Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.10.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Regelaltersrente. Streitig ist dabei insbesondere, ob Arbeitszeiten der Klägerin im Ghetto Warschau (im damaligen Generalgouvernement) von Oktober 1940 bis April 1943 als glaubhaft gemachte Beitragszeit auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen sind.
Die am 00.00.1923 in Warschau oder Podoolscesko geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung. Im Jahre 1948 oder 1949 wanderte sie nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Anlässlich eines von ihr im November 1955 eingeleiteten Entschädigungsverfahrens gab die Klägerin in einer eidlichen Erklärung vom 13.10.1955 an, sich von April 1940 bis April 1943 im Ghetto Warschau aufgehalten zu haben. Sie habe dort täglich zwangsweise in einem Bürsten-Ressort arbeiten müssen und täglich zweihundert Gramm Brot und spärliche Lebensmittel auf Karten, etwas Kartoffeln, Gemüse und manchmal Marmelade, erhalten. G C bestätigte in einer eidlichen Versicherung vom 07.11.1955 den Aufenthalt und Arbeitseinsatz der Klägerin im Ghetto Warschau im Bürsten-Ressort. Ergänzend führte sie aus, sie und die Klägerin hätten im Ghetto täglich Zwangsarbeit ohne jede Bezahlung geleistet. Q T bestätigte in einer eidlichen Versicherung vom 13.10.1955, dass die Klägerin im Ghetto Warschau in einem Bürsten-Ressort zur Arbeit eingesetzt worden sei. Das bayrische Landesentschädigungsamt erklärte sich damals unter Hinweis auf diverse Widersprüche im Vortrag der Klägerin zu u.a. ihrem Geburts- und Aufenthaltsort, dem Geburtsdatum ihrer Tochter und Mädchennamen ihrer Mutter lediglich im Vergleichswege zur Gewährung einer Entschädigung für Schaden an Freiheit bereit.
Anlässlich eines von der Klägerin im Jahre 1966 darüber hinaus eingeleiteten Verfahrens auf Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesundheit gab die Klägerin in dem Antragsformular vom 24.05.1966 an, sie habe sowohl im Ghetto Warschau als auch in den verschiedenen Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern, in denen sie sich anschließend befunden habe, trotz ihres jugendlichen Alters derartig schwere Zwangsarbeiten verrichten müssen, dass sie buchstäblich unter ihnen zusammengebrochen sei. Sie habe an Hunger und Kälte gelitten, Selektionen und Appelle durchgemacht und in ständiger Angst gelebt, umgebracht zu werden. P T bestätigte in einer eidlichen Erklärung vom 13.03.1967, dass die Klägerin im Ghetto Warschau schwere Zwangsarbeiten verrichtet habe.
Am 05.09.1993 beantragte die Klägerin bei der Claims Conference Entschädigungsleistungen und machte ebenfalls einen Aufenhalt im Ghetto Warschau von Oktober 1940 bis April 1943 geltend. Die Claims Conference lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen im März 2000 mit der Begründung ab, dass die Klägerin keine schlüssigen Nachweise über das in ihrem Antrag geschilderte Verfolgungsschicksal beigebracht habe.
Am 04.11.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Regelaltersrente unter Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). In dem daraufhin von der Beklagten übersandten Fragebogen gab die Klägerin unter dem 26.12.2002 an, im Ghetto Warschau von Oktober 1940 bis April 1943 täglich 10 bis 12 Stunden Reinigungsarbeiten in den Wohnungen und Büroräumen der Offiziere sowie Arbeiten im Bürsten-Ressort verrichtet zu haben und für ihre Arbeit durch Essen bzw. Lebensmittel entlohnt worden zu sein. Barlohn habe sie nicht erhalten. Der Arbeitseinsatz sei durch Zuweisung für die deutsche Armee erfolgt. Während der Arbeit sei sie von Polizisten bewacht worden. Zeugen für die von ihr geltend gemachten Arbeitszeiten könne sie nicht benennen.
