Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.01.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Regelaltersrente. Streitig ist dabei lediglich noch, ob Arbeitszeiten der Klägerin im Ghetto Baranowice (im damaligen Reichskommissariat Ostland) von Dezember 1941 bis Dezember 1942 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen sind.
Die am 00.00.1922 geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und anerkannte Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Seit Mai 1960 lebt sie in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.
Anlässlich eines von der Klägerin im Dezember 1960 eingeleiteten Entschädigungsverfahrens wurde ihr für die Zeit von August 1941 bis November 1943 eine Entschädigung wegen Freiheitsentziehung gewährt (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln vom 12.12.1969). In einer eidesstattlichen Erklärung vom 15.06.1969 gab sie damals an, nach ihrer Flucht aus dem Ghetto Rowne im November 1941 in das Ghetto Baranowice eingewiesen worden zu sein. Dort habe sie gleich schwere Zwangsarbeiten wie zuvor im Ghetto Rowne verrichten müssen und ebenso wie alle anderen Ghettoinsassen unmenschlich unter Hunger, Kälte, Nässe, absoluter Unhygiene sowie Misshandlungen seitens der deutschen Wachposten leiden müssen. G C und O L bestätigten in Form eidesstattlicher Erklärungen vom 15.06.1969, dass die Klägerin von November 1941 bis Herbst 1942 im Ghetto Baranowice schwere Zwangsarbeit geleistet habe und Hunger, Mißhandlungen sowie Schlägen seitens der deutschen Wachen ausgesetzt gewesen sei.
Im Rahmen ihres im August 1993 bei der Claims Conference gestellten Antrags auf Leistungen aus dem Fonds für jüdische Zwangsarbeiter erklärte die Klägerin, von November 1941 bis September 1942 im Ghetto Baranowice gelebt und dort u.a. unter Hunger und Misshandlungen gelitten zu haben. In einer persönlichen Erklärung vom 14.05.2001 gab sie an, in den Jahren 1941/1943 im Ghetto Rowne und Baranowice sowie im dortigen Zwangsarbeitslager zu schwerster körperlicher Arbeit oder Zwangsarbeit gezwungen worden zu sein.
Am 13.11.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer Ghettobeitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). In dem Antragsformular vom 11.02.2003 machte sie geltend, von August bis November 1941 im Ghetto Rowne sowie anschließend bis Herbst 1942 im Ghetto Baranowice 60 Stunden wöchentlich verschiedene Arbeiten verrichtet zu haben. Die Frage nach dem Arbeitsverdienst – gefragt war nach der Höhe des Entgelts, gegebenenfalls Art und Umfang der Sachbezüge (z. B. Kost, Logis, Deputat) – beantwortete sie nicht. In dem Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten nach dem ZRBG führte sie aus, innerhalb der Ghettos 10 Stunden täglich Reinigungsdienst verrichtet und für ihre Arbeit größere Nahrungsmittelrationen sowie Essen am Arbeitsplatz erhalten zu haben. Ob sie für ihre Tätigkeit Barlohn erhalten habe, sei ihr nicht erinnerlich. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Arbeitsamtes zustande gekommen. Auf dem Weg von und zur Arbeit sowie während der Arbeit sei sie von Polizisten bewacht worden. Sie könne Zeugen für die geltend gemachten Arbeitszeiten im Ghetto benennen. In einem weiteren Fragebogen erklärte die Klägerin unter dem 04.09.2003, im Ghetto Rowne und Baranowice täglich 10 Stunden die Leichen der Juden im Ghetto aufgesammelt und für ihre Arbeit "vergrößerte Lebensmittelrationen" erhalten zu haben.
