu diesem Zeitpunkt Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Beschäftigte alsbald oder jedenfalls in absehbarer Zeit wieder mit gewährleisteter Versorgungsanwartschaft – also versicherungsfrei – beschäftigt wird, entfällt – in Ausnahme von dem vorgenannten Grundsatz – der Grund für den alsbaldigen Vollzug der Nachversicherung (BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84).
Dass Übertritt im Sinne der zweiten Alternative des § 125 Abs.1 Buchstabe d) AVG nur ein unmittelbares, nahtlos an ein bisheriges Beschäftigungsverhältnis anknüpfendes Überwechseln in eine andere Beschäftigung bedeutet, ergibt sich ferner ohne weiteres aus dem systematischen Zusammenhang mit der ersten Alternative dieser Vorschrift. Verwendet der Gesetzgeber in der 2. Alternative den Begriff "Übertritt" ohne den in der ersten Alternative des § 125 Abs.1 Buchstabe d) enthaltenen Zusatz "nicht unmittelbar", kann dies nur den unmittelbaren Übertritt bedeuten (vgl. BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84).
Die Klägerin ist aber nicht im Sinne des § 125 Abs.1 Buchstabe d bb) AVG unmittelbar nach Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 zu einer probeweisen Beschäftigung übergetreten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein unmittelbares Übertreten im Sinne dieser Regelung auch eine nur geringfügige, auf wenige Tage beschränkte Verzögerung einschließt (ausdrücklich offen gelassen in BSG, Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84); denn zwischen dem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 und der im August 1981 erfolgten Anstellung als Lehrerin zur Probe lag nicht nur ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren; vielmehr hat die Beigeladene während der Zwischenzeit auch eine – nicht probeweise ausgeübte – Tätigkeit, nämlich als Lehrerin im Angestelltenverhältnis, für die Klägerin verrichtet, so dass auch insofern kein unmittelbarer Übertritt in eine probeweise Beschäftigung vorliegt.
(2.) Die Geltendmachung des – mangels Vorliegens einer Aufschubbescheinigung und eines Aufschubgrundes – somit entstandenen Anspruchs auf Nachentrichtung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wegen Verjährung ausgeschlossen. Die Verjährung ist unabhängig von der in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärten Frage, ob die Verjährung von Beitragsansprüchen auch von Amts wegen zu beachten ist, vorliegend schon deshalb beachtlich, weil die Klägerin die Verjährungseinrede erhoben hat. Der geltend gemachte Anspruch der Beklagten ist jedoch nicht verjährt.
Nach § 25 Abs.1 S.1 des am 01.07.1977 in Kraft getretenen und damit auf den vorliegenden Anspruch anwendbaren SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in der Sozialversicherung, also auch in der gesetzlichen Rentenversicherung, in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge gilt allerdings eine 30-jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs.1 S.2 SGB IV). Liegt – wie hier – ein Aufschubgrund nicht vor, so wird der Beitragsanspruch der Beklagten sofort mit dem unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem Beamtenverhältnis (hier am 27.10.1978) fällig (vgl. BSG, Urteil vom 01.09.1988, 4 RA 18/88; LSG Saarland, Urteil vom 18.03.2004, L 1 RA 77/01). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dieser Anspruch nicht bereits vier Jahre später, also am 31.12.1983, verjährt. Vielmehr greift vorliegend die lange Verjährungsfrist des § 25 Abs.1 S.2 SGB IV ein, mit der Folge, dass der streitige Beitragsanspruch bei Erteilung des angefochtenen Bescheides vom 08.02.2001 noch nicht verjährt war; denn die Klägerin hat die streitigen Beiträge im Sinne des § 25 Abs.1 S.2 SGB IV vorsätzlich vorenthalten.
Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs.1 S.2 SGB IV voraussetzt, sind seit der Neuregelung des Gesetzes zum 01.07.1977 (s.o.) das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen (BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R), nicht hingegen – wie in der Vorgängervorschrift des § 29 Abs.1 RVO a.F. – absichtliches Hinterziehen. Dabei genügt es, dass der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 21.06.1990, 12 RK 13/89, USK 90106; ferner BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R). Für den Lauf der langen Verjährungsfrist ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass der Beitragsschuldner bereits bei Fälligkeit der Beiträge mit – direktem oder bedingtem – Vorsatz gehandelt handelt. Vielmehr reicht es aus, dass der Beitragsschuldner zwar bei Fälligkeit der Beiträge gutgläubig war, aber vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist (hier am 31.12.1983) bösgläubig geworden ist; denn die anfänglich vorhandene Gutgläubigkeit begründet keinen Vertrauensschutz, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt (BSG in ständiger Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hatte bereits bei Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 das Bewusstsein und den Willen, die Nachversicherung der Beigeladenen trotz Fälligkeit der Beiträge zu unterlassen. Positive Kenntnis von der Fälligkeit des streitigen Nachversicherungsanspruchs ist der Klägerin schon unter dem Gesichtspunkt zu unterstellen, dass eine (auch) die Beigeladene betreffende Aufschubbescheinigung damals nicht vorlag, die Klägerin somit – wie bereits dargelegt – schon aus diesem Grunde ohne weiteres zur Durchführung der Nachversicherung verpflichtet war. Dass dem zuständigen Sachbearbeiter diese Verpflichtung damals nicht bekannt war, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie hat sich auch nicht darauf berufen, dieser habe schon bei Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst eine solche Aufschubbescheinigung für entbehrlich gehalten bzw. sei irrtümlich davon ausgegangen, es liege eine generelle Aufschubbescheinigung vor, die auch für die Beigeladene Geltung beanspruche. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen; denn ein solcher Irrtum des zuständigen Sachbearbeiters stände der Annahme von Vorsatz vorliegend nicht entgegen. Eine Behörde kann sich auf fehlende positive Kenntnis nicht berufen, wenn ihr unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens vorzuwerfen ist, dass der jeweilige Sachbearbeiter bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsgangs entsprechende Kenntnis hätte haben müssen (vgl. BSG, Urteil vom 10.10. 2002, B 2 U 10/02 R; BFH E 138, 313, 315; 143, 520, 522).
Ein solches Organisationsverschulden fällt der Klägerin vorliegend zur Last. Jede juristische Person ist verpflichtet, den Geschäftsbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Erledigung der ihr obliegenden wichtigen Aufgabengebiete gewährleistet ist. Die Klägerin, zu deren Kernaufgaben u.a. die Nachversicherung der Landesbeamten gehört, muss dafür Sorge tragen, dass die zuständigen Sachbearbeiter – etwa durch Schulungen oder entsprechende interne Rundschreiben – darüber informiert sind, unter welchen Voraussetzungen die Nachversicherung zu erfolgen hat, insbesondere von einer solchen nur abgesehen werden darf, wenn eine Aufschubbescheinigung vorliegt. Das gilt vorliegend umso mehr, als sich bereits unmittelbar aus dem – schon 1978 geltenden – Gesetz (vgl. § 125 Abs.3 AVG) ergibt, dass eine Nachversicherung nicht ohne Erteilung einer Aufschubbescheinigung hinausgeschoben werden darf. Im Übrigen war dies im Zeitpunkt des Ausscheidens der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 bereits Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17.11.1970, 1 RA 163/69, und Urteil vom 17.11.1970, 1 RA 71/69).
Unabhängig davon hat die Klägerin auch insofern vorsätzlich die Nachversicherung zugunsten der Beigeladenen unterlassen, als ihr positive Kenntnis von dem Fehlen eines Aufschubgrundes zu unterstellen ist. Insoweit mag dahinstehen, ob die Klägerin bzw. der für die Nachversicherung der Beigeladenen zuständige Sachbearbeiter erst durch das im Jahre 1986 ergangene Urteil des BSG (Urteil vom 11.06.1986, 1 RA 51/84), in dem sich dieses eingehend mit den Voraussetzungen des § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG, insbesondere dem Erfordernis des unmittelbaren Übertritts in ein Probearbeitsverhältnis, auseinandersetzt, positive Kenntnis davon erlangt hat, dass ihre ursprüngliche Rechtsansicht, im Falle der Beigeladenen liege der Aufschubgrund des § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG vor, unzutreffend ist; denn auch insoweit ist der Klägerin ein Organisationsmangel vorzuwerfen, der ihr die Berufung auf eine etwaige Unkenntnis verwehrt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich das Erfordernis der Unmittelbarkeit des Übertritts in ein Probeverhältnis nach Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis – wie vom BSG in seiner Entscheidung vom 11.06.1986 auch dargelegt – unmittelbar aus dem Gesetz ergab. Unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts, systematischen Zusammenhangs mit § 125 Abs.1 Buchstabe d) aa) AVG, der eine Unmittelbarkeit ausdrücklich nicht vorschreibt, und des Gesetzeszwecks ließ sich das vom BSG gewonnene Auslegungsergebnis jedenfalls für einen Juristen unschwer aus dem Gesetz ableiten (s.o.). Darüber hinaus hatte das BSG bereits im Jahre 1971 (Urteil vom 17.11.1970, 1 RA 71/69) auf die nach § 125 Abs.1 Buchstabe d) bb) AVG erforderliche Unmittelbarkeit des Übertritts hingewiesen. Ob dem zuständigen Sachbearbeiter diese Entscheidung des BSG bekannt war, ist dabei unerheblich. Die Klägerin muss im Rahmen der Organisation ihrer Behörde auch sicherstellen, dass höchstrichterliche Entscheidungen jedenfalls dann, wenn sie – wie hier – ihre Kernaufgaben betreffen, den jeweils mit der Durchführung betrauten Sachbearbeitern zur Kenntnis gebracht werden.