Nach Beiziehung der Entschädigungsakten von der Claims Conference und der Bezirksregierung Düsseldorf lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 25.03.2003 mit der Begründung ab, dass ein versicherungspflichtiges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Warschau im Hinblick auf die von der Klägerin angegebene Bewachung während der Arbeit, die Zuweisung ihrer Tätigkeit und die laut Angaben im Entschädigungsverfahren nicht erfolgte Entlohnung nicht glaubhaft gemacht sei. Der gegen diesen Bescheid am 31.03.2003 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2003 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 20.11.2003 beim Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, auch eine "bessere" Verpflegung stelle ein Entgelt im Sinne des ZRBG dar. Zu ihren uneinheitlichen Angaben im Entschädigungsverfahren hat sie eine persönliche Erklärung ihres Ehemannes vom 07.02.2005 vorgelegt, in der dieser ausführt, die Klägerin sei tatsächlich in Podoolscesko geboren, sie habe aber im Entschädigungsverfahren als Geburtsort Warschau angegeben, weil sie sich nach ihrer Geburt nur kurze Zeit in Podoolscesko befunden habe. Ihr Verfolgungsschicksal habe sie im Entschädigungsverfahren wahrheitsgemäß geschildert.
Mit Urteil vom 12.10.2005 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein versicherungspflichtiges entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Warschau nicht glaubhaft gemacht sei. Gegen die Freiwilligkeit des Arbeitsverhältnisses spreche die von der Klägerin angegebene Bewachung während der Arbeit durch Polizisten sowie die erfolgte Zuweisung ihrer Arbeit. Der Erhalt von Essen und Lebensmitteln unterfalle im Übrigen der Gewährung (versicherungs-)freien Unterhalts und stelle kein Entgelt im Sinne des ZRBG dar.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.12.2005 Berufung eingelegt und auf ein Gutachten des Prof. Dr. Golczewski über die damaligen Verhältnisse im Generalgouvernement verwiesen. Danach habe es in den im Generalgouvernement befindlichen Ghettos – ähnlich wie im Ghetto Lodz – eine Arbeitsverwaltung des Judenrates gegeben. Arbeiten im Ghetto seien nach den Ausführungen des Prof. Dr. Golczewski ein Privileg gewesen und die Bewohner hätten sich selber bemühen müssen, wenn sie eine der privilegierten Arbeitsstellen hätten erhalten wollen. Der Ertrag der Ghetto-Produktion sei partiell als Lohn ausgeschüttet worden; für einen anderen Teil des Ertrags habe der Judenrat Lebensmittel gekauft und so allgemein das Ghetto versorgt. Soweit sie im Entschädigungsverfahren eine freiwillig gewählte Tätigkeit gegen Lohn nicht erwähnt habe, stehe dies der Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Die damaligen Angaben seien davon geprägt gewesen, eine Entschädigung zu erlangen. Angaben über die Aufnahme einer freiwilligen Tätigkeit mit Lohnzahlung seien hingegen ohne Bedeutung gewesen und dort auch nicht abgefragt worden. Nach über 60 Jahren falle es ihr zwar schwer, sich an Einzelheiten der Entlohnung zu erinnern. Sie habe aber jedenfalls die gleiche Entlohnung wie alle anderen jüdischen Arbeiter im Ghetto erhalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass Lebensmittel damals wertvoller als Geld gewesen seien und auch in Deutschland eine Lebensmittelrationierung bestanden habe. Zeugen für die von ihr geltend gemachten Arbeitszeiten könne sie nicht benennen, weil diese inzwischen verstorben seien.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.10.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.03.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2003 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit von Oktober 1940 bis April 1943 und der Verfolgungszeit als Ersatzzeit ab dem 01.07.1997 Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise die generelle Stellungnahme der Grundsatzabteilung der Rentenversicherungsträger zu dem Gutachten des Prof. Dr. Golczewski über die damaligen Verhältnissen im Generalgouvernement abzuwarten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der beim Landesentschädigungsamt in München über die Klägerin geführten Entschädigungsakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit genäß § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2003 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs.2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Regelaltersrente hat.
Nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat ein Versicherter Anspruch auf Altersrente, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Zwar hat die Klägerin das 65. Lebensjahr bereits im Juni 1988 vollendet. Sie kann jedoch die erforderliche Wartezeit nicht vorweisen. Als anrechnungsfähige Versicherungszeiten kommen insoweit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs.1 Nr.1, 51 Abs.1 und Abs.4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs.1 SGB VI Ersatzzeiten als rentenrechtliche Zeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetz nur Versicherten, d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 250 SGB VI RdNr. 10; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl., § 250 RdNr. 6; BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Gemäß §§ 55 Abs.1, 247 Abs.3 S.1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Nach § 2 Abs.1 ZRBG gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt und werden als sog. "Ghetto-Beitragszeiten" bei der Anrechnung auf die Wartezeit als Beitragszeiten berücksichtigt. Bei der von der Klägerin behaupteten Beschäftigung im Ghetto Warschau von Oktober 1940 bis April 1943 handelt es sich jedoch nicht um eine "Ghetto-Beitragszeit" in diesem Sinne, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG nicht erfüllt sind. Danach erhalten Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) Leistungen nach dem ZRBG, die (1.) sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, welches sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, und (2.) dort eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt haben. Insoweit mag vorliegend dahinstehen, ob die Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit über den Wortlaut des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG hinaus voraussetzt, dass der Antragsteller gemäß § 17a Fremdrentengesetz (FRG) bzw. § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) in den dort genannten Zeitpunkten dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehörte und die Klägerin diese Voraussetzung erfüllt; denn es fehlt vorliegend schon an dem Erfordernis der Ausübung einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung gegen Entgelt. Dabei kann offen bleiben, ob diese Beschäftigung nachgewiesen oder – in entsprechender Anwendung des § 4 FRG bzw. § 3 WGSVG – lediglich glaubhaft gemacht sein muss; denn die Klägerin hat schon nicht glaubhaft gemacht, in der streitgegenständlichen Zeit eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene, entgeltliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs.1 ZRBG ausgeübt zu haben.
Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs.1 FRG, § 3 Abs.1 WGSVG). Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Es muss also mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Dabei sind gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich (vgl. BSG SozR 3-3900 § 15 Nr.4).
Nach der insoweit erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände mag es insbesondere unter Berücksichtigng der insoweit im wesentlichen einheitlichen Angaben der Klägerin in ihren Entschädigungs- und im Rentenverfahren zwar überwiegend wahrscheinlich sein, dass die Klägerin sich von Oktober 1940 bis April 1943 im Ghetto Warschau aufhielt. Es ist aber schon zweifelhaft, ob sie dort entsprechend ihrem Vortrag im Rentenverfahren tatsächlich durchgehend verschiedenen (Reinigungs-)Arbeiten nachgegangen ist. Insoweit mag offen bleiben, ob die widersprüchlichen Angaben der Klägerin in ihrem Entschädigungsverfahren zu u.a. ihrem Geburtsort und -datum Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben insgesamt und damit auch der Glaubwürdigkeit der Klägerin begründen; denn schon der Vortrag der Klägerin zu der hier streitigen Beschäftigung im Ghetto Warschau ist uneinheitlich und lässt daher – unabhängig von etwaigen sonstigen Widersprüchen in dem von ihr im Entschädigungsverfahren geschilderten Verfolgungsschicksal – Bedenken daran aufkommen, ob die Klägerin die nunmehr behaupteten Reinigungsarbeiten tatsächlich verrichtet hat. Während die Klägerin nämlich in dem ZRBG-Fragebogen vom 26.12.2002 angab, im Ghetto Warschau Reinigungsarbeiten in den Wohnungen und Büroräumen der Offiziere sowie Arbeiten im Bürstenressort verrichtet zu haben, erwähnte sie die Reinigungsarbeiten in den Wohnungen und Büroräumen der Offiziere in ihrem – zeitnäheren – Entschädigungsverfahren nicht. Damals gab sie – bestätigt durch die eidlichen Versicherungen von Q T und G C vom 13.10.1955 bzw. 07.11.1955 – lediglich an, im Bürstenressort gearbeitet zu haben, ohne die dort ausgeübte Tätigkeit allerdings genauer zu beschreiben.
Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob die Klägerin in dem gesamten streitgegenständlichen Zeitraum im Ghetto Warschau den nunmehr geltend gemachten Reinigungsarbeiten bzw. Arbeiten im Bürstenressort nachgegangen ist; denn es ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass es sich dabei um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelte. Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmte Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, von nichtversicherungspflichtiger Zwangsarbeit abzugrenzen (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 2,3; BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr.15, 16, 17). Dabei ist das Vorliegen eines – freien – Beschäftigungsverhältnisses danach zu beurteilen, ob die Beschäftigung im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung aufgenommen wurde und den Austausch wirtschaftlicher Werte (Arbeit gegen Lohn) zum Inhalt hatte. Die Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von "Zwangsarbeit" genügt dazu nicht (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr.2 S.6 ff und Nr.3 S. 18 ff). Zwangsarbeit ist in Abgrenzung zur versicherungspflichtigen – freien – Beschäftigung die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang, wie z.B. bei Strafgefangenen und Kriegsgefangenen oder in Zwangsarbeitslagern (vgl. z.B. BSGE 80, 250, 253 = SozR 3-2200 § 1248 Nr.15). Typisch ist dabei insbesondere die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeiten, ohne dass die Arbeiter hierauf Einfluss haben. Weiter ist charakteristisch für Zwangsarbeit, dass ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit nicht oder nur in geringem Maße an die Arbeiter ausgezahlt wird (vgl. hierzu BSGE 38, 245 = SozR 5070 § 14 Nr.12; BSG, Urteil vom 20.02.1975 – 4 RJ 15/74 -; BSG SozR 5070 § 14 Nr.9). Entsprechendes gilt für die Bewachung der Arbeiter während der Arbeit, um zu verhindern, dass diese sich aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam entfernen können (zur Abgrenzung vgl. BSGE 12, 71 = SozR Nr. 18 zu § 537 RVO). Diese Kriterien zeigen, dass eine verrichtete Arbeit sich um so mehr von dem Typus des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses entfernt und dem Typus der Zwangsarbeit annähert, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 71/99 R). Diese Grundsätze gelten auch für Rentenansprüche, die – wie hier – auf das ZRBG gestützt werden. Mit § 1 Abs.1 ZRBG, der die Zahlbarmachung einer Rente nur für aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene, gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigungen in einem Ghetto vorsieht, knüpft der Gesetzgeber erkennbar an die von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG als auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/8583, S.1, 5; 14/8602, S.1,5). Danach ist das ZRBG ausdrücklich in Reaktion (und Akzeptanz) der Rechtsprechung des BSG verabschiedet worden, um – entgegen § 272 SGB VI – in vielen Fällen die daraus resultierenden Rentenansprüche in das Ausland erst zahlbar zu machen. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der "Ghetto-Rechtsprechung" begünstigten hinaus ist hingegen ersichtlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Unter Berücksichtigung der Kriterien des BSG zur Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu nichtversicherter Zwangsarbeit ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Ghetto Warschau einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen ist. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin die geltend gemachten (Reinigungs-)Arbeiten aufgrund eines freien, selbstbestimmten Willensentschlusses aufgenommen hat. Schon nach ihren eigenen Angaben im Entschädigungs- und Rentenverfahren ist es zumindest ebenso wahrscheinlich, dass es sich dabei um Arbeiten handelte, die dem Typus der Zwangsarbeit entsprachen, weil sie durch derart hoheitliche Eingriffe überlagert waren, dass sich die Klägerin ihnen nicht entziehen konnte. So hat die Klägerin in dem Antragsformular vom 24.05.1966 auf Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesundheit – bestätigt durch eine eidliche Versicherung von G C vom 07.11.1955 und P T vom 13.03.1967 – selbst ausgeführt, im Ghetto Warschau Zwangsarbeiten verrichtet zu haben. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass der Klägerin – ebenso wie den seinerzeit schriftlich gehörten Zeugen – anlässlich ihrer damaligen Erklärungen nicht die rechtliche Ausprägung des Begriffs der Zwangsarbeit bekannt und bewusst war. Das Wort Zwang hat jedoch – neben seiner inhaltlichen Bedeutung in dem Rechtsbegriff der "Zwangsarbeit" – auch und insbesondere einen allgemein gültigen Sinngehalt dahingehend, dass er das Merkmal der Freiwilligkeit ausschließt. Gerade weil der Klägerin und den damals schriftlich gehörten Zeugen der (genaue) rechtliche Gehalt des Begriffs der Zwangsarbeit nicht bekannt war, spricht vieles dafür, dass durch die Verwendung dieses Begriffs entsprechend seinem üblichen Verständnis zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass sich die Betroffenen dem Arbeitseinsatz gerade nicht entziehen konnten und gegen ihren Willen zur Arbeit gezwungen wurden. Dies hat die Klägerin im Übrigen auch durch – laienhafte – Formulierungen umschrieben, indem sie in ihrer eidlichen Erklärung vom 13.10.1955 angab, sie habe im Ghetto Warschau "zwangsweise" in einem Bürsten-Ressort arbeiten "müssen", und in dem ZRBG-Fragebogen vom 26.12.2002 von einer "Zuweisung" ihrer Tätigkeit sprach. Im Übrigen hat die Klägerin den von ihr im Entschädigungsverfahren verwendeten Begriff der "Zwangsarbeit" in dem ZRBG-Fragebogen vom 26.12.2002 durch Schilderung der damaligen Arbeitsbedingungen, nämlich den täglichen Arbeitseinsatz von zehn bis zwölf Stunden und die Bewachung während der Arbeit durch die Polizei, auch inhaltlich ausgefüllt.