Nach Beiziehung der Entschädigungsakten von der Bezirksregierung Düsseldorf und der Claims Conference lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 01.12.2003 mit der Begründung ab, dass nicht glaubhaft gemacht sei, dass die Klägerin im Ghetto Rowne und Baranowice einer freiwillig zustande gekommenen, entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen sei. Die Art der von ihr verrichteten Arbeiten und die von ihr angegebene Bewachung seien typisch für Zwangsarbeit. Im Übrigen widerspreche der nunmehr behauptete Erhalt von Essen am Arbeitsplatz und größeren Lebensmittelrationen den Angaben der Klägerin im Entschädigungsverfahren, im Ghetto Baranowice an Hunger gelitten zu haben.
Mit ihrer am 02.06.2004 beim Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und eine Beschäftigung im Ghetto Rowne und Baranowice von August 1941 bis November 1942 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die dortigen Verhältnisse seien denen im Ghetto Lodz vergleichbar gewesen. Die von ihr verrichteten Reinigungsarbeiten sowie das Aufsammeln und Entsorgen von Leichen hätten der direkten Zuständigkeit des örtlichen Judenrates unterstanden. Leben habe damals nur dann gerettet werden können, wenn man sich für die deutschen Besatzer unentbehrlich gemacht habe. Als Entgelt für ihre Beschäftigung sei sie am Arbeitsplatz versorgt worden und habe zusätzlich erhöhte Nahrungsmittelrationen über den Judenrat des Ghettos erhalten. Dieses Privileg habe nur den Beschäftigten des Ghettos zugestanden, um u.a. auch nicht beschäftigte Famlienmitglieder unterhalten zu können. Sachbezüge, insbesondere in Form von Lebensmitteln, seien damals von erheblich höherem Wert gewesen als Bargeld.
Mit Urteil vom 27.01.2005 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin nicht glaubhaft gemacht habe, im Ghetto Rowne und Baranowice in dem streitigen Zeitraum einer aus eigenem Willensentschluss zustandegekommenen und entgeltlichen Beschäftigung im Sinne des ZRBG nachgegangen zu sein. Schon die Angaben der Klägerin zur Arbeitsaufnahme seien uneinheitlich. Während sie im Verwaltungsverfahren zunächst angegeben habe, die Arbeitsaufnahme sei durch Vermittlung des Arbeitsamtes erfolgt, habe sie später erklärt, dies sei durch Zuweisung des Arbeitsamtes geschehen. Der Umstand, dass sie auf dem Weg zur und von der Arbeit sowie während der Arbeit durch Polizisten bewacht worden sei, lasse ebenso wie die Art ihrer Tätigkeit (Aufsammeln von Leichen) auf ein Zwangsarbeitsverhältnis schließen. Der Erhalt größerer Nahrungsmittelrationen sowie Essen am Arbeitsplatz stelle im Übrigen keine Gegenleistung dar, die geeignet sei, die Entgeltlichkeit des Beschäftungsverhältnisses zu begründen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 19.02.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.03.2005 unter Hinweis auf Dokumentationsdefizite für das Ghetto Rowne lediglich insoweit Berufung eingelegt, als das Sozialgericht eine Anrechnung der geltend gemachten Arbeitszeit im Ghetto Baranowice von Dezember 1941 bis Dezember 1942 auf die allgemeine Wartezeit abgelehnt hat. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, im Ghetto Baranowice sei im September 1941 ein Judenrat gegründet und im Dezember 1941 ein – zunächst noch offenes – Ghetto gebildet worden. Neben den direkt beim Judenrat beschäftigten Juden hätten jegliche Beschäftigte in ghettoeigenen Werkstätten der Deutschen gearbeitet. Eine Unterscheidung zwischen freien Arbeitsverhältnissen und Zwangsarbeit habe es damals nicht gegeben. Da große Teile der früheren Angestellten und ungelernten Arbeiter nur für ungelernte Arbeiten einsetzbar gewesen seien, könne auch aus der Art der von ihr verrichteten Arbeiten nicht auf ein Zwangsarbeitsverhältnis geschlossen werden. Auch ihre Bewachung während der Arbeit sowie auf dem Weg dorthin und zurück stehe der Freiwilligkeit ihrer Beschäftigung nicht entgegen, denn sie ergebe sich aus Sinn und Zweck eines Ghettos. Entgegen der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, setze die Anerkennung einer Ghettobeitragszeit nach dem ZRBG im Übrigen nicht voraus, dass das