Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.03.2006 geändert. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Rücknahme vom 14.03.2006 der Zusage der Zustimmung zur Erteilung von Aufenthaltstiteln für Arbeitnehmer der Antragstellerin vom 16.01.2006 – Auftragsnummer 000 – aufschiebende Wirkung hat. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 05.04.2006) ist begründet.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches entsprechend § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -, da diese zwar kraft Gesetzes nach § 86a Abs. 1 SGG eingetreten ist, von der Antragsgegnerin jedoch nicht beachtet wird.
Nach § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (S. 1). Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (S. 2). Bei der Zusage vom 16.01.2006 handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, die Rücknahme vom 14.03.2006 nimmt als seine Rückgängigmachung an dieser Rechtsnatur teil.
Die Zusage vom 16.01.2006 ist ein feststellender Verwaltungsakt im Sinne von §§ 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG -, 31 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – SGB X -, wobei im Hinblick auf die Wortgleichheit der Vorschriften offen bleiben kann, welches Verfahrensrecht gilt.
Denn es handelt sich um ein hoheitliches Tätigwerden im Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, was bislang nicht in Abrede gestellt und vom Senat auch als nicht begründungsbedürftig angesehen wird.
Die Zusage vom 16.01.2006 weist zudem Regelungscharakter auf und ist auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet.
Der Regelungscharakter ergibt sich aus der in der Zusage enthaltenen und eine Selbstbindung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin hervorrufenden Feststellung, dass bestimmte, von der Antragsgegnerin geprüfte Umstände der späteren Zustimmung zu Aufenthaltstiteln der einzusetzenden Arbeitnehmer nicht entgegenstehen. Die zu prüfenden Umstände und damit auch die darauf beruhende Feststellung betreffen alleine die Sphäre der Antragstellerin, nicht die Sphäre der Arbeitnehmer, wie es die Antragsgegnerin offensichtlich ihrer Meinung zugrundelegt, die Zusage und ihre Rücknahme seien nur zusammen mit dem Aufenthaltstitel bzw. dessen Versagung überprüfbar.
Denn bei der Zusage von Zustimmungen im Rahmen der Durchführung der Deutsch-türkischen Regierungsvereinbarung (Vereinbarung vom 18.11.1991, BGBl 1992 II S. 54) trifft die Antragsgegnerin keine Feststellung dazu, ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes der Erteilung einer Arbeitserlaubnis, inzident damit auch der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehen. Im Rahmen des Deutsch-türkischen Regierungsabkommens werden Arbeitserlaubnisse unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt (Art. 1 Abs. 1 der Vereinbarung).
Die Prüfung und Feststellung bei der Erteilung der Zusage durch die Antragsgegnerin betrifft alleine Umstände, die sich aus dem zugrundeliegenden Werkvertrag, nämlich den Verhältnissen der Vertragsparteien und den Eigenschaften des Werkes selbst ergeben (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Regierungsvereinbarung). Hierzu trifft die Antragsgegnerin mit Erteilung der Zusage die Entscheidung in Gestalt einer Feststellung, dass sie (vorbehaltlich des Eintrittes von durch die beigefügten Nebenbestimmungen erfassten Umständen) keine in den beschriebenen Umständen wurzelnden Hindernisse erkennt und bindet sich insoweit im Verhältnis zur Antragstellerin, nicht im Verhältnis zu einzelnen Arbeitnehmern der Antragstellerin.
Die in der Zusage liegende Feststellung ist auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, denn sie verschafft der Antragsgegnerin als einem außerhalb der Verwaltung stehenden Rechtssubjekt eine für die Dauer der Genehmigung beständige Rechtsposition, die es ihr ermöglicht, den übernommenen Auftrag ins Werk zu setzen ohne – bei unveränderten Umständen – dem Risiko ausgesetzt zu sein, ihre Arbeitnehmer aus anderen als in deren Personen liegenden Gründen nicht einsetzen zu können. Die rechtliche Selbständigkeit der durch die Genehmigung des Werkvertrages geschaffenen Rechtsposition verdeutlicht Art. 11 Abs. 3 der Regierungsvereinbarung: Hiernach soll die Wirkung einer einmal erteilten Genehmigung des Werkvertrages selbst die Kündigung der Vereinbarung durch die Vertragsstaaten überdauern.
Die Zusage vom 16.01.2006 – und damit auch die Rücknahme vom 14.03.2006 als ihr gegenläufiger Akt – weisen daher alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne von §§ 35 VwVfG, 31 SGB X bereits inhaltlich auf.
Für die Verwaltungsaktsqualität insbesondere der Rücknahmeentscheidung sprechen darüber hinaus die für eine Rücknahme im Sinne von §§ 48 VwVfG, 45 SGB X typische Formulierung des Verfügungssatzes "Hiermit nehme ich mit Wirkung vom 14.03.2006 die für den o.a. Werkvertrag erteilte Zusage zurück" und die Begründung unter Bezugnahme auf die für Verwaltungsakte geltenden Vorschriften in §§ 38, 49 VwVfG.
Der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Rücknahme vom 14.03.2006 war daher ein Widerspruch gegen einen feststellenden Verwaltungsakt, der nach § 86a Abs. 1 SGG kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat.
Diese ist auch nicht entfallen nach § 86a Abs. 2 SGG, da keiner der dort geregelten Fälle vorliegt.
Der Senat geht bei dieser Entscheidung davon aus, dass die Antragsgegnerin wegen ihrer Bindung an Recht und Gesetz die Werkvertragsarbeitnehmerkarten wieder aushändigt auch ohne dass eine erneute Anrufung von Gerichten (gegebenenfalls wohl der Verwaltungsgerichte durch die Arbeitnehmer, um deren legale Tätigkeit es geht) erforderlich wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht anfechtbar.
Erstellt am: 11.05.2006
Zuletzt verändert am: 11.05.2006