Abgesehen von den eigenen Angaben der Klägerin spricht auch die damalige Verordnungslage jedenfalls für die Zeit ab Juni 1942 gegen ein freies Arbeitsverhältnis der Klägerin im Ghetto Warschau. Wie bereits erwähnt, liegt ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis in Abgrenzung zur Zwangsarbeit nur dann vor, wenn der Arbeiter im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung tätig ist. Dies setzt voraus, dass der Arbeiter neben einem gewissen Maß an Entscheidungsfreiheit zur Beschäftigungsaufnahme die – wenn auch nur begrenzte – Möglichkeit hat, auf die Organisation und Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Einfluss zu nehmen (LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, L 4 R 3/05), und insbesondere dominierende Eingriffsmöglichkeiten des Staates in das Arbeitsverhältnis auch während der Beschäftigung fehlen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1993, 8 RKnU 1/91, SozR 3-5050 § 5 Nr.1). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Ghetto Warschau zu ihrem "Arbeitgeber” war aber derartig fremdbestimmt, dass ihr eine solche Einflussnahmemöglichkeit jedenfalls ab Juni 1942 sowohl im Hinblick auf die Arbeitsaufnahme als auch die Organisation und Ausgestaltung des Arbeitseinsatzes nicht zustand; denn die SS hatte seither überragenden Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse von Juden im Generalgouvernement. Der nach der Zweiten Durchführungsverordnung vom 12.12.1939 (VBlGG 246) zur Verordnung vom 26.10.1939 (VBlGG 6) seit 1939 geltende Arbeitszwang für die jüdische Bevölkerung des Generalgouvernements wurde bereits ab Juni 1942 dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitseinsatz von Juden nur noch nach vorherigem Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Polizeiführer vorgenommen werden durfte. Mit dem Erlass des Generalgouverneurs zur Überweisung von Dienstgeschäften an den Staatssekretär für das Sicherheitswesen vom 03.06.1942 wurden die Judenangelegenheit zum Sachgebiet der Sicherheitspolizei erklärt und damit die Zuständigkeit der deutschen Zivilverwaltung im Generalgouvernment für die Judenangelegenheiten beendet.
Unabhängig von den aufgezeigten – einer Glaubhaftmachung entgegenstehenden – Zweifeln des Senats an der Freiwilligkeit der geltend gemachten (Reinigungs-)Arbeiten im Ghetto Warschau ist es für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 1940 bis April 1943 auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin diese gegen Entgelt ausgeübt hat. Wie bereits erwähnt, erfordert das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt. Zwar ist die Höhe des Entgelts grundsätzlich kein wesentliches Merkmal für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und kann auch in Form von Sachbezügen gewährt werden. Art und Umfang der gewährten Leistungen können aber Anhaltspunkte dafür geben, ob das Entgelt als Bezahlung im Sinne einer Entlohnung der geleisteten Arbeit oder zu anderen Zwecken, wie z.B. nur als "Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft” des zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten, gedacht ist. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung haben keine Entgeltcharakter mehr (BSG; Urteil vom 07.10.2004 – B 13 RJ 59/03 R -). Die bloße Gewährung freien Unterhalts genügt insoweit ebenfalls nicht, als solche Versicherungspflicht begründen zu können, weil sie zur Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes führt (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.).