Beschäftigungsverhältnis entgeltlich gewesen sei. Das BSG habe das ZRBG in der genannten Entscheidung gegen den gesetzgeberischen Willen zu einem reinen Zahlbarmachungsgesetz degradiert. Abgesehen davon seien auch Zwangsarbeitsverhältnisse nach der Verordnung des Stadtkommissars der Stadt Minsk vom 25.08.1942 über Arbeitseinsatz, Verpflegung und Entlohnung der Juden damals entgeltlich gewesen, wenn auch große Teile des Barlohns als Verpflegungsgeld in Abzug gebracht worden seien. Insoweit hat die Klägerin ergänzend u.a. auf damalige Stellengesuche aus der "Gazeta Zydowska" verwiesen sowie diverse historische Unterlagen vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Dass das Entgelt an den Judenrat ausgezahlt worden sei, sei dabei unerheblich, denn es handele sich insoweit um eine Zahlung an Erfüllungs statt. Nach der grundsätzlichen Entscheidung des Reichsversicherungsamtes vom 29.10.1930 (in: AN 1931 IV, Seite 34) komme es im Übrigen auch nicht darauf an, ob ein tariflich zugesichertes Entgelt letztlich zur Auszahlung gekommen sei. Für die Berechnung des Sozialversicherungsbeitrags sei nicht auf das tatsächlich ausgezahlte Entgelt, sondern auf das Gehalt abzustellen, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit ein Rechtsanspruch bestanden habe. Diese Rechtsanspruchstheorie setze sich heute in § 14 SGB IV fort.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.01.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Ghettobeitragszeit von Dezember 1941 bis Dezember 1942 Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis der Klägerin im Ghetto Baranowice auch vor dem Hintergrund der Verordnung vom 16.08.1941 über die Einführung des Arbeitszwangs für die jüdische Bevölkerung im Reichskommissariat Ostland nicht überwiegend wahrscheinlich sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und Entschädigungsakten der Bezirksregierung Düsseldorf Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs.2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Regelaltersrente hat.
Nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat ein Versicherter Anspruch auf Altersrente, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Zwar hat die Klägerin das 65. Lebensjahr bereits im Mai 1987 vollendet. Sie kann jedoch die erforderliche Wartezeit nicht vorweisen. Als anrechnungsfähige Versicherungszeiten kommen insoweit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs.1 Nr.1, 51 Abs.1 und Abs.4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs.1 SGB VI Ersatzzeiten als rentenrechtliche Zeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetz nur Versicherten, d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 250 SGB VI RdNr. 10; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl., § 250 RdNr. 6; BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Gemäß §§ 55 Abs.1, 247 Abs.3 S.1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Nach § 2 Abs.1 ZRBG gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt und werden als sog. "Ghetto-Beitragszeiten" bei der Anrechnung auf die Wartezeit als Beitragszeiten berücksichtigt. Bei der von der Klägerin im Berufungsverfahren allein noch geltend gemachten Beschäftigung im Ghetto Baranowice von Dezember 1941 bis Dezember 1942 handelt es sich jedoch nicht um eine "Ghetto-Beitragszeit" in diesem Sinne, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG nicht erfüllt sind. Danach erhalten Verfolgte im Sinne des BEG Leistungen nach dem ZRBG, die (1.) sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, welches sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, und (2.) dort eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt haben. Insoweit mag dahin stehen, ob diese Beschäftigung nachgewiesen oder – in entsprechender Anwendung des § 4 Fremdrentengesetz (FRG) bzw. § 3 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) – lediglich glaubhaft gemacht sein muss; denn die Klägerin hat schon nicht glaubhaft gemacht, in der streitgegenständlichen Zeit eine aus eigenem Willensentschluss zustandegekommene, entgeltliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs.1 ZRBG ausgeübt zu haben.
Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs.1 FRG, § 3 Abs.1 WGSVG). Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Es muss also mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Dabei sind gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich (vgl. BSG SozR 3-3900 § 15 Nr.4).
Nach der insoweit erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände sieht es der Senat unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Klägerin zwar als glaubhaft gemacht an, dass sie von Dezember 1941 bis Dezember 1942 im Ghetto Baranowice Reinigungsarbeiten verrichtet bzw. Leichen aufgesammelt hat. Es ist aber nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es sich dabei um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelte.
Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmte Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, von nichtversicherungspflichtiger Zwangsarbeit abzugrenzen (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 2,3; BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr.15, 16, 17). Dabei ist das Vorliegen eines – freien – Beschäftigungsverhältnisses danach zu beurteilen, ob die Beschäftigung im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung aufgenommen wurde und den Austausch wirtschaftlicher Werte (Arbeit gegen Lohn) zum Inhalt hatte. Die Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von "Zwangsarbeit” genügt dazu nicht (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr.2 S.6 ff und Nr.3 S.18 ff). Zwangsarbeit ist in Abgrenzung zur versicherungspflichtigen Beschäftigung die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang, wie z.B. bei Strafgefangenen und Kriegsgefangenen oder in Zwangsarbeitslagern (vgl. z.B. BSGE 80, 250, 253 = SozR 3-2200 § 1248 Nr.15). Typisch ist dabei insbesondere die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeiten, ohne dass die Arbeiter selbst hierauf Einfluss haben. Weiter ist charakteristisch für Zwangsarbeit, dass ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit nicht oder nur in geringem Maße an die Arbeiter ausgezahlt wird (vgl. hierzu BSGE 38, 245 = SozR 5070 § 14 Nr.12; BSG, Urteil vom 20.02.1975 – 4 RJ 15/74 -; BSG SozR 5070 § 14 Nr.9). Entsprechendes gilt für die Bewachung der Arbeiter während der Arbeit, um zu verhindern, dass diese sich aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam entfernen können (zur Abgrenzung vgl. BSGE 12, 71 = SozR Nr. 18 zu § 537 RVO). Diese Kriterien zeigen, dass eine verrichtete Arbeit sich um so mehr von dem Typus des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses entfernt und dem Typus der Zwangsarbeit annähert, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 71/99 R). Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung der Klägerin auch für Rentenansprüche, die – wie hier – auf das ZRBG gestützt werden. Mit § 1 Abs.1 ZRBG, der die Zahlbarmachung einer Rente nur für aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene, gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigungen in einem Ghetto vorsieht, knüpft der Gesetzgeber erkennbar an die von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG als auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/8583, S.1, 5; 14/8602, S.1,5). Danach ist das ZRBG ausdrücklich in Reaktion (und Akzeptanz) der Rechtsprechung des BSG verabschiedet worden, um – entgegen § 272 SGB VI – in vielen Fällen die daraus resultierenden Rentenansprüche in das Ausland erst zahlbar zu machen. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der "Ghetto-Rechtsprechung" begünstigten hinaus ist hingegen ersichtlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Unter Berücksichtigung der Kriterien des BSG zur Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu nichtversicherter Zwangsarbeit ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Ghetto Baranowice einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen, entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen ist.
Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass den von der Klägerin dort ausgeübten Arbeiten ihr freier Willensentschluß zugrunde lag. Schon ihre eigenen Angaben im Entschädigungs- und Rentenverfahren vermögen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Freiwilligkeit der behaupteten Arbeit nicht zu begründen. Es mag zwar sein, dass die Klägerin die Arbeiten – entsprechend ihrem Vortrag im Rentenverfahren – durch Vermittlung des Arbeitsamtes erhalten hat. Abgesehen davon, dass eine etwaige Vermittlung der Arbeit durch das Arbeitsamt oder eine sonstige Stelle allein kaum ausreicht, um die Freiwilligkeit der verrichteten Arbeit zu bejahen (vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03), ist es unter Berücksichtigung des sonstigen Vorbringens der Klägerin in ihrem Entschädigungs- und Rentenverfahren zumindest ebenso gut möglich, dass es sich dabei um Arbeiten handelte, die dem Typus der Zwangsarbeit entsprachen, weil sie durch derart hoheitliche Eingriffe überlagert waren, dass sich die Klägerin ihnen nicht entziehen konnte. So gab die Klägerin in ihrem im Dezember 1960 eingeleiteten Entschädigungsverfahren in einer eidesstattlichen Erklärung vom 15.06.1969 – bestätigt durch eidliche Erklärungen von G C und O L vom gleichen Tag – selbst an, sie habe im Ghetto Baranowice schwere Zwangsarbeiten verrichten müssen. Auch gegenüber der Claims Conference führte sie unter dem 14.05.2001 aus, dort zu schwerster körperlicher Arbeit bzw. Zwangsarbeit gezwungen worden zu sein. Es mag zwar sein, dass der Klägerin anlässlich ihrer damaligen Erklärungen – ebenso wie den seinerzeit schriftlich gehörten "Zeugen" – nicht die rechtliche Ausprägung des Begriffs der Zwangsarbeit bekannt und bewusst war. Das Wort Zwang hat jedoch – neben seiner inhaltlichen Bedeutung in dem Rechtsbegriff der "Zwangsarbeit" – auch und insbesondere einen allgemein gültigen Sinngehalt dahingehend, dass es gemeinhin als Gegenbegriff zur freien Willensentscheidung verstanden wird und das Merkmal der Freiwilligkeit ausschließt. Gerade weil der Klägerin und den damals gehörten schriftlichen "Zeugen" der (genaue) rechtliche Gehalt des Begriffs der Zwangsarbeit nicht bekannt war, spricht vieles dafür, dass durch die Verwendung dieses Begriffs entsprechend seinem üblichen Verständnis zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass sich die Betroffenen dem Arbeitseinsatz gerade nicht entziehen konnten und gegen ihren Willen zur Arbeit gezwungen wurden. Im Übrigen hat die Klägerin den von ihr im Entschädigungsverfahren verwendeten Begriff "Zwangsarbeit" durch die Schilderung der damaligen Arbeitsbedingungen auch inhaltlich ausgefüllt. So spricht bereits die von ihr im ZRBG-Fragebogen angegebene Bewachung während der Arbeit sowie auf dem Weg dorthin und zurück durch Polizisten gegen die Freiwilligkeit ihrer Tätigkeit im Ghetto Baranowice. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine derartige Bewachung der Ghettoisierung auch nicht wesensimmanent, denn die Bewachung der Arbeit ansich geht über die allgemeine Bewachung des Ghettos hinaus. Im Übrigen hat die Klägerin die Unfreiwilligkeit ihrer Tätigkeit auch durch die Beschreibung der sonstigen Arbeitsbedingungen, nämlich die Misshandlungen seitens der deutschen Wachposten (vgl. die eidesstattliche Erklärung der Klägerin vom 15.06.1969) und den täglichen Arbeitseinsatz von 10 Stunden (so ihre Angaben im ZRBG-Fragebogen), zum Ausdruck gebracht.