Hatte die Klägerin aber bereits bei Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst im Oktober 1978 Kenntnis von der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge und hat sie diese dennoch nicht entrichtet, so hatte sie folglich in Form des direkten Vorsatzes auch den Willen, die Abführung dieser Beiträge zu unterlassen.
Darüber hinaus ist der Klägerin aber auch unabhängig von einem ihr vorwerfbaren Organisationsverschulden vorsätzliches Verhalten in Form des – was ausreicht (s.o.) – bedingten Vorsatzes vorzuwerfen, weil sie unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen bereits im Oktober 1978, jedenfalls aber bis zum 31.12.1983 (= Ende der vierjährigen Verjährungsfrist) die Notwendigkeit der Nachversicherung zugunsten der Beigeladenen zumindest für möglich halten musste und diese dennoch nicht durchgeführt hat. Das gilt selbst dann, wenn ihr die Entscheidung des BSG aus dem Jahre 1970 (Urteil vom 17.11.1970, 1 RA 71/69), in dem sich dieses mit den Voraussetzungen des unmittelbaren Übertritts im Sinne des § 125 Abs.1 d) bb) AVG auseinandersetzt, erst durch das Urteil des BSG vom 11.06.1986 (1 RA 51/84) bekannt geworden sein sollte; denn spätestens im August 1983 und damit noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist (im Dezember 1983) musste die Klägerin damit rechnen, dass ihre diesbezügliche Rechtsauffassung unzutreffend sein könnte. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte sie – wenn auch bezüglich einer anderen Versicherten – in einem von der Klägerin im Streitverfahren selbst vorgelegten Schreiben auf zu dieser Streitfrage anhängige Musterprozesse hingewiesen. Ist eine Rechtsfrage aber derartig umstritten, dass zu ihrer Klärung gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen wird, so musste auch die Klägerin als juristische Person spätestens mit Erlangung der Kenntnis von diesen Musterprozessen in Erwägung ziehen, dass die von ihr dazu vertretene Rechtsauffassung falsch sein könnte.
Musste die Klägerin ihre Beitragspflicht aber spätestens im August 1983 für möglich halten, so hat sie die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen und damit auch bedingt vorsätzlich im Sinne des § 25 Abs.1 S.2 SGB IV gehandelt.