Es ist jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin für die von ihr verrichteten Arbeiten im Ghetto Warschau ein Entgelt erhalten hat, das über die Gewährung freien Unterhalts bzw. allzu geringfügige Leistungen hinausging. Den Bezug von Barlohn hat sie weder im Entschädigungs- noch in ihrem Renten- und Streitverfahren behauptet. Vielmehr hat sie in dem ZRBG-Fragebogen vom 26.12.2002 den Erhalt von Barlohn ausdrücklich verneint und auch G C gab in ihrer eidlichen Versicherung vom 13.10.1955 im Entschädigungsverfahren der Klägerin an, sie hätten im Ghetto Warschau täglich ohne jede Bezahlung Zwangsarbeit geleistet. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren, der von den im Ghetto Beschäftigten erwirtschaftete Ertrag sei partiell an den Judenrat ausgezahlt worden, um damit das Ghetto insgesamt zu versorgen, ist schon deshalb nicht geeignet, die Entgeltlichkeit des Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft zu machen, weil in der Zahlung an Dienststellen des Staates oder andere Stellen, etwa den Judenrat, keine Entlohnung für den Inhaftierten zu sehen ist. Das Entgelt muss vielmehr dem Beschäftigten selbst zufließen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.1974, 4 RJ 379/73; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.06.2005, L 4 R 3/05).
Der von der Klägerin im Streitverfahren als Entlohnung behauptete Bezug von Lebensmitteln und Erhalt von Essen am Arbeitsplatz stellt ebenfalls kein Entgelt im Sinne des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG dar. Zwar ist im Hinblick auf die Erkenntnisse des Senats in vergleichbaren Verfahren davon auszugehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit den von ihr geltend gemachten (Reinigungs-)Arbeiten im Ghetto Warschau Verpflegung erhielt. Dem Sachvortrag der Klägerin, der mangels sonstiger Mittel zur Glaubhaftmachung als alleinige Grundlage zur Beurteilung des für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wesentlichen Merkmals der Entgeltlichkeit zur Verfügung steht, lässt sich jedoch nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit entnehmen, dass der Umfang der gewährten Lebensmittel über die bloße Gewährung freien Unterhalts bzw. allzu geringfügige Leistungen hinausging. Zur Gewährung freien Unterhalts gehören Sachbezüge in geringerem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten (vgl. hierzu Etmer, RVO Bd. I, Stand März 1966, § 1228 Anm.4). Gewährte Lebensmittel fallen unter den freien Unterhalt, wenn sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch, nicht hingegen nach vorbestimmtem Maße zur beliebigen Verfügung gegeben werden (vgl. RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, Bd. IV- Invalidenversicherung – 2. Auflage, Berlin 1930, § 1227 Anm.2). Aus dem Sachvortrag der Klägerin im Rentenverfahren, Essen und Lebensmittel bzw. – so die Angaben ihres Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren – "bessere Verpflegung” erhalten zu haben, lassen sich jedoch weder hinreichend sichere Schlussfolgerungen zum Umfang, Wert und der konkreten Menge der Gegenleistungen für die erbrachten Arbeiten ziehen, noch lässt sich diesem im Sinne einer guten Möglichkeit entnehmen, dass die gewährten Lebensmittel noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem nach eigenen Angaben der Klägerin täglichen Arbeitseinsatz von 10 bis 12 Stunden standen. Dies ist im Übrigen im Hinblick auf die zeitnäheren Angaben der Klägerin in ihren Entschädigungsverfahren, im Ghetto Warschau täglich 200 g Brot und spärliche Lebensmittel auf Karten (etwas Kartoffeln, Gemüse und manchmal Marmelade) erhalten (vgl. die eidliche Erklärung vom 13.10.1955) und damals unter Hunger gelitten zu haben (so ihre Angaben im Antragsformular vom 24.05.1966), auch unwahrscheinlich.
Weitere Mittel zur Glaubhaftmachung der behaupteten versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin im Ghetto Warschau stehen nicht zur Verfügung. Insbesondere sind sämtliche Zeugen nach ihren Angaben zwischenzeitlich verstorben.
Der Senat sah sich schließlich nicht veranlasst, dem als bloße Anregung anzusehenden Hilfsantrag der Klägerin zu folgen und die noch ausstehende generelle Stellungnahme der Grundsatzabteilung der Rentenversicherungsträger zu dem Gutachten des Prof. Dr. Golczewski über die damaligen Verhältnisse im Generalgouvernement abzuwarten; denn das konkrete Vorliegen eines versicherungspflichtigen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses beurteilt sich stets nach den Umständen des Einzelfalles. Diese stehen im Falle der Klägerin jedoch der Glaubhaftmachung eines solchen entgegen (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 12.11.2007
Zuletzt verändert am: 12.11.2007