Abgesehen von den eigenen Angaben der Klägerin spricht auch die in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 1941 bis Dezember 1942 im Reichskommissariat Ostland geltende Verordnungslage gegen das Bestehen eines freien Arbeitsverhältnisses der Klägerin im Ghetto Baranowice. Wie bereits erwähnt, liegt ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis in Abgrenzung zur Zwangsarbeit nur dann vor, wenn der Arbeiter im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung tätig ist. Dies setzt voraus, dass der Arbeiter neben einem gewissen Maß an Entscheidungsfreiheit zur Beschäftigungsaufnahme die – wenn auch nur begrenzte – Möglichkeit hat, auf die Organisation und Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Einfluss zu nehmen (LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, L 4 R 3/05), und insbesondere dominierende Eingriffsmöglichkeiten des Staates in das Arbeitsverhältnis auch während der Beschäftigung fehlen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1993, 8 RKnU 1/91, SozR 3-5050 § 5 Nr.1). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Ghetto Baranowice zu ihrem "Arbeitgeber" war aber derartig fremdbestimmt, dass ihr eine solche Einflussnahmemöglichkeit nicht zustand; denn zwischen den jüdischen Bewohnern des Reichskommissariats Ostland und den deutschen Besatzungsbehörden bestand bereits ab August 1941 ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis, das u.a. durch Einschränkung der Freizügigkeit und wirtschaftlichen Betätigung, Kennzeichnungspflicht, Ortsgebundenheit, Arbeitszwang und Isolierung gekennzeichnet war. Durch die Verordnung des Reichsministers für die besetzten Gebiete vom 16.08.1941 über die Einführung des Arbeitszwangs für die jüdische Bevölkerung (abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, Einsatz im Reichskommissariat Ostland, Berlin 1998, S. 36 ff) ordnete dieser an, dass die in den neu besetzten Ostgebieten ansässigen Juden vom vollendeten 14. bis zum 60. Lebensjahr dem Arbeitszwang unterliegen und zu diesem Zweck in Zwangsarbeitsabteilungen zusammengefasst werden sollten (vgl. § 1 der Verordnung). Die Entziehung des Arbeitszwangs war strafbewehrt. Diese Verordnung wurde von dem damaligen Reichskommissar Lohse durch Vorläufige Richtlinien für die Behandlung der Juden vom 18.08.1941 (abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, a.a.O., S. 38 ff) für die Generalkommissariate umgesetzt. Diese Richtlinien sahen nach Übernahme der Zivilverwaltung u.a. die Konzentration der Juden in Ghettos und deren Heranziehung zur Zwangsarbeit vor (vgl. Ziffer 5 d und e der Richtlinien). Ferner wurde angeordnet, dass die Vergütung nicht der Arbeitsleistung zu entsprechen, sondern nur der Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhalts für die Zwangsarbeiter und ihre nicht arbeitsfähigen Famlienmitglieder unter Berücksichtigung ihrer anderen Barmittel zu dienen habe (vgl. Ziffer 5 e der Richtlinien).
Unabhängig von den aufgezeigten – einer Glaubhaftmachung entgegenstehenden – Zweifeln des Senats an der Freiwilligkeit des Beschäftigungsverhältnisses ist es auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin die behaupteten Arbeiten im Ghetto Baranowice gegen Entgelt ausgeübt hat. Wie bereits erwähnt, erfordert das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt. Zwar ist die Höhe des Entgelts grundsätzlich kein wesentliches Merkmal für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und kann auch in Form von Sachbezügen gewährt werden. Art und Umfang der gewährten Leistungen können aber Anhaltspunkte dafür geben, ob das Entgelt als Bezahlung im Sinne einer Entlohnung der geleisteten Arbeit oder zu anderen Zwecken, wie z.B. nur als "Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft” des zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten, gedacht ist. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung haben keine Entgeltcharakter mehr (BSG; Urteil vom 07.10.2004 – B 13 RJ 59/03 R -). Die bloße Gewährung freien Unterhalts genügt insoweit ebenfalls nicht, als solche Versicherungspflicht begründen zu können, weil sie zur Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes führt (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.).