Selbst wenn vorliegend – entgegen den obigen Ausführungen – zugunsten der Klägerin die nur vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs.1 S.1 SGB IV liefe und der streitige Nachversicherungsanspruchs der Beklagten im Zeitpunkt der Erteilung des angefochtenen Bescheides vom 08.02.2001 verjährt wäre, stände dies der Geltendmachung des streitigen Anspruchs auf Beitragsnachentrichtung im Übrigen nicht entgegen; denn der Klägerin wäre eine Berufung auf die Einrede der Verjährung gegebenenfalls nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) ohnehin verwehrt. Die Einrede der Verjährung ist unzulässig, wenn der Schuldner den Gläubiger von der Unterbrechung der Verjährung abgehalten hat (vgl. Heinrichs in Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Auflage München 1997, § 242 BGB, RdNr. 56). Das gilt selbst dann, wenn dies nicht auf einem Verschulden des Schuldners beruht (Heinrichs in Palandt-Heinrichs, a.a.O.). Die Klägerin hat die Beklagte aber in diesem Sinne von der Geltendmachung des Nachentrichtungsanspruchs zugunsten der Beigeladenen abgehalten. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte aus etwaigen Listen der damals von der unrichtigen Rechtsauffassung der Klägerin Betroffenen hätte ersehen können, ob auch die Beigeladene zu diesem Personenkreis gehörte. Abgesehen davon, dass die Klägerin entsprechende Listen weder vorgelegt noch vorgetragen hat, welchen Inhalts diese Listen waren, wann sie erstellt und der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, war die Klägerin – wie bereits dargelegt – schon mit Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst im Jahre 1978 verpflichtet, die Nachversicherung zugunsten der Beigeladenen durchzuführen (s.o.). Dazu gehörte auch die Pflicht, die Beklagte durch Erteilung einer Aufschubbescheinigung über den konkreten Nachversicherungsfall der Beigeladenen zu informieren (s.o.). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte jedoch unstreitig nicht nachgekommen. Sie kann sich daher auch nicht darauf berufen, die Klägerin habe auf sonstige Weise von dem Nachversicherungsfall der Beigeladenen erfahren.
(3.) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie sich gegenüber dem – nicht verjährten – Anspruch der Beklagten auf Nachversicherung zugunsten der Beigeladenen auch nicht auf Verwirkung berufen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung, das auch auf Beitragsansprüche anwendbar ist (BSGE 41, 275), setzt (1.) voraus, dass der Sozialversicherungsträger den Beitrag über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht hat – sog. Zeitmoment – und (2.) besondere Umstände hinzutreten, die das späte Geltendmachen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) mißbräuchlich erscheinen lassen – sog. Umstandsmoment – (BSGE 47, 194; Seewald, in Kasseler Kommentar, § 25 SGB IV Rdnr. 14). Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Beitragsschuldner infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde, der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSGE 80, 41; Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O.). Dabei muss es sich um einen wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben handeln (Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte ihr Nachversicherungsrecht erstmals im Jahre 2001 und somit erst 23 Jahre nach Fälligkeit des Anspruchs im Oktober 1978 (= Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst) geltend gemacht. Es fehlt jedoch – über dieses Zeitmoment hinaus – an besonderen Umständen, die die späte Geltendmachung des Nachversicherungsanspruchs durch die Beklagte als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen. Derartige besondere Umstände sind insbesondere nicht darin zu sehen, dass die Beklagte möglicherweise in anderen – vergleichbaren – Nachversicherungsfällen schon im Jahre 1983 und darüber hinaus davon ausgegangen ist, dass ihre dortigen Nachentrichtungsansprüche verjährt seien und sie daher in jenen Fällen von einer Geltendmachung dieser Ansprüche abgesehen hat. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten in anderen Nachversicherungsfällen durfte die Klägerin nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte auch im Falle der Beigeladenen auf die Geltendmachung des Nachversicherungsanspruchs verzichten würde. Zum einen hängt der Eintritt der Verjährung bei Nachversicherungsansprüchen gemäß § 25 SGB IV von dem jeweiligen Umständen des Einzelfalls, u.a. dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs und der Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit des Arbeitgebers, ab. Zum anderen konnte die Klägerin – selbst wenn der Fall der Beigeladenen aus einer von der Klägerin erstellten Liste ersichtlich gewesen sein sollte – zumindest nicht wissen, ob die Beklagte im Falle der Beigeladenen Kenntnis von den – für die Beurteilung der Verjährungsvoraussetzungen entscheidenden – konkreten Tatsachen hatte; denn sie ist – wie bereits ausgeführt – ihrer Verpflichtung, die Beklagte nach Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Vorbereitungsdienst durch Erteilung einer Aufschubbescheinigung über deren Nachversicherungsfall zu informieren, nicht nachgekommen.
Unabhängig von dem Fehlen des – für den Eintritt der Verwirkung notwendigen – Umstandsmoments ist der streitige Nachversicherungsanspruch im Übrigen auch deshalb nicht verwirkt, weil die Klägerin nicht dargetan hat, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Nachversicherungsanspruchs ein unzumutbarer Nachteil entsteht. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich, zumal es vorliegend lediglich um die Nachentrichtung von Beiträgen für 14 Monate geht.
(4.) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagten ein gegen Treu und Glauben verstoßendes widersprüchliches Verhalten, das ihr die Geltendmachung ihres Nachentrichtungsanspruchs verwehren würde, ebenfalls nicht vorzuwerfen. Grundsätzlich ist widersprüchliches Verhalten dann rechtsmißbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Heinrichs in Palandt-Heinrichs, § 242 BGB Rdnr 56 m.w.N.). Vorliegend sind derartige Umstände jedoch nicht gegeben, auch wenn die Beklagte in den dem hier streitigen Sachverhalt vergleichbaren Fällen schon im Jahre 1983 davon ausgegangen ist, dass ihr Nachversicherungsanspruch in jenen Fällen bereits verjährt war; denn zu einem Verstoß gegen Treu und Glauben in diesem Sinne kann nur ein im konkreten Einzelfall widersprüchliches Verhalten führen. Die Beklagte hat aber unstreitig zu keinem Zeitpunkt vor erstmaliger Geltendmachung ihres Nachversicherungsanspruchs im Oktober 2000 gegenüber der Beklagten geäußert, im Falle der Beigeladenen auf dieses Recht zu verzichten.
Die Geltendmachung des Nachversicherungsanspruchs ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt rechtsmißbräuchlich, dass die Beigeladene nicht (mehr) schutzbedürftig ist und der Zweck des § 124 AVG daher bei ihr ins Leere geht. Zwar wurde die Beigeladene inzwischen zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt und bedarf des Schutzes der Nachversicherung allenfalls dann, wenn sie vorzeitig unversorgt aus dem Beamtendienst entlassen würde. Auch hat sich die Klägerin für diesen Fall bereit erklärt, ggf. auf die Geltendmachung der Verjährung zu verzichten. Wie bereits ausgeführt, beurteilt sich die Verpflichtung zur Nachversicherung jedoch nach einer ex-ante-Betrachtung, die auf die Verhältnisse und Absichten zur Zeit des Ausscheidens aus dem nichtversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis abstellt. Im Übrigen kommt die aktuell noch bestehende Sinnhaftigkeit der Nachversicherung jedenfalls in dem von der Beigeladenen im März 2000 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Beitragserstattung zum Ausdruck.
(5.) Schließlich steht der Geltendmachung des Nachentrichtungsanspruchs weder der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung noch eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus § 77 SGG entgegen. Der Grundsatz der Selbstbindung verpflichtet die Verwaltung, eine Verwaltungspraxis in gleichgelagerten Fällen nur aus sachlichen Gründen zu ändern. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dies zwar nicht nur für Ermessensrichtlinien in Form von Verwaltungsvorschriften, sondern auch für eine sonst vorhandene Verwaltungsübung (vgl. BVerwGE 34, 278, 280 f, 58, 45, 50). Eine Verpflichtung, den Nachentrichtungsanspruch vorliegend – wie in anderen Fällen geschehen – nicht geltend zu machen, resultiert daraus jedoch nicht. Selbst wenn die von der Klägerin angeführten sonstigen Nachversicherungsfälle dem hier zur Entscheidung anstehenden vergleichbar gewesen wären, ließe sich aus diesen – dann rechtswidrigen – Entscheidungen ein Anspruch auf Gleichbehandlung nicht herleiten. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt das Gesetz nicht; er ergibt sich auch nicht aus Art.3 Grundgesetz (GG). Anderenfalls hätte die Verwaltung die Möglichkeit, durch eine ständig geübte rechtswidrige Praxis Gesetzesrecht zu umgehen oder zu ersetzen. Dies liefe aber der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz entgegen (vgl. u.a. BverwGE 34, 278 ff (283); 58, 45 ff (59); OVG NW NVwZ 1982, 381).
Die von der Klägerin herangezogene entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens aus § 77 SGG, der die Bestandskraft von Verwaltungsakten und deren Bindungswirkung für die Beteiligten regelt, entbehrt schon deshalb jeder Grundlage, weil es bereits an einem Verwaltungsakt, aber auch an einer sonstigen – wie auch immer gearteten – Entscheidung der Beklagten in dem Sinne fehlt, dass sie im Falle der Beigeladenen von der Verjährung ihres Nachversicherungsanspruchs ausgeht. Eine etwaige Bindungswirkung der Beklagten an Entscheidungen, die nicht die Beigeladene, sondern Dritte betreffen, scheidet jedoch von vornherein aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 11.07.2006
Zuletzt verändert am: 11.07.2006