Es ist jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin für die von ihr verrichteten Arbeiten im Ghetto Baranowice ein Entgelt erhalten hat, das über die Gewährung freien Unterhalts bzw. allzu geringfügige Leistungen hinausging. Der Bezug von Barlohn für die streitgegenständliche Tätigkeit ist auch unter Zugrundelegung der eigenen Angaben der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten nicht überwiegend wahrscheinlich. Die gute Möglichkeit einer Entlohnung in Form von Bargeld lässt sich zunächst nicht auf die von der Klägerin im Streitverfahren vorgelegten Unterlagen stützen. Insoweit mag dahin stehen, ob es im Reichskommissariat Ostland – entsprechend den von der Klägerin zitierten Stellengesuchen aus der "Gazeta Zydoswka" – in dem streitgegenständlichen Zeitraum auch freie Arbeitsverhältnisse gab, in denen Juden als Gegenleistung für ihre Arbeit Barlohn erhielten. Die Klägerin selbst hat jedenfalls weder im Entschädigungs- noch in ihrem Rentenverfahren behauptet, für ihre Arbeit im Ghetto Baranowice in Form von Bargeld entlohnt worden zu sein. Vielmehr hat sie in dem Fragebogen zum ZRBG selbst eingeräumt, sich nicht erinnern zu können, ob sie Barlohn erhalten habe. Nach der – von der Klägerin vorgelegten – Anordnung des Stadtkommissars der Stadt Minsk vom 28.10.1941 über den Arbeitseinsatz der Juden für jüdische Facharbeiter war zwar für Handwerker und Facharbeiter eine Barauszahlung von 30 % des Bruttolohnes vorgesehen. Eine Barentlohnung ungelernter jüdischer Arbeiter – wie der Klägerin – sollte danach aber grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. Buchstabe b) der Anordnung). Aus der von der Klägerin darüber hinaus übersandten Verordnung des Stadtkommissars der Stadt Minsk über Arbeitseinsatz, Verpflegung und Entlohnung der Juden vom 25.08.1942 lässt sich ebenfalls – auch für die Zeit des Arbeitseinsatzes der Klägerin von August bis Dezember 1942 – die gute Möglichkeit einer Barentlohnung nicht ableiten. Mit dieser Verordnung mag zwar in der Stadt Minsk mit sofortiger Wirkung auch für ungelernte bzw. Schwarzarbeiter der Bezug von Barlohn angeordnet worden sein. Das Vorliegen eines versicherungspflichtigen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses richtet sich jedoch stets nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Diese sprechen vorliegend – wie bereits ausgeführt – jedoch schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin gegen eine Entlohnung in Form von Bargeld. Im Übrigen genügte ein etwaiger Lohnanspruch der Klägerin ohnehin nicht, um die Entgeltlichkeit ihrer streitgegenständlichen Tätigkeit glaubhaft zu machen. Zwar hat das Reichsversicherungsamt der Beitragsbemessung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in seiner Entscheidung vom 29.10.1930, Az: III AV 44/30 B (in: Amtliche Nachrichten für die Reichsversicherung, 1931 IV 34), das tarifvertraglich geschuldete, nicht hingegen das tatsächlich gezahlte Entgelt zu Grunde gelegt. Anders als in dem vom Reichsversicherungsamt zu entscheidenden Fall, in dem unstreitig ein freiwillig zustande gekommenes, der Versicherungspflicht unterliegendes Arbeitsverhältnis vorlag, fehlt es vorliegend aber schon an dem für die Annahme eines solches Beschäftigungsverhältnisses wesentlichen Element der Freiwilligkeit (s.o.).
Schließlich vermag auch der Vortrag des Prozessbevollmächtigen der Klägerin im Berufungsverfahren, ihr Lohn sei an den Judenrat ausgezahlt worden, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Entlohnung in Form von Bargeld nicht zu begründen; dies schon deshalb, weil in der Zahlung an Dienststellen des Staates oder andere Stellen, hier etwa den Judenrat, keine Entlohnung für den im Ghetto Inhaftierten zu sehen ist. Das Entgelt muss vielmehr dem Beschäftigen selbst zufließen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.1974, 4 RJ 379/73; LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, L 4 R 3/05). In der Auszahlung eines etwaigen Lohnes an den Judenrat ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Zahlung an Erfüllungs Statt zu sehen. Abgesehen davon, dass das Bewirken der geschuldeten Leistung an einen Dritten (hier den Judenrat) keine Leistung an Erfüllungs Statt im Sinne des § 364 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt, setzt letztere eine entsprechende – ausdrückliche oder konkludente – Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien voraus (vgl. § 364 Abs.1 S.1 BGB; Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Auflage München 1997, § 364 RdNr. 1). An einer solchen – freiwillig getroffenen – Vereinbarung fehlt es aber zumindest auf Seiten der Klägerin.
Die von der Klägerin im Rentenverfahren für ihre Arbeit im Ghetto Baranowice als Entlohnung behauptete Verpflegung in Form von Essen am Arbeitsplatz und größeren Lebensmittelrationen stellt ebenfalls kein Entgelt im Sinne des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG dar. Der erkennende Senat sieht es zwar als glaubhaft gemacht an, dass die Klägerin im Zusammenhang mit den von ihr geleisteten Arbeiten vom örtlichen Judenrat Verpflegung erhielt. Dem Sachvortrag der Klägerin ist jedoch nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, dass der Umfang der gewährten Mahlzeiten über allzu geringfügige Leistungen bzw. die bloße Gewährung freien Unterhalts hinausging. Zur Gewährung freien Unterhalts gehören Sachbezüge in geringerem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten (vgl. hierzu Etmer, RVO Bd. I, Stand März 1966, § 1228 Anm.4). Gewährte Lebensmittel fallen unter den freien Unterhalt, wenn sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch, nicht hingegen nach vorbestimmten Maße zur beliebigen Verfügung gegeben werden (vgl. RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, Bd. IV – Invalidenversicherung – 2. Auflage, Berlin 1930, § 1227 Anm.2). Aus dem Sachvortrag der Klägerin, für ihre Arbeit Essen am Arbeitsplatz und größere Lebensmittelrationen erhalten zu haben, lassen sich jedoch weder hinreichend sichere Schlussfolgerungen zum konkreten Umfang, Wert und der Menge der Gegenleistungen für die erbrachten Arbeiten ziehen, noch lässt sich diesem im Sinne einer guten Möglichkeit entnehmen, dass die – über die Zurverfügungstellung von Essen am Arbeitsplatz und damit die Gewährung freien Unterhalts hinausgehenden – zusätzlichen Lebensmittel noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem nach Angaben des Klägerin täglichen Arbeitseinsatz von 10 Stunden standen. Dies ist im Übrigen nicht nur im Hinblick auf die eigenen, von G C und O L bestätigten Schilderungen der Klägerin in ihrem Entschädigungsverfahren, im Ghetto Baranowice unmenschlich an Hunger gelitten zu haben (vgl. die eidesstattliche Erklärung vom 15.06.1969), sondern auch nach den bereits erwähnten Richtlinien für die Behandlung der Juden vom 18.08.1941 unwahrscheinlich. Darin wurde ausdrücklich angeordnet, dass die Vergütung nicht der Arbeitsleistung zu entsprechen, sondern nur der Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhalts der jüdischen Arbeitskräfte und ihrer nicht arbeitsfähigen Familienmitgliedern zu dienen habe (s.o.).
Anlass, den Sachverhalt insbesondere durch Vernehmung von Zeugen weiter aufzuklären, bestand nicht. Abgesehen davon, dass die Klägerin keine Zeugen benannt hat und solche auch nicht ersichtlich sind, bedarf es einer Zeugenvernehmung schon deshalb nicht, weil es bereits unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags der Klägerin an einem versicherungspflichtigen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs.1 ZRBG fehlt (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 03.07.2006
Zuletzt verändert am: 03.07.2006